Hunde und Katzen sind da vielleicht auch nicht die geeigneten Beispiele, weil sie Nutztiere zweiter Kategorie sind.
Interessant Bezeichnung, "zweiter Kategorie"; eigentlich ist die Zähmung des Hundes (nicht der Katze, die sitzt sowieso auf einem anderen Baum...*) doch die erste gelungene Domestikation, soweit ich weiß.
Aber meintehalben, wenns der Fachmann so nennt. Ich bin darauf eigegangen, weil der Hund als erste Art in diesem Thread genannt wurde. Dass man das getrennt betrachten muss, da die die Domestikation des Hundes unter anderen Vorraussetzungen stattfand, ist natürich richtig.
Die eine Frage ist, nach welchen Kategorien gezüchtet wird. Bei "Nutztieren", die v.a. wegen Fleisch, Milch, Wolle etc. gehalten werden, ist der "Ertrag" sehr viel deutlicher zu sehen bzw zu messen ist, und eine entsprechende Selektion liegt sehr viel näher. Gerade wenn man sich vor Augen hält, dass es in vielen klimatischen Regionen nötig ist, hin und wieder einen größeren Teil der Herde zu schlachten (vor dem Winter, Dürreperioden o.ä.), um nicht alle wegen Futter- oder Wassermangel zu verlieren.
Bei "Diensttieren" ist die Abwägung sehr schwierig, mit einer Ausnahme: Der Aggressivität; was vermutlich das erste war, was man dem Wolf mehr oder minder bewusst "wegzüchtete", indem man schon zur eigenen Sicherheit die Tiere tötete, die sich nicht der Dominanz des Menschen unterwerfen wollten.
Die zweite Frage ist, seit wann die Menschen tatsächlich als Züchter auftraten, also die Fortpflanzung ihrer Herde etc. direkt überwachten. Bei viele Nutztierrassen (insb denen, die Milch geben oder Eier legen sollen) sind v.a. die weiblichen Tiere interessant und nutzbringend. Da man mit einem männlichen Tier viele Weibchen decken kann liegt es nahe, nur wenige (min einen) Männchen zu halten. Dass sich viele Männchen der in Frage kommenden Arten gegeneinander ausgesprochen unkooperativ verhalten (vorsichtig gesprochen, Stiere & so) macht das nur sinnvoller.
Unter diesen Bedingungen ist die "künstliche" Selektion ausgesprochen nahe liegend. Die wenigen Männchen, die v.a. zum Decken der weiblichen Tiere gehalten werden, sind automatisch ein wertvoller Besitz; man schaut auf die Qualität. Von den geborenen männlichen Tiere werden die meisten sehr früh zu Nahrung, und es ist naheliegend, die "besten" zu behalten. Muss die Zahl der weiblichen Tiere reduziert werden ist es ebenfalls naheliegend, nicht die ergiebisgten Tiere zu schlachten. Solange die Herde überschaubar ist, im einfachsten Falle nur ein männliches und ein paar weibliche Tiere umfasst, geschieht eine solche Selektion automatisch.
Beim Hund würde ich das wie gesagt anders sehen.
* ... und Katzen sind dem Menschen ohnehin eher zugelaufen, mE nach. Die waren einfach nützlich, ohne dass sie domestiziert werden musste. Im Gegenteil, man musste sie zu Göttern erklären, nur damit sie dablieben und dass taten, was Katzen nun mal tun. Was man den biestern noch heute anmerkt: Hier hat wirklich das Tier den menschen domestiziert...
feif:
Was, nebenbei gesagt, auch eine interessante These ist: Neben den Veränderungen, die die Haustiere durchgemacht haben, könnte das auch für die Menschen gelten. Besonders bei den Tieren, die dem Menschen so nahe geworden sind, dass er sie noch heute ohne konkreten wirtschaftlichen Nutzen in seine Familie aufnimmt. Dass hier eine biologische Evolution des Menschen eine Rolle spielt will ich nicht sagen, aber die Haltung bzw Nutzung von Tierenarten sind Zivilisationstechniken, die große Teile der Menschheit jahrtausendelang begleitet haben und die weite Teile des wirtschaftlichen, sozialen und familiären Lebens prägten. Die weitgehende Ausmusterung dieser Techniken durch die Erstezung von Tieren durch Maschinen gehört mE zu den größten Veränderungen des Alltags, die die industrielle Revolution so mit sich brachte.
Moderne, hochspezialisieret Züchtungen sind natürlich genau das: Hier weiß der Mensch bzw Züchter ganz genau, welche Effekte wie erreichbar sind. Dass ist aber historisch und biologisch eine sehr neue Entwicklung. Und es ist hochinteressant, wenn auch zT etwas beängstigend,
was in so kurzer Zeit alles möglich ist, ohne auch nur an weitergehende, Genetik involvierende Verfahren zu denken...