Die Kaiserkrönung Karls des Großen im Lichte religiöser Endzeiterwartung?

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Jemand hat mir erzählt, dass Karl der große eigentlich im Jahr 801 gekrönt wurde, da der 25.12 800 durch eine Zeitrechnungsreform gleichzeit erster Tag des Jahres 801 gewesen sein soll. Im Internet habe ich dazu aber nichts gefunden.
 
Ich habe ein paar Hinweise auf einen Krönungstermin am 25. Dez. 800 = 1. Jan. 801 gefunden. Der Tenor in diesen Angaben ist, dass der 1. Januar 801 von mittelalterlichen Apokalyptikern als Beginn des letzten Existenzstadiums der Welt, also als Beginn des Weltuntergangs, angesehen wurde.

Hier ist eine gute Quelle:

GRIN - Die Kaiserkrönung Karls des Großen

Schieffer, Rudolf, Neues von der Kaiserkrönung Karls des Großen, (Vortrag in der Sitzung der Bayerischen Akademie der Wissenschaften vom 10. Januar 2003), Sitzungsberichte der Akademie, Heft 2, München 2004, 3 (zit. als Schieffer, Neues); Karl der Große ist nicht im Jahre 800 sondern 801 gekrönt worden, „da gemäß dem damals vorherrschenden Weihnachtsstil der Jahresbeginn nicht am 1. Januar, sondern am voraus gehenden 25. Dezember, dem Fest der Geburt Christi, angesetzt wurde.“ Karl wurde also am ersten Tag eines neuen Jahrhunderts, dem 9. seit Christi Geburt, gekrönt. vgl. ebenda, 20.

Dazu Schieffers Text:

http://publikationen.badw.de/de/019366011.pdf

Seite 20:

In sämtlichen
Annalen der Zeit wird das Ereignis nämlich nicht zum Jahre 800,
sondern zu 801 berichtet, da gemäß dem damals vorherrschenden
Weihnachtsstil der Jahresbeginn nicht am 1. Januar, sondern am
vorausgehenden 25. Dezember angesetzt wurde, dem Fest der
Geburt Christi, die ja für die Zählung der Jahre den Maßstab ab-
gab. Karl wurde demnach Kaiser am ersten Tage des Jahres 801,
der sogar der Anbruch eines neuen Jahrhunderts war, des neunten
seit Beginn der christlichen Ära
. Dieser altbekannte und als solcher
unstrittige Sachverhalt ist neuerdings zum Anlaß für Überlegungen
geworden, daß sich dahinter eine bewußte Terminwahl aus
eschatologisch begründeter Sorge um den Fortgang der Welt- und
Heilsgeschichte verberge.


 
Zuletzt bearbeitet:
Die Gleichsetzung 25.12 = 1.1. ist sicherlich falsch.
Richtig ist, dass es damals keinen einheitlichen Neujahrstag gab.
Neben dem 1. Januar wurden u.a. auch Maria Empfängnis (25.März) und eben auch Weihnachten in einigen Gegenden als Beginn des Jahres begangen.
Karls Krönungstag wurde somit von vielen auch als Neujahrstag angesehen.
 
Jemand hat mir erzählt, dass Karl der große eigentlich im Jahr 801 gekrönt wurde, da der 25.12 800 durch eine Zeitrechnungsreform gleichzeit erster Tag des Jahres 801 gewesen sein soll. Im Internet habe ich dazu aber nichts gefunden.

Das finde ich ist eine eigentümliche argumentation. Im gesamten Christlichen Teil Europas gab es einen Kalender, nämlich den Julianischen Kalender. Einige Jahrhunderte später gab es eine Kalenderreform, von einem Papst namens Gregor. Dabei ging es um Schaltjahre, das der Fehler im Kalender bezüglich des Sonnenjahres ausgeglichen wurde. Der Kalender ist der Gregorianische Kalender, den wir haute in der Europäisch dominierten Welt haben.

Gregorianischer Kalender – Wikipedia

Wichtig sind die Stichtage wann der Gregorianische Kalender in welchem Land in Kraft trat. Da der Kalender nicht einheitlich eingeführt worden ist.
 
