Spielfilme angesiedelt im 18.Jh.

Was ist der beste Film zum Thema 18.Jahrhundert?

  • Barry Lyndon (1975)

    Stimmen: 18 22,8%
  • Gefährliche Liebschaften (1988)

    Stimmen: 14 17,7%
  • Jefferson in Paris (1995)

    Stimmen: 1 1,3%
  • Der letzte Mohikaner (1992)

    Stimmen: 19 24,1%
  • Rob Roy (1995)

    Stimmen: 3 3,8%
  • King George - Ein Königreich für mehr Verstand (1995)

    Stimmen: 5 6,3%
  • Revolution (1985)

    Stimmen: 4 5,1%
  • Farinelli (1994)

    Stimmen: 2 2,5%
  • Marie Antoinette (2006)

    Stimmen: 1 1,3%
  • Amadeus (1984)

    Stimmen: 12 15,2%

  • Umfrageteilnehmer
    79
Schaut durchaus interessant aus. Egal wie die Ausstattung ist, das Thema allein ist schon spannend genug, da selten bis nie behandelt.
 
"Felicity" (2005) Nadia Tass

Das ist freilich ein Kinderfilm aus der American Girl Serie.
Ich bin durch Fotos im Internet darauf gestoßen.

Die Handlung ist halt ganz auf die Käuferschicht der American Girl Puppen zugeschnitten. Es gibt ein Pferd, Freundschaft unter Mädchen, hübsche Kleidchen und massig Herzschmerz der kitschigsten Art und Weise. Die Hauptfigur ist Felicity, die Tochter eines Ladenbesitzers in Williamsburg, Virginia. Während ihr Großvater und ein Teil der Einwohner der Stadt treu zum König halten, sind ihr Vater, der junge Angestellte im Laden ihrer Eltern sowie die meisten Bewohner der Stadt auf der Seite der Rebellen. Die Handlung spielt zwischen der Boston Tea Party und dem Kriegsausbruch, also wohl 1774. Im Hintergrund erkennt man immer mal exerzierende und marschierende Milizionäre. Die Sympathien sind natürlich ziemlich klar auf Seiten der Rebellen. Die Sklaverei wird ganz ausgespart, auch wenn Felicitys Großvater eine große Plantage auf dem Land besitzt und die Familie darauf sehr stolz ist.

Sehr frappierend ist der Gegensatz zwischen den tollen Originalschauplätzen und Gebäuden und der teilweise grottigen Ausstattung wie z.B. das Teeservice bei der einen Dame, welche Felicity und 2 anderen Mädchen feine Umgangsformen beibringen soll. Die Milizionäre sind scheinbar Reenacters, die sowieso immer wieder im Museum von Colonial Williamsburg anzutreffen sein dürften. Die Kleidung ist meistenteils ganz OK.

Ich denke mal, dass es Mädchen im Alter von der Hauptrolle, also mit um die 8-12 Jahre gut gefallen wird. Für Kinder vielleicht 5 von 10 Tränchen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der zerbrochene Krug (1937) ist eine der wenigen UFA-Produktionen, die ganz ohne schmalziges Pathos, Antisemitismus Durchhalteparolen und "Du-bist-nichts-dein-Volk-ist-alles"-Phrasen auskommt. Goebbels hielt nicht allzu viel von dem Streifen und vertraute seinem Tagebuch an, dass er die Uraufführung im Zoopalast nur besuchte, um den Hauptdarsteller Emil Jannings nicht vor den Kopf zu stoßen. Hitler dagegen mochte ihn und sorgte dafür, dass die Kleist-Verfilmung, die an den Kinokassen wenig Erfolg hatte, bei Frontaufführungen häufig gezeigt wurde. 1945 verboten ihn die Alliierten, erfreulicherweise verschwand er nicht als "Vorbehaltsfilm" in den Giftschränken, sondern wurde bald nach dem Krieg wieder gezeigt.

Ich weiß gar nicht so genau, ob die Datierung ins 18. Jahrhundert passt. Uraufgeführt wurde Kleists zerbrochener Krug 1811 im Hoftheater Weimar, und die Handlung spielt eher Ende des 17. Jahrhunderts, als zu Beginn des 18. Jahrhunderts im fiktiven Ort Huisum in der Provinz Utrecht. Die Regie der Uraufführung in Weimar übernahm kein Geringerer, als Johann Wolfgang von Goethe, und der Dichterfürst schaffte es, dass das Stück so schlecht zu inszenieren, dass es ein totaler Flopp wurde, werden musste dessen Antiheld Dorfrichter Adam vom Publikum ausgebuht wurde. In der Literaturwissenschaft ist fraglich, ob das aus Absicht oder aus Unfähigkeit geschah. Ein besonders guter Regisseur war Goethe wohl nie. Kleist war fürchterlich enttäuscht. Goethe teilte den Einakter, der zügig gespielt werden muss in drei Akte, und sein Dorfrichter Adam war eine Fehlbesetzung. Vielleicht lag es auch daran, dass die Zeit/das Publikum noch nicht reif war und Heinrich von Kleists Werk sich nicht so recht einordnen lässt, weder in die Klassik, noch in die Frühromantik.

Der Dorfrichter Adam wurde trotzdem zu einer Charakterrolle des deutschsprachigen Dramas, und obwohl er ein Schurke ist, der sich recht schäbig verhält und weder vor Rechtsbeugung, noch vor Bestechung und Erpressung zurückschreckt und willentlich einen Unschuldigen verurteilen will für eine Tat, die er selbst begangen hat, ist er eine tragisch-komische Figur, dessen Schlitzohrigkeit ihn fast sympathisch macht.
Worum geht es eigentlich? Der "würdige" Dorfrichter erwacht verkatert und mit Blessuren. Er war wie sich nach und nach herausstellt auf amouröse Abenteuer aus und hat die junge Eve Rull am Abend zuvor besucht. Diese ist mit dem Bauernsohn Rupprecht Tümpel verlobt und nicht willig. Adam hat sie aber gefügig gemacht, indem er drohte, dass Rupprecht zum Militärdienst in Batavia gepresst würde, was er aber durch ein Attest verhindern kann, das er aber noch nicht abgeschickt hat. Rupprecht hat die beiden erwischt, Adam hat sich noch rechtzeitig verdrückt, bevor er erkannt wurde, dabei aber seine Perücke im Spalier von Rulls verloren und Blessuren am Kopf davongetragen. Beim Handgemenge ging ein Krug zu Bruch, auf dem Episoden aus der Geschichte der Niederlande abgebildet sind, der Frau Marthe Rull sehr teuer ist. Beschädigt wurde aber nicht nur der relativ wertlose Krug, sondern auch der Ruf von Eve, Marthes Tochter, die Rupprecht als Metze (Hure) beschimpft. Das soll beim Gerichtstag verhandelt werden. Dummerweise hat sich der Gerichtsrat Walter für eine Inspektion angemeldet. Obwohl er nur die Gerichtspflege auf dem platten Land prüfen will und Mängel dabei nicht strafen will, solange die Verhältnisse nur erträglich sind, hat er bei einem Amtskollegen Adams einen wahren Korruptionssumpf entdeckt, so dass sich Adams Kollege erhängt hat.

Adam steckt also ganz schön in der Bredoullie, ohne Perücke als Zeichen seiner Würde, soll er die Verhandlung leiten, es droht die Entlarvung des ganzen Schwindels, der Gerichtsrat ist im Anmarsch und Adams Faktotum,der Schreiber Licht,würde selbst gerne Dorfrichter werden.

Neben Emil Jannings als Dorfrichter Adam spielen Lina Carstens (Marthe Rull), Friedrich Kaysserling (Walter) Paul Dahlke (Rupprecht Tümpel) Max Gülstorf (Licht) und Elisabeth Flickenschild (Frau Brigitta). Trotz Schwarzweißverfilmung, teilweise mangelnder Tonqualität und unterschiedlichen Sehgewohnheiten ist der Streifen auch heute noch sehenswert, und Emil Jannings Interpretation dieser Charakterrolle ist einfach großartig. Viele gute Schauspieler haben im Laufe der Jahre den Dorfrichter Adam gespielt, die Authentizität von Jannings ist aber unerreicht.

