Römische Namen

W

Wulfnoth

Gast
Hallo,

Ich versuche immer noch durch das System der römischen Namensgebung durchzusteigen und hätte dazu ein paar Fragen.
Gab es Unterschiede bei der Namensgebund zwischen Patriziern, Plebejern und Bewohnern der Provinzen? Nach welchem System wurden diese drei Namen vergeben? Und was für Familiennamen nahmen Freigelassene an?

Gruß
Wulfnoth
 
Das praenomen entspricht unserem Vornamen.

Das nomen gentile entspricht unserem Familiennamen.

Das cognomen war ursprünglich eine Art Spitznamen, vererbte sich dann aber wie das nomen gentile. Es bezeichnet den Familienzweig innerhalb einer Familienstamms (gens).


Zu den Freigelassenen ist mir bekannt, daß sie das nomen gentile ihrer ehemaligen Herren annahmen. Ihren bisherigen Namen fügten sie als cognomen hinzu.
 
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Hallo,

hier mal ein paar Dinge, die mir spontan zu deinen Fragen einfallen..

Der volle römische Name - bestehend aus Praenomen, Gentilnomen und Cognomen, dazu die Filiation (Angabe des Vaters, ggf. auch des Großvaters) und die Tribusangabe - stand nur frei geborenen römischen Bürgern zu. Ursprünglich gab es wohl auch einen UNterschied zwischen Patriziern und Plebejern bzw. zwischen Nobilität und einfachen Bürgern, denn in der frühen und mittleren Republik waren Cognomina ein Privileg des Adels; später haben auch die "unteren" Volksschichten Cognomina angenommen.

Zustande gekommen sind die einzelnen Namensbestandteile jeweils auf verschiedene Weise: den (männlichen) Vornamen haben die Eltern ausgesucht, Frauen hatten i.d.R. keinen eigenen Vornamen, sondern waren mit der weiblichen Form ihres Gentilnamens bezeichnet (z.B. Cornelia aus der gens Cornelius). Die Gentilnamen und die Cognomina waren erblich. Die Cognomina stammten ursprünglich von besonderen Leistungen oder Wesensmerkmalen ab: z.B. Africanus für den Sieger im zweiten punischen Krieg; oder: Ahenobarbus (der Rotbart).
Eine andere Möglichkeit für das Zustandekommen eines Cognomens war die Adoption. Der Adoptierte nahm den Familiennamen des Adoptivvaters an, behielt aber sein altes Gentilnomen in der Form eines Cognomens; dabei wurde die Endung -ianus angehängt; so wurde zum Beispiel aus dem Gentilnamen Aemilius das Cognomen Aemilianus.

Sklaven hatten i.d.R. lediglich einen Individualnamen, dazu manchmal noch die Angabe des Besitzers im Genitiv. Wurden Sklaven freigelassen, nahmen sie den Gentil- und mitunter auch den Vornamen ihres ehemaligen Besitzers an, dabei stand die Angabe lib(ertus); ihren ehemaligen Individualnamen behielten Freigelassene als Cognomen.

Über die Namen der Peregrinen/Provinzbewohner weiß ich jetzt leider nicht genauer Bescheid..

Grüße
Wale
 
Die Cognomina konnten auch dazu dienen, einzelne Zweige einer gens zu untescheiden, wie z.B. bei den Cornelii: Scipiones, Lentuli, Dolabellae usw.

Auch Personen latinischen Rechts und peregrine Auxiliarsoldaten scheinen die tria nomina geführt zu haben, bei letzteren auch meist mit einer angeführten Stammeszugehörigkeit.
 
Danke das hat mir schon mal sehr geholfen.
Eine Frage drängt sich jetzt mir allerdings noch auf.
Sprach man sich mit dem praenomen an oder mir dem Familiennamen?
 
Wulfnoth schrieb:
Danke das hat mir schon mal sehr geholfen.
Eine Frage drängt sich jetzt mir allerdings noch auf.
Sprach man sich mit dem praenomen an oder mir dem Familiennamen?

In der Regel sprach man sich wohl mit dem nomen gentile oder dem cognomen an.
 
Einige Ergänzungen und gleich eine Zusammenfassung. Zu beachten dabei ist die lange Geschichte Roms, in der auch die Nomenklatur sich bewegte.

Römischer Bürger:



Klassisch ist die Dreiteilung des Namens (tria nomina) in die erwähnten Praenomen, gentilnomen und cognomen. Diese ist ausschließlich römischen BÜRGERN vorbehalten. peregrini, also die Bewohner des Reiches ohne Bürgerrecht durften keinen dreiteiligen Namen führen, dies wurde mitunter schwer geahndet.

