Schlacht von Salamis, Thesen

HisFajo

Neues Mitglied
Hallo zusammen,

ich darf (nicht muss - das Thema interessiert mich sehr) nächste Woche die Schlacht von Salamis vorstellen.
30 Minuten, normale Sache.
Ich konzipiere gerade mein Thesenpapier, allerdings bin ich hier noch etwas unsicher.

Wie viele Thesen würdet ihr maximal auf eine Seite packen?

Meine Thesen zu der Schlacht sehen aktuell so aus:

- Die griechische Seite hatte viel Glück: Windverhältnisse (durch Götter), Meerenge --> Orakel (oder ist das zu faktisch?)
- Trotz, oder gerade wegen der numerischen Überzahl, waren die Perser chancenlos

- Die Angaben des persischen Kontingents von 1207 Flotten ist deutlich übertrieben --> es soll zum einen den Mut und die Tapferkeit hervorheben; des Weiteren soll es die Intelligenz der Griechen darlegen (auf offener See hätten sie auf alle Fälle verloren - wieder zu faktisch?)

Der Hellenenbund verfolgte nur pragmatische Ziele
- Die Rede vom heroischen Schulterschluss - lanciert vom europäischen Panhellenismus - trifft durchaus zu; allerdings geschah jener Schulterschluss aus eher primitiven Gründen, egoistischen Motiven --> zum Schutz der eigenen Polis.

- Die Schlacht ist höher zu bewerten als die anderen Perserkriege --> stärkster Demokratisierungsschub - noch mehr als Marathon (wegen den Theten; bekamen politischen Bedeutung).

- Der Sieg legitimierte die offensive Flottenpolitik des Themistokles, ließ Athen zur Seemacht avancieren und forcierte den Athen-Sparta-Dualismus
--> Athen wurde der Landmacht Sparta gefährlich
--> Am meisten von dem Sieg profitierte Athen

Quellenkritik, Thesen:

Herodots Athenerpassus:
- Trotz des Plädoyers, dass nur dank Athen die Schlacht gewonnen wurde, handelt es sich bei Herodots Historien nicht um eine pro-athenische Darstellung. Er berichtet durchaus objektiv --> denn er hat zweifelsohne recht
--> Ohne Athen wäre jeglicher Widerstand zwecklos gewesen

"Die Perser" des Aischylos:
- Es kombiniert eine starke Kritik an der Hybris und der Eroberungspolitik des Xerxes (480 v. Chr.) und der von Athen (472 v. Chr.)
--> Poleis wurden zum Eintritt in den delisch-attischen Seebundes gezwungen
--> starke Imperialipolitik

- Aischylos beschreibt die Tagespolitik der Athener; erstmals wird von nichts Mythischem gesprochen --> daraus erhält später der Alexanderzug gegen das Perserreich auch seine Legitimation

- Aischylos anonymisiert die Griechen (nennt keinen beim Namen), während er Xerxes direkt erwähnt
--> soll Identifikation mit Griechenland schüren und suggeriert den Kampf: Gemeinschaft, Freiheit gegen Despotie. Dient zugleich als Kontrastierung zwischen West und Ost.

Plutarchs Themistokles-Vita:
- Er erhöht Themistokles zum alleinigen Retter; der "Scharfsicht mit Klugheit" paare
--> trotz seiner zweifelsfrei exponierten und sehr wichtigen Stellung, enthält die Vita tendenziell hagiographische Merkmale.

Was würdet ihr streichen; was würdet ihr ergänzen? Oder würdet ihr es gar so lassen?
Lasst und diskutieren :)

Gruß und Danke :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich verstehe nicht, was du mit "zu faktisch" meinst. Eine Diskepanz besteht zwischen möglichen antiken Erklärungen für den Sieg ("Götter") - die du anhand von Quellenstellen nachweisen können solltest - und den tatsächlichen Bedingungen. Neben der Topographie (Meerenge) und dem Wetter (Wind [wird davon tatsächlich in den Quellen beerichtet?]) solltest du auch auf die Rolle des einzelnen Soldaten bei den Persern und Bürgers bei den Athenern eingehen.
Auch bei Orakel von Delphi solltest du kritisch sein. Uns ist der Orakelspruch ja ex post überliefert. Wir wissen nicht, ob es ihn tatsächlich gegeben hat und wenn so wissen wir, dass er relativ offen formuliert war. Themistokles hat ihn interpretiert: Kämpft mit der Flotte. Er hätte den Spruch genauso gut so interpretieren können (und wenn er tatsächlich in Delphi ausgegeben wurde, vielleicht war er sogar so gemeint), dass er eine improvisierte Holzmauer um Athen zöge, um die Stadt zu schützen. Ich weiß tatsächlich nicht, wie der Zustand der eigentlichen Stadtmauer überhaupt war zum damaligen Zeitpunkt.
Das wichtigste an der Schlacht von Salamis - das hast du auch angesprochen - ist aber die Rolle der Theten und der entsprechende Demokratisierungsschub in Athen. Aus antiker Sicht ist natürlich die Gründung des attisch-delischen Seebundes mindestens geauso wichtig, aus moderner Sicht eher, wie Athen seine Verbündeten behandelte.
 
