Sprache in Litauen

Anish

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Macca schrieb:
Aber, auch wenn es etwas off topic ist: gibt es ein zeitlich naheliegendes, europäisches Beispiel für ein Adstrat? Fiele da sowas wie Englisch/Gälisch in Irland darunter oder ist das an eine gewisse Verteilung oder regionale Überschneidung gebunden?

Eure Beiträge zu den Sprachen und vor allem zu Sprachen, derer es mehrere gleichzeitig gab, fand ich sehr interesant. Und vielleicht kann ich mit einem Beispiel der neueren Zeit dienen. Wie jeder weiß, war die ehemalige UdSSR ein Vielvölkerstaat und nicht jeder dieser Völker war freiwillig in diesem Bund. Aber soweit ich es jetzt in Litauen erlebe, wurden dort zwei Sprachen gesprochen: russisch und die eigentliche Landessprache, also in meinem Fall litauisch. Beide Sprachen haben sehr wenig miteinander zu tun.
Wäre das ein Beispiel für ein Adstrat (auch zu meinem Verständnis)?
 
Anish schrieb:
Aber soweit ich es jetzt in Litauen erlebe, wurden dort zwei Sprachen gesprochen: russisch und die eigentliche Landessprache, also in meinem Fall litauisch. Beide Sprachen haben sehr wenig miteinander zu tun.
Wäre das ein Beispiel für ein Adstrat (auch zu meinem Verständnis)?

Russische Spracheinflüsse im Litauischen aus der Zeit, als Litauen noch zur Sowjetunion gehörte, würde ich eher als Superstrat bezeichnen.

Die gegenwärtigen Spracheinflüsse wird man wohl als Adstrat bezeichnen können.
 
hyokkose schrieb:
Russische Spracheinflüsse im Litauischen aus der Zeit, als Litauen noch zur Sowjetunion gehörte, würde ich eher als Superstrat bezeichnen.

Die gegenwärtigen Spracheinflüsse wird man wohl als Adstrat bezeichnen können.

Dann habe ich die o.g. Definitionen falsch verstanden.
Es gibt keine gegenwärtigen Spracheinflüsse. Bis zur eigenen Befreiung existierten russisch und litauisch relativ gleichberechtigt nebeneinander. Danach richtete man das Leben wieder auf litauisch aus und russisch blieb als Verständigungssprache für die Nichtlitauer, die ja auch in Litauen lebten (wenn auch nicht so viele wie z.B. in Estland oder Lettland, um mal im baltikum zu bleiben). Heute lernen die Kinder in der Schule bereits ab erste Klasse eine 1. Fremdsprache, meist englisch, deutsch oder französisch und nur im geringen Maße russisch. Litauisch ist eine sehr eigene Sprache und hat wirklich nichts mit russisch zu tun. Russisch hat kyrillische, litauisch lateinische Buchstaben (mit einigen Sonderbuchstaben weicht es somit von unseren Buchstaben ab). Die Sprache wurde in den vergangenenen Jahrhunderten heimlich an die nächsten Generationen weitergegeben. Dies wird im Historischen Museum in Kaunas dargestellt. Das Dilemma dieser Historie zeigt sich heute darin, dass die Sprache eher unmodern ist, für viele Begriffe keine Übersetzung möglich ist, weil einfach die Wörter fehlen... Die Litauer erfinden Wörter, was wiederum zum Teil sehr witzig ist. Aber es wurde und wird nichts aus dem russischen genommen.
Ich denke, es ging und geht vielen Sprachen so, die nicht benutzt werden durften und somit sich nicht weiterentwickeln konnten. Am beispiel Litauische Sprache kann ich es zumindest nachvollziehen oder auch nachfragen.
 
Anish schrieb:
Dann habe ich die o.g. Definitionen falsch verstanden.
Es gibt keine gegenwärtigen Spracheinflüsse.

Dann hätten wir den weltweit einmaligen Fall, daß Leute zwei Sprachen sprechen, aber niemals ein Wort aus der Sprache A benutzen, wenn sie die Sprache B sprechen.


Anish schrieb:
Die Litauer erfinden Wörter, was wiederum zum Teil sehr witzig ist. Aber es wurde und wird nichts aus dem russischen genommen.

Nach dem, was ich gelesen habe, gibt es durchaus russische Lehnwörter und Lehnübersetzungen (hier bitte nachschauen, falls nicht geläufig) im Litauischen.
 
hyokkose schrieb:
Dann hätten wir den weltweit einmaligen Fall, daß Leute zwei Sprachen sprechen, aber niemals ein Wort aus der Sprache A benutzen, wenn sie die Sprache B sprechen.




Nach dem, was ich gelesen habe, gibt es durchaus russische Lehnwörter und Lehnübersetzungen (hier bitte nachschauen, falls nicht geläufig) im Litauischen.

