Spezifische Fragen zur Reichsgründung

Frankreich auf jeden Fall aggressiv
Ja - aber doch eigentlich nur bis zur Rheingrenze.
Oder gab es in Frankreich auch Pläne bzw. Forderungen, darüber hinaus zu annektieren?

Denn dann hätten sich mindestens Baden und Würtemberg recht entspannt zurücklehnen können.

und die umfangreiche Verwandschaft der Herrscherhäuser war, siehe Hannover, auch nicht mehr viel wert.
Auch ein interessanter Aspekt.
Wohl eine Folge der doch immer stärker werdenden demokratischen Kräfte. Die Herrscher waren zwar noch am Ruder, mußten sich aber der Staatsraison unterordnen - ihre familiären Interessen spielten kaum noch eine Rolle.

Sachen, die Napoleon eigentlich auch gewusst haben muss.
Er war wohl wirklich ein mieser Diplomat.
Wenn das stimmt, was ich mir eben noch mal kurz über die Vorgeschichte des deutsch-französischen Krieges durchgelesen habe, dann stand er ja deswegen so unter innenpolitischen Druck, weil er schon in den Jahren vorher systematisch alles mögliche in der Außenpolitik versägt hatte.
Und als er dann den halben Erfolg durchbekam (Verzicht der Hohenzollern auf die Spanien-Kandidatur), wollte er unbedingt noch einen vorzeigbaren großen Erfolg (öffentliche Unterwerfungsgeste Preußens) nachschieben.
Und hat damit den Bogen überspannt.

ich denke das viertel Hessen, spielt da nicht mehr die Rolle
Da muß ich natürlich formal Protest einlegen.

Irgendwo sind die 120-130 Jahre nicht über Leipzig und Waterloo weggekommen.
Da stecken halt einige Jahrhunderte nationaler Prägung dahinter.
Schon im Mittelalter fühlten sie sich ja in gewisser Hinsicht als maßgebende Elite (siehe die Arroganz französischer Ritter in den Kreuzzügen und in den Ritterorden), auch wenn sie staatsrechtlich die zweite Geige hinter dem HRR spielten.
Spätestens mit dem Sonnenkönig waren sie dann die klare Vormacht Europas, Napoleon hat da noch unglaublich was draufgesetzt - und dann der Absturz.

Erst werden sie von England überholt, das sie lange Zeit als Konkurrent gar nicht ernst genommen haben. Aber das ist "nur" ein Überholen als See- und Kolonialmacht, Frankreich bleibt Landmacht Nummer Eins auf der Welt.
Und dann kommen plötzlich die Deutschen, die sie eigentlich immer nur als Manövriermasse und Vorfeld betrachtet hatten, und bilden einen Staat, der sie überholt und nun die stärkste Landmacht darstellt.

Letztlich hat es zwei Weltkriege gebraucht, bis sie wieder zu einer neuen Rolle und einem neuen Selbstverständnis gefunden haben (wobei die Grundidee der Dominanz in Europa immer noch im Hinterkopf ist).
 
Er war wohl wirklich ein mieser Diplomat.
Wenn das stimmt, was ich mir eben noch mal kurz über die Vorgeschichte des deutsch-französischen Krieges durchgelesen habe, dann stand er ja deswegen so unter innenpolitischen Druck, weil er schon in den Jahren vorher systematisch alles mögliche in der Außenpolitik versägt hatte.

Das "Versägen" liegt eigentlich in 1866 begründet, als der Schwebezustand kontinentaleuropäischer Machtpolitik nach 1815 beendet wurde. Bis dato hat Frankreich auch Züglein spielen können, und sich auf seine mediterrane Machtpolitik konzentriert: dort lag die eigentliche Zielsetzung der imperialen Politik Napoleons III, begleitet und eingebettet in merkantile und maritime Interessen. Das konnte man sich solange leisten, bis man die Seemacht Großbritannien herausforderte (von 1860-1970 ebenbürtig durch die Technologiesprünge, jedenfalls nach Potter/Nimitz) und wie die kontinentalen Machtverhältnisse in der Schwebe blieben.