Das Lexikon des Internationalen Films nannte die wortgetreue Verfilmung der Kleistschen Komödie ein "Meisterwerk der Schauspielkunst". Diesem Urteil ist nicht viel hinzuzufügen.
 
Ich weiß gar nicht so genau, ob die Datierung ins 18. Jahrhundert passt. Uraufgeführt wurde Kleists zerbrochener Krug 1811 im Hoftheater Weimar, und die Handlung spielt eher Ende des 17. Jahrhunderts, als zu Beginn des 18. Jahrhunderts im fiktiven Ort Huisum in der Provinz Utrecht. Die Regie der Uraufführung in Weimar übernahm kein Geringerer, als Johann Wolfgang von Goethe, und der Dichterfürst schaffte es, dass das Stück so schlecht zu inszenieren, dass es ein totaler Flopp wurde, werden musste dessen Antiheld Dorfrichter Adam vom Publikum ausgebuht wurde. In der Literaturwissenschaft ist fraglich, ob das aus Absicht oder aus Unfähigkeit geschah. Ein besonders guter Regisseur war Goethe wohl nie. Kleist war fürchterlich enttäuscht. Goethe teilte den Einakter, der zügig gespielt werden muss in drei Akte, und sein Dorfrichter Adam war eine Fehlbesetzung. Vielleicht lag es auch daran, dass die Zeit/das Publikum noch nicht reif war und Heinrich von Kleists Werk sich nicht so recht einordnen lässt, weder in die Klassik, noch in die Frühromantik.
Der Film ist auch schwer einzuordnen. Das Kostümbild ist ja keineswegs konsequent. Manche Bauern sehen nach 17.Jh. aus, während Walter und Licht im Gewand des frühen 19.Jh. daher kommen, vielleicht motiviert von Menzels Illustration(?). Der zerbrochne Krug – Wikipedia

Das Stück ist ja durchaus derb und emotional zugleich, für Kleists Verhältnisse noch ein eher realistisches Stück, das durchaus auch den Geschmack des Publikums hätte treffen können.

An den derben Realismus müsste sich das Publikum durch Sailer, Traitteur und nicht zuletzt Lenz ja längst gewöhnt haben. Der Charakter des Richters könnte auch glatt aus einem Lustspiel Kotzebues entstiegen sein, auch die dramatische Zuspitzung erinnert an ihn.
 
Im Gegensatz zur reinen Literaturverfilmung der Kleistschen Komödie ist "Jud Süß" (1940)
neben dem "Dokumentarfilm" "Der ewige Jude" wohl das übelste Machwerk, das die UFA je herausgebracht hat. Jahrelang verschwand er in den Giftschränken und durfte in der Bundesrepublik nur im Rahmen wissenschaftlicher Seminare mit Sondergenehmigung gezeigt werden. Mit der Verfilmung von Jud Süß-Film ohne Gewissen ( u.a mit Tobias Moretti, Mathias Schweighöfer, Erika Maroszan) kam er wieder ins Gespräch.

Seit ein paar Jahren ist er unkommentiert und untertitelt in mehrere Sprachen (u. a. Englisch und Ungarisch) bei Youtube zu sehen. Das ist erstaunlich, denn manch andere Filmchen, auch relativ harmlose, werden sofort gelöscht, weil sie die Gefühle von Zuschauern verletzen könnten oder gegen den Jugendschutz verstoßen.

Verglichen mit Jud Süß ist aber selbst noch der härteste Porno das reinste Kindergeburtstagprogramm. Der Film bringt es auf eine bemerkenswerte Anzahl von "Clicks" und eine geradezu beängstigende Zahl von "Likes". Sicher macht er nicht jeden zum Antisemiten, der ihn sich angesehen hat. Viele werden ihn sich wie ich aus Neugier reingezogen haben solange er zu sehen war, in der sicheren Erwartung, dass er schnell wieder gelöscht wird. Das ist aber bisher noch nicht geschehen. Die Botschaft ist barbarisch, handwerklich ist der unter Regie von Veit Harlan entstandene Streifen sehr gut gemachte Propaganda, und es wirkten seinerzeit einige der bekanntesten und besten Schauspieler der UFA mit: Ferdinand Marian, Lil Dagover, Heinrich George, Christina Söderbaum, Malte Jäger und Werner Krauss, der gleich 2 oder 3 jüdische Nebenrollen übernahm. Viele machten nolens volens mit- so sagten sie jedenfalls später, und Goebbels ließ sich laufend über den Verlauf der Dreharbeiten berichten und nahm wohl auch Einfluss auf das Skript. Wie schon im "Ewigen Juden" zwang man Bewohner der Ghettos und Insassen von KZs zur Mitwirkung als Komparsen. Man wird sich fragen dürfen, wie viele und wie lange von denen die Dreharbeiten überlebten. Als der Film in die Kinos kam, hatte schon in Polen längst das Morden begonnen und der Plan der Endlösung der Judenfrage nahm Konturen an. Himmler verfügte, dass alle Mitglieder der Einsatzgruppen sich den Film als Pflichtprogramm ansehen mussten, um sie für ihren Job richtig schön aufzuhetzen. Ralph Giordano erzählte mal in einem Interview, dass er sich den Streifen gemeinsam mit einem Freund angesehen habe. nach der Vorführung habe der sich nicht von ihm verabschiedet und nur gesagt "irgendetwas muss doch dran sein....(am Antisemitismus). Nach der Uraufführung kam es in manchen Städten zu spontanen (?) antijüdischen Demonstrationen.

Wie bei anderen Propagandafilmen (Der Große König, Die Entlassung) war im Vorspann eine Einblendung zu sehen, dass der Film Originaldokumente zitiere und die historische Wahrheit abbilde. Mit Lion Feuchtwangers Jud Süß und der historischen Persönlichkeit des Hoffaktors Joseph Süß Oppenheimer, der nach dem Tod des Herzogs Karl Alexander von Württemberg einem Justizmord zum Opfer fiel, hat der Film aber herzlich wenig zu tun. Doch zur Handlung:

