Quantität gegen Qualität: Waren die deutschen Panzer zu hochwertig?

salvus

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Diese Frage beschäftigt mich seit einiger Zeit.

Ein wesentliches Erfolgsmerkmal in den Feldzügen gegen Polen und vor allem gegen Frankreich war die moderne Einsetzung des Panzers, seitens der Wehrmacht. Auch zu Beginn des Feldzugs gegen die Sowjetunion, waren diese schnellen Vorstösse mit anschliessender Einkesselung sehr erfolgreich. Die bestimmenden Modelle der Wehrmacht waren vor allem die Panzer III und IV. Über einen wirklich schweren Panzer verfügte die Wehrmacht nicht. Die Sowjetunion setzte hingegen schon früh schwere Panzer vom Typ KW I und KW II ein, welche wenn auch in niedrigen Stückzahlen eine echte Überraschung waren. Ganz neue Maßstäbe hat dann der T-34 gesetzt. Dieser Panzer war offensichtlich überragend, da er Bewaffnung, Reichweite, Beweglichkeit und Panzerung in nahezu optimaler Form zusammenführte.

In Deutschland wurde daraufhin der Panther und der Tiger entwickelt. Gerade der Panther war eine Art direkte Antwort auf den T-34.
Der Tiger setzte sicherlich Maßstäbe als schwerer Panzer, hinsichtlich Panzerung und Bewaffnung (88mm Kanone). Er gilt auch heute als eine der bekanntesten Panzer des 2. Weltkriegs. Die Frage ist allerdings auch ob dies zurecht so ist. Insbesondere die Amerikaner haben mit einer Art "Tigerphobie" wohl auch zur Mystefizierung dieses Panzers beigetragen. Denn seinen Stärken hinsichtlich Panzerung und Bewaffnung, standen wohl auch deutliche Schwächen im Bezug auf Reichweite und Beweglichkeit gegenüber.

Aber da ist noch ein anderer Punkt:

Der T-34 war mit all seinen geschilderten Vorteilen von recht einfacher Bauart. Das heißt, er konnte recht schnell in hohen Zahlen produziert werden.
Beim Tiger sieht das ganz anders aus. Die Produktionszahlen des Tigers liegen bei ca. 1800 Stück ( incl. Tiger II). Die des Panthers bei ca. 6000 Stück. Der T-34 wurde während des Krieges ca. 50.000 mal (!) gefertigt.

Da stellt sich die Frage, ob die Qualität der deutschen Panzer zu hoch für eine Produktion in Massen war. Oder lag es an den Zerstörungen der Betriebe durch den Bombenkrieg?
Für den Bau eines "Tigers" war der Produktionsaufwand sicherlich sehr hoch.
Aber wie sieht es mit dem Panther aus? Diese ca. 6000 Stück erscheinen schon sehr wenig, verglichen mit einem 24 stündigem Schichtaufwand.
Oder hat man stets versucht neue, aufwändigere Panzer , z.B. Löwe zu entwickeln und die Produktion der vorhandenen Modelle vernachlässigt?

Waren die deutschen Panzer zu hochwertig, bzw. in der Produktion zu aufwendig?
Oder war letztlich die Quantität der Alliierten einfach nur der entscheidende Faktor?
 
Zuletzt bearbeitet:
Und es ist nicht nur die Produktion allein. Hinter jedem Panzer steht eine aufwendige Logistik. Hätte diese, selbst wenn man nur halb so viele Panzer wie die Sowjetunion produzieren hätte, überhaupt bewältigt werden können? Vom Sprit mal ganz abgesehen, da die deutschen Panzer deutlich mehr verbrauchten als die russischen mit ihren Dieselmotoren. Besatzungen braucht es auch. Diese Leute müssen zudem ausgebildet werden, was wiederum Kapazitäten fordert. Dann die Mechaniker...

Der Weg, mehr Qualität statt Quantität, war zudem bewusst gewählt. Und ich denke, der auch einzig logische.
 
Die Treibstofffrage ist ein interessanter Aspekt. Wenn man sowjetische Maßstäbe zugrunde legt, und einen durchschnittlich höheren Bestand der Wehrmacht unterstellt, werden sehr schnell die Engpässe deutlich. Bei 3000 Geräten inkl. Logistik redet man dann überschlägig von Mehrverbrauch von >200.000 Tonnen jährlich. Die waren nicht vorhanden.

Bzgl. der Produktionsweise sind die kleinteiligen, massenweisen Eingriffe in die Serienfertigungen legendär. Hier liegen die Ursachen nicht nur im System des Dritten Reiches, sondern auch in einer fehlende Schranke für militärische Eingriffe top-down (ohne Rücksicht auf technische und ökonomische Zweckmäßigkeiten im militärischen Wunschdenken für "Beschaffungen").

Neben diesem Faktor muss man sich allerdings auch die spezifisch "deutschen" Produktionsbedingungen anschauen, und damit die Struktur der Werkzeugmaschinen-Industrie und der Produktionsausstattungen der Betriebe. Diese war historisch "kleinteiliger" (weniger standardisiert, zugleich flexibler) als zB in den USA oder in der SU. Daraus resultierten zwei Effekte: zum einen die Einschränkungen in der Massenfertigung, zum anderen war diese Struktur geradezu geeignet und Voraussetzung für eine Vielzahl kleiner konstruktiver "Eingriffe".

Wenn man also über den Output nachdenkt, ist der erste Ansatzpunkt die gegebene industrielle Fertigungsstruktur. Das Umsteuern hier setzte erst spät im Kriegsverlauf ein, mit rigoroser Standardisierung und Vorgaben bei der Neubeschaffung von Werkzeugmaschinen-Kapazitäten.
 
WELT: Das Elend der deutschen Panzer war ihre Qualität

Quantität gegen Qualität: Waren die deutschen Panzer zu hochwertig?

Diese Frage beschäftigt mich seit einiger Zeit.

Waren die deutschen Panzer zu hochwertig, bzw. in der Produktion zu aufwendig?
Oder war letztlich die Quantität der Alliierten einfach nur der entscheidende Faktor?


