Tirpitzhafen

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Gossip

Gast
Hey Leute :)

Ich hab da mal eine Frage. Und zwar heißt ein Marinestützpunkt in Kiel Tirpitzhafen, also nach dem Admiral von Tirpitz. Und ich frage mich jetzt, wieso der heute noch so heißt. Ich weiß zwar, dass Tirpitz ein bedeutender Mann bezüglich der Hochseeflotte war, aber inzwischen ist das schon 100 Jahre her und da gibt es doch bestimmt auch andere Namensmöglichkeiten für diesen Hafen oder?

Ich würde mich sehr über Antworten freuen :)
 
Hey Leute :)

Ich hab da mal eine Frage. Und zwar heißt ein Marinestützpunkt in Kiel Tirpitzhafen, also nach dem Admiral von Tirpitz. Und ich frage mich jetzt, wieso der heute noch so heißt. Ich weiß zwar, dass Tirpitz ein bedeutender Mann bezüglich der Hochseeflotte war, aber inzwischen ist das schon 100 Jahre her und da gibt es doch bestimmt auch andere Namensmöglichkeiten für diesen Hafen oder?

Ich würde mich sehr über Antworten freuen :)

Über die Menschen, die aus der Geschichte für Unvergesslichkeit sorgen, kann vortrefflich gestritten werden, denn die Menschen, die hier als Namensgeber genutzt werden sind genauso individuell, wie die, die sie bewerten oder die Namen vergaben oder vergeben haben.

Tirpitz war ohne jeden Zweifel der wichtigste Mann in der Entwicklung der deutschen Marinegeschichte und das spiegelt sich wohl auch in der Namensgebung wieder. Sicherlich gab es Zeiten, die in Tirpitz nicht wirklich einen Menschen sahen, der als Namensgeber aus gesellschaftlicher und sozialpolitischer Sicht, nennenswert galt, doch auch diese waren nicht von Objektivität geprägt.

Ich finde, Tirpitz als Namensgeber für alles Maritime im deutschen Bereich zu nutzen, ist legitim, denn wie schon gesagt, er war der Mann, der die deutsche Marinegeschichte am stärksten beeinflußte.

Er hat es verdient, auch weit nach seiner Zeit, mit maritimen Themen oder Orten heutiger Zeit in Verbindung gebracht zu werden.
 
Man ehrt damit allerdings auch den Vorsitzenden einer Vaterländischen Partei, nicht wahr? D.h. man stellt sich für wichtige Aspekte der Persönlichkeit Tirpitz blind, wenn man den Namen unkommentiert beibehält.
 
Wird die Namensgebung denn kommentiert? Könnte ich mir in Dtl. kaum anders vorstellen ehrlich gesagt.
 
Wird die Namensgebung denn kommentiert? Könnte ich mir in Dtl. kaum anders vorstellen ehrlich gesagt.

Wie meinst du das?
Wie bei Straßenschildern, wo zur Erklärung des Straßennamens noch "Bürgermeister, Widerstandskämpfer, Unternehmer" etc. plus Lebensdaten mit aufgeführt wird?
 
Naja bei historischen Plätzen kennt man ja oftmals diverse Erklärungen und Tafeln etc. bei diesem Hafen könnte ich mir (auch wenn ich ihn nicht selbst kenne), eine Erklärung der Person des Namensgebers vorstellen. In Bonn findet man ja auch an jeder Ecke irgendwas zum Leben von Beethoven (wenn auch nicht unbedingt direkt vergleichbar von der Bedeutung für die Marine).
 
