Slawische Bevölkerungszahl im Mittelalter

beorna

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Ich fand gerade bei googlen eines meiner postings in irgendeinem anderen Forum zitiert,

Originally Posted by beorna
between Elbe and Oder river shall have lived around 800 CE not much more than 50,000 people. At the end of the 10th century it were already 250,000 and in 1150 already 400,000 (Deutsche Geschichte, Bd. I, S. 424).


Eine solches Bevölkerungswachstum wäre mit 1,008 bzw. 1,003 relativ niedrig. Der mich zitierende verneint ein solches Bevölkerungswachstum als "rammlerartig" und nimmt für 750 n. Chr etwa 550,000 Slawen zwischen Elbe/Saale und Oder an. Leider finde ich kaum irgendwelche Quellen im Internet und auf Literatur habe ich gerade keinen Zugriff. Auf einer Seite fand ich, daß umm 1300 allein im meißisch-sächsischen Raum bis zu 400,000 (bei 80,000 Sorben) Menschen gelebt haben sollen, um 1100 aber nur 40,000 Sorben. Das würde sich mit meinen Zahlen vermutlich decken, da dieses Gebiet ja nur ein Teil des westslawischen Areals ist. hat irgendjemand andere Zahlen oder Quellen die die oben genannten Zahlen unterstützen oder widerlegen?
 
Da es in dem fraglichen Raum zur fraglichen Zeit keine Erfassung von Bevölkerungszahlen gab, können allenfalls aufgrund archäologischer Basis (Siedlungsdichte, statistische Siedlungsgröße (Hofanzahl), angenommene durchschnittliche Einwohnerzahl pro Einheit (Hof)) Zahlen schätzend hochgerechnet werden. Ist das Datenmaterial dafür überhaupt einigermaßen ausreichend?
 
Eine exakte Zahl zu erhalten ist sicher illusorisch. Da bildet das Gebiet westlich der Oder keinen Unterschied zum vorkarolingischen oder sogar karolingischen Sachsen oder zum vor-völkerzeitlichem Gebiet westlich der Oder. Ich denke aber, die Slawenforschung ist doch recht weit gediehen und zumindest Näherungswerte sollten doch möglich sein, siehe mein Beispiel. In meiner früheren Diskussion ging es um einen Gegensatz von 50,000 zu 550,000 Menschen. Zumindest hier sollte es eine Tendenz geben.
Schwierigkeiten gibt es sicherlich im mehrerer Hinsicht. A) wie groß war die verbleibende germanische Bevölkerung, B) wieviel Bevölkerung wanderte bis 800 zu, C) wie stark vermehrte sich die Bevölkerung und letztlich D) wie wirkten sich Feldzüge auf das Bevölkerungswachstum aus.
 
Die verbleibende "Germanische Bevölkerung" war Dank KdG nahe null. Sowohl Holsteiner als auch die Nordschwaben und andere östlich der Elbe lebenden Sachsen wurden nämlich zwangsumgesiedelt, soweit ich mich noch an die Sachsenkriege KdGs richtig erinnere. Woraufhin slawische Völker einwanderten. Und das wohl auch nicht in hellen Scharen, sondern als Sickersiedlung. Also wäre die Bevölkerungszahl wohl eher niedrig anzusetzen. Die Vermehrung erfolgte dann ja auch nicht nur durch viele Nachkommen, es sind wohl auch danach noch viele zu gewandert.
 
