Rücktritt: aktuell ? und Vergleich mit Coelestin V.

Leopold Bloom

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Nach dem Kirchenrecht ist der Amtsverzicht des Papstes möglich, sofern "der Verzicht frei geschieht und hinreichend kundgemacht" wird (can 332 §2 CIC). Eine Abwahl oder gar Absetzung ist also ausgeschlossen. Diese zentralistische Konstruktion verurteilt die römisch-katholische Welt demnach zur Passivität. Eine verschärfende Ergänzung bietet can 335: Bei "völliger Behinderung" dürfen keine Veränderungen geschehen, die in die Kompetenz des Papstamtes fallen. Aufgrund der zentralen Stellung des Papstes bedeutet dies Stillstand - bis zur Wahl eines neuen Papstes, die in diesem Fall erst nach dem Tod des Amtsinhabers erfolgen kann. Eine transparente Kontrolle dieser Regelung gibt es nicht: Wer würde eine "Behinderung" feststellen und nach welchen Kriterien?

Quelle: http://www.ikvu.de/presse/ikvu-fordert-verstaendnis-fuer-papst-ruecktritt-16-05-2002.html




Coelestin und seine Demission:


http://www.heiligenlexikon.de/index.htm?BiographienC/Coelestin_V.html

"Ich, Coelistin V., bewegt von legitimen Gründen, aus der Notwendigkeit der Demut, der moralischen Perfektion und aus Gewissensgründen, aber auch aus der Schwäche des Körpers, wegen der Unfähigkeit zum Lehramt, wegen der Schwäche meiner gesamten Person und schließlich um den Frieden und die Versöhnung mit meinem früheren Leben wieder zu erlangen, trete ich aus freiem Willen vom Pontifikat zurück und verzichte ausdrücklich auf den Thron, auf die Würde, auf das Amt und auf die Ehre, indem ich von diesem Moment an die volle und freie Macht an das hl. Kollegium der Kardinale übergebe, nach kanonischem Recht einen neuen Hirten für die Universalkirche zu wählen."

...eine Abwahl gibts daher wohl nicht. Alles freiwillig (wobei das ja alles ein dehnbarer Begriff ist). Nur mal konsequent zuende gedacht: Was, wenn der Papst keine Willensbekundung mehr von sich geben kann, z.b. durch einen Schlaganfall...??? Kann es dann sein, dass u.U. über Jahre nichts passiert und man abwarten muss?
 
Es gibt ja auch noch einige andere Fälle von Papstrücktritten:

-Gregor XII. wird auf dem Konzil von Konstanz quasi zurückgetreten, um mit der Wahl eines neuen Papstes dem Schisma ein Ende zu setzen

-Nikolaus V. wird auf Betreiben von Ludwig dem Bayern 1328 in Rom zum Papst gewählt, als Gegenpapst zum in Avignon resdierenden Johannes XXII. (dieser war nach 2jährigem Konklave auf Grund französischen Drucks ins Amt gekommen und kehrte trotz wiederholter Aufforderungen nicht nach Rom zurück). Da sich Nikolaus aber nicht gegen Johannes XXII. durchsetzen kann, bittet er ihn um Vergebung, tritt zurück und verbringt den Rest seines Lebens in Avignon.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich las gestern in einem Zeitungsartikel der dpa, dass die letzten Päpste alle ein Schreiben hinterlegt hätten, das die formale Demission für den Fall ihrer Unfähigkeit zur Leitung der Kirche vorsah. Vor Jahren äußerte sich der jetzige Papst in dem Sinn. dass er die Kirche nur so lange führen wolle, wie er dazu körperlich und geistig in der Lage sei. Es ist natürlich möglich, dass diese selbst gesetzten Grenzen dehnbar sind.
Ich persönlich - obgleich Katholik - bin zur Zeit ganz unschlüssig bei der Frage, wie lange ein gebrechlicher Papst wohl amtieren sollte und wo die Grenze ist.
 
Dieter schrieb:
Ich las gestern in einem Zeitungsartikel der dpa, dass die letzten Päpste alle ein Schreiben hinterlegt hätten, das die formale Demission für den Fall ihrer Unfähigkeit zur Leitung der Kirche vorsah. Vor Jahren äußerte sich der jetzige Papst in dem Sinn. dass er die Kirche nur so lange führen wolle, wie er dazu körperlich und geistig in der Lage sei. Es ist natürlich möglich, dass diese selbst gesetzten Grenzen dehnbar sind.
Ich persönlich - obgleich Katholik - bin zur Zeit ganz unschlüssig bei der Frage, wie lange ein gebrechlicher Papst wohl amtieren sollte und wo die Grenze ist.

