"Schaffe, schaffe, Häusle baue..."

Babylonia

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Die spätestens im 4. vorchristlichen Jahrtausend in den südlichen Sumpfgebieten Mesopotamiens entwickelte Kunst mit Schilf zu bauen blieb bis heute erhalten. Gerüste aus zusammen gewundenen Schilfbündeln sind durch geflochtene Matten zu Wänden ergänzt und mit Schilf überdacht. Später wurden, wie die frühen Schichten des Enki- Tempels in Eridu zeigen, Lehmklumpen benutzt. Lehm war in Mesopotamien der wichtigste Baustoff, den die Menschen seit Jahrtausenden zu Herstellung von Keramik benutzten. Seit der zweiten Hälfte des 4. vorchristlichen Jt. errichteten die Sumerer ihre Gebäude aus Lehm geformten und an der Luft getrockneten Ziegeln.

Selbst Tempel und Paläste wurden bis ins 1. vorchristliche Jt. vorwiegend aus ungebrannten Lehmziegeln gebaut, allerdings wurden diese mit Backstein verblendet. Bei den meisten Bauten, wie den Zikkurraten von Ur, Uruk oder anderswo, waren in regelmäßigen Abständen mit Bitumen vermengte Schilfmatten als Drainage zwischen den Ziegelsteinen eingelegt. Ab dem 3. Jahrtausends v. Ch. kamen dann, zunächst noch vereinzelt, gebrannte Lehmziegel auf. Verwendet wurden plankonvexe Ziegel mit glatter Unter- und gewölbter Oberfläche, 20 x 30 Zentimeter groß. Aus diesen Ziegeln, jeder mit einer Inschrift des Stifters, also des Herrschers versehen, wurden ausschließlich Tempel und Paläste gebaut. Schon im 3. Jahrtausend v. Ch. beherrschten die Sumerer die Technik, den scheitrechten Bogen zu mauern (z.B. in Tell ar- Rimah).

Privathäuser wurden aus ungebrannten Ziegeln gebaut, hatten eine Mauerstärke von ½ bis 1 Meter. Als Mörtel wurde Lehm oder Bitumen verwendet. Auch die Fußböden wurden aus Ziegeln gelegt oder sie bestanden aus gestampftem Lehm. Darunter wurden die Toten der Familie zur letzten Ruhe gebettet. Für Dach- und Deckenkonstruktionen sowie Türen, Türflügel und Rahmen wurde Holz verwendet. In dem an Holz armen Land galten Türen aus importiertem Edelholz als wertvollster Teil eines Privathauses und wurden sogar in Texten über Familienerbschaften und in Mitgiftverträgen erwähnt. Die Tür aus massivem Holz war an einem Türpfosten befestigt, der sich in einem Türangelstein aus gebranntem Ziegel drehte. In Palästen und Tempeln war er aus Stein gemeißelt und mit Inschriften versehen. Als Türverschluss diente ein Haken oder eine Schnur, die an einem Pflock im Türstock eingehänt oder um einen ebensolchen gewickelt wurden.

Gedeckt wurden die Bauten mit Lehm, der auf einem Unterbau aus Holz und Schilfmatten verlegt war. Auf das Dach bzw. das mitunter vorhandene Obergeschoß führten Treppen in Lehm- oder Holzbauweise.

Aus Babylon liegen Nachweise aus dem 1. Jt. v. Ch. dafür vor, dass einige Privathäuser sogar mit kanalisierten Küchen und Bädern ausgestattet waren .

In manchen Häusern gab es Hinterhöfe mit einer „Hauskapelle“ - also größere Räume mit Altären für private Kulthandlungen. In solchen Häusern wurden die verstorbenen Familienmitglieder unter den Fußböden solcher Räumlichkeiten begraben.

In Babylon dominierte, bei einer Vielzahl von Varianten, das „Hofhaus“. Die Außenfassaden sind ausnahmslos fensterlos gewesen. Im Hausinneren erschloss der im vorderen Teil gelegene Hof die um ihn gruppierten, zum Inneren hin verschachtelt angeordneten größeren und kleineren Räume und Raumfluchten. Den Kernbereich des Hauses bildete der „Hauptsaal“ sowie „Empfangsräume“, die zwischen Hauptsaal und Hof lagen. Der Hof hatte wohl auch eine Klima regulierende Funktion. Sowohl die Hausgrößen als auch die Anzahl der Zimmer konnten beträchtlich schwanken: Im altbabylonischen Ur (2. Jt. v. Ch.) hatten die Häuser meist eine Nutzfläche von weniger als 100 qm und bis zu drei Zimmer, in neubabylonscher Zeit (1.Jt. v. Ch.) finden sich Häuser von über 400 qm mit bis zu vierzehn Zimmern.

