Schuldknecht (Amerika-Überfahrt)

Ich suche Informationen oder Buchtipps zum Thema Schuldknecht/Amerika-Überfahrt.

Ich habe vor einigen Monaten in einem Wartezimmer einen Artikel gelesen und kann es leider zeitlich nicht verorten (das ist fürmich erstmal das Wichtigste), komme aber auch nicht mehr auf die Namen, so dass ich auch keine weitergehenden Informationen finden kann.


In dem Artikel ging es um die Immigrationsbewegung und die unrechtmäßige Versklavung von Auswanderern als Schuldknechte, entweder weil sie das Geld für die Überfahrt nicht hatten, in dem Artikel ging es aber beispielhaft um eine deutschstämmige Familie (die noch heute über extrem viele Tagebücher aus dieser Zeit verfügt), die entgegen des geschlossenen Kontraktes mehr und mehr Geld als anfangs vereinbart zahlen musste, und deswegen in eine Schuldknechtschaft geriet - sie haben sich dann da irgendwie rausgeklagt.
Das war eine ziemlich ungewöhnliche Sache, denn üblicherweise ging es wohl nicht vor Gericht etc und es hieß einfach "Pech gehabt".


Mich interessiert nun die zeitliche Verortung am meisten, vielleicht hat aber jemand auch allgemeine Links und Buchtipps zu dem Thema oder kann sich an diesen Fall sogar erinnern und hat dementsprechend bezogene Lese-Hinweise - würde mich sehr freuen.
 
Ich suche Informationen oder Buchtipps zum Thema Schuldknecht/Amerika-Überfahrt.

Ich habe vor einigen Monaten in einem Wartezimmer einen Artikel gelesen und kann es leider zeitlich nicht verorten (das ist fürmich erstmal das Wichtigste), komme aber auch nicht mehr auf die Namen, so dass ich auch keine weitergehenden Informationen finden kann.


In dem Artikel ging es um die Immigrationsbewegung und die unrechtmäßige Versklavung von Auswanderern als Schuldknechte, entweder weil sie das Geld für die Überfahrt nicht hatten, in dem Artikel ging es aber beispielhaft um eine deutschstämmige Familie (die noch heute über extrem viele Tagebücher aus dieser Zeit verfügt), die entgegen des geschlossenen Kontraktes mehr und mehr Geld als anfangs vereinbart zahlen musste, und deswegen in eine Schuldknechtschaft geriet - sie haben sich dann da irgendwie rausgeklagt.
Das war eine ziemlich ungewöhnliche Sache, denn üblicherweise ging es wohl nicht vor Gericht etc und es hieß einfach "Pech gehabt".


Mich interessiert nun die zeitliche Verortung am meisten, vielleicht hat aber jemand auch allgemeine Links und Buchtipps zu dem Thema oder kann sich an diesen Fall sogar erinnern und hat dementsprechend bezogene Lese-Hinweise - würde mich sehr freuen.

Die Identur war keine unrechtmäßige Einrichtung und im angelsächsischen Recht des 17.bis 19. Jahrhunderts fest verankert. es handelte sich genaugenommen um eine art Schuldknechtschaft auf Zeit. Im günstigsten Fall handelte es sich um eine Art Lehrzeit mit der Aussicht, nach Ende der meist 7 jährigen Verpflichtung ein Stück Land zu erhalten, im schlimmsten Fall um eine Knechtschaft, die sich kaum von Sklaverei unterschied. So wurden im 17. und 18. Jahrhundert viele Iren, die sich gegen die angelsächsische Herrschaft erhoben hatten, nach Barbados als Indentured Servants verschifft. In Nordamerika bestand eine erhöhte Nachfrage nach billigen Arbeitskräften, und es ließ sich damit schnell Profit machen. Schiffskapitäne konnten zahlungsunfähige Passagiere als Facharbeiter an Farmer vermieten. In den meisten deutschen Territorien war Auswanderung verboten, und Flugblätter warnten vor gierigen Kapitänen, die Passagiere verschacherten. Im Unabhängigkeitskrieg wurden u. a. kriegsgefangene hessische Söldner an Farmer in den 13 Kolonien vermietet, einige davon musste ein General von Lossberg 1781-82 freikaufen, die sich schlimmer als bey den Türken behandelt fühlten. Andere aber hatten mehr Glück wie Johannes Schwalm, der 1776 nach der Schlacht bei Trenton in amerikanische Gefangenschaft geriet. Als Indentured Servant wurde Schwalm an einen Farmer deutscher Herkunft in Pennsylvania vermietet. Schwalm heiratete später die Tochter seines Vermieters, mit der er zahlreiche Kinder zeugte und ging nach South Carolina, wo er etwas Gold fand.

Zur Institution der Indentured Servants (wörtlich gezahnte Knechte) findest du hier mehr. Noch im 18. Jahrhundert gab es mehr Indentured Servants, als schwarze Sklaven. Im Gegensatz zu diesen waren Indentured nicht rechtlos und durften einen teil ihres Lohns behalten. Kurz vor und nach der amerikanischen Revolution wurden Indentureds aus rassistischen Gründen aufgewertet und schwarze Indentureds hatten es deutlich schwerer, den rechtlichen Status ihrer Nachkommen zu verbessern. Indentur ? Wikipedia
 
Interesant, vielen herzlichen Dank.

In meinem Artikel ging es schon um unrechtmüßige Indentur, da hat der Kapitän sich irgendwie mehr und mehr Geld von den Leuten geben lassen (für Essen, obwohl zuerst anders ausgemacht? kriege es grad nicht mehr zusammen).