Hallo salvus,

nmE kann dir dieser WELT Artikel helfen,
er geht zwar nicht wirklich in die Tiefe,
gibt aber einen guten Überblick:


Das Elend der deutschen Panzer war ihre Qualität

Mit dem "Tiger" gegen den T-34: Mit immer größeren und komplizierteren Kampfwagen versuchte das NS-Regime, die quantitative sowjetische Übermacht auf den Schlachtfeldern auszugleichen. Vergeblich.


Wettbewerb ist besser als Planwirtschaft – jedenfalls fast immer. Die Ausnahme von dieser Regel ist der Krieg. Denn wenn Konkurrenz zwischen verschiedenen Angeboten nicht auf normalen Märkten friedlich ausgetragen wird, sondern blutig auf Schlachtfeldern, dann zählt schiere Massenproduktion mehr als alle technischen Finessen.

Im Sommer 1942 verlor die deutsche Rüstungsindustrie den Zweiten Weltkrieg, jedenfalls was die Panzerwaffe anging. Schon bald nach dem "Fall Barbarossa", dem Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion, hatte der Generalstab des Heeres erkannt, dass die eigenen Panzer der Typen III und auch IV der Ende 1940 eingeführten sowjetischen Neuentwicklung T-34 hoffnungslos unterlegen waren.

Zwar arbeiteten zwei deutsche Konsortien schon im Juni 1941 an einem neuen, schweren Panzer, der die Ordnungsnummer VI und den Namen "Tiger" tragen sollte. Doch beide Hauptpartner, die Henschel-Werke einerseits und das Ingenieurbüro Ferdinand Porsche andererseits, setzten falsche Prioritäten: Beiden ging es um technisch herausragende Lösungen, die den einzelnen Kampfwagen einem T-34 deutlich überlegen machen würden.

Porsche scheiterte bei der Vorführung

Tatsächlich waren beide Entwürfe, deren Prototypen im Frühjahr 1942 fertig wurden, sehr fortschrittlich. Sie setzten als Bewaffnung auf die als "Achtacht" bekannte schwere Flakkanone, das wohl beste Geschütz des Zweiten Weltkrieges. Ihr Fahrwerk war viel moderner als das auf einem britischen Entwurf aus dem Jahr 1924 beruhende T-34-Antrieb.

Der Porsche-Entwurf trumpfte sogar mit dem wohl ersten Hybridantrieb der Welt auf: Zwei luftgekühlte Zehnzylinder-Benzinmotoren erzeugten als Generatoren den Strom für zwei Elektromotoren, die direkt die Kettenräder antrieben. Die Idee war bestechend: Das bei Verbrennungsmotoren stets notwendige schwere Untersetzungsgetriebe konnte viel kleiner und leichter ausfallen, wenn zwei Arten von Motoren eingebaut wurden: Die Verbrennungsmotoren konnten stets im optimalen Drehzahlbereich Strom erzeugen, weil die Elektromotoren stets maximale Leistung und ein riesiges Drehmoment produzierten.

Jedoch funktionierte die Idee in der Praxis nicht, jedenfalls nicht 1942. Als Hitler persönlich am 20. April 1942 die Entscheidung zwischen den beiden Entwürfen in seinem Hauptquartier "Wolfschanze" fällen wollte, fiel Porsches Prototyp schon vor der Geländevorführung aus. Die 90 bereits vorab und auf eigenes Risiko in Auftrag gegebenen Panzerwannen des Porsche-"Tigers" wurden später zu überschweren Jagdpanzer mit dem passenden Namen "Elefant" umgebaut.

Einsatz unzureichend erprobter Typen

Der Sieger im Wettbewerb, der Henschel-"Tiger", war zwar technisch ein gelungener Entwurf, aber fuhr doch seiner Zeit hinterher. Denn die Ingenieure hatten wichtige Erkenntnisse aus dem Herbst 1941 nicht berücksichtigt: Einfachheit war im Gefecht wichtiger als anspruchsvolle technische Lösung, und eine schräg gestellte Panzerung schützte besser als dickere, aber rechtwinklige Stahlplatten.

Zudem befahl Hitler den Einsatz der völlig unzureichend erprobten Prototypen schon im Sommer 1942 – mit absehbarem Ergebnis: Von den ersten vier "Tigern" wurden drei an der nördlichen Ostfront von T-34 abgeschossen, nachdem sie Motorenschäden erlitten hatten.

Immerhin versuchte die inzwischen von Albert Speer geleitete deutsche Rüstungsindustrie, einen vernünftigen Schluss aus dem "Tiger"-Chaos zu ziehen. Der nächste deutsche Kettenkampfwagen, der mittelschwere Panzer V "Panther", folgte in wesentlichen Punkten dem T-34: Die Wanne bekam schräge Außenwände, das Fahrwerk wurde einfacher aufgebaut, ebenso der Motor. Zwei Konsortien unter der Leitung der MAN-Werke und von Daimler-Benz bekamen den Auftrag, zwei Prototypen zu entwickeln.

Vorteile der Massenproduktion

Der Daimler-Prototyp lehnte sich stärker an den T-34 an, das MAN-Modell war technisch eigenständiger. Weil dieser Entwurf, intern "Vk 30.02" genannt, trotzdem etwas früher testreif war, entschied sich die Wehrmacht für den MAN-"Panther". Im Juni 1942 besiegelten MAN und Daimler, außerdem Henschel und eine Fabrik in Hannover, den Vertrag über die gemeinsame Produktion dieses Modells.

Doch weil der Entwurf komplizierter war, dauerte es bis in den Januar 1943, bis die ersten Serien-Panzer V ausgeliefert wurden. Sie erwiesen sich dann zwar als die technisch besten mittelschweren Panzer des Zweiten Weltkrieges. Jedoch wurden nur gut 6000 "Panther" bis 1945 fertig gestellt – in der selben Zeit schickten sowjetische Fabriken fast zehnmal so viele T-34 an die Front.