In Württemberg folgt 1733 Herzog Carl Alexander seinem Vater als Regent. Er schwört, die Verfassung zu achten, und die Landstände sind bereit, ihm eine kleine Leibgarde zu finanzieren, nicht aber ein Ballet. Wenig später sucht ein Offizier des Herzogs den Juwelier Süß-Oppenheimer auf. Der zeigt ihm verschiedene Pretiosen, die der Herzog natürlich nicht bezahlen kann. Ein Rabbi (Werner Krauss) und ein anderer Ghettobewohner unterhalten sich darüber: O-Ton "Was will denn der feine gojsche Pinkel bei unserem Oppenheimer?" "Was fragste, Geld will er natürlich!" Der Oppenheimer wird ihm aber keins geben?" Doch, er wird ihm geben, damit er ihm umso mehr kann nehmen!" Oppenheimer (Ferdinand Marian) erklärt sich bereit, dem Herzog den Schmuck auf Pump zu überlassen, allerdings nur, wenn er selbst den Schmuck persönlich übergeben kann. Die Residenzstadt Stuttgart ist allerdings Juden verboten, wie der Offizier bemerkt. Oppenheimer legt daraufhin den Kaftan ab, lässt sich den Bart und die Schläfenlocken abrasieren und verwandelt sich in einen "Kulturjuden". Sein Faktotum Levi (Werner Krauss) fragt ihn, ob er "meschugge" sei und keine Moire (Furcht) vor dem Rabbiner habe, worauf ihm dieser antwortet, dass er für die Juden die Tür öffnen werde. "es wird vielleicht nicht sein heute oder übermorgen, aber sein wird es!" In der nächsten Einstellung sitzt Oppenheimer in barocker Hoftracht in einer Kutsche auf der Fahrt nach Stuttgart. Wegen seiner "jüdischen Hast" fordert er den Kutscher auf, schneller zu fahren, was damit endet, dass die Kutsche im Straßengraben landet. Zum Glück für Oppenheimer kommt Dorothea Sturm (Christina Söderbaum),die Tochter des Landschaftskonsulenten Sturm des Wegs und Oppenheimer lässt sich von der etwas naiven Blondine nach Stuttgart fahren. Dorothea lässt ihn ins Haus, und Oppenheimer fragt sie, ob sie ein gutes Hotel kennt. Dorotheas Verlobter, der Actuarius Faber (Malte Jäger) erkennt Oppenheimer als Juden und lässt ihn abfahren und sagt "mein Herr, in Stuttgart gibt es keine Judenherberge!" Oppenheimer entgegnet, dass er aus Rücksicht auf die Demoisselle Faber nicht die Antwort gibt, die er verdient. Im Schloss schlägt er dem Herzog vor, ihm als Bezahlung Straßenzölle zu überschreiben. Bald schon gibt es Ärger, die Preise für Grundnahrungsmittel steigen. Eine Schmiede steht der Straße im Weg, Levi (Werner Krauss) und Süß-Oppenheimer lassen das Haus zur Hälfte einreißen, als sich der Schmied dagegen wehrt und handgreiflich wird, erwirkt "Jud Süß" sein Todesurteil. Oppenheimer wird zum ersten Minister und hält seinen Herzog (Heinrich George) bei Laune, der das Ballett und eine stattliche Leibgarde bekommt. Auf Oppenheimers Initiative lädt der Herzog die Töchter des Adels und Bürgertums ins Schloss und macht sich an sie heran. Er überredet den Herzog, die Judensperre aufzuheben, worauf Ghettogestalten mit Sack und Pack in Stuttgart einziehen. Oppenheimer wiegelt den Herzog auf, die Landstände einfach zu entmachten und ein Geheimkabinett zu installieren. Die Leibgarde gibt dem Herzog die Macht, das zu tun. Oppenheimer will dazu die Unterstützung des Landschaftskonsulenten Sturm (Eugen Klöpfer) der großes Ansehen bei der Bevölkerung genießt. Außerdem hat er ein Auge auf dessen Tochter geworfen. Sturm weigert sich und wird auf Oppenheimers Betreiben verhaftet. Ein alter Kriegskamerad des Herzogs versucht, diesem ins Gewissen zu reden, zitiert dabei Luther. "Wisse denn, du Christ, dass du keinen schlimmeren Feind hast, als einen rechten Juden."Der Herzog ist zunächst verärgert, zweifelt aber etwas an Oppenheimers Ratschlägen. Darauf lässt dieser einen jüdischen Astrologen (Werner Krauss) kommen und instruiert ihn, den Lauf der Gestirne und die Folgerungen daraus in seinem Sinne zu manipulieren. Oppenheimer wird zum allmächtigen Minister und lässt auch Faber (Malte Jäger) verhaften und foltern, um so Sturms Tochter gefügig zu machen. Diese ertränkt sich daraufhin im Fluss. Da Christina Söderbaum auch im Streifen "Die Goldene Stadt" ein Mädchen spielte, das ins Wasser geht, brachte ihr das den spöttischen Spitznamen "Reichswasserleiche" ein. Das Volk demonstriert gegen Süß- Oppenheimer, und dem Herzog kommen immer mehr Skrupel. Er erregt sich und erleidet einen Herzanfall.
Die Landstände machen daraufhin Süß-Oppenheimer den Prozess, Sturm, der am meisten unter "Jud Süß" gelitten hat, soll als Hauptankläger sprechen. Dieser sagt, Auge um Auge, Zahn um Zahn, sei nicht christliches Gebot, und er wolle keine Rache, sondern Gerechtigkeit. Er zitiert einen angeblichen Paragraphen aus "dem alten Reichsgesetz":
"So ein Jude sich fleischlich vermengt mit einer Christin, soll er zum Tode gebracht werden". Neben Verrat, Korruption und anderen Vergehen lautet der Hauptanklagepunkt "Rassenschande" und Oppenheimer wird in einem Käfig gehenkt. Er fleht vergeblich um Gnade, und Sturm verkündet den "Willen des Volks", alle Juden haben binnen drei Tagen Württemberg zu verlassen. Er schließt mit dem Satz: "Mögen unsere Nachkommen ehern an diesem Gesetz festhalten, auf dass ihnen viel Leid an Gütern und Blut erspart bleibe".

Obwohl der Film den Anspruch erhebt, die "historische Wahrheit" abzubilden, sind die Exekution des Schmieds Bogner, die Verhaftung von Sturm, die Folterung von Faber und die Vergewaltigung von Sturms Tochter völlig frei erfunden. Aus dem Opfer eines Justizmordes wird Joseph Süß-Oppenheimer zum Täter gemacht und verleumdet. Die "Juden sind unser Unglück", sie sind von Natur aus bösartige Parasiten. Das war schon immer so, unsere Vorfahren wussten das. Dieses Wissen wurde von "Humanitätsduslern", "Gutmenschen" und weltfremden Idealisten verwässert zum Schaden des Volkes.

Die Nürnberger Rassegesetze werden legitimiert als angeblich "uraltes Recht", obwohl in der Constitutio Criminalis Carolina oder ihrer Vorläuferin der Bambergensis ein Rassenschandeparagraph überhaupt nicht existierte. Auf eine perfide Weise versuchte man, Opfer zu Tätern zu machen.
 
Der Film ist auch schwer einzuordnen. Das Kostümbild ist ja keineswegs konsequent. Manche Bauern sehen nach 17.Jh. aus, während Walter und Licht im Gewand des frühen 19.Jh. daher kommen, vielleicht motiviert von Menzels Illustration(?). Der zerbrochne Krug – Wikipedia

Das Stück ist ja durchaus derb und emotional zugleich, für Kleists Verhältnisse noch ein eher realistisches Stück, das durchaus auch den Geschmack des Publikums hätte treffen können.

An den derben Realismus müsste sich das Publikum durch Sailer, Traitteur und nicht zuletzt Lenz ja längst gewöhnt haben. Der Charakter des Richters könnte auch glatt aus einem Lustspiel Kotzebues entstiegen sein, auch die dramatische Zuspitzung erinnert an ihn.
Goethe war es wohl zu derb
Der Film ist auch schwer einzuordnen. Das Kostümbild ist ja keineswegs konsequent. Manche Bauern sehen nach 17.Jh. aus, während Walter und Licht im Gewand des frühen 19.Jh. daher kommen, vielleicht motiviert von Menzels Illustration(?). Der zerbrochne Krug – Wikipedia

Das Stück ist ja durchaus derb und emotional zugleich, für Kleists Verhältnisse noch ein eher realistisches Stück, das durchaus auch den Geschmack des Publikums hätte treffen können.

An den derben Realismus müsste sich das Publikum durch Sailer, Traitteur und nicht zuletzt Lenz ja längst gewöhnt haben. Der Charakter des Richters könnte auch glatt aus einem Lustspiel Kotzebues entstiegen sein, auch die dramatische Zuspitzung erinnert an ihn.

Goethe warf Kleist vor, dass "Der zerbrochene Krug" dem unsichtbaren Theater angehöre, ohne da ihm eine Handlung fehle, die den Namen verdiene. Anscheinend war Goethe recht konservativ und ging auch
bei einer Komödie davon aus, dass diese eine Mimesis im Sinne des Aristoteles enthalten müsse. Kleists Lustspiel bildete das Dorfleben nicht in einer idealisierten Form ab, wie es Schiller bevorzugte, es fehlte seinem Stück die Empathie der Weimarer Klassik für humanitäre Ideale und ebenso die
ironische Leichtigkeit der frühen Romantiker wie August von Kotzebue sie vertrat.

Der Literaturwissenschaftler Harro Müller-Michaelis stellte die These auf, dass Kleists Drama durchaus so etwas wie einen literarischen Sonderweg beschritt. Der Dorfrichter Adam entspricht in seiner Vitalität, seinem
triebgesteuerten Faible für die Freuden des Leibes: Essen, Trinken und Sexualität als "dirty old man" einem alten Komödientypus nah. Dennoch sei die Figur Adams kein bloßer Rückgriff/Rückfall in vorliterarische Formen der Komödie, da es Kleist gelungen sei, diese alten, traditionellen Formen der Komik in eine neue literarische Form zu integrieren.
 