Die urbane Bebauung konnte auch sehr unterschiedlich sein, z.B. in Ur, dessen Wohnquartiere zu den bestbekannten des Alten Orients zählen, findet man enge Straßen und eng aneinander liegende Häuser, die oft von Sackgassen, die von kleinen Plätzen radial wegführten, erschlossen wurden. Da die Häuser oft eine beträchtliche Höhe aufwiesen, bewegte man sich in diesen Gassen wie in engen Schluchten. Hingegen in Babylon und Uruk des 1. Jt. v. Ch. gab es auch inselähnlich isolierte Wohnquartiere, die wie Texte berichten, oft von Gärten und unbebautem Gelände umgeben waren. In vielen dieser Gärten wurden exotische Pflanzen und Tiere angesiedelt.


Das Zentrum einer Siedlung bildete in Mesopotamien ab der frühesten Zeit, also schon im 4. Jt. v. Ch., das Hauptheiligtum des Stadtgottes. Die Siedlungen wuchsen zur Städten und mit dem Wohlstand und der Teilung in religiöse und weltliche Herrschaft veränderte sich auch das Bild einer Stadt. Ende des 3. Jt. v. Ch. wurden die ersten Königspaläste gebaut. Diese lagen entweder im Zentrum oder in Residenzstädten, wie Babylon, am Rand der Innenstadt. Alle Hauptstraßen liefen auf das Zentrum zu. Im innerstädtischen Bereich lagen die Wohnquartiere, umgeben von Stadtmauern mit monumentalen Toren, die den benachbarten Stadtvierteln den Namen gaben. In den Vorstädten konzentrierte sich das kommerzielle Zentrum und Sitz der Kaufleute und Handwerker, wie es auch heute noch im Orient üblich ist. Die Peripherie bildete ein „grüner Gürtel“ kultivierten Gartenbaus und Ackerland, sowie der Flusshafen.


Mit den Terrassentempeln der Sumerer, den Zikkurraten, beginnt im 3. Jt. v. Ch. die Kulturarchitektur der Menschheit. Der erste Tempelturm stand in Uruk und maß 25 x 80 Meter. Die Fassade war mit roten, weißen und schwarzen Tonstiften geschmückt, die in geometrischen Mustern in den noch feuchten Ton eingedrückt wurden. Um 2600 v. Ch. baute König Mesilim einen solchen Tempel in Kisch und Ur-Nansche von Lagasch baute in etwa zur gleichen Zeit für seinen Stadtgott Ningirsu einen Terrassentempel, in dem Marmor, Edelholz, Gold und Bronze verarbeitet waren. Hier findet sich auch erstmalig eine Nischenarchitektur, die von den Sumerern nur für Kultbauten angewandt wurde. Diese Nischenarchitektur wurde u.a. auch von den Ägyptern übernommen.


Die Zikkurrat von Babylon- der Tempelturm Etemenanki, gebaut Mitte des 1. Jt. v. Ch. auf einer Grundfläche von 90 x 90 Metern, erhob sich in sieben Stufen 90 m über die Stadt. Auf der obersten Stufe (Plattform) befand sich ein mehrräumiger Tempel, wie Keilschriftdokumente berichten. In der Nachbarschaft zur Zikkurrat, innerhalb der Stadtmauer, standen weitere Tempel, darunter der Tempel Esangila mit einer Grundfläche von 180 x 125 Metern. Von Zikkurrat und Esangila führte eine 20 – 24 m breite Prozessionsstraße zu den Königspalästen und dem monumentalen Ischtartor ( heute im Vorderasiatischen Museum/ Berlin zu bewundern).

Die Königspaläste sind nicht weniger imposant als die Tempel. Die Südburg der Palastanlage in Babylon hat Ausmaße von 200 x 310 x 120 m, die Nordburg von etwa 180 m im Quadrat. Die Innenstadt war von einer 8 km langen, dreigeteilten Mauer umgeben. Die innere Mauer aus luftgetrockneten Lehmziegeln war 7,1 m dick, die mittlere Mauer aus gebrannten Ziegeln 7,8 m und die äußere Mauer, ebenfalls aus Brandziegeln, die in einem etwa 100 m breitem Graben lag, 3,3 m.

Über den Bau von Festungsanlagen, Stadtmauern und -toren im Zweistromland gibt es nur spärliche Erkenntnisse. Wirtschaftstexte belegen exakt berechnete Mengen an Baumaterial, es wurden aber nur wenige Texte gefunden, die Einblicke in die damalige Technologie gewähren. Darüber demnächst.

Quellen:

B. Hrouda, Der Alte Orient, Bertelsmann, München 2003
H. Uhlig, Die Sumerer, Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 1992, 3. Aufl. 2002
M. Jursa, Die Babylonier, C. H. Beck Wissen, München 2004
E. Cancik- Kirschbaum, Die Assyrer, C. H. Beck Wissen, München 2003
M. Bau, Der Fruchtbare Halbmond, Glock u. Lutz, Nürnberg 1975
 
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Es klingt fast , als ob sich die Stadtplanung sogar bis heute in der islamischen Architektur erhalten hat.
 
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