Gefunden! Zumindest etwas.
Brather, Archäologie der westlichen Slawen, "Festzuhalten bleibt, daß das östliche Mitteleuropa bis ins hohe Mittelalterhinein vergleichsweise dünn besiedelt war. Grobe Schätzungen schwanken fürdie Zeit um 1000 zwischen etwa 2 und 4 Einwohner je km², ohne daß die beider Berechnung berücksichtigten Gebiete klar umrissen wären. Dies ist einewenig aussagekräftige Zahl, denn die Besiedlung war nicht gleichmäßig erfolgt, sondern bevorzugte bestimmte Räume und sparte zugleich weite Flächen aus. Dennoch – im Vergleich mit dem ostfränkisch-deutschen Reichscheint dies eine recht geringe Dichte zu sein, wo für dieselbe Zeit mit etwasweniger als 10 Einwohnern je km² gerechnet wird. Für Frankreich, das antike Gallien, rechnet man aufgrund des Fortbestehens antiker Städte sogar miteiner etwa anderthalb mal so hohen Zahl, für Italien gar mit einer doppelt so hohen Bevölkerungsdichte wie im Reich. Vage Schätzungen der Bevölkerungszahl in Europa belaufen sich auf unter 40 Millionen um die Jahrtausend-wende, für Ostmitteleuropa (den westslawischen Raum) auf deutlich unter 2 Millionen. Der Umfang der Ostsiedlung, d.h. der bäuerlichen Zuwanderung wird auf 200000 im 12. und ebensoviel im 13. Jahrhundert geschätzt, auch dies eine vage Annahme. Im 19. Jahrhundert rechnete die agrarhisto-rische Forschung noch mit einer Million Siedlern. Dies zeigt, wie unsicher die Datenbasis sowohl der Archäologie als auch der Historiographie ist; selbst über Größenordnungen läßt sich noch immer streiten."
 
Das scheint mir eine Rechnerei mit mindestens x Unbekannten zu sein.

Anscheinend ist ja wohl die dahinterstehende Frage, wie slawisch das Gebiet zwischen Elbe und Oder war.

Kürzlich hatten wir doch im Zusammenhang mit den Angelsachsen eine britische Studie* gehabt, bei der versucht wurde zu ermitteln, wie im Laufe der Jahrhunderte die britische Nation sich gebildet hat (romanisierte Kelten + Angeln+Sachsen+Wikinger). Also im Prinzip die Frage: haben die Germanen die Kelten vertrieben bzw. ausgerottet, oder haben die Kelten die germanische Kultur angenommen? Gibt es da entsprechende Studien auch zur deutschen Bevölkerung?

*hier zum Angelsachsen-Thread: http://www.geschichtsforum.de/698852-post104.html




Sowohl Holsteiner als auch die Nordschwaben und andere östlich der Elbe lebenden Sachsen wurden nämlich zwangsumgesiedelt, soweit ich mich noch an die Sachsenkriege KdGs richtig erinnere.

Also so'n Langzeitgedächtnis von 1.200 Jahren möchte ich auch haben. :rofl:
Zumindest haben wir also noch Zeitzeugen aus der Zeit unter uns.:pfeif:

'tschuldigung, aber die Steilvorlage konnte ich mir unmöglich entgehen lassen:devil:
 