Eigentlich erinnern mich alle Charaktere an die sächsische Typenkomödie wie sie bisweilen (nicht immer) die Gottschedin schuf. Kotzebues Oeuvre ist zu umfangreich (über 200 Stücke), dass ich behaupten würde, dass er nicht auch bisweilen weniger Leichtigkeit in seine Werke legte. Ich habe bislang 10 oder mehr (?) seiner Bühnenwerke gelesen. Nehmen wir "Die deutschen Kleinstädter" als wohl sein berühmtestes Lustspiel, "Die Hussiten vor Naumburg" als wohl eines der damals erfolgreichsten historischen Schauspiele und "Die Stricknadeln". Drei völlig verschiedene Stücke. Kleinstadtposse, Heroische, romantische Handlung und künstliche Intrige, Kotzebue beherrschte alle Spielarten - auch den Einakter.

Vielen Dank für Deine Einschätzung zu "Jud Süß".
 
L'échange des princesses - eine französisch-belgische Romanverfilmung über die Zeit als Ludwig XV. noch ein Kind war (1721) und mit einer vier Jahre alten Prinzessin verkuppelt werden sollte:
Beloeil: on tourne «L?échange des princesses» au château (+vidéo) - nordeclair.be
Un vendeur international pour ?L?échange des princesses? - Le film français
SCOPE Pictures - Overview of the different projects under production at Scope Pictures.
Der Film kommt in zwei Wochen in die franz. Kinos.
L'ECHANGE DES PRINCESSES Bande Annonce (2017)
 
@Fulcher
Ich hoffe, der Film läuft hier an. Sieht doch recht spannend aus, v.a. wie man es schafft mit dem schwierigen Thema Kinder als Hauptdarsteller einerseits und Kinderehe andererseits umzugehen.
 
"Die Abenteuer des David Balfour" D, F, CH, A (1978)
Regie: Jean-Pierre Decourt

Ein typischer Fernseh-Vierteiler, der von einem internationalen Team aus Briten, Deutschen, Franzosen, Schweizern und Österreichern herstellt wurde.

Handlung Teil 1 und 2:
Die Handlung der ersten zwei Folgen folgt überwiegend dem Roman von Robert Louis Stevenson: "Kidnapped" (1886), es gibt aber auch schon Motive aus "Catriona" (1893), einer Art Fortsetzung von "Kidnapped".
David Balfour (Ekkehardt Belle), hier bereits 18, nun Vollwaise kommt zu seinem Onkel Ebenezer Balfour of Shaws (Patrick Magee). Dieser versucht ihn einmal zu ermorden indem er ihn Nachts auf einem Turm die Dokumente zu seinem Erbe suchen lässt. Ebenezer Balfour ahnt nämlich mittlerweile, dass David ihm auf die Schliche gekommen ist, dass ihm das einträgliche Anwesen derer Lairds of Shaws zusteht. Deswegen lockt er später auf das Schiff des Kapitäns Hoseason (Bernhard Wicki). Dieser entführt nun David und soll ihn in Amerika als Sklave verkaufen. Zu Davids Gunsten geschieht auf dem Schiff ein Mord. Der junge Mann - im Roman eher ein Kind! - Ransome (Andrew Schofield) wird von einem Mannschaftsmitglied im Suff ermordet, wodurch David für Ransome einspringen muss und nicht mehr wie ein Gefangener behandelt wird. Das Schiff nimmt später den verunglückten jakobitischen Spion Alan Breck Stewart (David McCallum) auf, der dem Kapitän viel Geld anbietet, wenn er ihn in Frankreich absetzt. Der Kapitän will aber an Alans gesamte Barschaft kommen, die eigentlich Bonnie Prince Charlie zusteht. Ein Kampf entbrennt, wobei viele Mannschaftsmitglieder getötet werden. Schließlich verschlägt es Alan und David in einem Unwetter aufs Festland.
Derweil beginn Catriona (Aude Landry) eine Suche nach David, dem sie 6 Pence schuldet, wird aber von dessen verlogenen Onkel abgewimmelt. Sie sucht so oft sie kann ihren Vater, James More (John Carson) auf, der vom Staatsanwalt (Patrick Allen) wegen Entführung einer Frau festgehalten wird.
David ist zugegen als der "Rote Fuchs" hinterrücks erschossen wird und gilt nun als Mittäter. Als er wieder auf Alan trifft, müssen sich beide vor den Rotröcken verstecken und sich bis nach Edinburgh durch die Highlands schlagen. Überall hat Alan Parteigänger auf die er sich verlassen kann. Nur in Edinburgh ist es ihm zu gefährlich. Dennoch verhilft er schließlich David mit einer List zu einem Teil der ihm zustehenden Einkünfte aus dem Besitz der Shaws. David ist nun ein wohlhabender Mann, Alan wird aber noch immer gesucht. Außerdem sitzt weiterhin Catrionas Vater und Alans Freund und Verwandter James Stewart of the Glens (Bill Simpson) im Gefängnis. Vor allem James of the Glens droht der Galgen. David vertraut auf das Rechtssystem und will Freiheit für James und eine Reinwaschung für Alan, der nicht daran glaubt, dass er vor Gericht eine Chance hätte.

Zur Handlung: Einige Aspekte wurden verändert, v.a. erscheint es seltsam, dass sich David, wo er im Vorhinein gewarnt wurde, dass das Schloss der Shaws baufällig ist, in den "Turm" steigt. Die Treppe hatte ich mir immer anders vorgestellt und ergibt so für mich keinen Sinn, da so auch in dem Gewitter deutlich erkennbar war, dass die eine Seite des Turms garnicht existierte. Ich habe bisher nur "Kidnapped" gelesen und kann daher nicht sagen, ob die Vermischung mit "Catriona" nicht manche Veränderungen in der Handlung nötig machte.
Die Darsteller spielen überwiegend lustlos. Bernhard Wicki als raubeiniger Kapitän kam mir wenig glaubwürdig vor und aus dem Cabin Boy einen erwachsenen Mann zu machen, funktioniert einfach nicht für die Handlung. Auch dass David Balfour selber nun 18 statt 16 ist, macht einiges unlogischer wie seine anfängliche Naivität. Als 16-jähriger hat er einfach besser rein gepasst, auch in seinem Verhältnis zu Ransome, das ich als Kind recht interessant fand. Besonders die Rolle des Ebenezer ist normalerweise eine sehr dankbare. Patrick Magee fehlt dazu das Diabolische, und das obwohl er ja ein international erfahrener Schauspieler war. Als einzige Darstellerin, die mich überzeugte, war Aude Landry, eine hübsche 16-jährige, die zumindest das hier im Film kreierte Image der stolzen, anziehenden Hochländerin mit wenig Erfahrung passend verkörpert. David McCallum schneidet neben Michael Caine und Peter Finch eher schwach ab; beide brachten den sonderbaren, selbstbewussten und ein wenig geheimnisvollen Charakter Alan Brecks besser zur Geltung. Eine sehr spannende Rolle in der sich bereits viele versucht haben. Wobei McCallum immerhin glaubhafter als Armand Assante wirkt.
Bei der Ausstattung erkennt man durchschnittliche Fernsehkost der 1970er. Besser als in anderen deutschen TV-Produktionen der Zeit wie die "Lederstrumpferzählungen", aber schwächer als beispielsweise in "Tödliches Geheimnis". Sehr wohltuend wirkte sich aus, dass tatsächlich in den Highlands gedreht wurde und das teilweise herrliche unaufdringlich. Lächerlich hingegen die Szenen zur See auf einem viel zu modernen Schiff. Die Stürme sind ungeschickt gefilmt, teilweise offensichtlich gar bei gutem Wetter(!). Erstaunlich für den Zeitschnitt der Entstehung in einer Szene die authentischen Spielkarten.

Prinzipiell gefällt mir bisher, dass der Film wenig Stellung bezieht. Die Schurken wie der "Rote Fuchs" mögen überwiegend auf der Whig-Seite sein, aber auch Alan ist kein strahlender Held und sein Vorhaben Gelder für den Pretender einzusammeln wird nicht nur durch David passend kommentiert.