Ach, du meinst so Tafeln wie: "In diesem Haus speiste XY am drölften des Monats Z des Jahres 1794 auf Einladung ABs zu Mittag."? ;)
In den Städten in denen ich bisher gelebt habe, gibt es etliche Ortsnamen, die von Berühmtheiten des Kaiserreiches und des Ersten Weltkrieges abgeleitet wurden, die unkommentiert sind - und natürlich gibt es an diesen Orten auch immer die entsprechende Polemik. Letztendlich ist das Argument für die Beibehaltung der Namen recht schwach: Man habe sich daran gewöhnt und man könne es den Bewohnern dieser Straßen und Plätze nicht zumuten, dass sie sich an einen neuen Straßennamen gewöhnen müssten. Und das in einem Land, in dem seit gut 20 Jahre Flexibilität das ist, was von Arbeitnehmern als allererstes gefordert wird. Und was heißt Flexibilität im Arbeitgeberjargon u.a.? Bereitschaft umzuziehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vllt etwas differenzierter, besonders aufgrund der von dir angesprochenen Zwiespältigkeit der Person aus heutiger Sicht, Beethoven ist da vllt. etwas unproblematischer, aber ja, sowas in der Richtung meinte ich.
 
Man ehrt damit allerdings auch den Vorsitzenden einer Vaterländischen Partei, nicht wahr? D.h. man stellt sich für wichtige Aspekte der Persönlichkeit Tirpitz blind, wenn man den Namen unkommentiert beibehält.

Was ist gewichtiger oder anders gefragt, hebt sich der Anspruch Tirpitz´s, als wichtigste Person zur deutschen Marineentwicklung damit auf?

Man bedenke, es wird ein Hafen nach ihm benannt, aber wie ich schon beschrieb, es ist Ansichtsache und eine vorzügliches Streittehma ohne auf ein Fazit zu kommen. Ich erinnere nur an die Diskussion um den Hindenburgdamm ....:winke:
 
Vllt etwas differenzierter, besonders aufgrund der von dir angesprochenen Zwiespältigkeit der Person aus heutiger Sicht, Beethoven ist da vllt. etwas unproblematischer, aber ja, sowas in der Richtung meinte ich.
Würde eine differenziertere Darstellung nicht genau das offenlegen, dass der Ortsname dringend geändert werden müsste?
 
Was ist gewichtiger oder anders gefragt, hebt sich der Anspruch Tirpitz´s, als wichtigste Person zur deutschen Marineentwicklung damit auf?

Man bedenke, es wird ein Hafen nach ihm benannt, aber wie ich schon beschrieb, es ist Ansichtsache und eine vorzügliches Streittehma ohne auf ein Fazit zu kommen. Ich erinnere nur an die Diskussion um den Hindenburgdamm ....:winke:

Man muss sich halt fragen, was man mit solchen Ortsnamen ausdrücken möchte. Als Reichspräsident ist Hindenburg ja nun alles andere als eine positive Figur. Seinen Nimbus hatte er sich als erfolgreicher Feldherr erworben. Was aber strahlt man damit aus, wenn man Straßen und Orte nach Militärs benennt?
Nun gut, militärische Einrichtungen nach Militärs zu benennen - hier exemplarisch der Tirpitzhafen - ist natürlich gewissermaßen folgerichtig. Aber nach was für Militärs? Passt zu einer Bundeswehr in einer demokratischen Bundesrepublik, die in ein atlantisches Bündnis mit anderen Demokratien eingebunden ist, noch der Name eines Offiziers, der für ein ganz anderes militärisches Denken stand? Dessen Haltung zu unseren heute engsten Verbündeten im besten Falle noch als ambivalent zu bezeichnen wäre?
 
Nicht wenn man hervorhebt, dass man ihn eben aufgrund seiner Verdienste um die Marine ehrt, und nicht aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Vaterländischen Partei, natürlich ist sowas zurecht strittig, aber wäre dann ne andere Diskussion. Und wie sollte man den Hafen dann nennen? Wenn man daran denkt wie "unproblematisch" und "billig" die Namensänderung der heutigen Arbeitsagentur von statten ging.
 
Nicht wenn man hervorhebt, dass man ihn eben aufgrund seiner Verdienste um die Marine ehrt, und nicht aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Vaterländischen Partei, natürlich ist sowas zurecht strittig, aber wäre dann ne andere Diskussion. Und wie sollte man den Hafen dann nennen? Wenn man daran denkt wie "unproblematisch" und "billig" die Namensänderung der heutigen Arbeitsagentur von statten ging.

