Sudetendeutsche

Nene22

Mitglied
Das ist ein Forum/Thema das mir hier fehlt. Deshalb würde ich dieses Thema gerne anfangen.

Da ich selbst aus einer Sudetendeutschen Familie stamme, habe ich natürlich besonderes Interesse an diesem Thema. Meine Oma ist leider mit 92 schon zu alt um darüber zu reden (hatte 3 Schlaganfälle) und meine Tante, die mir etwas darüber erzählen "könnte" spricht auch nicht drüber. Was ich aber auch verstehen kann, wenn man bedenkt, was sie damals erlebt hat.
Da es aber auch ein Stück meiner Vergangenheit ist, geht es mich etwas an.
 
Da bist du nicht allein. Meine Grosseltern stammen aus dem Sudetisch-schlesichem Grenzgebiet, meine Familie hat damals beidseitig der Grenzen bewohnt. Was zu gewissen Zeiten zu verwirrenden Staatsangehörigkeitsproblemen gehört hat.
 
Hallo,

auch wenn Guido Knopp hier in diesem Forum nicht sehr hoch angesehen wird, möchte ich Dir aber trotzdem das Buch von ihm "Die große Flucht" empfehlen.
Es ist sehr erschütternt zu lesen was die Flüchtlinge erleben mußten. Vor allem die, die erst so spät aufgebrochen sind, oder aufbrechen durften. Von den 12 - 14 Mio. Flüchtlingen starben 2 Mio. und davon die Weningsten an Altersschwäche.
Nach dem Buch kannst Du bestimmt verstehen warum Deine Tante nicht mehr an diese Zeit erinnert werden möchte.

Hoffe, konnte Dir weiterhelfen.
 
Die Vertreibung der Sudetendeutschen und der Südmährer war eine unglaubliche Tragödie, die Einrichtung eines Forums dazu ist sicher eine gute Idee.
Ich möchte aber von Anfang an warnen dass gerade die Vertriebenenverbände vergiftet und infiziert von rechtem und revisionistischen Gedankengut sind.
Ich möchte auch warnen vor Schuldzuweisungen und Entschuldigungsforderungen. Verlangen unsere Politiker (Deutsche und auch Österreicher) eine offizielle Entschuldigung von den Tschechen für die Verteibung bzw. die Aufhebung der Benes-Dekrete so haben sie den Applaus des Stammtisches sicher.
Daraufhin kontern tschechische Politiker mit den Verbrechen der Deutschen in Tschechien - für ihre Stammtische. Und so geht es weiter, immer weiter......
Es waren nicht DIE Deutschen die für Lidice (als Beispiel für UNZÄHLIGE an Polen und Tschechen verübte Verbrechen - vom Holocaust will ich gar nicht reden) verantwortlich waren, sondern ein verabscheuungswürdiges Regime.
Aber genausowenig sind DIE Tschechen oder DIE Polen für die Vertreibung verantwortlich, sondern der Unstern dieser dunklen Epoche.
 
Rovere schrieb:
Die Vertreibung der Sudetendeutschen und der Südmährer war eine unglaubliche Tragödie, die Einrichtung eines Forums dazu ist sicher eine gute Idee.
Ich möchte aber von Anfang an warnen dass gerade die Vertriebenenverbände vergiftet und infiziert von rechtem und revisionistischen Gedankengut sind.
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Da hast Du Recht. Das ist auch mit ein grund, warum ich da nicht mit meiner Tante darüber reden will. Sie ist mitglied in so einem "Verein". Nicht, das ich das schlecht machen will, was dort so läuft. Es gibt mit Sicherheit auch gute Dinge in diesen Vereinen.
Mein Mann war einmal bei einer Weihnachtsfeier dabei. Er wird nie wieder mitgehen. Früher ist mir das nie aufgefallen, das das "rechts" ist. Vielleicht auch mit aus dem Grund, das ich mit einer gewissen Distanz zu TSchechen aufgewachsen bin.
Ich möchte mir aber eine eigene Meinung bilden. Es bringt nichts, mir einzutrichtern, das alle Tschechen schlecht sind. Meine Mutter ist Jahrgang 1950 und somit schon in Stuttgart geboren. Mein Vater ist Jahrgang 1949 und somit auch schon in Österreich geboren. Deshalb sehe ich mich auch nicht als Sudetendeutsche an, was mir seitens meienr Tante ab und zu vorgehalten wird. Ebenso wie die Tatsache einen halben Holländer geheiratet zu haben.

Deshalb auch dieses Forum. Ich will mir meine eigene Meinung bilden, über meine Familie, meine Vergangenheit und das was passiert ist.
 
Rancor schrieb:
Hallo,

auch wenn Guido Knopp hier in diesem Forum nicht sehr hoch angesehen wird, möchte ich Dir aber trotzdem das Buch von ihm "Die große Flucht" empfehlen.
Es ist sehr erschütternt zu lesen was die Flüchtlinge erleben mußten. Vor allem die, die erst so spät aufgebrochen sind, oder aufbrechen durften. Von den 12 - 14 Mio. Flüchtlingen starben 2 Mio. und davon die Weningsten an Altersschwäche.
Nach dem Buch kannst Du bestimmt verstehen warum Deine Tante nicht mehr an diese Zeit erinnert werden möchte.