Ich werde eine abschließende Bewertung machen, wenn ich die anderen 2 Folgen geschaut habe.
 
"Longitude" (2000)

Die Miniserie, die 250 Minuten Spielzeit hat, spielt sowohl in der 1. Hälfte des 20. Jh. als auch zur Zeit von John Harrison im 18.Jh..

Commander Rupert Gould (Jeremy Irons) zieht sich nach dem 1. Weltkrieg aus dem aktiven Dienst bei der Navy zurück. Sein Interesse gehört rasch der Zeitmessung des John Harrison. Goulds Forschung rund um die Erfindungen von Harrison sind der rote Faden an dem die Lebensgeschichte von Harrison erzählt wird. Gould selbst erleidet auf seinem Weg nach Anerkennung seiner Arbeit immer wieder Rückschläge, wobei ihn besonders hart trifft, dass seine Frau (Anna Chancellor) keinerlei Verständnis für seine Forschungen auf- und ihn über die Zeitung in Verruf bringt. Seine Frau trennt sich mit seinem Kind von ihm und er muss bei seiner Mutter (Barbara Leigh-Hunt) einziehen, welche ihn allerdings ermuntert, nicht aufzugeben. Letztlich schafft er es aber zusehends seine Ergebnisse vor einem interessierten Publikum zu Gehör zu bringen bis hin zu Radio- und Fernsehauftritten. Besonders trifft ihn, da er unter einer Art Kriegstrauma leidet der Ausbruch des 2. Weltkrieges. Nach einem Aufenthalt in einer Heilanstalt erzielt er die besagten Erfolge im Fernsehen. Am Ende der Serie erfährt man, dass heute noch immer seine Veröffentlichungen nicht vergessen sind und dass man die hervorragenden Leistungen Harrisons um den Längengrad anerkennt.

Ein Sturm und die Katastrophe bei den Scilly-Inseln des Admirals Sir Cloudsley Shovell (Jonathan Coy) 1707 führt zu dem Beschluss im sogenannten Longitude Act 1714 einen Preis bzw. mehrere für die Herstellung eines präzisen Chronometers auszuschreiben.
Neben eher zwielichten bis amüsanten Versuchen anderer Bewerber wie Sir Kenelm Digby (Stephen Fry) dringt John Harrison (Michael Gambon) mit seinem Chronometer mehr und mehr durch. Leider entsprach seine erste Fahrt nach Lissabon und zurück nicht ganz den Anforderungen des Longitude Act, auch wenn die Genauigkeit seiner H1 bestechend war. Zurück in England will ihn die Longitude Board dazu bringen sogleich erneut aufzubrechen, was er aber ablehnt. Zuerst möchte er seine Erfindung überarbeiten. So vergehen viele Jahre bis sein Sohn William (Ian Hart) die ursprünglich von seinem Vater vorgesehen Reise nach Westindien unternimmt. Eigentlich bewährt sich die neue Entwicklung seines Vaters hervorragend, dennoch wird das Preisgeld von 20.000 Pfund Harrison verwehrt, da die Aufzeichnungen William Harrisons als unwissenschaftlich abgestempelt wurden. Zusehends zeigt sich, dass die Longitude Board eigentlich die Argumente gegen das Verleihen des Preises ausgehen, es aber die Wissenschaftler primär stört, dass ein Handwerker und kein Akademiker den Preis bekommen könnte.
Einer der größten Gegenspieler Harrisons Nevil Maskelyne (Samuel West) wird neben anderen Wissenschaftlern nun als Begleitung von William Harrison auf eine weitere Expedition geschickt, um mit astronomischen Beobachtungen die Richtigkeit des H4 zu überprüfen. Natürlich versucht Maskelyne mit allen Mitteln die Fortschritte zu behindern und tut so, als ob er keine Lagebestimmungen anstellen könne, was ihn immer wieder auf der Reise mit dem Entwickler eines Beobachtungsstuhls Christopher Irvin (Tim McInnerny) aneinander geraten lässt.
Als die Expedition wieder zurück gekehrt ist, wirkt sich besonders verhängnisvoll für John und William Harrison aus, dass Maskelyne zum Leiter der Komission aufsteigt. Nach einigem Sträuben, da John Harrison mittlerweile schon sehr alt ist, erklärt er sich dazu bereit vor versammelten Wissenschaftlern seine H4 zu zerlegen und zu erläutern. Dies nutzt ihm aber nicht viel, denn man ist immernoch nicht dazu bereit, das Preisgeld auszuzahlen. Selbst die Intervention des Königs George III. (Nicholas Rowe), der ein großes Interesse an dem Projekt zeigt, nutzt nicht viel und die Anerkennung des Preises durch die Komission bleibt John Harrison, der sich letztlich weigert aus Altersgründen noch weitere Chronometer herzustellen, um die angeblich nicht ausreichend nachgewiesene Praktikablität der Erfindung aufzuweisen, verwährt. Da der Trumpf mit dem König nicht zog, mischt sich letztlich das Parlament in den Streit ein und sorgte dafür, dass Harrison entscheidende Zahlungen zugestanden wurden.

Ersteinmal war für mich augenfällig, dass man scheinbar einen an herausragenden Schauspielern hervorstechenden Film (Serie) vorlegen wollte. Bis in die kleinsten Nebenrollen sind berühmte britische Schauspieler und Schauspielerinnen zu sehen, was die Serie zu einer Art "who is who" des britischen Kino- und Fernsehfilms der 90er und 2000er Jahre macht. Selbst Heike Makatsch hat als Queen Charlotte einen winzigen Auftritt (auch wenn ich die Ähnlichkeit, außer des breiten Mundes nicht sehr groß fand). Anders als in vielen anderen Produktionen wurde bei Darstellerstab in die Vollen gegriffen, was auch den positiven Effekt mit sich bringt, dass die Schiffe tatsächlich dauernd von unterschiedlichen Kapitänen kommandiert werden, während man in anderen Produktionen ja oftmals mehrere historische Personen zusammen fallen lässt, damit man weniger Schauspieler benötigt.

Die Ausstattung in der Handlung, die in den 1920er bis 40er Jahren spielt, kann ich nicht wirklich beurteilen.
Bei der Haupthandlung im 18.Jh. wurde bei den Schiffen in der Regel auf Modelle/PC-Animationen zurückgegriffen, die aber immerhin besser gemacht wirken als im etwa zeitgleich entstanden "Patriot". Das eine scheinbar "echte" Schiff, was bei der ersten Reise nach Westindien auf der Rückfahrt auftaucht, scheint mir allerdings nicht in den Zeitschnitt zu passen. Was halten die Marineexperten hier im Forum davon?
Es entsteht mancher Lapsus mit Gemälden, die man in den Räumen im Hintergrund sieht und die entweder nicht in den aktuell gezeigten Zeitschnitt passen, weil später entstanden und damit auch die aktuellen Uniformen konterkarieren (z.B. wenn man auf einem Gemälde im Hintergrund einen Marineoffizier mit moderner Uniform als die Offiziere davor erkennt).
Generell sind die Kostüme recht ordentlich. Das Hauptaugenmerk liegt sowieso eher auf den technischen Inovationen, welche die Haupthelden des Films neben deren Erfindern sind.

Spannend ist die Miniserie für mich leider ganz und garnicht gewesen. Besonders die Streitereien vor der Komission waren auf die Dauer ermüdend.

