Seemacht und der zweite Unabhängikeitskrieg 1812

Köbis17

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Im zweiten Unabhängigkeitskrieg 1812 spielte ein besonderes Schiff für die Marine der US Navy eine wichtige Rolle, die USS Constitution.
In einer TV Doku habe ich dazu gehört, daß es wohl ohne dieses Schiff, dieser zweite Unabhängigkeitskrieg für die USA ein schlechtes Ende genommen hätte. Wie immer wird hier der Heldenmythos militärischer Aktionen der USA extrem verzerrt dargestellt.

Oder war es tatsächlich so, daß durch die schweren Fregatten der USN die Seemacht der RN gebrochen werden konnte und damit dieser Krieg 1812 für die USA entschieden wurde?

Ich fände es interessant ein paar Meinung hier dazu zu lesen, vor allem im Bezug auf: Konnte ein Seekrieg einen ganzen Krieg entscheiden? War die Seemacht der RN tatsächlich gebrochen? Immerhin galt bisher in der Geschichte, daß nach der Seeschlacht von Trafalgar 1805 die RN erst wieder besiegt wurde bei der Seeschlacht von Coronel 1914.

Links:
USS Constitution ? Wikipedia
Britisch-Amerikanischer Krieg ? Wikipedia
 
Ich denke das wird in der US-Geschichte etwas überzogen.

Für die Briten war die USS Constitution zwar eine böse Überraschung, auf die sie jedoch relativ schnell reagierten.

Nach den Anfangerfolgen der großen US-Fregatten, gab es auch eine Serie von Siegen der Briten, die sich eigentlich nie so richtig ins Zeug legten, da sie je eigentlich noch mit Napoleon beschäftigt waren.

Wenn die komplette bzw. ein größerer Teil der Royal Navy sich der Blockade angeschlossen hätte, dann wäre der amerikanische Handel wohl schnell zusammengebrochen. Daran lag jedoch anscheinend auch keine besonders große Interesse. Ich habe vor kurzem darüber gelesen, welch intensiven Handel, Nordamerikanische Schiffe mit Cadiz und den sonst zeitweilig unbesetzten Teilen Spaniens geführt haben. Das wäre kaum möglich gewesen, wenn die Briten das nicht zumindest toleriert hätten.
 
Bei der Royal Navy sind zwei Aspekte zu bedenken:

- die weitgehende Bindung an die übrigen Kriegsschauplätze gegen Frankreich
- die transatlantische Kriegführung bzw. Blockade. Wenn ich das richtig sehe, gab es doch im Unabhängigkeitskrieg 30 Jahre zuvor zuvor diese Experimente mit den Beschlägen der Schiffsrümpfe.
 
Bei der Royal Navy sind zwei Aspekte zu bedenken:

- die weitgehende Bindung an die übrigen Kriegsschauplätze gegen Frankreich
- die transatlantische Kriegführung bzw. Blockade. Wenn ich das richtig sehe, gab es doch im Unabhängigkeitskrieg 30 Jahre zuvor zuvor diese Experimente mit den Beschlägen der Schiffsrümpfe.

Du meinst dem Kampf gegen den Unterwasserbewuchs und damit verbunden Problemen der Dichtigkeit oder abnehmender Geschwindigkeit? War das nicht mehr ein Problem in wärmeren Gewässern in Richtung Karibik?

Aber was mich auch interessiert, war der zweite Unabhängigkeitskrieg nur auf maritime militärische Aktionen beschränkt?
 
Ja, das meinte ich.

Es gab auch einen Landkrieg an der kanadischen Grenze, außerdem Aktionen auf den Binnengewässern.
 
Ja, das meinte ich.

Es gab auch einen Landkrieg an der kanadischen Grenze, außerdem Aktionen auf den Binnengewässern.

Der Krieg an Land, war aber aus britischer Sicht sicherlich an Nachschub gebunden und somit wieder sehr von der Seeherrschaft abhängig. Vielleicht daher die kausalen Zusammenhänge von Mahan später beschrieben, um die Seeherrschaft.
Wäre er damit aber einem Irrtum auferlegen?

Was hatte mehr Einfluss auf den Ausgang des Krieges, der Land- oder Seekrieg?

