Suebische/Boische "Inder"

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Dass die Existenz Indiens bekannt war, ist doch überhaupt nicht das Streitthema (EQ, #2: "...und wie viel Lücken die Übersetzer bzw. Cornelius Nepos, der sich ja auch überlegen musste, woher die Germanen wohl an Inder kamen und der aus der griechischen Geographie gewusst haben wird, dass der Okeanos die bewohnte Welt umfasst, geschlossen werden mussten"). Aber a) nicht irgendwelchen Germanen und b) besagt die theoretische Bekanntschaft Indiens, die Quintus oder auch Cornelius sehr wahrscheinlich hatte(n), nichts darüber aus, dass er/sie eine konkrete Vorstellung von Indern hatte(n), also Inder auch als solche erkannten bzw. ausschließen konnten, dass es sich um Inder handelte. Man muss auch in Betracht ziehen, dass Quintus seine eigene Bedeutung hervorheben wollte, wenn er die Mitteilung verbreitete, dass er Sklaven aus so weit entfernten Gegenden geschenkt bekam.

Vielleicht musste Quintus aber auch in Betracht ziehen, sich mittels einer unbedachten Äußerung der Lächerlichkeit preiszugeben, weil Inder zwar nicht omnipräsent doch vielleicht auch nicht gänzlich unbekannt gewesen sind.
Cicero verliert zumindest recht positive Worte und nennt ihn einen „überaus angesehenen, mutigen und patriotischen Mann, der, sobald er nur den Fuß über die Schwelle seines Hauses setzte, beinahe alle seine Mitbürger an Tüchtigkeit, Ruhm und Ansehen übertraf“. (aus Wikipedia zu Quintus)

Ich gebe zu, das überlieferte Ereignis führt zuordentlichem Stirnrunzeln, der Umgang damit bleibt extrem spekulativ, doch mit Plinius, Mela sowie indirekt Nepos kommen antike Autoren zu Wort die meines Wissens alle drei mehrheitlich für leidlich seriös erachtet werden. Wenn ich einfach mal glaube, was da geschrieben wurde ist wahr, könnte Quintus Caecilius Metellus Celer durchaus...

a) selbst des Griechischen mächtig gewesen sein. Wie auch sein Bruder Quintus Caecilius Metellus Nepos, der sich von 67-63 in Kleinasien und Syrien aufgehalten hat, diente er als Legat des Pompeius im Krieg gegen Mithridates, womöglich für die selbe Zeitspanne. Er könnte sich also vielleicht selbst mit wie auch immer griechisch palavernden Indern unterhalten haben. Darüberhinaus halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass im Gefolge eines Provinzstatthalters sprachkundige Zungen zugegen waren.
b) während seines Aufenthalts in den östlichen Provinzen eine Vorstellung vom Aussehen leibhaftiger Inder i.w.S. gewonnen haben. Es würde mich massiv wundern, wenn entlang der Handelsrouten zu Wasser und zu Land nicht mal ein Inder in Handelszentren wie bspw. Palmyra, Damascus, Alexandria, etc. "angespült" worden wäre.

Gesandschaften des indischen Pandya-Reiches empfing Augustus mehrfach (25 u. 20 v. Chr./13 n. Chr.). In umgekehrter Richtung wird von einer römischen Leibwache in der frühen Pandya-Dynastie geschrieben.

Der in seiner Entstehung ins 1. Jh. n. Chr. einzuordnende Periplus maris erythraei öffnet zwar eine zeitliche Lücke von um die hundert Jahre, doch halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass die dargestellten intensiven und auch direkten Handelskontakte zum einen auf einer längeren Vorläufertradition beruhten, zum anderen nicht nur Römer nach Indien brachten, sondern umgekehrt Inder zumindest im Osten des römischen Reiches auftreten ließen.