Die Vorteile der Massenproduktion von einfachem Kriegsgerät gegenüber weniger technisch leistungsfähigeren Modellen führte übrigens nicht nur die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg vor. Auch die USA, ohne Zweifel ein kapitalistisches, am Grundprinzip des Marktes orientiertes Land, machten damit gute Erfahrungen.

"Sherman" in Großserienproduktion

1940/41 hatte die US-Army als Übergangslösung den skurrilen mittelschweren Panzer M-3 "General Lee" mit einer rechts eingebauten und nur um 120 Grad schwenkbaren 7,5-cm-Kanone sowie einem zusätzlichen 3,7-cm-Geschütz im Turm entwickelt. Das Modell erwies sich als technische und praktische Katastrophe.

Doch parallel mit dem "Lee" war bereits der M-4 "Sherman" entwickelt worden, auf Grundlage des gleichen, robusten Fahrgestells, aber mit einem rundum schwenkbaren Turm mit einer modernen 7,5-cm-Kanone. Seit Februar 1942 wurde dieses Modell in mehreren Fabriken in den USA in Großserienproduktion hergestellt. Technisch konnte das Modell nicht mit dem "Panther" mithalten, gegen die "Achtacht" des "Tigers" hatte es keine Chance – aber es war in großen Stückzahlen verfügbar: Insgesamt wurden mehr als 50.000 "Shermans" produziert.

Aus dem Panzerfiasko von 1942 lernten Hitler und die ihm hörige deutsche Rüstungsindustrie übrigens nichts. Statt auf technisch einfachere Modelle in größeren Stückzahlen zu setzen, ließ der Diktator immer neue, immer größere Typen konzipieren: Der Panzer VII "Löwe" sollte 91,4 Tonnen wiegen, der Panzer VIII "Maus" sogar gigantische 188 Tonnen. Der technisch weitaus fortschrittlichere, freilich nicht über das Entwurfsstadium hinausgekommene Panzer IX hätte wohl in der Mitte zwischen den beiden Typen gelegen.

Hitler wollte drei neue Superpanzer

Statt aber mehr "Panther" und "Tiger II", den Nachfolger des Henschel-Modells mit nun schräger Panzerung, zu produzieren, entwarfen Ingenieure 1944 auf Hitlers Befehl noch drei weitere Superpanzer mit den Nummern E-50, E-75 und E-100. Keiner von ihnen kam auch nur in die Nähe der Serienproduktion, auch wenn sie viele Entwicklungen vorweg nahmen, die erst die Panzer der Nachkriegszeit auszeichneten.

Die USA mit ihrer praktisch unbegrenzten Fertigungskapazität brachten Anfang 1945 den schweren M-26 "Pershing" an die Front, der dem "Tiger" in fast allen Belangen überlegen und dem "Tiger II" gleichwertig war. Vor allem aber wurden von diesem Panzer allein 1944 mehr als 2000 Stück ausgeliefert – so viele wie von allen "Tiger"-Varianten insgesamt.

Quelle: Zweiter Weltkrieg : Das Elend der deutschen Panzer war ihre Qualität - Nachrichten Geschichte - Zweiter Weltkrieg - DIE WELT


Ich hoffe das hilft dir weiter. :winke:
 
Den Aspekt des Spritverbrauchs finde ich sehr interessant.

Gerade hier ist die Entscheidung Hitler's, die Heeresgruppe Süd zu teilen umso unverständlicher. Die dortigen Ölvorkommen waren doch sehr wichtig und somit ein übergeordnetes Kriegsziel.

In einer Dokumentation über den Feldzug im Osten, habe ich gesehen, daß gerade Hitler der Meinung war neues Gerät zurückzuhalten um zu verhindern, daß der Gegner zu schnell darauf reagieren könnte und entsprechend besseres innerhalb weniger Monate zu entwickeln.
Beim "Tiger" war dies aber offensichtlich nicht der Fall. Den hat er eher zu früh an die Front gebracht. Es gab diverse Ausfälle ohne Feindeinwirkung. Rätselhaft ist auch nach wie vor, warum gerade dieser Panzer konventionell, d.h. gerade und nicht abgeschrägt gefertigt wurde.
War gerade der "Tiger" nicht sogar eine Art Eingestädnis? Die Produktionszahlen waren vergleichsweise gering. In meinen Augen war der "Tiger" eher eine Art Defensivpanzer. Panzerung und insbesondere die Bewaffnung sehr gut. Also in erster Linie geeignet feindliche Panzer auszuschalten. Aber da gab es auch noch die 88 Flak. Vieleicht war Ferdinand Porsche mit seinem angedachten Hybridmotor da viel weiter.

Im 2. Weltkrieg wurde auf deutscher Seite viel fortschrittliches entwickelt. Aber es fehlte an Zeit.
 
Aus dem Panzerfiasko von 1942 lernten Hitler und die ihm hörige deutsche Rüstungsindustrie übrigens nichts. Statt auf technisch einfachere Modelle in größeren Stückzahlen zu setzen, ließ der Diktator immer neue, immer größere Typen konzipieren:

Das gibt die häufigen Darstellungen in der Literatur wieder (Modellbasteleien etc.). Und hier liegt das Problem: die industrielle Basis wird völlig ausgeblendet. Ein Beispiel für eine Darstellung, die sich nicht an den Typendebatten orientiert: Knittel, Panzerfertigung im Zweiten Weltkrieg.

Die "industrielle Basis" - Grundlage der Serienfertigung - kann man sich nicht basteln, und die realisierte Rüstungsproduktion des Dritten Reiches setzte eben auf dieser Basis auf. Typenfragen sind da nur ein Folgeproblem, aber nicht das Entscheidende.

In USSBS E 78 - German Tank Production - ist das angerissen. Mit dem Jahr 1935 wurde überhaupt erst begonnen, Voraussetzungen für Serienproduktionen mit hohen Stückzahlen zu schaffen. Dafür bedurfte es

a) großer Produktionsflächen
b) Werkzeugmaschinen-Ausstattungen und damit verbundene Investitionen.

