Quellenschutz für NS-Schergen

El Quijote

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Jahrzehntelang hielt der Verfassungsschutz eine Akte zum flüchtigen NS-Verbrecher Alois Brunner unter Verschluss. Der taz liegt sie nun vor.

Alois Brunner war einer der schlimmsten NS-Verbrecher. Der Österreicher und einstige SS-Hauptsturmführer war die rechte Hand des Holocaust-Organisators Adolf Eichmann, er soll an der Ermordung von Zehntausenden Jüd*innen beteiligt gewesen sein – und konnte sich bis zu seinem Tod verstecken. Als die Bild-Zeitung 2019 schließlich gegen den Verfassungsschutz vor Gericht siegte, bekam sie nur einen Teil der Brunner-Akte – 129 Seiten, teils geschwärzt und nur ab dem Jahr 1984. Später reichte das Amt weitere Teile nach.

Weiter bei der taz...
 
Frage zur Wortbildung: Muss das nicht, wenn dann Jud*Innen heißen und wegen der Pause in der Aussprache eben nicht umlauten? (Abgesehen davon, dass Juden grammatikalisch die korrekte und neutrale Formulierung ist.)
 
Frage zur Wortbildung: Muss das nicht, wenn dann Jud*Innen heißen und wegen der Pause in der Aussprache eben nicht umlauten? (Abgesehen davon, dass Juden grammatikalisch die korrekte und neutrale Formulierung ist.)

Abgesehen davon lehnen Juden die Genderform mit Stern aus naheliegenden Gründen ab.
So man unbedingt meint, gendern zu müssen, wäre der Doppelpunkt "richtiger", oder à la Phettberg: Judys.

Gruß, muheijo
 
Jahrzehntelang hielt der Verfassungsschutz eine Akte zum flüchtigen NS-Verbrecher Alois Brunner unter Verschluss.
was sagt denn der Verfassungsschutz selber zu seinem geheimniskrämerischen Vorgehen in der Sache Brunner, Aloys? (oder hätte der gerne, dass man das nicht weiter thematisiert, weil er dann nicht so glorios und hehr dasteht, wie er dastehen sollte...)
 
1985 gab Brunner der "Bunte" ein Interview, 1987 der "Kronen-Zeitung". Man kannte demnach seinen Aufenthaltsort und was er dort so trieb.
Im Feb. 2001 schrieb der Spiegel :
Einige Zeit arbeitet er in Damaskus gar als Vertreter für DAB-Bier (Dortmunder Aktienbrauerei). Er importiert Sauerkraut und Schwarzbrot, was ihm in der deutschen Kolonie einiges Ansehen einbringt.
Auch die SS hatte einst Mineralwässer produziert, 75% des deutschen Marktes lag 1944 in ihrer Hand. Nebenbei wurde von der SS Fruchtsaft verkauft, Marke "Vitaborn".
Daran konnte Brunner sich anschließen.
 
1985 gab Brunner der "Bunte" ein Interview, 1987 der "Kronen-Zeitung". Man kannte demnach seinen Aufenthaltsort und was er dort so trieb.
Im Feb. 2001 schrieb der Spiegel :
Auch die SS hatte einst Mineralwässer produziert, 75% des deutschen Marktes lag 1944 in ihrer Hand. Nebenbei wurde von der SS Fruchtsaft verkauft, Marke "Vitaborn".
Daran konnte Brunner sich anschließen.

Dieses Interview hat in Israel große Wellen geschlagen, und Benjamin Netanjahu (?) hat den Fall Brunner in der Knesset zur Sprache gebracht.

Auf Brunner, der recht komfortabel in Syrien lebte, wurde nach diesem Interview in den 1980er Jahren ein Briefbombenattentat verübt, bei dem Brunner ein Auge und mehrere Finger.

Was dann schließlich aus Brunner wurde, ist nicht bekannt. Sicher ist nur, dass er zwischen 2001 und 2010 gestorben sein muss.
 
was sagt denn der Verfassungsschutz selber zu seinem geheimniskrämerischen Vorgehen in der Sache Brunner, Aloys? (oder hätte der gerne, dass man das nicht weiter thematisiert, weil er dann nicht so glorios und hehr dasteht, wie er dastehen sollte...)

Welche Geheimdienste sind denn schon glorios? Der MI6, der Mossad, die CIA oder der KGB stehen oder standen zumindest im Ruf, recht effektiv zu sein. Kaum einer aber würde auch nur die Ziele hehre nennen, und was die Methoden betrifft, so greift selbst ein James Bond bei der Aufgabe England, die Welt oder die Menschheit zu retten auf Mittel zurück, die etwas gewöhnungsbedürftig sind.