Napoleon III. würde eigentlich mal ein eigenes Thema gebühren.:winke:
 
Ja - aber doch eigentlich nur bis zur Rheingrenze.
Oder gab es in Frankreich auch Pläne bzw. Forderungen, darüber hinaus zu annektieren?

Denn dann hätten sich mindestens Baden und Würtemberg recht entspannt zurücklehnen können.


Auch ein interessanter Aspekt.
Wohl eine Folge der doch immer stärker werdenden demokratischen Kräfte. Die Herrscher waren zwar noch am Ruder, mußten sich aber der Staatsraison unterordnen - ihre familiären Interessen spielten kaum noch eine Rolle.


Er war wohl wirklich ein mieser Diplomat.
Wenn das stimmt, was ich mir eben noch mal kurz über die Vorgeschichte des deutsch-französischen Krieges durchgelesen habe, dann stand er ja deswegen so unter innenpolitischen Druck, weil er schon in den Jahren vorher systematisch alles mögliche in der Außenpolitik versägt hatte.
Und als er dann den halben Erfolg durchbekam (Verzicht der Hohenzollern auf die Spanien-Kandidatur), wollte er unbedingt noch einen vorzeigbaren großen Erfolg (öffentliche Unterwerfungsgeste Preußens) nachschieben.
Und hat damit den Bogen überspannt.


Da muß ich natürlich formal Protest einlegen.


Da stecken halt einige Jahrhunderte nationaler Prägung dahinter.
Schon im Mittelalter fühlten sie sich ja in gewisser Hinsicht als maßgebende Elite (siehe die Arroganz französischer Ritter in den Kreuzzügen und in den Ritterorden), auch wenn sie staatsrechtlich die zweite Geige hinter dem HRR spielten.
Spätestens mit dem Sonnenkönig waren sie dann die klare Vormacht Europas, Napoleon hat da noch unglaublich was draufgesetzt - und dann der Absturz.

Erst werden sie von England überholt, das sie lange Zeit als Konkurrent gar nicht ernst genommen haben. Aber das ist "nur" ein Überholen als See- und Kolonialmacht, Frankreich bleibt Landmacht Nummer Eins auf der Welt.
Und dann kommen plötzlich die Deutschen, die sie eigentlich immer nur als Manövriermasse und Vorfeld betrachtet hatten, und bilden einen Staat, der sie überholt und nun die stärkste Landmacht darstellt.

Letztlich hat es zwei Weltkriege gebraucht, bis sie wieder zu einer neuen Rolle und einem neuen Selbstverständnis gefunden haben (wobei die Grundidee der Dominanz in Europa immer noch im Hinterkopf ist).


Die Angst unter franz. Herrschaft zu kommen war bei der Bevölkerung verm. weniger ausgeprägt.
Ab ca. 1630 bis 1945 also rund 300 Jahre ständige Kriegszüge. Der "grosse Ludwig" hat im Pfälzer Erbfolgekrieg schon die verbrannte Erde erfunden. Es gibt Orte im Südwesten, wo im Laufe der Jahrhunderte 3 Schlachten praktisch an der selben Stelle stattgefunden haben.
Wenn man die Chroniken dieser Jahrhunderte liest, Feuer, Hunger, Vergewaltigung, Mord und Todschlag.

In den Landschaften Frankreichs, durch die die Heere ab 1814 zogen, war das natürlich nicht anders.
 
Das "Versägen" liegt eigentlich in 1866 begründet, als der Schwebezustand kontinentaleuropäischer Machtpolitik nach 1815 beendet wurde.
Hmm, war denn die Gründung Italiens (im wesentlichen auf Kosten Österreichs) nicht eine wesentlich deutlichere Verschiebung im alten Mächtekonzert als die Stärkung Preußens durch den Erfolg von 1866?