(b) wurde direkt angegangen. Die angeforderten Ausstattungen an Werkzeugmaschinen konkurrierten jedoch mit der Gesamtrüstung, und auch mit Investitionsbedarf in allen weiteren Branchen.

(a) ist punktuell ab 1939 angegangen worden, und in weiteren Betrieben mit dem Umstellungsjahr 1942. Ein Beispiel für eine Großserienanlage:
Nibelungenwerk ? Wikipedia
Bei Hentschel liefen die Flächenerweiterungen für Großserienproduktion erst 1942, mit der Tiger-Entscheidung (90.000 qm Fertigungshallen). Und diese Erweiterungsprogramme standen dann vor dem Problem, die Maschinenausstattungen in diese Produktionsflächen zu bringen.

Die Frage, ob eine Reduktion der - mal so bezeichneten - Typen-Verspielheit wirklich Output-Erhöhungen ermöglicht hätte, könnte man so beantworten: nicht wirklich. Die dadurch tatsächlich eingetretenen Verminderungen kann man vielleicht auf ein paar Hundert, oder 1941/44 (dann traten die Wirkungen des Bombenkrieges überlagernd hinzu) vielleicht insgesamt auch auf ein paar mehr beziehen.

Für Stückzahlen wie in den USA oder Russland fehlten während des Krieges die industriellen Grundlagen (selbst Großbritannien mit seinem Schwerpunkt auf Luftwaffe und Marine konnte erst 1943 übertroffen werden), nämlich die Fertigungsausstattungen. Und diese waren nicht so einfach hochzufahren, da die Investitionsgüter-Ausstattungen mit allen weiteren Engpass-Branchen kollidierten.
 
Fließbandfertigung und der Mangel an Kapazitäten bei Werkzeugmaschinen ist sicher ein Grund für die komplizierten deutschen Panzer. Auf der anderen Seite gelang einfach nicht der Sprung vom Prototyp zur gelungenen Serienfertigung. Ein Beispiel dafür waren die Baugrundsätze der Einheitsloks. Gelungene Fortschritte wie eine Vielzahl austauschbarer Ersatzteile standen teils fragwürdigen Entscheidungen über einzelne Bauteile und die beauftragten Typen gegenüber. Letztlich waren deutsche Dampfloks wirtschaftlich und in ihren Leistung relativ durchschnittlich. Aufgrund äußerer Zwänge konnte aber die Überalterung des Lokomotivparks nicht angegangen werden, eher im Gegenteil. Erst im Rahmen der Kriegsbeschaffungen erreichte der Anteil der Einheitsloks nennenswerte Zahlen. Und dies in einer Branche wo die deutschen Firmen durchaus einen Ruf hatten. Diese Denkweise dürfte lange Zeit auch bei Rüstungsgütern vorgeherrscht haben. Qualität und Finesse standen nicht immer im richtigen Verhältnis zu rationaler Fertigung und sinnvoller Logistik im Feld.
 
Das gibt die häufigen Darstellungen in der Literatur wieder (Modellbasteleien etc.). Und hier liegt das Problem: die industrielle Basis wird völlig ausgeblendet. Ein Beispiel für eine Darstellung, die sich nicht an den Typendebatten orientiert: Knittel, Panzerfertigung im Zweiten Weltkrieg.

Die "industrielle Basis" - Grundlage der Serienfertigung - kann man sich nicht basteln, und die realisierte Rüstungsproduktion des Dritten Reiches setzte eben auf dieser Basis auf. Typenfragen sind da nur ein Folgeproblem, aber nicht das Entscheidende.

Die Frage, ob eine Reduktion der - mal so bezeichneten - Typen-Verspielheit wirklich Output-Erhöhungen ermöglicht hätte, könnte man so beantworten: nicht wirklich. Die dadurch tatsächlich eingetretenen Verminderungen kann man vielleicht auf ein paar Hundert, oder 1941/44 (dann traten die Wirkungen des Bombenkrieges überlagernd hinzu) vielleicht insgesamt auch auf ein paar mehr beziehen.

Für Stückzahlen wie in den USA oder Russland fehlten während des Krieges die industriellen Grundlagen (selbst Großbritannien mit seinem Schwerpunkt auf Luftwaffe und Marine konnte erst 1943 übertroffen werden), nämlich die Fertigungsausstattungen. Und diese waren nicht so einfach hochzufahren, da die Investitionsgüter-Ausstattungen mit allen weiteren Engpass-Branchen kollidierten.


Hallo silesia,

die Sache mit der nicht "bastelbaren" Industriellen Basis
sehe Ich auch so.


Der WELT-Artikel erwähnt das.
Nicht direkt, aber:

Jedoch wurden nur gut 6000 "Panther" bis 1945 fertig gestellt – in der selben Zeit schickten sowjetische Fabriken fast zehnmal so viele T-34 an die Front.

Die USA mit ihrer praktisch unbegrenzten Fertigungskapazität brachten Anfang 1945 den schweren M-26 "Pershing" an die Front, der dem "Tiger" in fast allen Belangen überlegen und dem "Tiger II" gleichwertig war. Vor allem aber wurden von diesem Panzer allein 1944 mehr als 2000 Stück ausgeliefert – so viele wie von allen "Tiger"-Varianten insgesamt.


Jetzt kann man darüber diskutieren, ob das für die Darstellung der Industriellen Basis reicht, wahrscheinlich nicht, aber in der Headline steht ja das Wort Qualität und über die Qualitätsunterschiede wird in dem Artikel, für "die breite Masse der Leser" gut informiert.

:winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
Aus "Panzer V Panther" von Spielberger und Doyle habe ich folgende Zahlen für den Arbeitsaufwand an einem Panther:

Für die Fertigung eines Panthers mussten 2000 Arbeitsstunden aufgewendet werden.
Dabei entfielen für die
- Wannenbearbeitung 55 Stunden
- Turmbearbeitung 38 Stunden
- Fahrgestellmontage 485 Stunden
- Turmmontage 150 Stunden
- Endmontage 85 Stunden
An Sondermaschinen wurde benötigt
- drei 8-Spindelbohrwerke (versah die Panzerwanne mit Bohrungen für die Schwingarme der Drehstabfederaufnahme)
- ein Buggehäuse-Drehwerk (schuf die Bohrungen und Auflage für Turmzahnkranz und Kugellager)
- acht Wesselmann-Bohraggregate (bohrten die Öffnungen für die Stoßdämpferbolzen)
- eine Turmkranz-Bohrmaschine (schuf die Bohrungen für die Turmkranzbefestigungen)
- ein HellerFräswerk, 2spindelig (bearbeitete die Anlagefläche für die Seitenvorgelege)
- ein Turmdrehwerk (bearbeitete die Aufnahme von Turmring und Kommandantenkuppel)
Im Panzerbau waren bei MAN am 1. März '45 5448 Personen beschäftigt. Sie arbeiteten 24 Stunden in zwei 12 Stunden-Schichten. Davon
- 124 in der Verwaltungsabteilung
- 841 in der Panzermaschinenabteilung
- 3983 in der Panzerherstellung
- 500 in der Panzermontage
5023 waren Männer, 425 Frauen. 2719 der Männer waren Nichtdeutsche, 230 bei den Frauen.

Was ich leider nicht habe, ist der entsprechende Arbeitsaufwand für Panzerfahrzeuge bei den Alliierten.
 
Nun ist es wohl so, daß der T-34 neben all seinen positiven Eigenschaften hinsichtlich Bewaffnung, Panzerung, Beweglichkeit und Reichweite eigentlich ideal war. Hinzu kam die relativ einfache Bauweise, welche eine Massenproduktion vereinfachte.

Jetzt komme ich zur Ausgangsfrage zurück:

Offensichtlich waren die späteren deutschen Panzer (Tiger, Panther) hochwertiger, allerdings nicht zur (schnellen) Massenproduktion geeignet.
Warum aber nicht? Es gab doch gerade im Ruhrgebiet Stahlproduktion etc.

Waren zuviele Firmen beteiligt?

Oder aber eine Grundfrage:
Kamen diese Entwicklungen einfach zu spät?
Der Panther war doch eigentlich eine Reaktion auf den T-34. Offensichtlich hat die deutsche Aufklärung hier versagt. Die Entwicklung eines ebenbürtigen Panzers geschah offensichtlich zu spät.

Genauso mit den schweren Panzern.
Die SU hatte immerhin den KW I und II, auch der deutschen Aufklärung verborgen geblieben.

Die Wehrmacht hatte zu Beginn des Krieges und zu Beginn des Feldzugs gegen Russland keinen schweren Panzer. Ist die Entwicklung verschlafen worden?
Oder kann man dies der Unterschätzung der Roten Armee zuordnen?

Und noch eine Frage:
War der Panther eigentlich qualitativ wirklich besser als der T-34?
 
Zuletzt bearbeitet:
...
Genauso mit den schweren Panzern.
Die SU hatte immerhin den KW I und II, auch der deutschen Aufklärung verborgen geblieben.

Die Wehrmacht hatte zu Beginn des Krieges und zu Beginn des Feldzugs gegen Russland keinen schweren Panzer. Ist die Entwicklung verschlafen worden?
Oder kann man dies der Unterschätzung der Roten Armee zuordnen?

Diese waren zwar beeindruckend, stellten aber kein so großes Problem dar wie die leichteren T-34. Die Schweren Französischen Char-B oder Somua und die Britischen Mathildas waren technisch den deutschen Panzern auch deutlich überlegen, sind aber überwunden worden, da sie relativ unbeweglich waren und nur kleckerweise eingesetzt wurden. Bei den KV1 und 2 war es nicht anders. Wenn Sie erschienen wurden sie relativ schnell ausgeschaltet, jedoch selten durch Panzer sondern meistens durch Artillerie, Flak oder Stukas, da sie ein lohnendes und aufälliges Ziel waren. Sie waren auch anfällig gegen mechanische Schäden und viele blieben liegen und konnten nicht gerettet werden. Biem KV 2 verkantete sich zudem schon bei leichter Neigung der Turm und liess ihn Wehrlos.

Der T34 war wirklich ein gelungener Entwurf, in jeder Hinsicht und er trat massiv auf.

Und noch eine Frage:
War der Panther eigentlich qualitativ wirklich besser als der T-34?

Er hatte einige Vorteile die aus der späteren Entwicklung resultierten, war aber nicht so viel besser, als dass es eine genügend große Überlegenheit ergeben hätte. Der Wichtigste war die ausgezeichnete 75 mm-Kanone des Panthers, die wesentlich durchschlagskräftiger als das 76mm-Geschütz des ersten T-34 war.

Die spätere 85 mm Kanone des T34/85 war dann dem deutschen Geschütz wieder praktisch ebenbürtig. Daneben ist noch die bessere Optik und Kommunikationstechnik des Panthers zu verzeichnen. Russischen Panzereinheiten haben, bis relativ spät in dem Krieg, oft keine Radios in allen Fahrzeugen gehabt, was im Kampf einen deutlichen Nachteil erbrachte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Offensichtlich waren die späteren deutschen Panzer (Tiger, Panther) hochwertiger,

So wie Ich das verstehe war der Tiger zwar "hochwertig", in Bezug auf die Bewaffnung, aber er hatte auch mit schwerwiegenden Problemen zu kämpfen:

Das Fahrzeug besaß jedoch auch schwerwiegende Nachteile. Neben der viel zu geringen Reichweite galt die konventionelle Formgebung der Panzerung mit den senkrechten und somit nicht geschossabweisenden Flächen als rückständig

Die komplizierte und wartungsintensive Technik war äußerst störanfällig

Die Untermotorisierung führte zu einer Vielzahl von Fahrzeugausfällen

Die Abschlepp-Problematik

An sich besaßen die Fahrzeuge auf normalem Untergrund eine gute Mobilität, hatten jedoch aufgrund des hohen Bodendrucks Probleme in schwerem oder matschigem Gelände, so dass selbst ein Überwinden von morastigen Abschnitten, die nur so lang waren wie der Tiger, kaum möglich war.
=> Von einem Panzer kann man erwarten, dass er im Gelände zurechtkommt.