Danke für deine Antwort, hat mir weitergeholfen.

Meinst du mit den Rollen der persischen Soldaten, dass viele darunter Griechen gewesen sein sollen und somit gegen "ihr Land" kämpfen mussten?
Was meinst du genau mit der Rolle der griechischen Bürger?

Dass mit den Windverhältnissen steht tatsächlich in einer Quelle; bei Plutarchs Themistokles-Vita.

Mit "zu faktisch" meine ich, dass zu meinen Thesen keine Gegenthesen formuliert werden können --> Thesen sollen ja kontrovers sein.

Nochmals Danke :)
 
Meinst du mit den Rollen der persischen Soldaten, dass viele darunter Griechen gewesen sein sollen und somit gegen "ihr Land" kämpfen mussten?
Nein. Es geht um den sozialen Status.

Was meinst du genau mit der Rolle der griechischen Bürger?
Du hattest es selbst schon angesprochen und das steht dann auch unten bei mir genauer. Die Rolle der Theten.

Dass mit den Windverhältnissen steht tatsächlich in einer Quelle; bei Plutarchs Themistokles-Vita.
Fast 600 Jahre später!
 
Hei,

ich bin darüber gestolpert:

Die griechische Seite hatte viel Glück (...) Trotz, oder gerade wegen der numerischen Überzahl, waren die Perser chancenlos

Das ist für mich ein Widerspruch. Wenn die Perser chancenlos waren, brauchte die griechische Seite kein Glück dazu. Oder umgekehrt, wenn die Griechen viel Glück hatten, waren die Perser ja eigentlich nicht chancenlos.

Gruss, muheijo
 
Dass die Schlacht von Salamis die Demokratie in Athen begründete, weil in den Trieren die Theten die wichtige Aufgabe des Ruderns übernahmen, halte ich für einen modernen Mythos. Aber ich gebe zu, dass er sich gut anhört.
Diese These vernachlässigt nämlich die Tatsache, dass auch zahlreiche Schiffe aus Korinth, Sparta, Aigina und vielen anderen Poleis bei Salamis mitkämpften, ohne dass dort eine Demokratisierung wie in Athen stattfand.

Und wie entstand die Römische Republik? Welche Seeschlacht bildet ihren Gründungsmythos?
 
Themistokles hielt sich mit zwei Briefen, die er vor und nach der Schlacht von Salamis schrieb eigentlich mehrere Optionen offen. Im ersten teilte er Xerxes mit, dass die Peloponnesier auseinandergehen die Absicht hätten und in ihre Heimatstädte zurückkehren wollten, um ihre Poleis zu schützen und im zweiten, dass die Griechen die Absicht hätten, die Hellespontbrücken zu zerstören. Wären die Peloponnesier heimgekehrt, hätte Xerxes sie einzeln bekämpfen müssen, das wollte er vermeiden, und er nahm die Herausforderung bei Salamis an, wo die Perser ihre zahlenmäßige Überlegenheit nicht ausspielen konnten. Auf die Nachricht von der geplanten Zerstörung der Pontonbrücken kehrte Xerxes zurück, da ihm sonst der Rückweg abgeschnitten worden wäre. Die Briefe könnte man als geglückte Kriegslist interpretieren, mit der Themisthokles ohne kampf Xerxes zum Rückzug zwang und zur Annahme einer Seeschlacht, die die Athener und ihre Verbündeten gewannen. Hätte aber Xerxes gesiegt, hätte Themisthokles Anspruch auf Dank haben können, denn er hätte ihn ja zeitig gewarnt und ihm den Sieg erleichtert. Der zweite Brief hätte als kluger Tipp für die persische Armee interpretiert werden können, der ihr den Rückzug ermöglichte. Nachdem Themisthokles 474 v. Chr. durch Ostrakismos aus Athen verbannt wurde ging er ins Exil nach Kleinasien. Gegenüber Xerxes Nachfolger Artaxerxes berief sich Themisthokles auf diesen Brief, und Artaxerxes interpretierte dieses Schreiben auch in diesem Sinne und überließ Themisthokles die Einkünfte mehrerer Städte.
 
Das war schon ein schlauer Fuchs, dieser Themistokles.


Zum Jahr 480 v.Chr.:

Sowohl für die Perser als auch für die Griechen war es von besonderer Wichtigkeit, die Operationen von Landheer und Flotte zu synchronisieren. Grundsätzlich sollte die Flotte Landungsunternehmen des Feindes unterbinden und somit dem eigenen Landheer Deckung geben. Damals wie heute wurden Kriege durch Landtruppen entschieden.

Zunächst hatte sich die Flotte der Griechen bei Kap Artemision an einer günstigen Position der persischen Flotte entgegen gestellt. Somit konnte verhindert werden, dass die Perser Truppen im Rücken von Leonidas´Spartanern an den Thermopylen anlandeten. Auf die Nachricht, dass das persische Heer an den Thermopylen dennoch durchgebrochen war, zogen die Griechen ihre Flotte zurück. Der Weg für Xerxes nach Athen war endgültig frei.