Dann werde ich mal mit diesem Stichwort weiter suchen :)
 
Schau mal zb hier:

http://opinionator.blogs.nytimes.co...-white-faces-of-slavery/?_php=true&_type=blog

Ich suche derzeit noch eine Seite, die sich im Prinzip mit der Situation von sogen sharecroppern befaßt (also nach dem Bürgerkrieg), aber auch das Thema der weißen Indentured Servants aufnimmt - bisher leider vergeblich, die liefere ich ggfs nach.

Das Problem bei der Indentured Servitude war ja u.a., daß zwar schriftliche Verträge zustandekamen, die Angeworbenen aber - zumal vor dem Bürgerkrieg, also im 16. und 17. Jahrhundert - häufig Analphabeten waren bzw kein Englisch konnten. Die Auslegung des Vertrags lag also in der Hand desjenigen Vertragspartners, der lesen konnte. Teils wurden auch Sträflinge als Indentured Servants über den Atlantik verschifft, oder auch buchstäblich shanghaite Personen, die in Europa von der Straße weg gefangen wurden.

In der Regel wurde eine Zeit von sieben Jahren vereinbart, in der das Geld für die Atlantikpassage abgearbeitet werden mußte. Die Einwanderer erhielten nur Kost und Logis, ggfs Bekleidung. Aufgrund der sozialen Stellung der jeweiligen Vertragspartner erhältst du dann schon eine Situation, in der Mißbrauch und eine de-facto-Versklavung auch über die vertragliche Frist hinaus durchaus möglich sind und natürlich gab es bis ins 20. Jahrhundert hinein Fälle, in denen dies auch so ablief. Etwas zugespitzt formuliert mußten diese sieben Jahre von den Angeworbenen ja auch überlebt werden...

Weitere Empfehlungen:

Indentured servant - Wikipedia, the free encyclopedia

Indentured servitude in Pennsylvania - Wikipedia, the free encyclopedia

Indentured servitude in Virginia - Wikipedia, the free encyclopedia
 
So wurden im 17. und 18. Jahrhundert viele Iren, die sich gegen die angelsächsische Herrschaft erhoben hatten, nach Barbados als Indentured Servants verschifft.
Sind diese Iren nicht eine andere Art von Knechten? Im Grunde wurde Kriegsgefangene in die Karibik verschleppt. Es gab in dem Fall keinen persönlichen Vertrag. Mit Schuldknechtschaft hat das nichts zu tun.

Während der Eroberung Irlands unter König Jacob II. von England und später durch Oliver Chromvell wurde tausende Iren gefangen genommen und nach in die Karibik verkauft. Zur Sicherung der Herrschaft über Irland sollten die katholischen Störenfriede verschwinden.

Following the Irish uprising in 1641 and subsequent Cromwellian invasion, the English Parliament passed the Act for the Settlement of Ireland 1652 which classified the Irish population into one of several categories according to their degree of involvement in the uprising and subsequent war. Those who had participated in the uprising or assisted the rebels in any way were sentenced to be hanged and to have their property confiscated. Other categories were sentenced to banishment with whole or partial confiscation of their estates. Whilst the majority of the resettlement took place within Ireland to the province of Connaught, Dr William Petty, Physician-General to Cromwell's Army, estimated that as many as 100,000 Irish men, women and children were transported to the colonies in the West Indies and in North America as slaves. Wikipedia

Ob diese unfreiwillig verschleppten Iren noch als Schuldknechte einzuordnen sind, müsste noch überprüft werden. So weit ich es überbliche wird zwischen diesen "prisoners" und den "indentured servants" unterschieden. Beide Gruppen fallen dann aber wieder als "redlegs" zusammen.

Diese hessischen Kriegsgefangen haben auch nicht mit der Identur im eigentlichen Sinne zu tun. Es gibt keine vertragsliche Grundlage für die Zwangsarbeit von Kriegsgefangenen.

Die Identur war keine unrechtmäßige Einrichtung und im angelsächsischen Recht des 17.bis 19. Jahrhunderts fest verankert.
Ich habe bis jetzt noch keinen Hinweis dafür gefunden, dass die Identur irgendeine vorkoloniale Tradition hat oder das sie inner Englands gebraucht wurde, also oder Überschiffung nach Übersee.

In ihrer Rechtsstellung vergleichbar mit "indentured servants" sind indische Kontraktarbeiter und chinesische Kulis. Nach Abschaffung der Sklaverei ersetzten diese neuen Hörigen die afrikanischen Sklaven in Amerika.
 
Zuletzt bearbeitet:
Inzwischen habe ich die fragliche Ausgabe der Zeitschrift gefunden (Geo 6/2013), allerdings kann man sie nicht mehr erwerben. Alle, die zwei Jahre davor und danach erschienen sind schon, nur diese natürlich nicht! :( Yoga (das Titelthema) ist anscheinend zu interessant.
Online-Ausgaben lassen sich nicht einzeln erwerben, dazu muss man ein Abonnenten-Konto haben.
Man kann es Leuten auch wirklich schwer machen, etwas zu kaufen!


Mit euren Informationen konnte ich jedoch andere, bessere Suchworte eingeben und habe einige Literaturtreffer erhalten, die mir hoffentlich einen umfassenden Überblick über das Thema verschaffen werden.

Wenn ich es irgendwann mal zu der Bibliothek schaffe, kann ich hoffentlich auch diesen speziellen Fall unrechtmäßiger Indentur nachlesen (vielleicht finde ich Publikationen, wenn ich Namen der Familie oder des forschenden Historikers eingebe).


Vielen Dank also für eure Hilfe!


Soll ich nochmal eine kurze Zusammenfassung geben, wenn ich diesen Sonderfall der bertrügerischen Indentur-Versklavung nachlesen konnte?
 
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