Von der "hochwertigkeit" bleibt da nmE nicht viel übrig, wenn der Panzer solche Probleme bereitet.

Der Tiger konnte zwar riesige Abschusserfolge erzielen, aber irgentwann erwischt es selbst den besten Panzer mit der besten Besatzung und mit nur 1350 produzierten Exemplaren war da, auf Dauer, nichts mehr zu machen.


allerdings nicht zur (schnellen) Massenproduktion geeignet.

Das sehe Ich auch so.

Wie die meisten deutschen Panzer wurde der Tiger in qualitativ hochwertiger Arbeit fabriziert, so dass in Kombination mit seiner komplizierten Konstruktion eine rationelle Massenfertigung nicht möglich war. Zudem war der Anteil der spanenden Bearbeitung bei der Wannen- und Turmherstellung sehr hoch und stellte hohe Anforderungen an die Fertigungstechnik.

Technisch war die russische Armee weit besser ausgerüstet, als man vermutet hatte. Besonders ist hervorzuheben, dass sie im Gegensatz zu der verhängnisvollen Lösung Hitlers, ständig neuste Waffen in unzureichendem Umfang einzuführen, mit wenigen Typen gut erprobter, voll frontverwendungsfähiger Panzer und verhältnismäßig einheitlicher Bewaffnung auskam. Vereinfachte Reparatur, glatter Nachschub und volle Beherrschung der seit langem bekannten Waffe hoben den Nachteil, nicht über das Allermodernste zu verfügen, weitaus auf.


Die Deutschen setzten auf hochwertige/komplizierte Waffen, die nur in geringer Stückzahl zur Verfügung standen und sehr viel Geld und Rohstoffe kosteten.

Die SU setzte auf einfache Waffen und Massenproduktion.

Im Kriege kommt es auf die schiere Masse an und im Felde zählt einfachheit.



Oder aber eine Grundfrage:
Kamen diese Entwicklungen einfach zu spät?
Der Panther war doch eigentlich eine Reaktion auf den T-34. Offensichtlich hat die deutsche Aufklärung hier versagt. Die Entwicklung eines ebenbürtigen Panzers geschah offensichtlich zu spät.

Das müsste stimmen.
Die Wehrmacht bestellte im Sommer 1941 die Fahrzeuge (Tiger) vom Reißbrett weg.
Bei der Vorführung der Prototyen kam es zu peinlichen Problemen bei dem Porsche-Tiger, er fiel schon auf der Straße aus...

Der Panther wurde auch in Windeseile entwickelt.

Beide hatten mit schweren Kinderkrankheiten zu kämpfen.

Meine Schlussfolgerung: zu spät entwickelt, ohne gründliche Erprobung in den Einsatz geschickt und mit geringer Industriekapazität zu wenige Exemplare produziert.

Wobei, selbst wenn statt 1350 Tiger 13.500 Tiger produziert worden wären, wäre doch nie genügend Betriebsstoff vorhanden gewesen, um die zum rollen zu bringen. :grübel:
 
Ich sehe drei verschiedene Ebenen für das Problem:

  1. Die Ausgangssituation für die Entwicklung
  2. Das Ergebnis der Entwicklung
  3. Die Produktion

Bei der Ausgangssituation vor dem Krieg sind die Panzer I und II zu nennen. Der Panzer I entstand als Trainingspanzer und der Panzer II als Übergangslösung. Letzteres ist schon ein Zeichen für das Problem der deutschen Panzerfertigung. Der Beschluss, unter Umgehung des Versailler Vertrags Panzer herzustellen und zu nutzen, traf auf eine deutsche Industrie, die damit überfordert war.

So war schon 1934 absehbar, dass eine schnelle Entwicklung eines "richtigen" Kampfpanzers dauern würde. Der Panzer I war vom Design her schon nicht als Kampfpanzer zu sehen und so wurde mit dem Panzer II ein kleiner, schlecht gepanzerter und nur schwach bewaffneter Panzer zum Rückgrat der ersten Panzerdivisionen. Ohne die tschechischen Panzer wäre es also ziemlich traurig gewesen. Denn bis zu Krieg standen von den dann doch noch entwickelten Panzer III und IV nur Vorserienexemplare in geringer Zahl zur Verfügung.

Für die Panzer I bis IV gilt, dass sie nur mit wenig praktischen Erfahrungen entwickelt wurden. So wurde z.B. die nötige Dicke der Panzerung vollkommen unterschätzt, was später natürlich aus Gewichtsgründen nur schwer zu ändern war. Andere Länder hatten zwar schon schwere Panzer konzipiert, aber insgesamt waren Vergleiche zwischen den Panzern bis zu Kriegsbeginn eher technischer Natur. Der taktische Einsatz und die dafür nötige Schulung und Ausstattung mit Funkgeräten wurden auf deutscher Seite am Besten vorbereitet.

Bei Kriegsbeginn konnte die Industrie also nur kleine Panzer und Vorserien von mittleren Panzern vorweisen. Die Produktion stand also in den ersten Kriegsmonaten vor mehreren gleichzeitig auftretenden Problemen:

  • Übergang von Prototypen in eine Serienfertigung (mit den hier im Strang schon beschriebenen Engpässen bei Werkzeugmaschinen usw.)
  • Veränderungen am Design durch laufende Erfahrungen im Kampf, d.h. Kampfwertsteigerungen
  • Herstellung von Ersatzteilen und Komponenten zur Nachrüstung im Feld
  • Personalverlust durch Ausdünnung der Arbeitskräfte und teilweise nur unzureichenden Ersatz durch ungelernte Kräfte

Die seit 1933 vorangetriebene Rüstung in der Breite und nicht in der Tiefe findet hier den Gegenpart in der Wehrwirtschaft. Im Vergleich dazu stehen in der Sowjetunion mehrere Generationen von Panzern ab 1932 (BT-Serie), die dann über die Entwicklung einer Vorserie ab 1940 in die Massenproduktion des T-34 mündeten.
 