In den Links finden sich Hinweise auf indische Präsenz im Osten des Römischen Reiches. Die (bessere) englisch-sprachige Wikipedia zum Periplus maris erythraei
https://en.m.wikipedia.org/wiki/Periplus_of_the_Erythraean_Sea
Übersichtlich zusammengefasst einige Aspekte aus dem Periplus maris erythraei
Griechen, Araber, Inder und der Welthandelsplatz Alexandria: Die ersten Global Players - NZZ

Was mir grad noch einfällt, wie sieht's eigentlich mit indischen Elefanten im Zuge von Circus-Spielen aus?
Pompeius soll Verurteilte durch Elefanten zu Tode getrampelt lassen haben. Könnte da nicht der eine oder andere Mahud auch Rom erreicht haben?
Weiß jemand mehr dazu, oder erinnert sich vielleicht? Hier im Forum gibt's zwei umfangreiche Threads zu Kriegselefanten, habe die aber noch nicht gelesen.

Was allerdings mächtig knifflig bleibt, ist die Frage, wie könnten gestrandete indische Kauffahrer in die Hände von Germanen geraten sein?
Piraterie im östlichen Mittelmeer - Versklavung - Verkauf - Geschenk - Verkauf - ... ???
 
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Was mir grad noch einfällt, wie sieht's eigentlich mit indischen Elefanten im Zuge von Circus-Spielen aus?
Pompeius soll Verurteilte durch Elefanten zu Tode getrampelt lassen haben. Könnte da nicht der eine oder andere Mahud auch Rom erreicht haben?
Elefanten gab es in der Antike nicht nur im subsaharischen Afrika und in Indien/Südostasien, sondern auch noch in Nordafrika. Aber auch indische Elefanten wurden wohl nicht direkt importiert, sondern die Diadochen (insbesondere die Seleukiden) hatten aus indischen Elefanten eigene Zuchtpopulationen in ihren Reichen aufgebaut. Die Elefantentreiber wurden zwar als "Inder" bezeichnet, allerdings war das eher ein Synonym für den Elefantentreiber (weil eben die ersten bekannten im Mittelmeerraum aufgetretenen Mahouts tatsächlich Inder gewesen waren) und sagte nicht unbedingt etwas über dessen tatsächliche Herkunft aus. Viele werden zwar tatsächlich indische Ahnen gehabt haben, aber seit ihrer Ankunft im Mittelmeerraum werden sich ihre Vorfahren eventuell mit anderen Völkern vermischt haben, und auch die Kenntnis einer indischen Sprache wird im Verlauf der außerhalb der ursprünglichen Heimat verbrachten Jahrhunderte eventuell verlorengegangen sein.
 
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Vielleicht musste Quintus aber auch in Betracht ziehen, sich mittels einer unbedachten Äußerung der Lächerlichkeit preiszugeben, weil Inder zwar nicht omnipräsent doch vielleicht auch nicht gänzlich unbekannt gewesen sind.
Cicero verliert zumindest recht positive Worte und nennt ihn einen „überaus angesehenen, mutigen und patriotischen Mann, der, sobald er nur den Fuß über die Schwelle seines Hauses setzte, beinahe alle seine Mitbürger an Tüchtigkeit, Ruhm und Ansehen übertraf“. (aus Wikipedia zu Quintus)

Ich will weder dem Quintus noch dem Cornelius was. Aber Mut, Patriotismus und Ansehen Quintus' sagen nun mal nichts darüber aus, ob Cornelius vielleicht einfach eine Geschichte falsch verstanden hat. Weil etwa die germanischen Schenkenden etwas von innē/innanē sagten und das im Laufe der Überlieferung - wir alle kennen Stille Post - zu Indos wurde. Cornelius Nepos musste, wenn er die Geschichte glaubte, die Lücke schließen, die sein geographisches Wissen :)confused: Germania in septentrione, India in oriente est :confused:) vor eine Probe stellte.

doch mit Plinius, Mela sowie indirekt Nepos kommen antike Autoren zu Wort die meines Wissens alle drei mehrheitlich für leidlich seriös erachtet werden.
Das zweifle ich gar nicht an. Aber auch seriöse Autoren bilden Alltagstheorien, wenn sie vor kognitiven Dissonanzen stehen.

könnte Quintus Caecilius Metellus Celer ...

a) durchaus selbst des Griechischen mächtig gewesen sein.
Das war er sogar ziemlich sicher.