Fazit: Gut gemacht TV-Miniserie mit Staraufgebot. Für Interessierte der Marinegeschichte ein Muss.:yes:

Die Serie und die Story von Harrison und Maskelyne habe ich mit großem Interesse verfolgt, und der Streifen hat mich wahrhaftig dazu motiviert, mich auf meine alten Tage mit Astronavigation und sphärischer Trigonometrie zu beschäftigen, weil es mich einfach interessiert hat, zu begreifen, wie man im 18. Jahrhundert navigierte. Mit einer genau gehenden Uhr ist die Bestimmung der Longitudo ein Kinderspiel, genau das aber hatten die Seefahrer des 18. Jahrhunderts nicht. Wie es dem Autodidakten Harrison gelungen ist, aus Holz eine so genau gehende Uhr zu bauen, ist verblüffend, im Zeitalter von GPS verliert man allzu leicht das Gespür dafür wie schwer es war, zu navigieren. Allerdings fand ich, dass Maskelynes Charakter zu eindimensional dargestellt wurde, so als wäre er ein arroganter Schnösel gewesen, der Harrison den verdienten Erfolg nicht gegönnt hat. Als Astronom hatte er wohl einfach ein ungutes Gefühl, eine simple mechanische Lösung für ein astronomisches Problem zu akzeptieren. Maskelynes Vorbehalte waren durchaus realistisch. Genau gehende Uhren waren erstens enorm teuer und mit Bordmitteln kaum zu reparieren. Als James Cook zu seiner 1. großen Reise aufbrach, hatte der Nachbau einer H4 fast 2 Jahre gedauert, und ein Schiffschronometer war fast so teuer wie ein Schiff und kostete ca. 500 Pfund (ein Schiff etwa 2000 Pfund) Die Debatten der Longitude Comission waren vermutlich etwas dröge, weil sie schon recht fortgeschrittene Kenntnisse in Astronomie und Astronavigation voraussetzen, um dem ganzen noch folgen zu können. Galileo Galilei und andere Astronomen hatten im 17. Jahrhundert ein Verfahren entwickelt, die Länge nach Mondfinsternissen der Juppitermonde zu berechnen, was allerdings auf See nicht praktikabel war. Im 18. Jahrhundert ging man dann dazu über, die Länge in Relation des Mondes zur Sonne oder den Fixsternen zu berechnen, was durch die Forschungen von Newton, Euler Maskelyne u. a. und die Erfindung des Sextanten möglich geworden war. Maskelyne hat vermutlich vielen Seeleuten das Leben gerettet. Ein Schiffchronometer konnten sich viele im 18. Jahrhundert nicht leisten, den Nautical Almanach aber schon.
 
Bei der Hornblower-Serie musste ich damals irgendwie daran denken, dass Sharp aufs Schiff versetzt wurde. Statt Sergeant Harper gab es eben Mr. Bush als Spießgesellen. Dass die Mittel bei Sharp nicht ausreichten, wurde dann durch die finanziellen Anforderungen an eine Handlung auf See dann noch übertroffen, was ähnlich wie bei Sharp zu seltsamen Kompromissen führte (Ausschnittsdarstellung, nenne ich das mal). Seeschlachten mit einem Mini-Serien-Budget sind eben kaum machbar.

Bei "Amazing Grace" fand ich es ein bisschen seltsam, dass es nicht in Dtl. in den Kinos kam. Klar ist die Handlung sehr auf England zugeschnitten. Andererseits hat der humane Grundton einen Absolutheitsanspruch. Der Film wäre doch was für Schulklassen gewesen, auch wenn es ein paar historische Schnitzer gibt. Auch die evangelische Kirche in Dtl. hätte ihn ähnlich wie bei "Luther" bewerben können. Wilberforce war ja konvertiert...

Generell finde ich es schade, dass eben die Vorreiterrolle Englands im Kampf gegen die Sklaverei dadurch, dass der Film nicht bekannter wurde, eben nicht in Erinnerung gerufen wurde. Außerdem ist es, wie auf dem Zusatzmaterial des Films betont wurde, ja eine aktuelles und historisches Thema zugleich - ohne tagespolitisch werden zu wollen.
Interessant finde ich auch, wie damals versucht wurde Stimmung zu machen. Die Politiker von damals mussten eben sowohl an das Gewissen ihrer Berufskollegen appellieren, als auch die Öffentlichkeit für ihre Sache gewinnen. Gerade in Letzterem scheint mir der Film ein modernes Phänomen zu veranschaulichen. Bemerkenswert für mich ist auch, dass damals eben Parteiengrenzen offenbar noch nicht so fest gezogen waren. Bezeichnenderweise wurde ja Pitt d.J., der sich auch für seinen Freund Wilberforce einsetzte, sowohl als Tory als auch von sich selbst als Whig gesehen. Man hatte eben noch kein Parteibuch in dem Sinne und die politische Haltung, trotz des damals schon verbreiteten Klientel(un)wesens war sehr von der individuellen Anschauung des Politikers, sprich MP, abhängig.

Ich habe zumindest im Internet einen deutschsprachigen Teaser zu Amazing Grace gesehen. bei Youtube habe ich mir den Streifen auf englisch angesehen, wobei allerdings Bild- und Tonqualität stark zu wünschen übrig lassen. Die schauspielerischen Leistungen sind durchaus beachtlich, streckenweise hätte die Handlung aber etwas mehr Tempo gebrauchen können. Trotz engagierter Message ist der Film über weite Passagen leider recht schnarchig.
 
Der Zerbrochener Krug bietet auch einen Ansatz zu den Zwängen, die Historienfilme einschränken, so wie es hier, aber wohl nicht von den meisten Autoren verstanden wird:

Goethe konnte schreiben, aber vom Theater verstand er null Komma Nichts. Um das zu erkennen muss man nur die Ratschläge lesen, die er Schiller für den Wallenstein gab. Wenn man diese Änderungen beim Wallenstein behutsam rückgängig machte und die nur beschriebenen Szenen einfügte, die das Medium Theater sprengen würden, hätte man einen tollen Film. Gewiss, einiges, was Goethe anspricht, war damals einfach nicht umzusetzen, und dass gerade er das gerade Schiller sagen musste, ist etwas verwunderlich. (Ich erinnere hier an die erwähnte Hornblower-Serie. Eine Serie war hier eben nicht das geeignete Medium.)

Aber der Rest sind doch eher schlechte Ratschläge. In der Schule hatte ich den Eindruck, dass er seinem Freund das Stück kaputt machen wollte, im Faust beschreibt er ja recht eindrücklich, wie das Theater auch von sensationeller Darstellung und dem Bruch von Konventionen lebt. Aber er hat sich selbst im zweiten Teil auf streng klassisch-griechische Formen reduziert. Die langweiligste Form, die es im Bereich Theater gibt. Zweifellos kann man viel von den berühmten Autoren dieser Form lernen, aber als Theaterstück funktioniert es nicht. Doch das war eben der Zeit geschuldet. Seneca und Shakespeare passten eben nicht in den Hintergrund der Zeit. Da würde ich Goethe also keine schlechten Absichten unterstellen. Die Umsetzung auf der Bühne lag ihm nicht, er klebte an der angestrebten Form.

Und so ist dann auch die Frage, wie denn überhaupt das 18. Jahrhundert in einer bestimmten Zeit, also auch in der unsrigen gezeigt werden kann. Dazu gehört dann auch die Frage, was als Versatzstücke einfach als dazugehörig gilt. Da hat dann David Balfour z.B. oft einen Kritikpunkt mit dem Bruder Cadfael aus Ellis Peters Krimis gemein: Es passt für viele nicht in das Bild, dass sie von der Zeit haben. Fehler passieren, da ja kaum ein Autor, Regisseur oder Schauspieler die Zeit studiert hat und es auch künstlerische Absichten gibt und auch das böse Publikum eine gewisse Beachtung will. Aber auch das jeweilige Geschichtsbild ist doch oft -sicher nicht immer- ein gewichtiger Verursacher.

Peter Jackson hat erklärt, warum er am Schluss der Herr der Ringe-Verfilmung nicht das zerstörte Auenland zeigt: Das Publikum -gemeint ist wohl vor allem das U.S.-amerikanische Publikum- hätte das nicht verstanden. Für Franzosen, Russen, Deutsche und viele andere wohl eine seltsame Aussage, aber die Entscheider berücksichtigen eben oft nur das amerikanische Publikum.

Eben das erlaubt aber auch Aussagen zum vorausgesetzten Publikum der Filmemacher. So ist dann auch ein Film auch immer Zeugniss über das Bild der gezeigte Zeit, wie es sich in der öffentlichen Meinung darstellt. In den letzten Jahren mag die öffentliche Meinung auch durch Marktforschung zu ersetzen sein, aber das wird erst für zukünftige Historiker interessant.