Jemand hat mir erzählt, dass Karl der große eigentlich im Jahr 801 gekrönt wurde, da der 25.12 800 durch eine Zeitrechnungsreform gleichzeit erster Tag des Jahres 801 gewesen sein soll. Im Internet habe ich dazu aber nichts gefunden.
Wie gesagt, es ging wohl nicht um den Kalender, es ging um das Neujahrsfest.

Zeitrechnungsreform ist für mich eine Kalenderreform. Nur klingt die Argumentation für mich nicht logisch, aus dem Grund das im Jahr 800 noch überall der Julianische Kalender im Christlichen Teil Europas im Gebrauch war und vom Gregorianischen Kalender noch Jahrhunderte nicht die Rede war.
 
Die Gleichsetzung 25.12 = 1.1. ist sicherlich falsch.

Karolingisch wurde der Jahresbeginn auf den 25. Dezember gelegt. Dementsprechend müsste der 1. Januar der achte Tag eines Jahres gewesen sein. Korrekt?

Wichtiger noch ist aber die Frage, warum sich Karl am 25. Dezember krönen ließ. Eben weil diesem Tag, der erste des Jahres 801, ein apokalyptischer Sinn beigemessen wurde, den Karl für sich nutzen wollte. Laut den apokalyptischen Berechnungen des Kirchenvaters Hieronymus sollte die Weltgeschichte mit dem Abschluss des 6. Jahrtausends nach Erschaffung der Welt enden und fortan der Untergang der Welt einsetzen. Das Ende dieses 6. Jahrtausends wurde in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts, gestützt auf Hieronymus, von dem spanischen Mönch Beatus von Liebana auf den 24. Dezember 800 angesetzt und der Beginn des neuen Äons auf den 25. Dezember. Er stellte diese Prophezeiung in seinem Apokalypsekommentar auf, der um 786 veröffentlicht wurde. Karl nutzte diese Terminierung, um seinem christlich-missionarischen Eifer eine apokalyptische Pointe zu geben: Er als christlicher Kaiser, gekrönt am Tag des beginnenden Weltuntergangs, hatte die Aufgabe, den unchristlichen Rest der Menschheit zur Bekehrung zu zwingen, auch mit exzessiver Gewalt, so dass bei der Ankunft des Gottesreichs alle Seelen dem Christengott zugeführt wären. Als der Untergang aber ausblieb, beschloss Karl im Jahr 809 mit seiner Kalenderreform eine andere chronologische Ordnung der Weltgeschichte (nach der hebräischen Bibel), wodurch der Welt noch eine Frist von ca. 1300 Jahren bis zum Untergang blieb.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es ist richtig, dass im Mittelalter das neue oft nicht ab dem 1.1. gerechnet wurde. Es gab mehrere Konzepte, wann das neue Jahr begann - und ein Konzept sah den Beginn des neuen Jahres mit dem 25.12. ... nach diesem Konzept wäre Karl also tatsächlich 801 gekrönt worden.

Chronologie - Jahresanfang :

  • 25. Dezember (Weihnachtsstil): der logische Jahresanfang bei Zählung nach Christi "Geburt"! Im Mittelalter häufig gebraucht;
  • 1. Januar (Circumcisionsstil, nach dem Fest Circumcisio domini – Beschneidung des Herrn): üblich in der Antike in der römischen Kaiserzeit und für die spanische Ära, dann erst wieder vom 15. Jahrhundert an häufiger verwendet;
  • 1. März (altrömischer Stil): zur Zeit der römischen Republik, später in Venedig (dort offiziell bis 1797);
  • 25. März (Annuntiationsstil, Florentiner Stil, Trierer Stil, nach dem Fest Mariä Verkündigung): häufig in Italien, in Deutschland vor allem in Trier, in England bis 1752;
  • Ostern, d.h. wechselnd vom 22. März bis 25. April (Osterstil): im mittelalterlichen Frankreich, in Köln. Führt zu Jahren mit 11 oder 13 Monaten;
  • 1. September oder 24. September: bei Angabe der Indiktion.


