Denn man konnte ja nicht annehmen, dass die belgische Infrastruktur im Friedensumfang in die Hände fiel.
Und wenn der Schlieffenplan die Nutzung der Eisenbahn für die schnelle Verlegung von West nach Ost relativ genau voraus plante, warum sollten solche Dinge für den Vormarsch im Westen vernachlässigt werden?
Das die praktische Umsetzung dann anders ausfiel ist plausibel, eine Planlosigkeit (oder nur wage Pläne) für mich nicht. Es hätte weder zur Mentalität gepasst noch den Anforderungen der Zeit entsprochen.
Am 2. August telegrafierte das Auswärtige Amt an den deutschen Gesandten in Brüssel, Klaus von Below-Saleske, folgendes:
"1. Deutschland beabsichtigt keinerlei Feindseligkeiten gegen Belgien.
Ist Belgien gewillt, in dem bevorstehenden Krieg Deutschland gegenüber eine wohlwollende Neutralität einzunehmen, so verpflichtet sich die deutsche Regierung beim Friedensschluss, Besitzstand und Unabhängigkeit des Königreiches im vollen Umfang zu garantieren.
2. Deutschland verpflichtet sich unter obiger Vorraussetzung, das Gebiet des Königreiches wieder zu räumen, sobald der Frieden geschlossen ist.
3. Bei einer freundschaftlichen Haltung Belgiens ist Deutschland bereit, im Einvernehmen mit den königlich belgischen Behörden alle Bedürfnisse seiner Truppen gegen Barzahlung anzukaufen und jeden Schaden zu ersetzen, der etwa durch deutsche Truppen verursacht werden könnte.
Sollte Belgien den deutschen Truppen feindlich entgegentreten, wird deutschland zu seinem Bedauern gezwungen sein, das Königreich als Feind zu betrachten."
Dies wurde der belgischen Regierung dann um 20 Uhr übergeben.
An Luxemburg übersendet man am Morgen des 2. August folgende Entschuldigung:
"Unsere militärischen Maßnahmen bedeuten keine feindselige Handlung, sie dienen lediglich der Sicherung der in unserem Betriebe befindlichen dortigen Eisenbahnen gegen den Überfall der Franzosen. Übrigens, Luxemburg entstehen gar keine Nachteile, für eventuelle Schäden erhält das Fürstentum volle Entschädigung."
Ich habe diese Texte gebracht, da sie die Hoffnung oder den Wunsch Deutschlands zeigen, ungehindert durch Belgien marschieren zu können. Wie weit das alles in die Planung mit einbezogen war, würde mich genauso interessieren. Zumindest musste man ja zwei Fälle annehmen; Belgien hält still oder es wehrt sich. Da bräuchte es dann, denke ich, auch zwei "Eventualitätspläne".
Am eklatantesten finde ich, dass so viele Pferde an Futtermangel verendet sind. Das sieht zumindest nach Fehlplanung aus. Vielleicht hat man diese oder ähnliche Verlustzahlen aber auch eingeplant (?). Schießlich ist man ja bis kurz vor Paris gekommen. Der Zeitplan stimmte ja auch so ungefähr.
Das die Verluste bei einem derartigen Marschtempo hoch sind, hat man sicherlich erwartet.