Ich kann mit vielen, das 18. Jahrhundert darstellenden Filmen nichts anfangen: Sie widersprechen so sehr den Menschen, die mir aus den Quellen entgegentreten, dass ich sie einfach nicht damit zusammenbringen kann. Sie spielen für mich meist in einer 'Märchenzeit'. Das gilt nun gewiss nicht für jeden Film, der in vergangenen Zeiten spielt. Natürlich zeigt kein Film die dargestellte Zeit, 'wie sie war', den Historismus haben wir ja hinter uns. Aber beim 18. Jahrhundert ist es meist so schlimm, dass ich es nicht mehr zusammenbringen kann.

(Bei Hornblower sind die Stars in den Romanen die Seefahrt und die beschriebenen militärischen Aktionen gemäß dem Hintergrund des Autors und seines Vorgehens: Er suchte sich zeitgenössische Presseberichte zu solchen Aktionen. Die Personen sind demgegenüber oft nur einfache Typen, wie Brissotin schon schrieb, die eine bestimmte Rolle auszufüllen haben. Menschen, die in den Hintergrund gefallen sind und damit klar kommen müssen. Darum wirken sie, ohne der Zeit zu entstammen: Wie agiert der Mensch, insbesondere der Held in so einer Situation? Auch ein Ausweg aus dem beschriebenen Dilemma. Und bei den Kopien von Alexander Kent -der teils besser schreibt- bis Bernard Cromwell sind oft die bei Forester beschriebenen Rollen wiederzufinden. Das schlägt dann natürlich auch bis in die Verfilmungen durch.)

Nur einige meiner Gedanken zum Thema und der Grund, warum hier wenig von mir zu lesen ist.
 
Das große Abenteuer des Kaspar Schmeck (DDR 1981)

ist eine 3teilige Defa-Verfilmung nach dem gleichnamigen Roman von Grete Weißkopf von 1948 (erschienen unter dem Pseudonym Alex Wedding). Der 16jährige Kaspar Schmeck ist der Sohn eines armen Flickschusters, der als Küchenjunge bei dem Gastwirtehepaar Hempel in Kassel ein ziemlich erbärmliches Dasein fristet. Im Gasthaus der Hempels logiert auch der Hauptmann Emmerich (Volkmar Kleinert), mit dem sich Kaspar anfreundet. Emmerich der so pleite ist, dass er bei Hempel (Kurt Böwe) seine Montur verpfänden musste, erzählt Kaspar wahre Wunderdinge von Amerika und beschreibt die Kolonien als gelobtes Land, in dem es immer warm ist und es Tabak in Hülle und Fülle gibt. Inzwischen lässt Landgraf Friedrich II. die Werbetrommel rühren und "verkauft" seine Untertanen. Der britische Oberst Faucitt ist nach Kassel gereist, um die vermieteten Truppen zu inspizieren. Emmerich kennt Faucitt (Herbert Köfer) noch aus dem Siebenjährigen Krieg und hofft, mit dessen Hilfe wieder ein aktives Kommando zu bekommen. Er überredet Kaspar, sich freiwillig zu melden. Dieser weiß nicht, dass Emmerich hinter seinem Rücken die Werbeprämie eingestrichen hat, um bei den Hempels seine Montur auslösen zu können und hält Emmerich nach wie vor für seinen Freund. Emmerich erhält mit Faucitts Hilfe wieder ein Kommando und zeigt auf dem Weg in die Festung Ziegenhain immer mehr sein wahres Gesicht. Bei ihm "wird gekuscht" lässt er die Rekruten wissen und überredet Kaspar, für ihn Spitzeldienste zu verrichten. Kaspar wird dadurch zum Außenseiter unter seinen Kameraden und verrät den Fluchtversuch des zwangsrekrutierten Studenten Anselm (Henry Hübchen). Dieser versucht, bei seinen Kameraden ein Bewusstsein für die Werte der Aufklärung zu erzeugen und zitiert mehrfach die Schriften von Thomas Paine. Unter den Rekruten befindet sich auch der Bader Ambrosius Schmelzel, der mit den hessischen Truppen nach Amerika reisen will, um dort eine Dampfmaschine zu bauen. Schmelzel (Martin Trettau) wird zu einem väterlichen Freund für Kaspar. Die Zustände im Rekrutendepot Ziegenhain sind erbärmlich, die Behandlung der Rekruten menschenverachtend und die Verpflegung der Soldaten mangelhaft. Der Rekrut Rübenkönig (Dietrich Körner) schlachtet den Mops der Frau des Festungskommandanten und verzehrt ihn. Das sorgt natürlich für Wirbel. Als bei Rübenkönig das Halsband des Hundes gefunden wird und der dafür gehängt werden soll, opfert sich der Fälscher und Opferstockdieb Kutz (Walter Lendrich), der Schwindsucht im Endstadion hat und behauptet, dass er Rübenkönig das Halsband geschenkt habe. Kaspars Mutter Bettina Schmeck versucht, ihren Sohn loszueisen, doch Emmerich macht sie glauben, dass der Galgen, an dem Kutz gehängt werden soll, für Kaspar bestimmt ist, dass aber er, Emmerich, dafür sorgen wird, dass ihr Sohn nicht exekutiert wird. Auf der Überfahrt nach Amerika dient Kaspar als Offiziersbursche bei Emmerich und erkennt dessen miesen Charakter, spielt aber mit, da er durch Emmerich Zugang zu Zitrusfrüchten hat und damit die an Skorbut erkrankte Nichte Gundel (der Marketenderin Meta Siebenmal (Renate Heymer) versorgen kann, in die sich Kaspar verliebt hat. In Amerika angekommen eilen die Hessen zunächst von Sieg zu Sieg. Anselm fällt bei den Kämpfen um Long Island, und Schmelzel wird von Emmerich der es inzwischen zum Major gebracht hat, bis zum Kopf im Sand eingegraben, weil er sich weigerte, amerikanische Kriegsgefangene zu töten. Dabei verstirbt er, und Kaspar der sich für ihn einsitzt, trifft das gleiche Schicksal. Inzwischen sind die Hessen bis New Jersey und zum Delaware vorgestoßen und feiern in Trenton Silvester. Kaspar, der Lotterieverkäufer Sämisch, Rübenkönig und andere Soldaten haben den Entschluss gefasst zu desertieren und zu den Amerikanern überzulaufen. Der obrigkeitshörige Rekrut Kleinpaul denunziert die Flüchtlinge bei Emmerich, der sie mit einigen Soldaten über den vereisten Delaware verfolgt und dabei im Eis einbricht. Die Flüchtigen erreichen die amerikanischen Linien, und Washington schlägt die Hessen bei Trenton.

Die Macher des Fernsehfilms haben anscheinend die gleiche Literatur verwertet, die auch Sandra Paretti bei der Recherche für ihren Roman "Der Winter der ein Sommer war" verwendet hat. Das waren im wesentlichen die Werke von Rosengarten, Fritz Kapp (Der Soldatenhandel deutscher Fürsten) und Eduard Lowell (The Hessians and other Mercenaries in the American Revolutionary War aus der 2.Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Darstellung des Soldatenhandels Friedrichs II. ist daher entsprechend in ähnlichem Maße klischeebeladen wie Fritz Umgelters Verfilmung des Romans von Sandra Paretti. Die Handlung ist total unglaubwürdig und mit zahlreichen faktischen und sprachlichen Fehlern belastet. Die Schlacht bei Trenton fand nicht am Neujahrstag, sondern am 2. Weihnachtstag 1776 statt. Im 3. Teil fragt ein Matrose einen amerikanischen Seemann nach der Uhrzeit mit den Worten "what´s the clock?" Brissotin könnte vermutlich weitaus mehr Fauxpas in Punkto Kleidung und Uniformen aufzählen, ich schenke mir das. Sieht man über die zahlreichen vermeidbaren historischen Ungenauigkeiten, die Unwahrscheinlichkeit des Drehbuchs und die sprachlichen Schnitzer großzügig hinweg, wird man trotz aller Mängel vielleicht durchaus Gefallen an dieser DEFA-Produktion finden. Die schauspielerischen Leistungen der Darsteller und die temporeiche Handlung entschädigen für die zahlreichen Fehler und Ungenauigkeiten. Ich habe mir jedenfalls die Verfilmung nach über 35 Jahren sehr gerne noch einmal angesehen und dabei in nostalgischen Erinnerungen geschwelgt.
 