Ich muß gestehen ich weiß nicht, ob es Studien gibt, die vergleichbar mit der britischen wären. Ich könnte mir vorstellen, daß dies in Deutschland nicht PC ist. Wenn ich mir genetische Befunde ansehe, die bei Eupedia stehen, und vorausgesetzt, daß R1a eher "slawisch" ist, dann haben Nord- und Mitteldeutschland ungefähr gleich große Resultate, 22 bzw. 24%, während West- und Süddeutschland nur ca. 9% haben. Beim "westeuropäischen" R1b liegen Nord- und Mitteldeutschland bei 36% (gegenüber fast 50% im Westen und Süden). Das "skandinavische" I1 liegt bei 18.5 bzw. 16.5 im Gegensatz zu 12.5/10.5%. Es zeigt sich also hier eine "Trennline" zwischen Nord- und Mitteldeutschland auf der einen und West- und Süddeutschland auf der anderen Seite. Dies würde es dann allerdings fraglich werden lassen, ob R1a so eindeutig "slawisch" ist. Natürlich wurden die samples bei Eupedia auch nicht im Hinblick auf einen genetisch Unterschied entlang der Elbe-Saale-Linie genommen und vermutlich wurden auch Vertriebene und ihre Nachkommen nicht gesondert behandelt.
Um mal Britannien heranzuziehen. Dort findet man R1b in Werten von zT über 70% bzw 80%. Der Rest ist im wesentlichen R1a und I1. Der Wert von R1a und I ist in England mit fast 19% deutlich höher als in Wales mit 8% und in Irland mit 8.5%. In Schottland liegt er mit 17.5% allerdings ebenfalls recht hoch (alles Eupedia-Zahlen). In Schottland liegt R1a deutlich höher als in England, 8.5% zu 4.5%. Nun spricht nichts gegen die Annahme, daß R1a und I1 eher auf skandinavisch-angelsächsischen Einfluß zurückgehen, doch kommt R1b sowohl in Norddeutschland und den Niederlanden in hohem Maße vor 36/49% wie auch in Dänemark/Norwegen (33/32%). Zwar ist I1 deutlich stärker in Skandinavien vertreten als in Norddeutschland und den Niederlanden, doch liegt es in allen diesen Regionen deutlich höher als in Britannien. Wie will man also trennen, zwischen R1b, R1a und I1, zwischen Britisch, Angelsächsisch und Skandinavisch? Waren unter den Angelsachsen nicht auch "skandinavische" Jüten? Und um die Sache noch etwas komplizierter zu machen, woher kamen die Kelten oder die Belgen und welche Y-DNA brachten sie mit? Ich bin ein Fan von DNA-Forschung. Ich bin aber skeptisch, ob man sehr zeitnahe Wanderung (gemessen an der Existenz moderner Menschen) wirklich genetisch so exakt nachzeichnen kann, wie Genetiker es uU vermuten lassen mögen.
 
Ich könnte mir vorstellen, daß dies in Deutschland nicht PC ist.
Ich könnte mir vorstellen, in Deutschland das zu erwartende Ergebnis den Aufwand nicht rechtfertigen würde.

Durch die britische Insellage hat man ein gut abgegrenztes geographisches Terrain. Die vergleichbaren Nachbarpopulationen sind relativ weit weg. Wenn da signifikante Ähnlichkeiten auftreten, hat das was zu sagen.

Was soll in Deutschland denn bitte herauskommen?

Man wird feststellen, dass die Saarländer den Franzosen ähnlicher sind als den Polen, die Nordfriesen den Dänen ähnlicher als den Schweizern und die Bayern den Österreichern ähnlicher als den Niederländern.
 
Ich könnte mir vorstellen, in Deutschland das zu erwartende Ergebnis den Aufwand nicht rechtfertigen würde.

Durch die britische Insellage hat man ein gut abgegrenztes geographisches Terrain. Die vergleichbaren Nachbarpopulationen sind relativ weit weg. Wenn da signifikante Ähnlichkeiten auftreten, hat das was zu sagen.

Was soll in Deutschland denn bitte herauskommen?

Man wird feststellen, dass die Saarländer den Franzosen ähnlicher sind als den Polen, die Nordfriesen den Dänen ähnlicher als den Schweizern und die Bayern den Österreichern ähnlicher als den Niederländern.
So abgegrenzt ist Britannien gar nicht. Allerdings gebe ich dir Recht, daß ein Ergebnis solcher Tests für Deutschland nicht wirklich seriös zu deuten wäre. dazu gab es viel zu viel Völkerverschiebungen, Wanderungen in größerem oder kleinerem Stil, Binnenwanderungen etc.
 
Ich bin aber skeptisch, ob man sehr zeitnahe Wanderung (gemessen an der Existenz moderner Menschen) wirklich genetisch so exakt nachzeichnen kann, wie Genetiker es uU vermuten lassen mögen.