Er könnte sich also durchaus selbst mit wie auch immer griechisch palavernden Indern unterhalten haben.
Da habe ich schon eher ein Problem: Woher konnten die Inder griechisch?

Darüberhinaus halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass im Gefolge eines Provinzstatthalters sprachkundige Zungen zugegen waren.
Bestimmt. Aber was soll ein Provinzstatthalter in Mutina mit Indisch-Dolmetschern?

Die grundsätzliche Kenntnis Indiens in Rom musst du wirklich nicht argumentativ untermauern, ich bezweifle sie gar nicht. Ich bezweifle nur, dass die Nachricht, die Cornelius Nepos überliefert hat korrekt ist.
 
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Cicero verliert zumindest recht positive Worte und nennt ihn einen „überaus angesehenen, mutigen und patriotischen Mann, der, sobald er nur den Fuß über die Schwelle seines Hauses setzte, beinahe alle seine Mitbürger an Tüchtigkeit, Ruhm und Ansehen übertraf“.
Bei Ciceros Beurteilungen von Menschen muss man berücksichtigen, dass er zu einem ausgeprägten Schwarz-Weiß-Denken neigte und zwischen den "boni" (oft als "Gutgesinnte" oder auch "Patrioten" übersetzt) und den Schlechtgesinnten unterschied. Die Gutgesinnten/Patrioten waren die Anhänger der Senatsherrschaft, die Schlechtgesinnten die Popularen, die das Volk (aus seiner Sicht) verführten/verdarben. Metellus hatte sich u. a. bei der Niederschlagung der Catilinarischen Verschwörung engagiert. Über seine tatsächliche Persönlichkeit sagt Ciceros Urteil nicht viel aus.

Da habe ich schon eher ein Problem: Woher konnten die Inder griechisch?
Da gäbe es schon mehrere Möglichkeiten: Sie könnten aus dem Nordwesten Indiens, nämlich aus dem Gebiet des Baktrischen bzw. sog. Indo-Griechischen Reiches, gewesen sein (wobei dessen Einheimische allerdings wohl nur allenfalls dann Griechisch lernten, wenn sie Kontakt zur vermutlich recht schmalen griechischstämmigen Schicht um den König und die griechischen und makedonischen Kolonisten hatten) oder schon länger im hellenistischen Raum geweilt haben oder mit diesem zumindest per Handel bereits in intensiverem Kontakt gestanden haben.
 
Keine Ahnung. Zumindest die Münzen sind aber überwiegend griechisch beschriftet.
Ich kann mir nicht so recht vorstellen, dass die griechischstämmige Elite eine der Sprachen der Einheimischen übernommen hat - wenngleich sie das allerdings bei der Religion teilweise sehr wohl tat.
 
@El Quichote
Jepp, da hab ich volle Lotte doch gleich zwei mal geschlampert!
Ciceros Wertung über Quintus einzubauen war ... nichtssagend dusselig.
Beim von mir vermuteten sprachkundigen Umfeld vergaß ich anzuführen, "sollte Quintus des Griechischen selbst nicht mächtig gewesen sein." An Indisch-Dolmetscher hatte ich gar nicht gedacht. Wann und wo wurde gleich noch mal das erste indische Restaurant in Europa eröffnet? ;)

Zu Möglichkeiten griechisch sprechender Inder hat Ravenik bereits gepostet.

Noch habe ich Energie wie Spaß bei der Suche nach exotischen Begegnungen in der Geschichte, so auch bei den sehr dubios in Germanien gestrandeten Indern - ich vermute allerdings massiv, dass ich kaum auf irgendeiner brauchbaren Seite werde anlanden können, sondern vielmehr kollossal Schiffbruch erleiden werde, bevor ich Inder, sagen wir mal von Alexandria aus, überhaupt in See stechen lassen kann damit die sich nach Germanien verirren können.
 