Und ist diese Stärkung zum Zeitpunkt 1866 wirklich so entscheidend - es haben sich doch auch sonst zwischen den Mächten die Gewichte immer wieder etwas verschoben, grundsätzlich war Preußen ja schon 1815 etablierte Macht.

Und kann man 1866 als Fehler der französischen Politik bezeichnen? Wäre es sinnvoller (und realistisch) gewesen, sich direkt mit Österreich zu verbünden und gegen Preußen Krieg zu führen?
Das hätte m. E. deutliche Risiken gehabt, z. B. ein Eingreifen Englands oder Rußlands.

Das konnte man sich solange leisten, bis man die Seemacht Großbritannien herausforderte (von 1860-1970 ebenbürtig durch die Technologiesprünge, jedenfalls nach Potter/Nimitz)
Das verstehe ich nicht ganz.
Meinst Du wirklich "1970"?
Wenn es 1870 heißen soll - welche Technologiesprünge zu wessen Gunsten?

Napoleon III. würde eigentlich mal ein eigenes Thema gebühren.:winke:
Gut möglich.
Aber ich weiß zu wenig über ihn, um das zu starten.
 
Der "grosse Ludwig" hat im Pfälzer Erbfolgekrieg schon die verbrannte Erde erfunden.
Ja, das war in unserem Schulunterricht (Ludwigshafen) durchaus ein Thema.
Ansonsten ja alles sehr links/pazifistisch mit großem Schwerpunkt auf deutsch-französische Aussöhnung.
Aber das "brulez le palatinat" hat wirklich tiefe Schleifspuren bei den Pfälzern hinterlassen, das kam bei diversen Lehrern immer wieder raus.
 
Das verstehe ich nicht ganz.
Meinst Du wirklich "1970"?
Wenn es 1870 heißen soll - welche Technologiesprünge zu wessen Gunsten?


starten.


Ich denke mal silesia meint die Flotte. Zwischen ca. 1850 und ca. 1870 eben dem 2. Kaiserreich hatte sich Frankreich auf die technologischen Veränderungen im Kriegsschiffbau wie Dampfkriegsschiffe, Panzerung, gezogene Hinterladergeschütze usw. wesentlich schneller und besser eingestellt, als die Briten.

Erstaunlich, aber Tatsache.

Wobei, sie haben den Seekrieg irgendwo doch nicht so richtig verstanden. Das Nordseegeschwader, nachdem es keinen Stich gemacht hatte, zurückgerufen, abgerüstet und die Mannschaften im Landkrieg eingesetzt.
 
Ich denke mal silesia meint die Flotte. Zwischen ca. 1850 und ca. 1870 eben dem 2. Kaiserreich hatte sich Frankreich auf die technologischen Veränderungen im Kriegsschiffbau wie Dampfkriegsschiffe, Panzerung, gezogene Hinterladergeschütze usw. wesentlich schneller und besser eingestellt, als die Briten.
Erstaunlich, aber Tatsache.

Sorry, Schreibfehler, Repo hat das richtig dargestellt.
Die relativ stärkste Flotte seit dem Colbert-Programm, vom Material her gesehen.

Sie Seerüstung folgte den mediterranen Ambitionen, passend zu den Wirtschaftsinteressen.
 
Ja, das war in unserem Schulunterricht (Ludwigshafen) durchaus ein Thema.
Ansonsten ja alles sehr links/pazifistisch mit großem Schwerpunkt auf deutsch-französische Aussöhnung.
Aber das "brulez le palatinat" hat wirklich tiefe Schleifspuren bei den Pfälzern hinterlassen, das kam bei diversen Lehrern immer wieder raus.

Sehr OT: (oder vielleicht doch nicht?)
Buchheim, Dörflein am Rande des schönen Donautals. Da gibt es einen Aussichtsturm, den Buchheimer Hans. Ehemaliger Kirchturm. Die zugehörige Kirche haben sächsische Truppen 173? abgebrannt. Sächsische Truppen in Oberschwaben 1735?
Polnischer Erbfolgekrieg!
Wo sonst soll der auch stattgefunden haben?
Ein in Deutschland fast vergessener Krieg, kam ja auch gleich der österreichisch, kurz zuvor der spanische und vor dem der Pfälzer Erbfolgekrieg.
Und alle fanden in Süddeutschland statt...