Hoffe, konnte Dir weiterhelfen.

Ich habe in meinem ein einziges Buch gelesen über die Vertreibung, und ich habe mir geschworen, es nie wieder zu tun. Es wird das Weiß-Buch genannt, da es einen Weißen Einband hat. Den genauen Titel weiß ich leider nicht, ebensowenig den Autor.
Das einzigste, das ich von der "Flucht" meiner Familie weiß, ist:

Mein Opa war in der deutschen Armee und kämpfte in Polen und Frankreich. (Er kam nach dem Krieg übrigens in Kriegsgefangenschaft nach Frankreich und Finnland.) Meine Oma war somit allein, mit 2 kleinen Kindern und im 8. Monat schwanger. Durch Verandte meiner Oma war es der Familie gelungen, Wertgegenstände etc. zu verstecken. Mitten in der NAcht tauchten dann Tschechische Soldaten auf und forderten meine Oma auf zu gehen. Es war Dezember oder Januar glaube ich und dementsprechend kalt. Das einzigste was sie mitnehmen durfte waren Mäntel. So machte sie sich auf den Weg nach Wien, zu Verwandten. Den Kindern war zum Glück nichts passiert, doch die Schwangerschaft verlief nicht mehr normal und das Kind (Ingrid) war kränklich. Im Alter von 4 Jahren starb sie an einer harmlosen Grippe.
Mein Opa kehrte krank 1948 aus der Gefangenschaft zurück und wurde nie wieder gesund. Er starb Ende der 50er.

Das ist alles was ich weiß. Leider.
 
Nene22 schrieb:
Ich habe in meinem ein einziges Buch gelesen über die Vertreibung, und ich habe mir geschworen, es nie wieder zu tun. Es wird das Weiß-Buch genannt, da es einen Weißen Einband hat. Den genauen Titel weiß ich leider nicht, ebensowenig den Autor.
Vermutlich handelt es sich um die 1951 im Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung Sudetendeutscher Interessen erschienene "Dokumentation". Es sind subjektiv aufgezeichnete Erlebnisse, die wenige Jahre nach der erlittenen Vertreibung aufgezeichnet sind.
Auch die Vertriebenenverbände heute sehen die Vorgänge von damals distanzierter und objektiver. In den einzelnen Ortsgruppen allerdings herrscht mitunter noch "Nachkriegsstimmung" mit allen Ressentiments der unmittelbaren Nachkriegszeit.
 
Mercy schrieb:
Vermutlich handelt es sich um die 1951 im Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung Sudetendeutscher Interessen erschienene "Dokumentation". Es sind subjektiv aufgezeichnete Erlebnisse, die wenige Jahre nach der erlittenen Vertreibung aufgezeichnet sind.
Auch die Vertriebenenverbände heute sehen die Vorgänge von damals distanzierter und objektiver. In den einzelnen Ortsgruppen allerdings herrscht mitunter noch "Nachkriegsstimmung" mit allen Ressentiments der unmittelbaren Nachkriegszeit.

DA hast Du vollkommen Recht. Auch dieser Verein in Stuttgart ist nur eine Ortsgruppe. Dort herrscht allerdings noch ziemlich großer Nachkriegszustand. Warum muss ich mich heute, 50 Jahre später. dafür rechtfertigen, einen halben Holländer zu heiraten? Das nur so nebenbei.
Das ist genau das Buch, das ich meinte.
 
Ich habe gerade eine merkwürdige Entdeckung gemacht.

Meine Großeltern stammen aus Krummau an der Moldau, dem heutigen Tschechien. Dort sind sie vertrieben worden. Ich bin vor ein paar Wochen von Stuttgart nach Esslingen gezogen. Esslingen hat die Partnerschaft für die Vertriebenen aus Krummau übernommen und ist auch Partnerstadt von Krummau.

So schließt sich der Kreis des Lebens...
 
Gerade der Umgang der Tschechen mit dem Thema Verteibung ändert sich gerade fundamental. Ich hab viel im Bereich grenzüberschreitender Zusammenarbeit von Kultur-/Tourismusprojekten zu tun und habe dadurch die Möglichkeit viele spannende Menschen kennenzulernen. Ua eine hochrangige Volkskundlerin aus Mähren die im nationalen tschechischen Zentrum für Volkskultur in leitender Funktion tätig ist. Und gerade hier laufen Vorbereitungen für eine Aufarbeitung und Präsentation an der (Volks-)Kultur der Vertriebenen, das Interesse nicht nur der Wissenschaft (was bis vor wenigen Jahren verboten, bzw. nicht vorhanden war) als auch der tschechischen Öffentlichkeit an dieser untergegangen Kultur ist erwacht.
Dieses (noch) Pflänzlein an Verständigung und Versöhnung sollte man daher nicht durch revisionistisches Getöse gefährden.
Wobei ich ohenhin ein 100% Fan meines Nachbarlandes bin! Cechy do teho!
 
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