Ps: Ich denke, die Beplankungsproblematik spielte 1812 keine Rolle mehr, mit Blick auf technische Neuerungen bzw. war ausschlaggebend für diesen Seekrieg.
 
Der Krieg an Land, war aber aus britischer Sicht sicherlich an Nachschub gebunden und somit wieder sehr von der Seeherrschaft abhängig. Vielleicht daher die kausalen Zusammenhänge von Mahan später beschrieben, um die Seeherrschaft.
Wäre er damit aber einem Irrtum auferlegen?

Was hatte mehr Einfluss auf den Ausgang des Krieges, der Land- oder Seekrieg?

Ps: Ich denke, die Beplankungsproblematik spielte 1812 keine Rolle mehr, mit Blick auf technische Neuerungen bzw. war ausschlaggebend für diesen Seekrieg.

Die Kanadier agierten weitgehend unabhängig vom Nachschub aus der Metropole. Es waren örtliche Truppen, zum Teil Reguläre, zum Teil Milizen, von denen die US-Truppen bei Queenston Heights und Stoney Creek besiegt wurden.

Bemerkenswert und abhängiger von der Seeherrschaft waren dagegen der raid gegen Washington und die Schlacht von New Orleans, die zwei Wochen nach Friedensschluss stattfand: Schlacht von New Orleans ? Wikipedia
 
Ich denke, von einem 2. Unabhängigkeitskrieg kann eigentlich keine Rede sein, denn die USA waren völkerrechtlich auch von GB anerkannt, und wenn als Kriegsgrund von den USA die Zwangsrekrutierung amerikanischer Seeleute geltend gemacht wurde, beabsichtigten die USA einen Teil Kanadas zu annektieren und marschierten nach Kanada, wo sie allerdings zurückgeschlagen wurden.

Die Briten hatten im Unabhängigkeitskrieg mehr als sieben Jahre in Nordamerika gekämpft, ohne dass sie die 13 Kolonien zur Aufgabe zwingen konnten. Im Krieg von 1812-14 war GB dazu auch noch in Europa während der napoleonischen Kriege involviert.
 
Der Hype um die amerikanische Mini-Marine (neben dem zeittypischen Nationalismus) mag sich dadurch erklären, dass der Krieg mit Pleiten, Pech und Pannen entlang der kanadischen Grenz, dem Verlust von Detroit und der drohenden britischen Blockade (durchgeführt ab März 1813) begann. Da gab es nur die Erfolge der USS Constitution (gegen Guerrie und Java) und USS United States (gegen Macedonian) zu feiern.

Während die britische Blockade dann die Kriegsfinanzierung der USA erheblich gefährdete, kaperte die US-Marine im Kriegsverlauf 257 britische Schiffe, zusätzlich kaperten die Privateers weit über 1000 britische Schiffe (gekapert wurden sogar sehr viel mehr, die aber nicht alle die USA erreichten). Das spülte zig Millionen in die Kriegskassen (allein registrierte 11 Mio., im Ausland -sold overseas- noch mehr. Und hinzu kommen die beschlagnahmten Güter), und kompensierte zu einem gewissen Teil die Blockadeeffekte. Das machte sozusagen den Krieg "fortführbar".

Anbei die britische Verteilung 1812/1813: (McCranie, The War of 1812 in the Ongoing NapoleonicWars: The Response of Britain’s Royal Navy, JoMH 2012, S. 1067-1094
 

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Im zweiten Unabhängigkeitskrieg 1812 spielte ein besonderes Schiff für die Marine der US Navy eine wichtige Rolle, die USS Constitution.
In einer TV Doku habe ich dazu gehört, daß es wohl ohne dieses Schiff, dieser zweite Unabhängigkeitskrieg für die USA ein schlechtes Ende genommen hätte.
Die Aktionen der Constitution hatten m. E. Auswirkungen auf das Ehrgefühl der RN und ggf. auf die Versicherungskosten für Handelsschiffe. Für den gesamten Kriegsverlauf spielte dieses Schiff eine Rolle, die mit der etwa der Graf Spee oder der Bismarck für den WK II vergleichbar sein mag.