Hat man denn damals in Baktrien überhaupt noch Griechisch gesprochen?
Wohl noch. In der Rabatak inscription erklärt Kanischka I, er hätte Griechisch (als Amtssprache?) durch Aryanisch (Baktrische Sprache) ersetzt. Kanischka regierte wohl ab 100 AD. Peschawar war seine westliche Hauptstadt und Winterresidenz. Er gilt als bedeutendster Herrscher der https://de.wikipedia.org/wiki/Kuschana
Die Kuschana beherrschten ein Reich in Zentralasien und Nordindien, das bei seiner größten Ausdehnung – etwa zwischen 100 und 250 n. Chr. (genaue Datierung strittig) – vom Gebiet des heutigen Staates Tadschikistan zum Kaspischen Meer und vom Gebiet des heutigen Afghanistan bis hinunter ins Industal und das Ganges-Yamuna-Zweistromland reichte. Das Reich wurde von Abkömmlingen der Yuezhi aus der heutigen chinesischen Provinz Gansu gegründet. Es unterhielt diplomatische Kontakte mit dem Römischen Reich, dem sassanidischen Persien und dem Kaiserreich China. Unter Kanischka I. dürfte sich das Reich von Varanasi über Kaschmir und Baktrien bis an den Oxus und im Süden bis in den Sindh erstreckt haben
Mit den Parthern hatten die Römer auf jeden Fall Kontakt. Die Parther "eröffneten" ja die Seidenstraße mittels Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit China. Da könnte auch der eine oder andere durch Handel oder Diplomatie des "Indischen" (von welcher Sprache wir immer da genau reden, heute gibt es dort 23 offiziell anerkannte Amtssprachen) mächtig gewesen und seinen Weg in römische Dienste gefunden haben.
Man sollte auch nicht vergessen, daß die Aufspaltung der indo-germanischen Sprachen damals noch 2.000 Jahre weniger "auf dem Buckel" hatte, und zumindest die indo-iranische Unterfamilie vielleicht noch ein gewisses Sprachkontinuum bildete [hier können "Altsprachler" vielleicht Aufklärung beisteuern].
Ob es solche Übersetzer allerdings schon ins frisch eroberte Gallien verschlagen hatte? Vielleicht hat sich ja auch ein Legionär oder frisch aus Syrien versetzter Beanter mit ein paar Brocken Parthisch versucht, und ist dann irgendwann zu Zeichensprache übergegangen (ich vermute, entsprechende Kompetenz war im mehrsprachigen römischen Reich sowieso von Nöten).
 
Ob es solche Übersetzer allerdings schon ins frisch eroberte Gallien verschlagen hatte?
Ums frisch eroberte Gallien geht es hier überhaupt nicht, sondern wahrscheinlich um die Zeit von Metellus' Statthalterschaft in Gallia Cisalpina, also Norditalien, das großteils seit Ende des 3. Jhdts. v. Chr. unter römischer Herrschaft stand, allenfalls - wenn man dem von Riothamus zitierten Historiker folgt - um Gallia Narbonnensis (Südgallien), das im 2. Jhdt. v. Chr. erobert worden war.
Als Caesar das noch freie Gallien eroberte, war Metellus schon tot.
 
Als Caesar das noch freie Gallien eroberte, war Metellus schon tot.

Ach manno, der Quintus hat ja tatsächlich 59 v. Chr. das Zeitliche gesegnet! Grad hab ich mir nach erschöpfend frustrierender Suche auf englischsprachigen Seiten ein schönes "Büchlein" von Uderzo/Goscinny (1987) zur Hand genommen und nen Lichtschimmer am Horizont gewähnt...
...ein fliegender Teppich schien des Rätsels Lösung: der Navigationskünstler Erindyah hatte auf dem Hinflug ein paar Kumpel verloren - jetzt scheitert das aber an der vermaledeiten Chronologie!
:motz:
 
Wir sollten auch die Sprachenvielfalt Indiens berücksichtigen. Selbst wenn in Rom die ein oder andere Sprache bekannt war, waren es sicher nicht alle Sprachen des Subkontinents. Wer hätte schon sagen können, dass diese oder jene Sprache nicht indisch ist.
Damit bleibt auch die von Schmidt erwähnte Gleichung Inder=Exoten im Spiel.