Praenomen
Der Praenomen war lange Zeit sehr einfallslos gewählt. Es gibt 18 klassische Vornamen (so die beliebtesten etwa Publius, Tiberius usw. die aber in der Kaiserzeit auf 8 oder 9 reduziert wurden, mehr aus gewohnheit denn aus Gesetz.
Nicht selten nummerierten die Väter auch ihre Kinder einfach im Vornamen.

Gentiliz oder nomen gentil
Der Familienname war der einzig beständig vererbbare Bestandteil des Namens. Er endet für gewöhnlich auf ilius oder ius, Ausnahmen gibt es aber zur Genüge.


Der Cognomen konnte mitunter vererbt werden bzw. zeigte einen Zweig der Familie an: Scipionen sind das berühmteste Beispiel.
Darum gab es oft genug mehrere Cognomen, ebenso konnten besondere Verleihungen stattfinden (Africanus für den Sieger in Africa usw.)
Cognomen wurden verliehen entsprechend eines markanten Merkmals ("Nasus") oder eines Charakterzuges (gewünscht oder real), mit "frommen" Hintergedanken (Martialis" oder einfachem Wunschdenken ("Victor"). Auch Tiernamen waren nicht selten ("Ursus") und manchmal deuteten sie auch einfach nochmal die Herkunft an ("Afrer")

Ab dem 2. Jh.n.Chr. wird nimmt der Name weitere Ausmaße an. Hinter dem nomen gentil steht die Filiation, gekennzeichnet durch ein "f." oder "filius". Er bezeichnet den Praenomen des Vaters im Normalfall.
Hinter der Filiation taucht der Tribus auf, ein Überbleibsel der Republik, dessen Bedeutung, ich geb es zu, mir gerade entfallen ist.
Schlußendlich noch: Heimatsangabe, also eine Ortsangabe woher man stammt, die vor oder auch nach dem Cognomen stehen konnte.

Frauen trugen auch als "Bürger" nur einen zweiteiligen Namen, Gentiliz und und Cognomen, oft genug gleichzeitig das Gentiliz des Vaters.
Der nomen gentil wurde oft (ich weiß diese Relation kommt oft vor)vom Ehemann übernommen, aber nicht immer.

Vererbung:
Der älteste Sohn nahm für gewöhnlich den Namen des Vaters komplett an:
berühmtestes Beispiel Titus Flavius Vespasianus und dessen erster Sohn. Während der Vater heute Vespasian gerufen wird, nennt man seinen Sohn Titus.
Andere Nachkömmlinge übernahmen oft einen Teil des Namens aus der mütterlichen Familie, meistens den Cognomen.
Um in der Familie zu bleiben, der Bruder des Titus: Titus Flavius Domitianus bekam seinen Cognomen von seiner Mutter, Flavia Domitilla.



Neubürger, also Personen denen das Bürgerrecht gerade verliehen wurde, übernahmen für gewöhnlich Praenomen und Gentiliz des Kaisers, der ihnen dies zukommen ließ.


Freigelassene trugen anstelle der Filiation den Praenomen ihres ehemaligen Besitzers (und damit ihres Patrons) und den Zusatz L. oder Libertus. Auch waren sie nicht an die Veränderung im Namen ab dem 2. Jh. gebunden, das meiste davon war bei ihnen einfach nicht relevant.

Kommunikation
Im Regelfall benutzte man den Cognomen, oftmals gab es auch "Spitznamen", also nicht "geregelte" Rufnamen, bei denen die Menschen in bestimmten Umkreis gerufen wurden.

Wurde es Formell, konnte der Nomen Gentil oder auch der ganze Name genutzt werden.
Empfehlenswert dabei die Briefe des Cicero (Achtung: republikanisch!), dort erfährt man etwas über den "alltäglichen" Umgang.


Nachtrag:

Nachgelesen: Signum: ursprünglich ein umgangssprchlicher Name der als "primitiv" erachtet wurde, in der Spätantike aber besondere Hochachtung genoß.
Einmal an meinem Pseudonym ein Beispiel

Tiberius (Praenomen) Gabinius (Gentiliz) H.f. (filiation, das H. steht für den Praenomen meines Vaters, das Kürzel ist legitim) Galeria (Tribusangabe) Innocentius Prudens (zweiteiliger Cognomen) Bonna
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie entwickelte sich denn die römische Namensgebung im Oströmischen Reich und im Weströmischen Reich nach 476 n. Chr?
 
War der Tribus nicht die Zugehörigkeit zu einer der stimmberechtigten Verbände innerhalb Roms bzw später dann im gesamten Reich?
 