Dann müßte man die DNA der Bewohner zwischen Elbe und Oder im FrühMA bestimmen: bei der archäologischen Erforschung ehemaliger Siedlungsplätze hat man doch wahrscheinlich auch das ein oder andere Gräberfeld ausfindig gemacht. Da ließe sich doch mit etwas Glück auch DNA extrahieren und analysieren. Hatten die Slawen nicht den Brauch mit Feuerbestattung? Das wäre dann für die Funderhaltung eher suboptimal.

Ich habe einige Einschränkungen in kursiv hervorgehoben.:winke:
 
Dann müßte man die DNA der Bewohner zwischen Elbe und Oder im FrühMA bestimmen: bei der archäologischen Erforschung ehemaliger Siedlungsplätze hat man doch wahrscheinlich auch das ein oder andere Gräberfeld ausfindig gemacht. Da ließe sich doch mit etwas Glück auch DNA extrahieren und analysieren. Hatten die Slawen nicht den Brauch mit Feuerbestattung? Das wäre dann für die Funderhaltung eher suboptimal.

Ich habe einige Einschränkungen in kursiv hervorgehoben.:winke:
Selbst dann wäre zu fragen, welcher Herkunft die Toten waren. Was ist, wenn genau dort ein Refugium germanischer Siedler gelegen hätte, die erst im 6. oder 7. Jhd. assimiliert wurden? Wie will man baltische R1a-Zuwanderer von slawischen oder indo-iranischen R1a-Zuwanderern unterscheiden. Genetisch homogene Völkergruppen sind doch eher selten. gerade bei den Slawen spricht doch vieles gegen eine genetische Homogenität.
 
Die verbleibende "Germanische Bevölkerung" war Dank KdG nahe null.

Diese frühere Annahme wird heute nicht mehr vertreten. Die Forschung geht davon aus, dass nach dem Abzug der Goten, Vandalen und anderer Stämme eine germanische Restbevölkerung zwischen Oder und Weichsel bestehen blieb. Strittig ist allerdings, wie groß man sich diese "Restbevölkerung" vorzustellen hat.

Auf jeden Fall wurde diese verbliebene germanische Bevölkerung von den seit dem 5./6. Jh. zur Elbe vorrückenden vorrückenden westslawischen Stämmen vollständig aufgesogen und absorbiert. Es finden sich später auch keine Funde mehr, die auf germanische Ansiedlungen hindeuten.
 
Dieter, zwischen dem Raum Weichsel/Oder und Oder/ Elbe fließt bekanntlich die Oder.
Und es kann zwar sein, das diese "germanische Restbevölkerung mit und vor den Slawen oder wie auch immer nachrückte, das gibt aber keine Auskunft welche Restbevölkerung nach dem Überlassen der Ostelbischen Gebieten an die Slawen da noch gewohnt hat
 
Dieter, zwischen dem Raum Weichsel/Oder und Oder/ Elbe fließt bekanntlich die Oder.
Und es kann zwar sein, das diese "germanische Restbevölkerung mit und vor den Slawen oder wie auch immer nachrückte, das gibt aber keine Auskunft welche Restbevölkerung nach dem Überlassen der Ostelbischen Gebieten an die Slawen da noch gewohnt hat
Es gibt einige Siedlungskammern, die auch nach 450 noch bestanden, teilweise bis insspäte 6. oder frühe 7.Jahrhundert. Auch die bekannten Vidivarier scheinen solch eine germanische Restgruppe gewesen zu sein, selbst wenn sie im weiteren zB von baltischen Gruppen assimiliert worden sein sollten.
 
Entschuldigt bitte, das ich weiter nerve...
Es wurde nach der slawischen Besiedlung zwischen Elbe und Oder, also heute zwischen Magdeburg und Frankfurt/Oder gefragt.
Da ist es wohl recht uninteressant, ob 450 oder später "germanische Völker" zwischen Oder und Weichsel, also Frankfurt/Oder und Wahrschau, gewohnt haben.
Also noch mal die Frag, welches "germanische Volk" hat bitte vor den Slawen in der Lausitz und dem Havelland gewohnt?? So das da noch Reste von Slawen assimiliert werden konnten.
 