Und denken wir an die häufige Klarstellung Hercule Poirots: "Ich bin kein Franzose!". Darin, dass solche Verwechslungen bis heute vorkommen sind diese Krimis durchaus korrekt. Und das gilt auch für Leute, die Französisch sprechen. Oder denken wir an Clint Eastwood und die Mon in "Gran Torino". Auch dies Beispiel ist nicht unrealistisch.

In Kenntnis solcher menschlicher Verhaltensweise dürfte es einfacher sein anzunehmen, dass diese 'Inder' Nord-, Osteuropäer oder Amerikaner waren als Inder. Und natürlich ist es wesentlich wahrscheinlicher, dass sie Nord- oder Osteuropäer waren als Amerikaner. Denn die von Humboldt erwähnten Grönländer, so wir den unsicheren Quellen glauben wollen, kamen eben nicht bis nach Europa, sondern nur in die Nähe, wo sie von Schiffen aufgenommen wurden.

Und das von El Quijote ins Spiel gebrachte sprachliche Missverständnis ist zwar reizvoll, doch was die Leute aus dem Inneren betrifft, so ist das die Antwort nach dem Woher. Die Frage nach dem Wer wäre germanisch wohl eher mit Finnen oder Wenden beantwortet worden, was beides mindestens bei Tacitus belegt ist:

Zum Einen ist es fraglich, ob die Schenkenden wussten, dass es in dieser oder jener Richtung weiter in den Kontinent hineingeht. Wussten sie überhaupt von Kontinenten?

Zum Anderen gibt es ja eindeutige Hinweise darauf, dass 'die Germanen' ihr Gebiet als die wahre Welt betrachteten und das Gebiet darum als Außenwelt. (Niflungen, Myrkwald, die Götterwohnungen auf dem Kamm des Osning, u.a.m.) Das ist ein in der Ethnologie immer wieder zu beobachtendes Phänomen. Die 'Inder' wären also von 'Außen' gekommen, nicht von 'Innen', was ein Anachronismus aus unserer eigenen Vorstellungswelt ist. Damit korrespondiert übrigens, dass es zwischen den einzelnen Stämmen unbesiedeltes Gebiet gab.
 
Sicher ist nur, dass es fremdartig ausschauende Menschen waren; Indien war im Altertum Sammelname für alles, was man sich nicht deuten konnte.
Damit bleibt auch die von Schmidt erwähnte Gleichung Inder=Exoten im Spiel.
Mit dieser Aussage habe ich Probleme; mir ist das noch nicht aufgefallen. Wenn schon, dann wurde eher alles Fremde nördlich und nordöstlich des Mittelmeerraums und in Asien als "Skythen" eingestuft.
Nennt er irgendwelche Belege?
 
Mit dieser Aussage habe ich Probleme; mir ist das noch nicht aufgefallen. Wenn schon, dann wurde eher alles Fremde nördlich und nordöstlich des Mittelmeerraums und in Asien als "Skythen" eingestuft.
Nennt er irgendwelche Belege?

Hmm, das mit Kelten im Westen, Skythen im Osten und evt. Germanen dazwischen stimmt natürlich. Aber die Fremden sollen ja von woanders gekommen sein. Und ob es Kelten/Germanen/Skythen waren lies sich doch sicher leicht feststellen.

Belege für solchen Gebrauch der Bezeichnung 'Inder' gibt es bei Schmidt nicht, er verkündet es einfach. Dennoch klingen reale Inder etwas unwahrscheinlich.

Da ich das 'Innere' aus genannten Gründen nicht überzeugend finde, muss es andere Möglichkeiten geben.

Papyrus ist nicht sehr haltbar. Vielleicht war die Stelle schlecht zu lesen, so dass vielleicht aus scandia india wurde. Allerdings hätte das die Cornelius-Nepos-Exemplare von Mela und Plinius treffen müssen, was wieder unwahrscheinlich ist. Und wegen der Differenz Boier-Sueben ist es auch nicht wahrscheinlich, dass Plinius bei Mela abgeschrieben hat. Das gilt auch für das Fehlen von 'sula sca' in 'insula scandia'.