Lieber Dieter, ein Pabst sollte solange im Amt bleiben, wie er seinen Willen kund tun kann. Sollte er sich bewußt werden, dass dies nicht immer mehr möglich ist, sollte er zurück treten können. :(
 
Zuletzt bearbeitet:
Schön und Gut, lieber Heinz! Aber manchmal hat der Papst vielleicht eine andere Meinung von seinem körperlichen und geistigen Zustand, als es die Realität nahelegt. Was dann?
 
Dafür tummeln sich eine Menge Fachleute in seiner Umgebung herum. Das tragische an seiner Krankheit ist der Umstand das man mit Parkinson zwar sehr fertig aussieht, aber geistig immer noch glasklar denken kann.
 
heinz schrieb:
Lieber Dieter, ein Pabst sollte solange im Amt bleiben, wie er seinen Willen kund tun kann. Sollte er sich bewußt werden, dass dies nicht immer mehr möglich ist, sollte er zurück treten können. :(

kann er ja.

nur ist es, wie oben schon erwähnt, ein sehr subjektives empfinden, ab wann man seinen willen nicht mehr kundtun kann. ist es aber mal soweit, dann tu das mal kund.

dem ist allerdings meines wissens so begegnet worden, dass der ominöse brief - dessen existenz zu lebzeiten des papstes kaum je bestätigt werden wird - im falle eben einer solchen unfähigkeit zur artikulation (dauerhaft versteht sich) geöffnet werden darf.

ob dann allerdings darin steht "ich trete zurück..." oder "kardinal xy führt die geschäfte bis zu meiner genesung..." oder was auch immer, das weiss nur der papst allein, der es in seiner omnipotenz verfügt hat.
 
Erinnert mich an Breshnew und Tschernenko inklusive Andropow. Die waren in ihrem Amt sowas von alt und krank, dass sie ihrer Arbeit nicht nachgehen konnten. Andropow und Tschernenko waren sogar schon schwerkrank, als man sie auf den Thron hievte.

Kontraproduktiv ist es, wenn der kranke senile Führer seine Verantwortung an seine Untergebenen abgibt, aber weiter auf eigene Verantwortung besteht. Diese Diskrepanz wird - weder geschichtlich noch tagespolitisch, sondern zukunftsweisend - zu einem pompösen Begräbnis mit gleichzeitiger Heiligsprechung enden.
 
Dieter schrieb:
Schön und Gut, lieber Heinz! Aber manchmal hat der Papst vielleicht eine andere Meinung von seinem körperlichen und geistigen Zustand, als es die Realität nahelegt. Was dann?

Lieber Dieter, dass müßten dann die Ärzte, welche ihn umgeben entscheiden, wenn es zu einer realistischen Selbsteischätzung nicht kommt. Vielleicht sagen wir zu dem heutigen Pabst nichts, sprechen nur allgemein, um nicht in die Tagespolitik zu kommen. :(
 
nur müssten besagte ärzte dann auch prof. utr. iur. sein, um solche entscheidungen fällen zu können.

und auch dann wollte ich eine solche entscheidung nicht treffen.
 
Ja das muß die Katholische Kirche allein entscheiden. Ich bin auch gespannt, ob eine solche Frage vor sich hergeschoben wird oder ob man tatsächlich eine Entscheidung trifft. Keine Entscheidung zu treffen ist auch eine Entscheidung. :fs:
 
Der Papst wählt sich nur selbst ab - heisst, er entscheidet, ob er in den Ruhestand geht. Die Katholische Kirche bricht sich mit ihrem selbst aufgelegten Diktat allerdings auch nichts ab. Da der Glauben nicht von irdischen Personen abhängig ist (sein sollte), kann man den jetzigen Papst auch auf seinem Posten lassen. Soviel zum philosophischen Beitrag meinerseits.
 
Das stimmt, glaube ich, nicht ganz. Wenn er nicht mehr in der Lage ist, sein Amt auszuüben, wird ein Administrator bestellt. Welche Bedingungen da aber im Einzelnen zu erfüllen sind, entzieht sich meiner Kenntnis.
 
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