 
Karolingisch wurde der Jahresbeginn auf den 25. Dezember gelegt. Dementsprechend müsste der 1. Januar der achte Tag eines Jahres gewesen sein. Korrekt?

Wichtiger noch ist aber die Frage, warum sich Karl am 25. Dezember krönen ließ. Eben weil diesem Tag, der erste des Jahres 801, ein apokalyptischer Sinn beigemessen wurde, den Karl für sich nutzen wollte. Laut den apokalyptischen Berechnungen des Kirchenvaters Hieronymus sollte die Weltgeschichte mit dem Abschluss des 6. Jahrtausends nach Erschaffung der Welt enden und fortan der Untergang der Welt einsetzen. Das Ende dieses 6. Jahrtausends wurde in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts, gestützt auf Hieronymus, von dem spanischen Mönch Beatus von Liebana auf den 24. Dezember 800 angesetzt und der Beginn des neuen Äons auf den 25. Dezember. Er stellte diese Prophezeiung in seinem Apokalypsekommentar auf, der um 786 veröffentlicht wurde. Karl nutzte diese Terminierung, um seinem christlich-missionarischen Eifer eine apokalyptische Pointe zu geben: Er als christlicher Kaiser, gekrönt am Tag des beginnenden Weltuntergangs, hatte die Aufgabe, den unchristlichen Rest der Menschheit zur Bekehrung zu zwingen, auch mit exzessiver Gewalt, so dass bei der Ankunft des Gottesreichs alle Seelen dem Christengott zugeführt wären. Als der Untergang aber ausblieb, beschloss Karl im Jahr 809 mit seiner Kalenderreform eine andere chronologische Ordnung der Weltgeschichte (nach der hebräischen Bibel), wodurch der Welt noch eine Frist von ca. 1300 Jahren bis zum Untergang blieb.

Sehr interessant. Aber wenn bei der Krönung bereits der Weltuntergang begonnen hat, ist der zeitliche Rahmen für Karl, alle zum christlichen Glauben zu missionieren, etwas knapp. :D
 
Aber wenn bei der Krönung bereits der Weltuntergang begonnen hat, ist der zeitliche Rahmen für Karl, alle zum christlichen Glauben zu missionieren, etwas knapp

Nicht unbedingt. Den mittelalterlichen Apokalyptikern zufolge, die sich an der Johannesoffenbarung orientierten, sollte das siebte Äon (also das die Existenz der Welt abschließende Zeitalter, auch "Weltensabbat" genannt) 1000 Jahre währen. Der für die apokalyptische Deutung des Jahres 801 wichtigste Theologe war der o.g. Beatus von Liebana, der sich in seinem berühmten Kommentar zur Johannesoffenbarung dazu geäußert hat. Er stand in enger Korrespondenz mit Alkuin, dem wichtigsten theologischen Berater von Karl dem Großen. Alkuin selbst war ebenfalls ein Anhänger der damals sehr virulenten Auffassung, dass die Apokalypse unmittelbar bevorstehe. Um 797 sprach er von der "gefährlichen letzten Zeit der Welt". Unklar ist, ob er eine apokalyptische Deutung des Jahres 801 anerkannte. Ein anderer theologischer Berater des Königs/Kaisers war Bischof Theodulf von Orleans, der Karl im Jahr 800 zur Krönung nach Rom begleitete. In seinen im Auftrag Karls um das Jahr 792 verfassten "Libri Carolini" (original: "Opus caroli regi contra synodum") wies Theodulf auf den baldigen Weltuntergang hin. Dass Karl, sofern er der Auffassung der 1000-jährigen Endzeit angehangen hat, aber schnell die Geduld verlor, zeigen seine Bemühungen um 809, eine neue Weltalter-Chronologie einzuführen (basierend auf der hebräischen Bibel, wie oben schon erwähnt).