Bei Rendsburg gibt es einen Ort Innien. Leider kenne ich keine älteren Versionen des Namens und kann nicht beurteilen, ob es ein alter Ortsname ist. Aber 'n' und langes 'i' haben sich seit germanischer Zeit nicht geändert und kurzes 'i' ist entweder geblieben oder hat sich zu 'e' verändert. Vielleicht wäre solch ein missverständlicher Name die einfachste Erklärung.
 
Ob es den Begriff "Scandia" zu den Zeiten von Metellus und Cornelius Nepos überhaupt schon gab, wäre aber auch zu hinterfragen. Belegt ist er erst für die frühe Kaiserzeit - nach der Zeit, als sich die Römer unter Augustus intensiv Germanien gewidmet und auch die Nordsee befahren hatten. Zu Cornelius Nepos' Zeiten hingegen beschränkte sich das Wissen über den hohen Norden wohl noch eher auf das, was man dank Pytheas wusste.
 
Germanen sind spätestens mit Cäsar nach Rom gekommen. Ihre Anführer wird man höflich behandelt haben. Da es noch keine Fernseher gab, haben ihre Gastfreunde sicher ihren Berichten über ihre dunkle, kalte Heimat gelauscht. Es wird nicht alles Wissen aus Expeditionen und Expansionen stammen. Was aber nicht relevant für das Thema ist.

Schließlich hätten ja die schenkenden Germanen von Scandia gesprochen. Ein vorheriges Wissen um diesen Namen auf Seiten der Römer ist dazu nicht notwendig. Schon der Bericht, woher die Exoten stammten, mag verstümmelt gewesen sein, woran ich eben nicht dachte. So wäre der Name Scandia in Rom weiter unbekannt geblieben und erklärt, warum er sich sowohl bei Mela, als auch bei Plinius findet.

EDIT: Da hab' ich doch glatt die Gesandten des Ariovist vergessen, die vor der Eroberung Galliens nach Rom kamen.
 
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Dass den Sueben/Boiern (oder anderen Germanen aus dem südlichen und südwestlichen Bereich Kontinentalgermaniens, die mit den Römern Kontakt hatten) Scandia (also Südnorwegen und Südschweden) ein Begriff war, würde ich nicht unbedingt als gegeben voraussetzen. Eher vorstellen könnte ich mir, dass die "Inder" selbst (auf Germanisch oder Keltisch) angaben, sie seien aus Scandia, was die Römer als India missverstanden. Das würde natürlich voraussetzen, dass Scandia eine Eigenbezeichnung seiner Bewohner war.
 
Ums frisch eroberte Gallien geht es hier überhaupt nicht, sondern wahrscheinlich um die Zeit von Metellus' Statthalterschaft in Gallia Cisalpina, also Norditalien, das großteils seit Ende des 3. Jhdts. v. Chr. unter römischer Herrschaft stand, allenfalls - wenn man dem von Riothamus zitierten Historiker folgt - um Gallia Narbonnensis (Südgallien), das im 2. Jhdt. v. Chr. erobert worden war.
Peinlich! Da gebe ich mir Mühe, die Chronologie der Griechischsprachigkeit Baktriens zu beleuchten, und verheddere mich dann in der eigentlich wohlbekannten gallisch-römischen Chronologie. Als Entschuldigung mag gelten, daß das Supercup-Finale schon lief, und ich den Post schnell abschließen wollte...