Zu Ersterem kann ich nicht viel sagen, ist mir noch nicht aufgefallen, aber ich werde es beobachten und auch mal fragen (eine unserer Mitarbeiterinnen kann sehr gut deutsch, russisch, polnisch und natürlich litauisch als muttersprache. Sie kann nicht aus dem polnischen ins deutsche übersetzen, sondern übersetzt ins litauische und braucht ne Pause)

Zum zweiten Aspekt: mir fällt aus dem Stehgreif überhaupt kein Wort ein, welches aus dem russischen ins litauische übernommen wurde, aber einige deutsche: Buchhalterin = buhaltere
Rechnung = faktura (neben saskaita)
firma = firma (neben bendrove, was aber eher mit Gesellschaft gleichzusetzen ist)
und einige, die wohl in mehreren Sprachen vorkommen:
direktor = direkorius
bank = bankas
Konto = konto
 
Wikipedia schrieb:
Im Gegensatz zum Lettischen hat das Litauische nur wenige Fremdwörter übernommen, vorwiegend Lehnwörter aus dem Russischen und einige wenige aus dem Polnischen und dem Hoch- wie auch Niederdeutschen. Eine eigene Kommission, die direkt bei der Regierung angesiedelt ist, wacht über die „Reinheit“ der litauischen Sprache. Teilweise werden auch neue Wörter kreiert, um keine Anglizismen zu übernehmen.

In einem hast Du wohl recht: In Litauen sind die Bestrebungen außerordentlich groß, die Zahl der Fremdwörter gering zu halten.




Nebenbei:
Das Thema hat mit Robin Hood nicht mehr viel zu tun; ich will nach einem geeigneteren Plätzchen suchen.
 
hyokkose schrieb:
Nebenbei:
Das Thema hat mit Robin Hood nicht mehr viel zu tun; ich will nach einem geeigneteren Plätzchen suchen.

Das ist wahr und nett. Aber etwas allgemeiner hätte sich vielleicht eher angeboten, zum Beispiel Superstrat, Substrat, Adstrat
:winke:
Ich hätte nämlich gern gewußt, ob es Parallelen in anderen Sprachen gibt oder auch völlig gegensätzliche Entwicklungen. Litauen ist jetzt nur mein Thema, weil ich da sehr viel Zeit verbringe.

PS: dann ist auch der Platz nicht so ganz richtig... es ist doch (hoffentlich) kein Phänomen für Osteuropa...
 
Zuletzt bearbeitet:
hyokkose schrieb:
In einem hast Du wohl recht: In Litauen sind die Bestrebungen außerordentlich groß, die Zahl der Fremdwörter gering zu halten.

Sorry, ich bekomme das mit dem mehrfachen Zitieren immer noch nicht hin

Den Wikipedia-Artikel habe ich auch gelesen und kann das Gesagte auch unterstützen.
Man hat sogar Probleme, einen Firmennamen zu geben, wenn er keine litauischen Wörter enthält.
Und statt zumindest bei international anerkannten und bekannten Wörtern auf anglismen zurückzugreifen wie z.B. manager, erfindet man neue Wörter: vadybininkas
(evtl. nach vadas = Führer, Kommandeur; baer das ist jetzt nur eine Vermutung)
 
Zuletzt bearbeitet:
Hatten die Litauer bis 1991 keine Bücher, die auf ihre Muttersprache geschrieben waren? Wann wurde das erste litauische Buch herausgegeben?Was für eine Strafe drohte “zeitweise” den Litauern wenn sie auf ihre Sprache gesprochen haben?
 
Kiprian schrieb:
Hatten die Litauer bis 1991 keine Bücher, die auf ihre Muttersprache geschrieben waren? Wann wurde das erste litauische Buch herausgegeben?Was für eine Strafe drohte “zeitweise” den Litauern wenn sie auf ihre Sprache gesprochen haben?

In der Zeit der sowjetischen Herrschaft war litauisch nicht verboten. Es wurde ganz normale Landessprache.
Die Verbote bezogen sich auf vorherige Jahrhunderte.
 
Kiprian schrieb:
Hatten die Litauer bis 1991 keine Bücher, die auf ihre Muttersprache geschrieben waren? Wann wurde das erste litauische Buch herausgegeben?Was für eine Strafe drohte “zeitweise” den Litauern wenn sie auf ihre Sprache gesprochen haben?

Das erste Buch in litauischer Sprache erschie 1547.
Es war eine Übersetzung des Katechismus.
 
Ich glaube es wahr im Diamond Jarvis (?) Buch "Der dritte Schimpanse", indem behauptet wird, das Litauisch die von allen lebenden Sprachen diejenige ist, die dem angenommenen Ur-indogermanischen Sprache am ähnlichsten sein soll.
 
1. Upps, ich werde alt und anfange mich zur wiederholen! *oder haben wir hier die Weltgeschichte etwa schon durch?*

2. Wie konntest du das so schnell herausfinden????
 
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