Ich habe gleich noch eine Frage bezügl. Tiger/Panther.

Irgendwo (ich weiß leider die Quelle nicht mehr) habe ich vor längerer Zeit gelesen, daß es rüstungstechnisch sinnvoller gesen wäre, daß Hauptaugenmerk auf den Panther zu legen. Also genau hier die Produktionszahlen zu erhöhen und im Gegenzug weniger Tiger zu produzieren.
Kann das so sein? Und wenn ja warum?

Der Tiger war relativ unbeweglich, untermotorisiert und auch hinsichtlich der Reichweite und Geschwindigkeit nicht gerade wirklich sehr erfolgsorientiert. Aber Panzerung und Bewaffnung waren offensichtlich sehr ausgereift. Auch die Zielvorrichtung war sehr gut. Die Fertigung, bzw. Produktion war eher langwierig. Eine wirkliche Massenproduktion war nicht möglich. Vieleicht war der Tiger eher eine Art "Mythos". Wo er auftauchte, war er sicherlich eine starke Waffe, aber er war sicherlich auch selten gesehen auf den Schlachtfeldern des 2. Weltkrieges. Hinzu kam seine auffällige technische Anfälligkeit.

Bleibt die Frage, ob man militärhistorisch gesehen in der Produktion mehr auf den Panther hätte setzen sollen.

Mir liegt hierzu leider keine wirklich belastbare Literatur vor.
Vieleicht gibt es hier entsprechende Antworten.
 
Aus Fertigungs- und logistischen Gründen wäre es bestimmt sinnvoller gewesen, sich auch den Panther zu konzentrieren.

Die Meinungen über den Tiger bei der deutschen Panzertruppe waren auch nicht überschwenglich. Seine technische Komplexität, sein großer Durst, seine Anfälligkeit und die Schwierigkeit ihn zu bergen wenn einer liegen blieb, müssen ein echter Alptraum gewesen sein. Ich glaube es war Senger und Etterlin der schrieb, dass wenn an der italienischen Front ein Tiger liegen blieb, er nur von einem anderen Tiger abgeschleppt werden konnte, wodurch beide zu einem erstklassigen Ziel für die feindliche Artillerie wurden. Er meinte dass er lieber zwei oder drei Panzer IV als einen Tiger hätte.

Die Einschätzung beim Feind war jedoch eine ganz andere und der Tiger war sehr gefürchtet, da er eine hohe Feuerkraft aufwies und sehr schwer zu knacken war.

Da mag eine gute Portion Mythos dabei gewesen sein, Mythen entstehen in der Regel jedoch nicht ohne eine Grundlage. Auf jeden Fall sind heute alle Museen sehr stolz, die einen echten Tiger in ihrem Bestand haben. In England ist das sogar ein jedesmal ein Publikumsrenner, wenn das Museum in Bovington den Tiger ausfahren lässt. Ich wüsste nicht dass irgend ein anderer Panzer so einen Ruf hat.
 
Selbst wenn der Tiger durch seine Präsenz noch eine extra Wirkung hatte, so waren Logistik und Aufwand in der Herstellung problematisch. Und was nützt eine gute Panzerung, wenn die Panzer bei technischen Defekten verloren gehen (schwierige Bergung)?

Allerdings kann man die Rechnung soundso viele andere Panzer statt eines Tigers nicht so einfach machen. Denn auch die anderen Panzer hatten Durst und der Treibstoff war selten ausreichend vorhanden.
 
Allerdings kann man die Rechnung soundso viele andere Panzer statt eines Tigers nicht so einfach machen. Denn auch die anderen Panzer hatten Durst und der Treibstoff war selten ausreichend vorhanden.

Einfache Stückzahländerungen aufgrund Modellkonzentration?

Das Beispiel des Stahlverbrauchs oder der Arbeitsstunden als Ressourceneinsatz (sozusagen die einfache Umrechnung 1 PVI = 1,x PV beziehungsweise 1 PVI = 2,x PIV) gibt keinen Aufschluss über tatsächliche Fertigungseffekte. Zu betrachten sind vielmehr Engpassfaktoren.


1. Treibstoff
Das ist ein wichtiges Argument, welches hier auch schon mehrfach vorgetragen wurde.


2. Engpassfertigungen. Dazu zwei Beispiele: optische Industrie und Motorenfertigung, sowie Geschützproduktion

Bezüglich der Optischen Industrie ist aufgrund der Engpassfertigung nicht zu sehen, wie bei ohnehin vorhandenen Engpasssektoren Steigerungen aufgrund der erhöhten Stückzahlen erzielt werden sollen.

Optische Industrie: Engpassproduktion bei Entfernungsmesser, Primen für Panzerproduktion, Teleskope. Diese Ausrüstungen sind pimalDaumen proportional zu Stückzahlen in der Neuproduktion und im Verschleiß. Da es sich um Engpassfertigungen handelte, bei denen nur mit erheblichen Investitionen in Werkzeugmaschinen und Werkzeugsätzen (unrealisitsch!) Stückzahlsteigerungen denkbar waren, kann man es auf eine einfache Formel bringen: ein Teil der erhöhten Stückzahlen wäre ohne Entfernungsmesser oder bei fehlenden optischen Teilen herumgefahren.

Motorenfertigung: das vergleichbare Problem - fehlende weitere Standorte der Produktion, fehlende Werkzeugmaschinen und Werkzeugsätze für Stückzahlsteigerungen. Anliegend USSBS E86- Maybach Motor Works Friedrichshafen. Die Motorenfertigungen:
HL 210/230 für PVI (Tiger) und PV (Panther) - kein Effekt zwischen den Modellen!
HL 108/120 für P IV - theoretische Substitutionsmöglichkeiten zwischen den Modellen, Faktor in Serienfertigung fraglich.