Luftlinie 2km auf der anderen Donauseite, Knopfmacherfelsen, (Schönes Ausfugslokal) nicht weit Wall und Graben quer über eine Engstelle, Kelten? Völkerwanderung? mitnichten Schanzen aus dem österreichischen Erbfolgekrieg.

Wieder 2 km weiter, Irndorf, dort haben die Bauern in einem der Koalitionskriege eine franzöische Fouragekolonne niedergemacht. War ihnen ja klar was kommt, haben sie ihnen wichtig erscheinende Akten schnell in der kirche in einer Nische eingemauert. Die Franzosen kamen, haben das Dorf abgefackelt, die Bewohner, wie in solchen Fällen üblich...
Die Akten hat man vor 22 Jahren bei einer Kirchenrenovierung entdeckt. (seither heißt Inrdorf wieder so, zuvor hieß es Irrendorf)
Aber, es war wohl keiner mehr da, der von den Akten wusste.


Ich weiß, alles Lokalgeschichte, Details, im großen gesehen belanglos.
Aber nur zu Erläuterung, warum der Napoleon III vergeblich auf die Süddeutschen hoffte..
 
Zuletzt bearbeitet:
Sehr OT: (oder vielleicht doch nicht?)
Buchheim, Dörflein am Rande des schönen Donautals. Da gibt es einen Aussichtsturm, den Buchheimer Hans. Ehemaliger Kirchturm. Die zugehörige Kirche haben sächsische Truppen 173? abgebrannt. Sächsische Truppen in Oberschwaben 1735?
Polnischer Erbfolgekrieg!
Wo sonst soll der auch stattgefunden haben?
Ein in Deutschland fast vergessener Krieg, kam ja auch gleich der österreichisch, kurz zuvor der spanische und vor dem der Pfälzer Erbfolgekrieg.
Und alle fanden in Süddeutschland statt...

Luftlinie 2km auf der anderen Donauseite, Knopfmacherfelsen, (Schönes Ausfugslokal) nicht weit Wall und Graben quer über eine Engstelle, Kelten? Völkerwanderung? mitnichten Schanzen aus dem österreichischen Erbfolgekrieg.

Wieder 2 km weiter, Irndorf, dort haben die Bauern in einem der Koalitionskriege eine franzöische Fouragekolonne niedergemacht. War ihnen ja klar was kommt, haben sie ihnen wichtig erscheinende Akten schnell in der kirche in einer Nische eingemauert. Die Franzosen kamen, haben das Dorf abgefackelt, die Bewohner, wie in solchen Fällen üblich...
Die Akten hat man vor 22 Jahren bei einer Kirchenrenovierung entdeckt. (seither heißt Inrdorf wieder so, zuvor hieß es Irrendorf)
Aber, es war wohl keiner mehr da, der von den Akten wusste.


Ich weiß, alles Lokalgeschichte, Details, im großen gesehen belanglos.
Aber nur zu Erläuterung, warum der Napoleon III vergeblich auf die Süddeutschen hoffte..
Auf wen Napoleon III. wirklich hoffte, lässt sich schlecht sagen, da dessen Politik sphinxenhaft bleibt. Doch der von Dir gezogene Zusammenhang zwischen dem polnischen Erbfolgekrieg bzw. dem pfälzischen Erbfolgekrieg und 1871 erscheint mir doch sehr fraglich zu sein. Das riecht mir zu sehr nach der vor allem nach 1871 gepflegten "Erbfeindschaft".

