Reichskanzler in der Weimarer Republik

Wahlen hatten auf personelle Entscheidungen des Reichspräsidenten insofern Einfluss, als er bemüht sein musste, eine parlamentarisch ausreichende Vertrauensbasis für den Kanzler und seine Regierung zu finden. ...

Das führte schließlich zur Notverordnung nach Artikel 48, da der Reichspräsident die Regierung nicht mehr auf der Basis koalitionsmäßiger Bindungen aufbauen wollte.

Die Nutzung von Artikel 48 liegt mW weiter zurück, und zwar schon 1921/25.

1926 oder 1928 wurde dieses auf den Juristentagen diskutiert, die teilweise eine Ausweitung der Nutzung, bis hin zu einem nicht gewollten "Missbrauch" diskutierten.

Genau das trat ein. MaW: es gab durchaus ernstzunehmende Stimmen, dass diese "Praxis" wie 1930/33 realisiert eben nicht mit der Funktionstrennung in der WV ursprünglich beabsichtigt war. Einwände dagegen kippte allerdings das RG.

Artikel 48 "entwickelte" sich erst im Verlauf der WR. Ergo wirkte hier ein Problem der Gewaltenteilung mit, nämlich eine sich positionierende Judikative, die "mitmachte".

Diese Entwicklung ist beachtenswert, weil sie den Praxisvergleich der Verfassungssysteme verbiegt.
 
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Zunächst mal ja. D.h. ja nicht, dass ihr auch die Regierungsbildung gelingt. Wenn die informellen Absprachen zwischen den Parteien dem offiziellen Procedere voraus sind, ist das etwas anderes.
D. h. wenn die im Parlament vertretenen Parteien von selber auf die Idee kommen, Sondierungsgespräche und Koalitionsverhandlungen zwecks Regierungsbildung zu führen, muss er nicht. :)
 
Dann versuchte Hindenburg es mit Schleicher. Der hoffte auf eine Kooperation mit dem "moderaten" Flügel der NSDAP (Strasser), um zu einer Mehrheit zu gelangen.

Das funktionierte aber auch nicht.

Hitler stand nicht als Vizekanzler zur Verfügung, weshalb erste Gespräche im Dezember 1932 scheiterten. Erst beim berüchtigten Treffen Papens mit Hitler im Haus des Bankiers Schröder konnte ein Durchbruch erzielt werden. Man konnte Hindenburg davon überzeugen, dass ein Reichskanzler Hitler inmitten eines konservativen Kabinetts mit nur wenigen Ministern der NSDAP gezähmt und "eingerahmt" werden könne.

Das war dann die Geburtsstunde des Dritten Reichs.
 
Hitler stand nicht als Vizekanzler zur Verfügung, weshalb erste Gespräche im Dezember 1932 scheiterten.

Die ersten Gespräche waren im November 1932. Hitler beanspruchte die Kanzlerschaft. Hindenburg am 21. November 1932 zu Hitler:

„Wenn ich auf diesen Ihren Gedanken eingehe, so muß ich verlangen, daß ein solches Kabinett eine Mehrheit im Reichstag hat. Deshalb ersuche ich Sie als den Führer der stärksten Partei festzustellen, ob und unter welchen Bedingungen Sie für eine von Ihnen geführte Regierung eine sichere, arbeitsfähige Mehrheit mit festem, einheitlichen Arbeitsprogramm im Reichstag haben würden. Ich bitte Sie um Ihre Antwort bis Donnerstagabend.“
"Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik" Online "Nr. 224 Aufzeichnung des Staatssekretärs Meiss..." (1.95:)
 
Die Geschichte hat gezeigt, dass sowohl Reichspräsident Hindenburg und seine Kamarilla als auch die zugezogenen Wirtschaftsbosse bei hrer Annahme, Hitler "einrahmen" und "zähmen" zu können, einen dramatischen Fehler begingen. Die für die parlamentarische Arbeit konstruierte Verfassung hat die Tendenzen zum parlamentarischen Chaos ebenso gefördert, wie das Anwachsen extremer Parteien von links und rechts, was die Arbeit im Parlament zusehends blockierte.
 
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Artikel 48 "entwickelte" sich erst im Verlauf der WR. Ergo wirkte hier ein Problem der Gewaltenteilung mit, nämlich eine sich positionierende Judikative, die "mitmachte".

Art. 48 war eigentlich nur für wirkliche Ausnahmesituationen vorgesehen. Bei zunehmender Handlungsunfähigkeit des Parlaments entwickelte sich daraus dann die Gepflogenheit, dieses Recht des Reichspräsidenten für eine Ersatzgesetzgebung zu instrumentalisieren.

Häufig unbeachtet bleibt die Tatsache, dass der Reichstag Notverordnungen aufheben konnte, was meines Wissens zweimal drohte. Hindenburg kam dem durch Auflösung des Parlaments zuvor.
 
Es gab schon im August 1932 Verhandlungen zwischen Hindenburg und Hitler. Diese wurden allgemein als schwere Niederlage Hitlers verstanden, der sich fortan auch weigerte persönlich mit Hindenburg zu verhandeln.

Ende November 1932 erfolgte abermals eine Absage Hindenburgs an Hitler.

Hitler verlangte nämlich auch die präsidialen Vollmachten gemäß Artikel 48 der Weimarer Verfassung. Darüber hinaus wollte er auch zumindest das Innenressort; aus durchsichtigen gründen. Er wollte die ganze Macht und diese nicht wieder abgeben.Das begriff selbst Hindenburg.
 
Es gab schon im August 1932 Verhandlungen zwischen Hindenburg und Hitler.
Ja, richtig!
Bei den Reichstagswahlen vom 31. Juli wurde die NSDAP erstmals stärkste Partei.
Am 13. August erörterte Hindenburg mit Hitler die Frage einer Regierungsbeteiligung der NSDAP. Verhandelt wurde nicht viel, die Besprechung dauerte 20 Minuten:

"Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik" Online "Nr. 101 Aufzeichnung des Staatssekretärs Meiss..." (2.102:)

(Davor hatten Gespräche zwischen Hitler und von Papen und von Schleicher stattgefunden.)
 
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