Kein auch nur halbwegs intelligenter Mensch, der auch nur oberflächlich informiert ist über die Arbeitsweise von Geheimdiensten würde von diesen gloriose Ermittlungsergebnisse und hehre Ziele erwarten.


Bei dem, was scheibchenweise im Zuge der NSU-Prozesse herauskam, stellten sich die Haare zu Bergen: Da war von Geldzuwendungen an Informanten die Rede, da wurde Sprengstoff geliefert, da stellte sich heraus, dass der "Thüringer Heimatschutz" im Grunde vom Verfassungsschutz finanziert wurde.
Bei den Ermittlungspannen, die sich ereigneten, ließen sich eigentlich nur zwei Schlussfolgerungen ziehen:

1. Es sind die Ermittlungspannen auf unprofessionelles Arbeiten, mangelhafte Zusammenarbeit von Landesämtern, Konkurrenzdenken und Inkompetenz zurückzuführen.

2. Die Ermittlungspannen zeigten, dass es stellenweise ideologische Übereinstimmungen zwischen Verfassungsschützern, Terroristen und Unterstützern gab.

Nach den Erfahrungen, auch nach den unzähligen Fragen, die auch der NSU-Prozess nicht aufklären konnte, erwartet kein Mensch mehr, dass der Verfassungsschutz gloriose Ermittlungserfolge vorlegt oder hehre Ziele verfolgt.
Das zu erwarten wäre auch Blödsinn.

Die meisten Bürger wären schon zufrieden, wenn das Amt für Verfassungsschutz nur seinen Job machen würde, nämlich die Verfassung und die freiheitlich demokratische Grundordnung zu schützen. Sie zu schützen im Rahmen der Gesetze eines bürgerlichen Rechtsstaats.
 
Sie zu schützen im Rahmen der Gesetze eines bürgerlichen Rechtsstaats.
Bürgerlicher Rechtsstaat? Reicht Rechtsstaat allein nicht aus?

Zum Thema Geheimdienste: Es dringt wenig von dem, was sie tun, nach draußen. Und wenn doch, sind das meistens die Pannen: Nur wer nichts tut, begeht keine Fehler. Über die Erfolge, die es auch gibt, müssen sie ja schweigen.

Zum Thema Alois Brunner: Deutschland stellte in den 1980er und 1990er Jahren mehrere Auslieferungsanträge, die von Syrien alle abgewiesen wurden. Selbst die Belohnung von mehr als 300.000 Dollar, die von deutschen Staatsanwälten für die sachdienliche Hinweise zur Ergreifung Brunners ausgelobt wurde, brachte nichts. So zu handeln, wie Israel es im Fall Eichmann getan hatte, verbietet sich für einen Rechtsstaat – darüber kann es keine 2 Meinungen geben.

Dass man zuvor, also noch bevor Brunner nach Syrien fluchtet, tätig werden könnte, ist wahr, aber damals war dieser Staat bis in die 1970er Jahre hinein durchsetzt mit Nazis, die ihre schützenden Hände über die alten Kameraden gehalten haben.
 
Bürgerlicher Rechtsstaat? Reicht Rechtsstaat allein nicht aus?
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Mir zumindest würde ein bloßer Rechtsstaat nicht reichen. Ein Rechtsstaat muss nicht demokratisch, nicht republikanisch sein. Der Souverän eines Rechtsstaates kann auch ein absolutistischer Fürst sein, der nicht über Staatsbürger (Citoyens), sondern über Untertanen gebietet. Das friderizianische Preußen, das deutsche Kaiserreich waren zweifellos Rechtstaaten- das Kaiserreich hat seinen Bewohnern durchaus große Freiheiten gewährt. Im Kaiserreich wurde unser Bürgerliches Recht kodifiziert, das noch heute gültig ist.

Selbst ein autoritär regierter Staat, der bürgerliche Freiheiten beschneidet und außer Kraft setzt, könnte die Kriterien eines Rechtsstaates erfüllen.

Im Deutschen gibt es die Differenzierung zwischen Citoyen und Bourgeois nicht, und es gibt eine Reihe von Begriffen, in denen der -Bürger etwas abschätzig wegkommt: Der Spießbürger, der Schildbürger, der Pfahlbürger, der Kleinbürger, der Wohlstandsbürger, seit Neuestem die Reichsbürger und die Wutbürger. Mancher hat seine Karriere als Bürgerschreck begonnen.