Oder war es tatsächlich so, daß durch die schweren Fregatten der USN die Seemacht der RN gebrochen werden konnte und damit dieser Krieg 1812 für die USA entschieden wurde?
Der Krieg wurde ja nicht für die USA entschieden. Das war allenfalls ein Unentschieden - die USA, die m. E. die Aggressoren in diesem Krieg waren, hatten ihr vorrangiges Kriegsziel, nämlich Kanada zu kassieren, nicht erreicht. Ob es, außer Kanada zu verteidigen, weitere britische Kriegsziele gab, weiß ich gar nicht mal. Die drei überschweren Fregatten waren - ähnlich wie die deutschen "Westentaschenschlachtschiffe" ein tolles Gimmick für den Kreuzerkrieg. Nach ersten überraschenden Erfolgen stellten sich die Briten allerdings darauf ein (Verbot für Standardfregatten, sich auf einen Einzelkampf mit den "super frigates" einzulassen, der Einsatz von Fregattengeschwadern auf diesem Schauplatz - übrigens ähnlich wie in den frühen Jahren der Revolutionskriege im Kanal - sowie die Beschaffung gleichwertiger schwerer Fregatten für diesen Kriegsschauplatz: 1. Als "quick reaction" Improvisationsmaßnahme der Umbau dreier Linienschiffe (Schlachtschiffe) zu sogenannten Razées. (Das Konzept hatte sich ebenfalls in den 1790ern bereits bewährt - siehe Pellew's Indefatigable, bekannt aus TV, Radio und Hornblower.) Razee ? Wikipedia (Der Artikel ist nicht gut, aber für einen ersten Eindruck sollte es reichen.) Zudem wurde der Neubau schwerer Fregatten forciert. Endymion-class frigate - Wikipedia, the free encyclopedia (gehe zu "The 1812 Progamme"). Als Ergebnis wurden die drei amerikanischen Super Frigates kalt gestellt: USS President wurde von einem britischen Fregattengeschwader erobert. USS President (1800) ? Wikipedia
An diesem Gefecht war sowohl die razée Majestic, als auch die große (und verdammt schnelle) Fregatte Endymion beteiligt - nur, um mal zu veranschaulichen, was für eine massive Überlegenheit der britische Löwe, wenn geärgert, auch auf einen Nebenkriegsschauplatz verlagern konnte.
Die USS United States wurde für den gesamten Rest des Krieges komplett im im Hafen eingeschlossen, USS Constitution weitgehend. Von den wenigen vorhandenen Fregatten wurden die schwere Chesapeake ebenso erobert wie die relativ leichte Essex. Die US Navy hat 1812-14 die Seemacht der RN genausosehr gebrochen wie die deutsche Hochseeflotte 1914-18 - nämlich gar nicht. [/QUOTE]

Konnte ein Seekrieg einen ganzen Krieg entscheiden?
Falklands? Der "Quasi-Krieg"? M. E. war die britische Überlegenheit zur See auch entscheidend für den BRITISCHEN Erfolg gegen das revolutionäre und das napoleonische Frankreich. Dito m. E. der britische Erfolg 1763 - dieser Krieg wurde für die Briten tatsächlich auf See gewonnen und nicht in Leuthen oder Minden.

War die Seemacht der RN tatsächlich gebrochen?
Auf den großen Seen schon. Hier standen sich Limeys und Yankees auf Augenhöhe gegenüber.

Immerhin galt bisher in der Geschichte, daß nach der Seeschlacht von Trafalgar 1805 die RN erst wieder besiegt wurde bei der Seeschlacht von Coronel 1914.
In einer Flottenschlacht maybe. Wobei Trafalgar und Coronel von Bedeutung wie Größe her überhaupt nicht vergleichbar sind. Wenn ich Coronel als Maßstab nehme, dann haben die Franzosen 1810 auf Mauritius der Royal Navy eine vergleichbar schwere Niederlage beigebracht. Seeschlacht von Grand Port ? Wikipedia
Nicht alles, was Kaiser's Propaganda schrub, muss unbedingt sachlich richtig sein... :fs:
 
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Ich denke, der Kaperkrieg der Privateers wird vermutlich ein wesentlich größeres Gewicht gehabt haben als die spektakulären, jedoch längerfristig ergebnislosen Siege der US-Navy.

Wie die Zahlen zeigen die Silesia aufführte, entwickelte sich eine richtige Industrie mit Kapitalisten, Reedern, Prisenagenten und den eigentlich aktiven Seeleuten, die aus dem Kaperkrieg Profit schlugen.