Wo nun aber zur fraglichen Zeit mehr als nur ein kleines Dorf in der Bretagne römischer Kontrolle widerstand, kommt bei Boiern und Germanen noch eine weitere Möglichkeit in den Sinn: Bekanntlich handelten die Boier ja nach dem Motto "if you can't beat them, join them", und ein unschwer als Boier-König erkennbarer Boiorix übernahm die Führung der Kimbern und Teutonen. Er lenkte diese (erstmal) weg von den norditalienischen "Volksgenossen" in Richtung französische Atlantikküste, wo alsbald rund um die Garonne-Mündung (Pays de Buch) die Boiaten auftauchen.[Ich hatte mir im Kontext des Veneter-Threads auch ein paar archäologische Analysen der keltischen Migration angesehen. In einer dieser wurden, neben der archäologisch deutlich fassbaren Schneise, die Kimbern und Teutonen durchs zentrale Schlesien und südliche Böhmen schlugen, auch Belege für Migration der betroffenen La-Tene-Population an die Atlantikküste dargestellt. Bei Interesse könnte ich die Studie noch mal raussuchen.]
Möglicherweise fanden nicht nur Boier, sondern auch ein paar der mit ihnen wandernden Germanen, die Atlantikküste sei ein guter Platz, um sich niederzulassen. Vielleicht ist die Namensähnlichkeit der Nemeter (Speyer) und der Namnètes (Nantes) rein zufällig, und der Einsatz namnetischer Rekruten in Worms Mitte des 1. Jhd. AD folgte keiner spezielen Logik. Vielleicht sind auch die sich an der Atlantikküste häufenden Regionalbezeichnungen wie Landes, Landes de Gascogne, Landes de Bordeaux, forêt des Landes etc. tatsächlich, wie im französischen Wikipedia angegeben, auf eine gallische Wurzel zurüclzuführen, die nur weitläufig mit dem germanischen "Land" verwandt ist [frz. lande = Heide - "Du gaulois *landâ : "voir l’ancien irlandais landenclos »), le gallois llanvillage, cour »)"].
Oder eben es siedelte um die untere Garonne herum eine boiisch-germanische Mischbevölkerung, die natürlich Anlaß hatte, sich mit dem Nachbarn Rom (Gallia Narbonnensis) gut zu stellen [Möglicherweise stand es mit dem Verhältnis zu den aquitanisch-baskischen Nachbarn, die offenbar erst vor gut einer Generation von den Boiiern verdrängt worden waren, nicht zum Besten]. Unter solchem Szenario könnten die "Inder" auch in der Biscaya aufgesammelt worden sein.

Als Nachtrag zum Lübecker Inuit-Kajak folgender Artikel. Offenbar besteht zwischen diesem und den rätselhaften mittelalterlichen Berichten keine Beziehung.
Rätsel um Lübecks Eskimokajak / Lübeck / Lokales - LN - Lübecker Nachrichten
Auf einer dänischen Grönlandexpedition 1605 seien einem zeitgenössischen Bericht zufolge sechs Eskimos entführt worden. Einer wehrte sich offenbar und wurde noch an Bord erschlagen. In Dänemark angekommen, erfreuten die Eskimos mit ihren Kajakvorführungen den dänischen König und das Publikum. Im Frühjahr 1606 versuchten einige in ihren Kajaks zu fliehen, doch ein Sturm trieb sie an die Küste zurück. (..)
Zwei der Grönländer, die 1606 fliehen wollten, versuchten es 1607 erneut. Von den Dänen verfolgt wurde einer aufgegriffen, der andere entkam. Wahrscheinlich, so die Ethnologin, bargen ihn dann Lübecker Bergenfahrer.
@Riothamus: In Holstein gibt es so einige Ortsnamen, darunter auch Brasilien, Kalifornien, und "Alt-"Berlin (so genannt zur Unterscheidung vom unbedeutend größeren gleichnamigen Ort in der Mitte Brandenburgs).
Provinznest: Berlin ist ein Dorf, in das sich Bayern verirren - DIE WELT
https://de.wikipedia.org/wiki/Schönberg_(Holstein)
Die Namen „Brasilien“ und „Kalifornien“ gehen dabei auf traditionelle Strandbezeichnungen zurück, der Name „Kalifornien“ entstand aufgrund der an den Strand gespülten Teile eines Schiffes mit dem Namen „California“.
https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_von_Aukrug
Innien bedeutet Siedlung des Ano
Siedlungskontinuität über die Völkerwanderungszeit ist zwar indirekt belegt, aber da müssten die nuschelnden Holsteiner schon einen Andreas erst zu Andi und dann zu Ano verschliffen haben, was, da Andreas ein hellenistisch-christlicher Name ist, für die Zeitstellung eher unwahrscheinlich erscheint. Ab davon war Aukrug-Innien nie wirklich der Nabel der Welt...
 