Der Biedermeier, der unpolitische Bourgeois waren beliebte Sujets der Satire, und mit den bürgerlichen Revolutionen oder überhaupt Revolutionen hat in Deutschland Manches schlecht geklappt gelaufen. Von den Errungenschaften der 1848er Revolution ist zuletzt an bürgerlichen Freiheiten nur noch das Recht geblieben, auf der Straße rauchen zu dürfen.

Trotzdem besteht aber eigentlich kein Anlass, dass "Bürger" oder "bürgerlich" als negativ zu betrachten. Auch in Deutschland haben etwa die Hansestädte durchaus Grund, auf ihre bürgerlichen Traditionen stolz zu sein.

Die Bundesrepublik Deutschland definiert sich als "bürgerlichen Rechtsstaat", und wenn da von Bürgern und Bürgerrechten die Rede ist, dann sind natürlich Bürger im Sinne von Citoyen gemeint, Staatsbürger, mündige Bürger und keine Bourgeois, für die Ruhe die erste Bürgerpflicht ist.

Ein "bürgerlicher Rechtsstaat" garantiert und schützt die Rechte seiner Bürger. Die mündigen Bürger und nicht ein Autokrat sind der Souverän eines bürgerlichen Rechtsstaats.

Ein Rechtsstaat dagegen muss keine bürgerlichen Rechte garantieren oder sie schützen. Ein Rechtsstaat kann auch von einem autokratischen Fürst regiert werden, für einen Rechtsstaat genügt es, wenn eine gewisse Rechtssicherheit gewährleistet ist. Es können in Punkto Rechtsstatus ganz beträchtliche Unterschiede in einem Rechtsstaat herrschen.

Also um die Frage noch mal zu wiederholen: Reicht Rechtsstaat allein nicht aus?

Nein! Um als Rechtsstaat durchzugehen, braucht ein Staat nur eine rudimentäre Rechtssicherheit. Keine bürgerlichen Rechte, keine Rechtsgleichheit, keine Bürgerrechte ja nicht einmal Bürger. Ein Souverän eines Rechtsstaats kann auch über Untertanen gebieten.
 
Ich will hier keine themenfremde Diskussion eröffnen, deshalb dazu nur soviel:
Die Bundesrepublik Deutschland definiert sich als "bürgerlichen Rechtsstaat", und wenn da von Bürgern und Bürgerrechten die Rede ist, dann sind natürlich Bürger im Sinne von Citoyen gemeint, Staatsbürger, mündige Bürger und keine Bourgeois, für die Ruhe die erste Bürgerpflicht ist.
Im Grundgesetz ist nur vom deutschen Volk die Rede, allenfalls noch von bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten, die jeder Deutsche hat.

Die mündigen Bürger und nicht ein Autokrat sind der Souverän eines bürgerlichen Rechtsstaats.
Von mündigem Bürger ist in der Verfassung nicht die Rede - dort wird als Souverän das deutsche Volk genannt.
 
Ich will hier keine themenfremde Diskussion eröffnen, deshalb dazu nur soviel:
Im Grundgesetz ist nur vom deutschen Volk die Rede, allenfalls noch von bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten, die jeder Deutsche hat.

Von mündigem Bürger ist in der Verfassung nicht die Rede - dort wird als Souverän das deutsche Volk genannt.

Ich habe nicht aus der Verfassung zitiert, und volljährig muss man in der Regel sein, um am politischen Leben teilzunehmen, um wählen zu dürfen, um Verträge zu schließen usw.
 
Ein Rechtsstaat dagegen muss keine bürgerlichen Rechte garantieren oder sie schützen. Ein Rechtsstaat kann auch von einem autokratischen Fürst regiert werden, für einen Rechtsstaat genügt es, wenn eine gewisse Rechtssicherheit gewährleistet ist. Es können in Punkto Rechtsstatus ganz beträchtliche Unterschiede in einem Rechtsstaat herrschen.
Das ist aber ein recht zurückhaltendes Rechtsstaatsverständnis. Im Grunde bedeutet "Rechtsstaat", dass der Staat und seine Organe nur auf Grundlage der Gesetze tätig werden dürfen und selbst an diese gebunden sind. (Oder, wie es in der österreichischen Verfassung formuliert wird: "Die gesamte staatliche Verwaltung darf nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden.") (Das Gegenteil ist der "Polizeistaat", in dem die staatlichen Organe bei ihrem Handeln nicht ans Recht gebunden sind.) Da Papier aber bekanntlich geduldig ist, ist es für einen wirklichen Rechtsstaat auch erforderlich, dass der Einzelne notfalls auch (vor einem unabhängigen Gericht) gegen den Staat vorgehen kann.

Zur "Rechtsstaatlichkeit" des friderizianischen Preußen verweise ich nur auf den "Müller-Arnold-Fall".
 
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