Nach dem Fredensschluss 1814 wollten viele dieser "Unternehmer" nicht von so einem einträglichen Geschäft ablassen. Einige wurden zu Piraten, andere verdingten sich den aufständischen Südamerikanischen Republiken im Krieg gegen Spanien. Als der Aufstand sich in den folgenden Jahren immer weiter ausbreitete, traten auch immer mehr ehemalige Korsaren in den Dienst der Vereinigten Provinzen des Rio de la Plata, Nueva Granada, Venezuela oder Chile.

Neben US-Bürgern wie David Jewett oder Thomas Taylor, kamen auch Europäer wie der Ire William (Guillermo) Brown, der später zum Admiral der argentinischen Flotte wurde, der Franzose Hippolite Bouchard, der britische Seeoffizier Cochrane der die Marine Chiles führte (und die Inspiration für den literarischen Hornblower lieferte), Italiener, Dalmatiner, abtrünnige Spanier etc.

Bouchard umsegelte mit seiner Fregatte "La Argentina" die Welt, angetrieben von dem Wunsch, die Schiffe der "Compañia de Filipinas" zu kapern, die jedoch zu seim Leidwesen nicht mehr fuhren. Er etablierte jedoch Kontakt mit dem König von Hawaii und angeblich war dieses dadurch eines der ersten Länder, das die Provinzen des Rio de la Plata anerkannten.

Einige dieser Korsaren kauften die Kaperbriefe bei den diplomatischen Vertretern der neuen Länder, andere schickten Agenten entweder nach Buenos Aires oder zu Bolivar die das organisierten, ein paar nutzten schlichtweg gefälschte Papiere.

Da die Marine Spaniens sich zeitweilig wieder aufrappelte und den Rio de la Plata blockierte, lagen die zwei Kaperhäfen ausserhalb dieses, in Ensenada und in Carmen de Patagones.

Viele Kaperschiffe sind jedoch nie in den Ländern gewesen für die sie vermeintlich kämpften und wickelten das gesamte "Geschäft" von den USA aus, bzw. aus der Karibik. Eines der einträglichsten Ziele war der spanische Zuckerhandel mit Kuba, Santo Domingo, Puerto Rico. Ein US-Amerikanischer Korsar kreuzte jedoch oft vor Cadiz und sah es als seine Pflicht an, die gekaperten Schiffe nach Buenos Aires zu schicken, anstatt nach Charleston oder den Bermudas wie es andere taten.

Einige der Geschichten dieser zahlreichen Korsaren sind die, von banalen, legalisierten Piraten. Andere sind jedoch hoch interessant. Zum Teil waren auch überzeugte Freiheitskämpfer dabei, de sich gegen die Reaktion des Wiener Korgresses auflehnten und die sich nach Kriegsende in den jeweiligen Ländern niederliessen.

Skuril in diesem Zusammenhang war die kurzzeitige Republik von Amelia, gegründet 1817 auf einer Insel der Spanischen Besitzungen in Florida, durch den schottischen Korsaren Gregor McGregor und dem franzosen Aury (die im Dienste Venezuelas fuhren) und die nach wenigen Wochen durch US-Truppen vertrieben wurden die vom President Monroe aus Louisiana gesendet wurden. Oder die etwas langlebigere "Republica de Buenos Aires y Chile", auf Karibischen Inseln von Vieja Providencia, Santa Catalina und San Andres vor Panama gegründet, Wieder vom Franzosen Aury, diesmal zusammen mit dem Italiener Codazzi. Diese Minirepublik wurde 1818 gegründet und hatte Bestand bis 1821 als sie in die Republik Venezuela aufging.

Der Schaden der Spanien durch diese Aktivitäten erlitt war groß, und zeitweilig hatte es auch direkte militärische Folgen, als bis zu zwanzig rebellische Kaperschiffe vor den Küsten Venezuelas und Neu Spaniens kreuzten und die spanischen Verbindungen unterbrachen. Im Rio de la Plata begannen sie auch als Korsaren und endeten schliesslich als organisierte Streitmacht, die in mehreren Gefechten die Spanische Flotte aus Montevideo besiegte und damit diese letzte Spanische Bastion dort zu Fall brachte.
 
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