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Dass den Sueben/Boiern (oder anderen Germanen aus dem südlichen und südwestlichen Bereich Kontinentalgermaniens, die mit den Römern Kontakt hatten) Scandia (also Südnorwegen und Südschweden) ein Begriff war, würde ich nicht unbedingt als gegeben voraussetzen. Eher vorstellen könnte ich mir, dass die "Inder" selbst (auf Germanisch oder Keltisch) angaben, sie seien aus Scandia, was die Römer als India missverstanden. Das würde natürlich voraussetzen, dass Scandia eine Eigenbezeichnung seiner Bewohner war.

Die Fürsten hatten gewiss einen genügenden Überblick. Ebenso Händler (Bernstein) und viele Krieger. So schlossen sich Haruden aus Jütland dem Ariovist an, bei dem sie Kontakt zu Markomannen hatten, die ebenfalls mit von der Partie waren. Die Sueben hatten sich zudem während des 1.Jh. von der Elbe her ausgebreitet. Fazit: Es ist unwahrscheinlich, dass die 'südlichen' Germanen nicht zumindest eine grobe Vorstellung von Jütland und Inseln im Norden, sowie einigen Namen hatten.
 
@Riothamus: In Holstein gibt es so einige Ortsnamen, darunter auch Brasilien, Kalifornien, und "Alt-"Berlin (so genannt zur Unterscheidung vom unbedeutend größeren gleichnamigen Ort in der Mitte Brandenburgs). [...]

Ich habe nicht behauptet, dass Innien Indien bedeutet, sondern nur, dass es ähnlich klingt...

Siedlungskontinuität über die Völkerwanderungszeit ist zwar indirekt belegt, aber da müssten die nuschelnden Holsteiner schon einen Andreas erst zu Andi und dann zu Ano verschliffen haben, was, da Andreas ein hellenistisch-christlicher Name ist, für die Zeitstellung eher unwahrscheinlich erscheint. Ab davon war Aukrug-Innien nie wirklich der Nabel der Welt...

Wandel von A zu E nach der Christianisierung? Jedenfalls danke für den Hinweis auf die älteste belegte Form Ennige. Das hatte für meine Ohren um die Zeitenwende wahrscheinlich keine Ähnlichkeit mit India. Selbst wenn das E von einem I stammen sollte.
 
Eine evtl. weitere denkbare Spur in dem Rätsel um die Inder, habe da bislang nur erste Schrittchen gemacht, was denkt/wisst ihr darüber?

Appian zufolge, lässt sich Mithridates VI. 63 v.u.Z., nach missglücktem Selbstmordversuch mittels Gift, von Bituitus, dem Anführer seiner gallischen Leibwache, töten um nicht als Prunkstück im Rahmen eines Triumphzuges durch Rom geführt zu werden.
https://en.m.wikipedia.org/wiki/Mithridates_VI_of_Pontus#Death
Im folgend verlinkten Buch von Murat Aslan "Galater: die vergessenen Kelten" bin ich auf die Aussage gestoßen, dass die Leibwache des Mithridates aus Donau-Galliern bestanden habe (S. 121f).
https://books.google.de/books?id=BN...onepage&q=kelten lucullus mithridates&f=false

Sollten tatsächlich Donau-Gallier (evtl. ja sogar Boier) im nächsten Umfeld des Mithridates gedient haben und nach dessen Tod in Pantikapaion auf der Krim 63 zeitnah in ihre Heimat zurück gekehrt sein, wäre, neben der zeitlichen Nähe zur Schenkung von "Indern" an Metellus Celer, dem man evtl. in Kleinasien sogar kämpfend direkt gegenüber gestanden haben könnte, vielleicht so was wie eine "Wir-machen-wieder-gut-Wetter"-Aktion mittels beeindruckender Geschenke an die im 3. Mithridatischen Krieg siegreichen Römer denkbar.
Die "Inder" selbst wären damit zwar immer noch nicht greifbar, exotische Personen am Hofe des Mithridates aber nicht unwahrscheinlich.
Gleichfalls könnten Schiffe und Strandung im Zuge dieser Überlegung eine Rolle gespielt haben, nicht zuletzt da Mithridates im Schwarzen Meer eine Flotte zusammengezogen hatte.
Immerhin wäre somit ein ca. halber Weg nach Indien zurück gelegt - mehr aber auch nicht.
 
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