Die Geschützproduktion ist nicht einfach "umrechenbar". Die vorhandenen Serien-Fertigungskapazitäten in 7,5-cm-KwK L/48 (P IV), 7,5-cm-KwK L/70 (Panther) und 8,8-cm-KwK 36 L/56 (Tiger) sind nicht einfach "umrechenbar" nach dem Prinzip: ich habe drei Fahrgestelle mehr, also kann auch die Geschützfertigung 3:1 umgestellt werden.

Aus alldem wird deutlich, dass eine solche theoretische Modellkonzentration auf erhebliche Schwierigkeiten stößt, natürlich umso größer, je später die Entscheidungen in den Entwicklungsphasen unterstellt werden. Schon 1941 war die Sache aufgrund dieser Fertigungskontexte "gelaufen", man produzierte auf "vorhandener" Infrastruktur, oder später auf solcher, die 1941 "bereits in Bau" war.

3. Endmontage: beim P VI war das Henschel, Kassel, also ein einziger Produktionsstandort, der theoretisch auf P V oder IV hätte umgestellt werden können. Damit wird die Begrenzung auf die verfügbaren Werkzeugmaschinen und vor allem begrenzt verfügbaren Produktionsflächen der Montage deutlich.

Ergbnis: An den paar Beispielen sieht man, dass es nicht mit den einfachen Umrechnungen bei rechenbaren Ressourcen (wie Arbeitsstunden oder Stahlverbrauch) getan ist, sondern dass an den Modellfragen in erster Linie für die serienfertigung entscheidende Ausrüstungs- und Flächeninvestitionen hängen. Die waren nicht verfügbar, selbst wenn man die Modellkonzentration schon frühzeitig in die Entwicklungsphase angesetzt hätte.

Das funktioniert nicht.

Die Meinungen über den Tiger bei der deutschen Panzertruppe waren auch nicht überschwenglich. Seine technische Komplexität, sein großer Durst, seine Anfälligkeit und die Schwierigkeit ihn zu bergen wenn einer liegen blieb, müssen ein echter Alptraum gewesen sein. Ich glaube es war Senger und Etterlin der schrieb, dass wenn an der italienischen Front ein Tiger liegen blieb, er nur von einem anderen Tiger abgeschleppt werden konnte, wodurch beide zu einem erstklassigen Ziel für die feindliche Artillerie wurden. Er meinte dass er lieber zwei oder drei Panzer IV als einen Tiger hätte.
Die P VI waren in sPzAbt und einigen wenigen Divisionen, vorwiegend SS, und darüber hinaus in Schwerpunkten konzentriert. Ich schätze mal, dass 3/4 der Wehrmacht mit Tiger unter Gefechtsbedingungen nie was zu tun hatte.

Ursprünglich als "Durchbruchspanzer" konstruiert bzw. schon vor dem Krieg angefordert, war das Gerät unter den Heeresbedingungen nach Juli 43 (gegnerische Luftwaffe, quantitative Unterlegenheit am Boden) eine starke Defensivwaffe in Schwerpunkten, insoweit eigentlich eine Reaktion auf die rüstungswirtschaftliche Unterlegenheit des Dritten Reiches (inkl. der erheblichen Beeinträchtigungen der Rüstungsindustrie im Bombenkrieg - hier war es gerade die "kleinteilige" reichsweite Diversifikation und die Produktionstiefe aus Sicht der Endmontage, die die Effektivität des alliierten Bombenkrieges abschwächte und zersplitterte).
 

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Hat jemand schonmal die Mannschaftsstärke der Panzertruppe betrachtet?

Die fehlt mir bei diesen Überlegungen immer, denn ein verlorener Panzer ist etwas ganz anderes als eine verlorene Besatzung.

Ich hab mir mal den Erinnerungsband der Spz.Abteilung 503 (2?,1?) gekauft, und wenn ich da alleine mal zähle wieviele Tiger da pro Besatzung verbraten wurden - wo andere Panzer ganz sicher mit der Besatzung verloren gegangen wären -
weis ich nicht ob der Wehrmacht nicht vorher die trainierten Besatzungen ausgegangen wären.

Vor dem Hintergrund des Blitzkrieges ist das aber nebensache wie lange eine Besatzung "hält", daher sowieso nicht relevant.
 
Hat jemand schonmal die Mannschaftsstärke der Panzertruppe betrachtet?

Die fehlt mir bei diesen Überlegungen immer, denn ein verlorener Panzer ist etwas ganz anderes als eine verlorene Besatzung.

Ich hab mir mal den Erinnerungsband der Spz.Abteilung 503 (2?,1?) gekauft, und wenn ich da alleine mal zähle wieviele Tiger da pro Besatzung verbraten wurden - wo andere Panzer ganz sicher mit der Besatzung verloren gegangen wären -
weis ich nicht ob der Wehrmacht nicht vorher die trainierten Besatzungen ausgegangen wären.

Vor dem Hintergrund des Blitzkrieges ist das aber nebensache wie lange eine Besatzung "hält", daher sowieso nicht relevant.

Das ist ein sehr wichtiger Punkt und daran hatte ich auch gedacht, als ich über das Verhältnis zwischen den Gesamtausfällen und wie viele davon durch Feindeinwirkung zerstört wurden gelesen habe. Bis zur zweiten Hälfte 1944, als die sowjetischen 85.er und 122.er so wie die Britischen 17. Pfunder in nennenswerten Mengen auftauchten, bzw. Hartkerngeschosse verwendet wurden, war der Tiger kaum zu knacken. Bei den Alliierten herrschte ja eine regelrechte Tiger-Panik und jeder Panzer IV mit Seitenschürzen am Turm wurde für einen Tiger gehalten und bei Zerstörung als solcher deklariert.

Die tatsächliche Anzahl der durch direkte Feindeinwirkung zerstörten war jedoch relativ gering und auch bei Treffern die das Fahrzeug ausser Gefecht setzen konnten, waren die Überlebenschancen der Besatzung deutlich höher als bei anderen Modellen.
 
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