1.
Der Zerbrochener Krug bietet auch einen Ansatz zu den Zwängen, die Historienfilme einschränken, so wie es hier, aber wohl nicht von den meisten Autoren verstanden wird:

Goethe konnte schreiben, aber vom Theater verstand er null Komma Nichts. Um das zu erkennen muss man nur die Ratschläge lesen, die er Schiller für den Wallenstein gab. Wenn man diese Änderungen beim Wallenstein behutsam rückgängig machte und die nur beschriebenen Szenen einfügte, die das Medium Theater sprengen würden, hätte man einen tollen Film. Gewiss, einiges, was Goethe anspricht, war damals einfach nicht umzusetzen, und dass gerade er das gerade Schiller sagen musste, ist etwas verwunderlich. (Ich erinnere hier an die erwähnte Hornblower-Serie. Eine Serie war hier eben nicht das geeignete Medium.)

2.
Ich kann mit vielen, das 18. Jahrhundert darstellenden Filmen nichts anfangen: Sie widersprechen so sehr den Menschen, die mir aus den Quellen entgegentreten, dass ich sie einfach nicht damit zusammenbringen kann. Sie spielen für mich meist in einer 'Märchenzeit'. Das gilt nun gewiss nicht für jeden Film, der in vergangenen Zeiten spielt. Natürlich zeigt kein Film die dargestellte Zeit, 'wie sie war', den Historismus haben wir ja hinter uns. Aber beim 18. Jahrhundert ist es meist so schlimm, dass ich es nicht mehr zusammenbringen kann.

3.
(Bei Hornblower sind die Stars in den Romanen die Seefahrt und die beschriebenen militärischen Aktionen gemäß dem Hintergrund des Autors und seines Vorgehens: Er suchte sich zeitgenössische Presseberichte zu solchen Aktionen. Die Personen sind demgegenüber oft nur einfache Typen, wie Brissotin schon schrieb, die eine bestimmte Rolle auszufüllen haben. Menschen, die in den Hintergrund gefallen sind und damit klar kommen müssen. Darum wirken sie, ohne der Zeit zu entstammen: Wie agiert der Mensch, insbesondere der Held in so einer Situation? Auch ein Ausweg aus dem beschriebenen Dilemma. Und bei den Kopien von Alexander Kent -der teils besser schreibt- bis Bernard Cromwell sind oft die bei Forester beschriebenen Rollen wiederzufinden. Das schlägt dann natürlich auch bis in die Verfilmungen durch.)
1.
Goethe hat ja selber mit seinem "Götz von Berlichingen" entgegen allen Konventionen gehandelt. Einheit von Zeit und Ort? Fehlanzeige. Als Fingerübung hat er sich wohl mal mit "Iphigenie auf Tauris" an einer klassischen Form versucht - wohl gemerkt versucht. Michael Sommer hat es nicht zu Unrecht als sein schwächstes Stück bezeichnet, da eben einfach zu denken, dass etwas klappt, nur weil man den Spielregeln folgt, nicht funktioniert.
Dass es vor ihm schon zahlreiche schwache, langweilige oder irrelevante klassische Dramen gab, macht es m.E. ja nicht besser.
Auch Lenz "Hofmeister" hat Goethe gelobt, auch hier ein völlig abgedrehtes, ja revolutionäres Drama.
Von daher ist Goethes Kritik an Kleist wenn nicht vollkommen absurd, so doch zumindest fragwürdig.

Ob er etwas vom Theater verstand? Das ist schwer zu sagen. Ihn wie ElQuijote als "bedeutendsten deutschen Dramatiker" zu bezeichnen, geht mir zu weit. Er sah sich wohl zumindest selber so. Das brachte ihm ja just die Kritik seiner Zeitgenossen ein - v.a. der Romantiker, die ihn schlicht für überheblich und borniert hielten (wohl nicht ganz zu Unrecht). Es gab vor und mit ihm so viele einflussreiche Dramatiker, die selbst wenn sie heute nicht mehr gespielt werden wie Kotzebue, doch auf ihre Zeitgenossen gewiss einen unglaublichen Einfluss ausübten. Egal ob auf Künstler wie Musiker oder andere Geisteseliten. Ich mag solche Superlativen wie "der bedeutendste" nicht. Der erfolgreichste, das ist messbar. Der bedeutendste ist für mich eine hohle Phrase. Nicht messbar.
Man muss hierbei bedenken, dass das Liebhabertheater praktisch die ganze Gesellschaft zu kleinen Schauspielern machte. Auch Goethe trat in diesem Rahmen auf, ebenso wie Kotzebue. Eine englische Biographie aus seiner Zeit erzählte mal, Kotzebue sei in Jugendjahren wegen seiner femininen Ausstrahlung und weil keine weibl. Darsteller verfügbar waren in Frauenrollen aufgetreten. Von daher kannten wirklich in ganz anderem Maße als heute zahlreiche Menschen die Abläufe und das Medium Theater von innen.

2.
Ja, da gebe ich Dir recht. Viele Filme sind sowohl durch die Ausstattung als auch durch das Drehbuch so fern der dargestellten Zeit, dass das entstandene Bild eher einem Märchen gleicht. Mir ging es neulich so, als ich Szenen aus der alten TV-Serie "Die Melchiors" aus den 70ern sah, dass ich mich fragte, in welcher Zeit das spielen soll. Die Kostüme waren ein wilder Mix aus Kettenhemden aus dem HoMi, Wämser aus dem 17.Jh. und was weiß ich. Zum Glück gab es damals immer so Einführungen zu den Serien, so dass die Datierung der Handlung einem abgenommen wurde.

3.
Forrester hat von Marryart abgeschrieben. Ganze Handlungsstränge stammen fast 1:1 aus "Peter Simpel". "Flying Colours" stammt aus der Mitte von "Peter Simpel". Da Marryart bereits in mehreren Werken den Werdegang eines Kadetten bis zu einem Leutnant und mehr als Handlungsmuster angelegt hatte, brauchten spätere Autorengenerationen aus diesem Netz schöpfen und profitierten obendrein davon, dass Marryart selbst zur See gefahren war und in groben Zügen genau die Karriere seiner Handlungsfiguren am eigenen Leib erlebt hat. Das gibt seinen Romanen und den Nachfolgern diese Sicherheit hinsichtlich authentischer Figuren.
 
Ich habe zumindest im Internet einen deutschsprachigen Teaser zu Amazing Grace gesehen. bei Youtube habe ich mir den Streifen auf englisch angesehen, wobei allerdings Bild- und Tonqualität stark zu wünschen übrig lassen. Die schauspielerischen Leistungen sind durchaus beachtlich, streckenweise hätte die Handlung aber etwas mehr Tempo gebrauchen können. Trotz engagierter Message ist der Film über weite Passagen leider recht schnarchig.
Und das obwohl viele Aspekte von Wilberforce Leben gedrängt dargestellt wurden - d.h. vieles was er später erst thematisierte, kommt im Film früher vor. Er hatte ja längst nicht nur die Abschaffung der Sklaverei als Ziel; er war ja als Politiker eine umstrittene Person, die einen enormen Eindruck auf die Menschen gemacht hat und der bis heute eine Ikone der britischen Geschichte und Politik geblieben ist. Am besten war die Szene, wo er Leute der High Society in den Hafen von London lockt, um sie mit den Auswirkungen der Sklaverei zu konfrontieren.

Aber der Film ist gewiss etwas lahm, war damals auch kein finanzieller Erfolg, soweit ich weiß. Kein Wunder, dass ich erst recht spät überhaupt von seiner Existenz erfuhr. Vielleicht aber dennoch etwas für die Vorführung im Schulunterricht, da das Thema doch eine zeitlose Brisanz und Aktualität besitzt.
 
Stimmt, den Peter Simpel hatte ich ganz vergessen. Der steht natürlich noch davor. Aber ob der Erfahrung des Autors hatte es den geschilderten Effekt.
 
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