Sheik schrieb:
War der Tribus nicht die Zugehörigkeit zu einer der stimmberechtigten Verbände innerhalb Roms bzw später dann im gesamten Reich?

Ja, ursprünglich war auch der Tribus wohl mal eine Kultgemeinde, so jedenfalls die ältere Forschung. Neuere Deutungen sind mir jetzt auch nicht geläufig. Ansonsten ist das so korrekt wie Sheik es beschreibt. Man war in einem der insgesamt 35 Tribus eingeschrieben als römischer Bürger, also stimmberechtigt. Es gab 4 tribus urbanae, die wohl ältesten, und dann nach Aufstockungen 31 tribus rusticae. In letztere wurden dann Neubürger aufgenommen. Es gibt auch Untersuchungen darüber in welche Tribus man zu welcher Zeit aufgenommen wurde, beispielsweise Caesars Soldaten nach dem gallischen Krieg.
 
hyokkose schrieb:
In der Regel sprach man sich wohl mit dem nomen gentile oder dem cognomen an.

Verrätst Du auch wie Du diese Annahme begründest? Ich stell sie nicht in Zweifel, bin einfach neugierig. :confused:

Zwei weitere Fragen zu Ausgangsfrage der Ansprache interessieren mich:

1. Galt das durch alle Perioden des Römischen Reiches, also ab dem Zeitpunkt wo der nomen gentile durchweg gebräuchlich war?
2. Wurde analog zu heute (mehrheitlich zumindest) ein Unterschied zwischen Erwachsenen und Kindern gemacht? Oder gar noch weiter durch die Generationen differenziert?
 
Wulfnoth schrieb:
Eine Frage drängt sich jetzt mir allerdings noch auf.
Sprach man sich mit dem praenomen an oder mir dem Familiennamen?

Ich hab mal gehört, daß man jemanden mit praenomen und cognomen ansprach, also z. B. Marcus Licinius Crassus hätte im Senat von einem Kollegen als Marcus Crassus (im Vokativ natürlich ;) ) angesprochen werden können.

Unter engen Freunden könnte ich mir vorstellen, hat man sich sicherlich nur mit praenomen angesprochen.
 
Wie gesagt kommt es sehr auf die Umstände an, also Zeit, Rahmen, Personen und deren Verhältnis zueinander, wie man sich ansprach.
So ist das erwähnte Signum angesichts der Namensfülle in der Kaiserzeit wohl sehr beliebt gewesen.
Caesar hingegen wollte auch ganz bewußt Caesar genannt werden, also bei seinem Cognomen gerufen werden.
Cicero schreibt oft "Bruder Quintus", wenn er über oder mit diesem "schreibt", die Verwendung eines Praenomens in diesem Fall.

Normalerweise wurde das Praenomen jedoch nicht als Rufname verwandt, allein die Reaktion in einem Legionslager des 1. Jh. n. Chr. "Publius" zu rufen und mal zu warten, wie viele dann kommen wäre imposant.
Zudem verfügen etwa Frauen ja über keinen "Praenomen" sondern nur über Gentiliz und "Cognomen".

Wenn sich jemand, etwa du Wulfnoth, damit eingehender beschäftigen möchte empfehle ich nochmal ausdrücklich die Quellen zu konsultieren. So etwa Ciceros Briefe (die mitunter eben sehr persönlich sind, insoweit dies im römischen möglich ist) und Biographien.
 
Wenn sich jemand, etwa du Wulfnoth, damit eingehender beschäftigen möchte empfehle ich nochmal ausdrücklich die Quellen zu konsultieren. So etwa Ciceros Briefe (die mitunter eben sehr persönlich sind, insoweit dies im römischen möglich ist) und Biographien.

Werd ich machen. Danke für den Tipp!
 
ich suche für eine geschichte ein paar römische namen (vor,- und nachname) die nach möglichkeit erfunden sind. der vorname ist kein problem aber der nachname.
z.b. titus pullo , leider gibt es den in einer serie

1. namen römischer bürger m/w
2. namen von sklaven m/w

würde mich über ein paar ideen sehr freuen


cu t. pullo
 
Zuletzt bearbeitet:
zuerstmal hat die Serie Rome leider vergessen, dass die Herren einen Cognomen haben und der Dreiteilung des Namens unterliegen.
Der wird verliehen.
Das komplizierteste wäre also einen nomen gentile zu erfinden, und da gibt es eine Vielzahl real exisiterender Namen, schau einfach mal ins nächste Museum auf die Grabsteine oder nimm die großen Persönlichkeiten, deren familiae eh riesig waren, wie auch ihrer Freigelassenen und sonstigen Clientel.