Denk doch mal daran, wie sehr 1789 die Französische Revolution die Hoffnungen des Deutschen Bürgertums gerade in West- und Süddeutschland nährte. Da gab es durchaus starke Symapthien für die Umgestaltung der eigenen Verhältnisse nach französischem Vorbild. Diese Sympathien wurden zwar durch die Terrorphase geschmälert. Aber noch 1831 und 1848 flammten diese wieder auf.

1806 schlossen sich die größeren Fürsten West- und Süddeutschlands in Paris unter Napoleons Führung zum Rheinbund zusammen, weil diese Angst hatten, vor einer polnischen Lösung der Deutschen Frage (Aufteilung von West- und Südeutschland durch Preußen und Österreich) und eine moderne Gliederung dieses Raumes unter französischer Führung befürworteten. Napoleon I. mag nach der Devise "teile und herrsche" gehandelt haben, aber beide Befunde, die Sympathien der Westdeutschen mit dem als modern/revolutionär empfundenen Frankreich und die Interessen der westdeutschen Fürsten lieber mit Napoleon zu paktieren als mit Preußen oder Habsburg, streiten gegen das Bild von der eingefleischten Erbfeindschaft.

Paradoxerweise führte gerade das Nationalbewusstsein, das von der Französischen Revolution ausging, die militärische Verstrickung der Deutschen in Napoleons Feldzüge und die Besetzung weiter Teile Deutschlands durch französische Truppen, die wiederum durch den Befreiungskrieg abgeschüttelt wurde, der wiederum die Süddeutschen das Lager wechseln liess, zu einem antifranzösisch eingefärbten deutschen Nationalgefühl.

Das durch die Französische Revolution erweckte Nationalgefühl änderte alles. Nach 1789-1815 war nichts mehr so wie vorher.;)
 
Das verstehe ich nicht ganz.
Meinst Du wirklich "1970"?
Wenn es 1870 heißen soll - welche Technologiesprünge zu wessen Gunsten?
.

1870.

In Clowes Standardwerk über die Royal Navy ist etwas überzogen zu finden, ab 1857 habe alle 10 Jahre ein Schiff der neusten Generation die ganze vorherige Flotte aufgewogen.

Nach 1855 wurde kein frz. Linienschiff mehr aus Holz gebaut. Technologiesprünge erfolgten durch Einführung/Verbesserung von Panzerung und Dampfkraft, selbst ältere Modell wurden auf Schrauben umgerüstet. Sodann gab es einen frz. Vorsprung im know how bei den Panzerschiffen. 1865 hatte England 35 Panzerschiffe (darunter einige umgebaute ältere); Frankreich 20 Neubauten, darunter die 12 Gloire-Fregatten als Stand der Technik.
 
Die relativ stärkste Flotte seit dem Colbert-Programm, vom Material her gesehen.
Vielen Dank Dir und Repo für diese Informationen.
Irgendwie läßt mein Interesse am Seekrieg schon deutlich nach, wenn die Segel wegfallen ;-)

Und natürlich sind alle diese Veränderungen nicht so augenfällig, weil es ja im 19. Jahrhundert nach den napoleonischen Kriegen keine großen Seeschlachten gegeben hat, das Potential der einen oder anderen Seemacht ist also nie wirklich zum Tragen gekommen.

Interessant natürlich die Frage, ob die Engländer auf die französische Seerüstung ähnlich allergisch reagiert haben wie später auf die deutsche.
 
Das riecht mir zu sehr nach der vor allem nach 1871 gepflegten "Erbfeindschaft".
Nun ja, dieses Thema hatte ja schon seine inhaltliche Begründung.

Es läßt sich kaum zählen, wie oft die süddeutschen Reichskreise Geld und Truppen für die Verteidigung immer wieder neuer französischer Angriffe zusammenkratzen mußten - es ist auch erstaunlich, wie oft sie damit auch Erfolg hatten, obwohl sie von Kaiser und Reich regelmäßig im Stich gelassen wurden.