Also noch mal die Frag, welches "germanische Volk" hat bitte vor den Slawen in der Lausitz und dem Havelland gewohnt?? So das da noch Reste von Slawen assimiliert werden konnten.

Vor Beginn der Völkerwanderung siedelten im Raum Brandenburg/Havelland die elbgermanischen Sweben. Nach deren Abzug war die Region siedlungsarm. Ob sie auch siedlungsleer war, ist unsicher.

Bodenbefunde bezeugen, dass seit der Steinzeit Menschen in diesem Gebiet [Brandenburg u. Havelland] gesiedelt haben. Im Zuge der Völkerwanderungen verließen die Sueben, der elbgermanische Teilstamm der Semnonen, ab dem 5. Jahrhundert bis auf wenige Restgruppen ihre Heimat an der Havel und Spree in Richtung Oberrhein und Schwaben. Im späten 6. und 7. Jahrhundert zogen in den vermutlich weitgehend siedlungsleeren Raum Slawen ein.

Wie beorna oben schon sagte, gab es im Raum zwischen Elbe und Weichsel verstreute Siedlungskammern, die eine germanische Restbevölkerung zeigen.

Das Gebiet der Elb- und Ostseeslawen, für dessen später von Deutschen bewohnte Gebiete neuerdings auch die Bezeichnung "Germania Slawica" verwendet wird, ist seit der 2. Hälfte des 6. Jh. von Angehörigen westslawischer Völker besiedelt worden. Es handelt sich dabei um das Nachrücken kleinerer Gruppen in die von Germanen weitgehend geräumten Gebiete. Stellenweise kam es aber auch zur Zuwanderung geschlossener Verbände wie der Sorben, Wilzen und Abodriten oder der Stodoraner um Brandenburg. Weitere Gründe zur Westwanderung sind vermutlich Ausweichbewegungen vor den Awaren, obwohl man dem heute nicht mehr so viel Gewicht beimisst.

Allerdings dürfte die sorbische Landnahme östlich der Saale ein Reflex der awarischen Reichsgründung gewesen sein, die seit 568 in Pannonien siedelten.Im Grunde entspricht diese Situation des ausgehenden 6. Jh. der Nachricht bei Fredegar (IV 68) über die hier erstmals genannten Sorben.

Folgendes Szenarium zur slawischen Landnahme wird heute von der Forschung favorisiert: Ende des 6. Jh. und zu Beginn des 7. Jh. drangen über Mähren und Böhmen slawische Stämme nach Mitteldeutschland vor. Sie folgten der Elbe bis ungefähr Magdeburg mit Ausläufern bis ins Havelland. Ihre Merkmale sind eine bestimmte Keramik des Prager Typs, Urnenbestattung und Grubenhäuser, die eingetieft gebaut wurden. Hinzu kommen später zahlreiche andere Gruppen, die man anhand ihres Inventars archäologisch identifizieren kann, und die ich aus Pltzgründen hier nicht aufzählen will. Eine letzte Einwanderergruppe drang während des frühen 7. Jh. in das Elbe-Oder-Gebiet vor.

Bei ihrer Einwanderung stießen die Slawen an verschiedenen Stellen auf eine unterschiedlich starke germanische Restbevölkerung, die aber schnell slawisiert wurde und - von Namen abgesehen - keine erkennbaren Spuren in der slawischen Kultur des ostdeutschen Raums hinterließ. Wie stark man sich diese "Restbevölkerung" vorzustellen hat, ist umstritten.
 