Bekannte deutschsprachige Vertreter der Deutung, dass Karl seinen Krönungstermin apokalyptisch verstanden hat, sind die Historiker Johannes Fried und Wolfram Brandes. Frieds Karl-Biografie wird als die beste überhaupt angesehen. Scharfe Kritik an Frieds Methodik hat Gerd Althoff geübt, der damit in der Historikerzunft aber alleine steht.
 
Mir als Nicht-Katholiken erschließen sich diese Feinheiten nicht so leicht.
OT: Ich bin auch nicht katholisch, aber so wie ich es verstanden habe, beziehen sich beide Feste nicht auf die Geburt Jesu, sondern seiner Mutter Maria. Der 25. März feiert, dass der Heilige Geist die Geburt Marias verkündet habe. Der 8. Dezember ihre Geburt.
 
Nicht ganz richtig. Mariä Empfängnis ist der Feiertag in dem Mariä durch Gott Empfangen hat. Also durch Gott geschwängert worden ist. Dadurch begründet sich das Maria als Jungfrau schwanger geworden ist.

Und Mariä Verkündigung, das Maria gerade mit Jesus schwanger ist. Also die öffentliche Bekanntgabe das Maria schwanger ist.
 
Mariä Empfängnis ist der Feiertag in dem Mariä durch Gott Empfangen hat. Also durch Gott geschwängert worden ist. Dadurch begründet sich das Maria als Jungfrau schwanger geworden ist.

Genau das ist das Missverständnis, dem die meisten in Bezug auf die Wendung "Mariä Empfängnis" unterliegen. Ugh hat schon recht: Besagte Empfängnis bezieht sich auf die Zeugung der Maria im Leib ihrer Mutter, wobei nach katholischer Lehre Maria zwar fleischlich gezeugt, aber ohne Erbsünde empfangen wurde. Das "Unbefleckte" dieser Empfängnis meint also "frei von Erbsünde (des Kindes)", nicht frei von Sex (der Eltern). Die Dogmatiker waren zu dieser Festlegung gezwungen, um auszuschließen, dass Jesus von einer Erbsünde-behafteten Frau geboren wurde. Gefeiert wurde das Fest schon im 9. und vielleicht auch 8. Jahrhundert, doch noch ohne das Unbeflecktheitsdogma. Besagte Bedenken entstanden erst im Hochmittelalter. Die Dominikaner behaupteten, ´Gott´ habe Maria nachträglich von der Erbsünde gereinigt, bevor sie die Mutter des Jesus wurde, während die Franziskaner auf die elegantere Lösung kamen, dass sie vom Start weg erbsündenfrei war. Papst Sixtus IV. fixierte im 15. Jahrhundert schließlich die franziskanische Version.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mariä Empfängnis ist der Feiertag in dem Mariä durch Gott Empfangen hat. Also durch Gott geschwängert worden ist. Dadurch begründet sich das Maria als Jungfrau schwanger geworden ist.
Das ist diesem Zusammenhang zwar falsch, wie chan schon feststellte, aber dass Gott eine Jungfrau schwängerte, obwohl das unmöglich erschien, war schon bei den alten Griechen der Fall: Zeus schwängerte Danae, in dem er sich in Goldstaub verwandelte und auf sie niederrieselte.

Die Zeugung durch den heiligen Geist, also durch etwas Imaginäres, ist eine beachtliche Steigerung im Einfallsreichtum, etwas fast Unmögliches doch möglich zu machen. Was wieder beweist: Götter zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie etwas können, was Normalsterblichen nicht können. Sonst wäre sie ja auch keine Götter, nicht wahr? :D
 
Es wird gerne durcheinander gebracht, aber Mariä Empfängnis (heute auch Mariä Erwählung) ist am 8. Dezember und bezieht sich auf die (angeblich) unbefleckte Empfängnis Marias durch ihre Mutter Anna. Dazu durchaus stimmig, dass Mariä Geburt (also die Geburt Mariens) am 8. September gefeiert wird, somit 9 Monate später.

Mariä Verkündigung (= Verkündigung des Herrn) ist am 25. März, hier geht es um die Empfängnis von Jesu durch Maria und dazu passend wird Christi Geburt am 25. Dezember gefeiert, ebenfalls 9 Monate später.
 
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