Zu beachten ist dabei nur das "genitivelnde" ius (was auch nicht immer vorkommt wohlgemerkt) da der nomen gentile eher anzeigt "aus dem Hause der..."

Ich hoffe das brachte dich weiter.
Vale
Tib. Gabinius Primus
 
Eine Frage hab ich dann mal wieder.

Sehe ich richtig, dass mit der Zeit der Cognomen als Angabe des Familienzweigs mit vererbt wurde?
Wurde dann noch ein zweiter Cognomen angehangen?

Also praktisch: Lucius Cornelius Scipio Afrer
 
Afrer? Oder Africanus?

Cognomina konnte es in der Tat mehrere geben, allerdings sind diese meines Wissens nur bei wirklich berühmten Persönlichkeiten immer wieder mitgenannt worden und dann auch weitervererbt. Bei den Scipionen war es ja so, dass sich Scipio Africanus (im 2. punischen Krieg) und Scipio Africanus Aemilianus (im 3.) beide den Titel gewissermaßen verdient hatten, also bin ich nicht sicher, ob das in der Republik üblich war. Ich schätze, dass ein Name wie Publius Cornelius Scipio Aemilianus Africanus die absolute Ausnahme war. In der Republik trugen die Römer, wenn sie altadelig waren, drei Namen, der Rest zwei. Erst zur Kaiserzeit trug das ganze Volk drei Namen.

Ab da wurde es dann üblich, dass ab dem 2. Jh. das Cognomen nur an den ältesten Sohn weiterging, während die jüngeren das Cognomen vom Gentilnamen der Mutter ableiteten, was der Vereinheitlichung nicht grade dienlich war ;)
 
GoldSeven schrieb:
In der Republik trugen die Römer, wenn sie altadelig waren, drei Namen, der Rest zwei. Erst zur Kaiserzeit trug das ganze Volk drei Namen.

Ab da wurde es dann üblich, dass ab dem 2. Jh. das Cognomen nur an den ältesten Sohn weiterging, während die jüngeren das Cognomen vom Gentilnamen der Mutter ableiteten, was der Vereinheitlichung nicht grade dienlich war ;)
Das ist richtig, allerdings befinden wir uns bei der Serie bereits am Ende der Republik zu Caesars Zeiten, hier schmückten die Cognomen schon so manche Bürger.
Wenn man es ganz genau nimmt fehlen auf den Grabsteinen der Gemeinen bis zur flavischen Zeit sehr oft die Cognomen, obwohl man in der Regel von deren Existenz ausgehen kann.
Erst im zweiten Jahrhundert sind sie immer erwähnt um dann kurz wieder vernachlässigt zu werden... Eine Interessante Geschichte, wenn auch eher für Fachleute nehme ich an.

Sehe ich richtig, dass mit der Zeit der Cognomen als Angabe des Familienzweigs mit vererbt wurde?
Wurde dann noch ein zweiter Cognomen angehangen?
Nicht ganz. Wie golden seven ausgeführt hat, erhielt der erstgeborene Sohn seinen Cognomen.
Beispiele hier sind wieder die Flavier.
Titus Flavius Vespasianus. So hießen sowohl der Sieger des Jahres 69 n.Chr., wir nennen ihn heute Vespasian, und sein Sohn, den wir heute Titus zu rufen pflegen.
Der zweitgeborene bekam seinen Cognomen nach seiner Mutter Domitilla und wurde daher Domitian gerufen.

Es kam hin und wieder vor das ein ganzer Zweig einer Familie einen Cognomen führte, aber das war selten und bedurfte schon besonderer Verdienste oder Umstände.
 
Tib. Gabinius schrieb:
zuerstmal hat die Serie Rome leider vergessen, dass die Herren einen Cognomen haben und der Dreiteilung des Namens unterliegen.
Der wird verliehen.
Das komplizierteste wäre also einen nomen gentile zu erfinden, und da gibt es eine Vielzahl real exisiterender Namen, schau einfach mal ins nächste Museum auf die Grabsteine oder nimm die großen Persönlichkeiten, deren familiae eh riesig waren, wie auch ihrer Freigelassenen und sonstigen Clientel.

Zu beachten ist dabei nur das "genitivelnde" ius (was auch nicht immer vorkommt wohlgemerkt) da der nomen gentile eher anzeigt "aus dem Hause der..."

Ich hoffe das brachte dich weiter.
Vale
Tib. Gabinius Primus

also in der art wie:

lucius fulvius gallus
 
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