Direkte Besiedlungen und Beziehungen nachzuweisen ist schwer, da die "germanische Keramik" in der Endphase der Besiedlung sehr verarmt und daher nicht immer eindeutig von "slawischer Keramik" zu unterscheiden ist. Beide verwenden im 6. bzw 7. Jhd. handgemachte, unverzierte Töpfe. Fremdartige Funde sind letztlich nicht sicher Mischfunde, sondern können auf Handel schließen lassen. Zudem gibt es bei den späten germanischen und frühen slawischen Funden auch Probleme mit der Datierung.
Aufschlußreicher sind zB Hydronyme. Insbesondere bei kleinereren Gewässern könnten die Slawen diese Namen von der Vorbevölkerung übernommen haben.
Bekannte Namen von späten germanischen Gruppen sind die der Warnen und Nordschwaben. Spätestens seit Springer gibt es aber Anlass daran zu zweifeln.
 
Das Gebiet der Elb- und Ostseeslawen, für dessen später von Deutschen bewohnte Gebiete neuerdings auch die Bezeichnung "Germania Slawica" verwendet wird, ist seit der 2. Hälfte des 6. Jh. von Angehörigen westslawischer Völker besiedelt worden. Es handelt sich dabei um das Nachrücken kleinerer Gruppen in die von Germanen weitgehend geräumten Gebiete. Stellenweise kam es aber auch zur Zuwanderung geschlossener Verbände wie der Sorben, Wilzen und Abodriten oder der Stodoraner um Brandenburg. Weitere Gründe zur Westwanderung sind vermutlich Ausweichbewegungen vor den Awaren, obwohl man dem heute nicht mehr so viel Gewicht beimisst.
In wie weit es sich um geschlossene, sogar größere geschlossene verbände gehalten hat ist ungewiß. Funde zeigen vielfach eine Differenzierung erst nach der Einwanderung.


Allerdings dürfte die sorbische Landnahme östlich der Saale ein Reflex der awarischen Reichsgründung gewesen sein, die seit 568 in Pannonien siedelten.Im Grunde entspricht diese Situation des ausgehenden 6. Jh. der Nachricht bei Fredegar (IV 68) über die hier erstmals genannten Sorben.
Wichtiger als die Awaren, war meines Erachtens der Abzug der langobardisch-baiuwarischen Bevölkerung (Eliten?), der den Slawen den Weg nach Norden frei machte.

Folgendes Szenarium zur slawischen Landnahme wird heute von der Forschung favorisiert: Ende des 6. Jh. und zu Beginn des 7. Jh. drangen über Mähren und Böhmen slawische Stämme nach Mitteldeutschland vor. Sie folgten der Elbe bis ungefähr Magdeburg mit Ausläufern bis ins Havelland. Ihre Merkmale sind eine bestimmte Keramik des Prager Typs, Urnenbestattung und Grubenhäuser, die eingetieft gebaut wurden. Hinzu kommen später zahlreiche andere Gruppen, die man anhand ihres Inventars archäologisch identifizieren kann, und die ich aus Pltzgründen hier nicht aufzählen will. Eine letzte Einwanderergruppe drang während des frühen 7. Jh. in das Elbe-Oder-Gebiet vor.
Im Prinzip stimme ich hier zu. Die ältesten Jahrringe in der Germania Slavica stammen aus der Zeit um 700. Der Abzug der Langobarden erfolgte 568, die erste Erwähnung von Sorben fällt ins Jahr 631/2.

Vorsichtig sein muß man mit der Interpretation verschiedener Kulturgruppen als "Stammesverbände" oder verschiedenen Einwanderungswellen. Für die Feldberger und Tornower-Kultur hat sich die ursprüngliche datierung in die Frühzeit als falsch erwiesen und man weist sie nun der Karolingerzeit des 9. und 10. Jhd. zu.

Richtig hingegen ist, daß es eine Mehrzahl von Einwanderern gab, da auch der Raum aus dem die Einwanderer zuzogen keinesfalls ethnisch homogen war.
 
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