Oberbefehlshaber der griechischen Flotte war übrigens nicht der Athener Themistokles, sondern der Spartaner Euribiades. Nach seinem Plan sollte nun das griechische Landheer den Isthmos von Korinth, also den Zugang zum Peloponnes sichern. Dazu wurde sogar eiligst eine Mauer errichtet. Die griechische Flotte würde derweilen die dortige Küste sichern, um eine Landung der Perser im Rücken der Griechen zu verhindern. Soweit der weitere Plan der Griechen.

Die Akropolis von Athen und seine Heiligtümer wurden dann von den Persern zerstört. Damit war der Rache des Xerxes genüge getan. Denn vordergründig war das Ziel des Großkönigs die Vergeltung an den beiden Städten, die sich an der Brandschatzung von Sardes im Zuge des Ionischen Aufstands beteiligt hatten: Eretria und Athen. Tatsächliches Ziel jedoch war wahrscheinlich die Unterwerfung Griechenlands.

Zuvor hatten die Athener ihre Stadt evakuiert und sich auf die Insel Salamis begeben. Während die persische Flotte in Phaleron ankerte, lag die Flotte der Griechen am Eingang zum Sund. Noch wäre Zeit gewesen, nach dem oben genannten Plan zum Isthmos zu segeln, um dort Stellung zu beziehen. Die Trierarchen aus Athen, Megara, Aigina und andere Poleis weigerten sich jedoch, ihre Städte und Bewohner im Stich zu lassen.

Angeblich soll nun Themistokles durch eine Nachricht an Xerxes nachgeholfen haben, so dass jener den Sund abriegelte und die gesamte Flotte der Griechen einschloss. Denn gleichzeitig segelte ein ägyptisches Kontingent westlich um Salamis herum und verschloss den anderen Ausgang. Jetzt saßen die Griechen in der Falle.

Es ist allerdings den persischen Oberbefehlshabern zuzutrauen, dass sie auch ohne Einwirkung des Themistokles diese strategisch richtige Entscheidung trafen.

Der Fehler der Perser folgte erst im Anschluss. Wer jemals vor Ort war, der kennt die sehr beengte Situation, die vor 2500 Jahren nicht wesentlich anders war als heute. Anstatt den Sund von Salamis mit einer relativ geringen Anzahl von Schiffen abzuriegeln und die Kapitulation der griechischen Flotte abzuwarten, begannen die Perser am nächsten Morgen, in den Sund einzufahren, um die Entscheidung in der Schlacht zu suchen.

Als Grund für den Sieg der Griechen werden die leichteren, manövrierfähigeren attischen Trieren angeführt, die den schwerfälligen phönizischen Schiffen im engen Raum überlegen waren.
Allerdings wird nicht berücksichtigt, dass auf Seiten der Perser zahlreiche ionische Griechen kämpften, in ebenfalls leichteren Schiffen.
Ausschlaggebend für den Sieg der Griechen waren deshlab zwei Punkte:
1.) Durch den engen Raum wurde die zahlenmäßige Überlegenhei der Perser egalisiert. Zum einen konnten nicht alle persischen Schiffe gleichzeitig eingesetzt werden, zum anderen war ein Umfahren des Gegeners (Periplus) nicht möglich.
2.) Für die Griechen gind es ums Überleben. Anders als bei Kap Artemision gab es keine Möglichkeit zum Zurückweichen. Die schier ausweglose Lage steigerte die Kampfbereitschaft, die letztendlich entscheidend war.

Und danach?

Die Flotte der Perser war dezimiert, aber keineswegs vernichtet. Das persische Landheer war noch vollständig und einsatzbereit. Salamis war also keine Entscheidung, eher eine Wende des Krieges, denn Xerxes hatte den Nimbus der Unbesiegbarkeit verloren.

Das vordergründig primäre Ziel, Eretria und Athen zu zerstören, war vollendet und in dieser Gewissheit verließ er das Land. Er hatte den Wunsch seines Vaters Dareios erfüllt und ließ sich dafür in der Heimat sicher ehren. Er kehrte nicht als Verlierer heim, auch wenn es Aischylos so darstellen möchte.

Ganz sicher waren Xerxes und seine Leibwache nicht auf die Brücken am Hellespont angewiesen. Anstatt den Landweg zu wählen, hätte er ebenso ein Schiff zur Rückfahrt nach Kleinasien besteigen können.

Das in Böotien zurück gelassene Heer war nun nicht mehr seine persönliche Angelegenheit, sondern die seines Feldherrn Mardonios.
 
Eine schöne Zusammenfassung, stimmt es eigentlich dass in Wirklichkeit die Reste der Seevölker den Persern in den Rücken gefallen sind, weil sie mit den Phönikiern verfeindet waren?
 
Eine schöne Zusammenfassung, stimmt es eigentlich dass in Wirklichkeit die Reste der Seevölker den Persern in den Rücken gefallen sind, weil sie mit den Phönikiern verfeindet waren?

Nein, da bringen Sie etwas durcheinander.
Die "Seevölker" hat es nie gegeben. Schon deshalb spielten sie in den Perserkriegen (700 Jahre später) keine Rolle.
 
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