Selbstverständlich gab es parallel die Faszination durch französische Ideen, Mode, Politik. Und diese Faszination wollte man im wilhelminischen Deutschland nicht mehr so gerne wahr haben und hat die "Erbfeindschaft" als zentralen Begriff für ganz Deutschland gesehen.

Aber für Süddeutschland war das schon sehr fundiert.
 
Und natürlich sind alle diese Veränderungen nicht so augenfällig, weil es ja im 19. Jahrhundert nach den napoleonischen Kriegen keine großen Seeschlachten gegeben hat, das Potential der einen oder anderen Seemacht ist also nie wirklich zum Tragen gekommen.

Und was ist dann z. B. mit dem Krimkrieg 1853-55?
Hier wurden zum erstenmal neue Techniken eingsetzt, die ab diesen Zeitpunkt den Kriegschiffbau verändern sollte.
Einsatz der ersten Sprenggranaten und gepanzerte Batterien, sowie der Einsatz von Dampfschiffen.
Was ist mit dem Seegefecht bei Lissa 1866. Der Rammsporn wurde hier wieder endeckt und viele Jahre überbewertet als Taktik.
Somit ist die Aussage schlichtweg falsch.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
1870.

In Clowes Standardwerk über die Royal Navy ist etwas überzogen zu finden, ab 1857 habe alle 10 Jahre ein Schiff der neusten Generation die ganze vorherige Flotte aufgewogen.

Nach 1855 wurde kein frz. Linienschiff mehr aus Holz gebaut.

Das stimmt so auch nicht ganz. So gehörten zur Klasse der Schraubenlinienschiffe auch die Napoleon, Algesiras, Arcole, Redoutable, Imperial, Intrepide, Ville de Nanntes, Ville de Bordeaux und Ville de Lyon.
Stapelläufe waren von Mai 1850 - Feb 1861 (!!)

Diese Schiffen hatten alle einen Holzrumpf, auch das erste Panzerschiff, die Gloire 1858 hatte einen Holzrumpf, die aber nicht mehr der üblichen Bauweise des Spantwerkes entsprachen, sondern mit Diagonalbändern verstärkt worden sind. Durch immer längere Rümpfe wurde dies notwendig, da die Holzrümpfe sonst zerbrachen. Diese Diagonalbänder wurden später durch Eisen ersetzt, um Holz zu sparen.
 
Vielen Dank Dir und Repo für diese Informationen.
Irgendwie läßt mein Interesse am Seekrieg schon deutlich nach, wenn die Segel wegfallen ;-)
Interessant natürlich die Frage, ob die Engländer auf die französische Seerüstung ähnlich allergisch reagiert haben wie später auf die deutsche.

Genauso:
man bemerkte konsterniert die frz. Seerüstung und besorgte sich um die britische Dominanz. Sodann wurde mit dem größeren britischen industriellen Potential nachgezogen, ab 1870 waren die Verhältnisse wieder "im bekannten Rahmen".

Über die britische Nachrüstung hab es einen diplomatischen Schlagabtausch mit Napoleon, der - sich der knappen britischen Finanzen bewußt - ein 2:1 Verhältnis angeboten hatte. Näheres schlage ich mal nach.
 
Und was ist dann z. B. mit dem Krimkrieg 1853-55?
Da hat es ja keine größere Seeschlacht gegeben.
Und Lissa ist auch ein Sonderfall.

Was ich meinte: Die diversen Seemächte (zu denen ich Österreich nicht wirklich zähle) haben zwar das 19. Jahrhundert hindurch in verschiedenen Phasen seemilitärisch aufgerüstet oder neue Techniken eingeführt - aber es kam nie zu einem echten maritimen Kräftemessen à la Trafalgar oder Skagerrak.

Deswegen sind Kräfteverschiebungen wie die hier diskutierte zwischen Frankreich und England immer "virtuell" geblieben. England war am Anfang und am Ende dieses Jahrhunderts die deutlich führende Seemacht - wenn es diese Stellung phasenweise dazwischen in Frage gestellt wurde, kam dies halt nie zum Tragen.
 
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