Ich erlaube mir mal, dir nur mit zwei Zitaten zu antworten:

D.h. man stellt sich für wichtige Aspekte der Persönlichkeit Tirpitz blind, wenn man den Namen unkommentiert beibehält.
Was aber strahlt man damit aus, wenn man Straßen und Orte nach Militärs benennt?
Nun gut, militärische Einrichtungen nach Militärs zu benennen - hier exemplarisch der Tirpitzhafen - ist natürlich gewissermaßen folgerichtig. Aber nach was für Militärs? Passt zu einer Bundeswehr in einer demokratischen Bundesrepublik, die in ein atlantisches Bündnis mit anderen Demokratien eingebunden ist, noch der Name eines Offiziers, der für ein ganz anderes militärisches Denken stand? Dessen Haltung zu unseren heute engsten Verbündeten im besten Falle noch als ambivalent zu bezeichnen wäre?
 
Nun gut, militärische Einrichtungen nach Militärs zu benennen - hier exemplarisch der Tirpitzhafen - ist natürlich gewissermaßen folgerichtig. Aber nach was für Militärs? Passt zu einer Bundeswehr in einer demokratischen Bundesrepublik, die in ein atlantisches Bündnis mit anderen Demokratien eingebunden ist, noch der Name eines Offiziers, der für ein ganz anderes militärisches Denken stand? Dessen Haltung zu unseren heute engsten Verbündeten im besten Falle noch als ambivalent zu bezeichnen wäre?

Du möchtet also, die deutsche Geschichte Schönreden? Es sollen als Vorbildfiguren immer nur Personen in das jeweilige gesellschafts-politische Bild passen? Das hatten wir aber schon einmal, gell.

Ein Vergleich wäre hier mit den moderen Medien möglich, denn solange keine negativen Eigenschaften einer Person aufgedeckt wird, ist alles okay, aber wehe dem, der schmutzige Seiten hatte ...

Ich finde, wir sollten darauf achten, wenn wir in der Namensgebung als Vorbild und Erinnerung an die deutsche Geschichte aufnehmen, das bedarf keiner Frage aber dabei sollte keine jagt, nach dem negativen Seiten der Person machen und alles im Bezug auf die Namensgebung diffenziert betrachten.

Tirpitz steht zu 200% mit seinem Namen zur deutschen Marineentwicklung, den Rest kennen nur Menschen, die sich tiefer mit dieser Person beschäftigen. Ihn deshalb aus der Thematik der maritimen Entwicklung Deutschlans zu verbannen halte ich für absolut falsch.

Aber ich denke, wir haben hier auch andere Sichtweisen, was zu einer Entlosdiskussion führt, oder?
 
Zuletzt bearbeitet:
Verstehen andere Militärs dies denn falsch? Ich meine Englische Plätze / Kasernen und teilweise Kriegesschiffe sind/waren ja nicht unbedingt immer nach dem Geist des momentanen Bündnissystems oder geopolitischen Verhältnisses benannt. Ich möchte dir hiermit aber nicht widersprechen, nur stellt die Benennung wirklich ein Problem dar oder nur im Rahmen eines eigentlich zZt. unnötigen Gedankenspiels?
 
Du möchtet also, die deutsche Geschichte Schönreden? Es sollen als Vorbildfiguren immer nur Personen in das jeweilige gesellschafts-politische Bild passen? Das hatten wir aber schon einmal, gell.

Bitte? Ganz im Gegenteil. Es ist doch Schönrednerei, wenn man Namen von Militaristen unkommentiert beibehält. Es geht hier doch letztendlich um Geschichtsbewusstsein. Und es zeigt ein unterentwickeltes Geschichtsbewusstsein, sozusagen eine Geschichtsvergessenheit wenn man entsprechende Namen beibehält. Mit dem Straßen oder Ortsnamen wird jemand geehrt. Wie kann ich aber jemanden ehren, dessen Verhalten alles andere als ehrenwert war?

Ich finde, wir sollten darauf achten, wenn wir in der Namensgebung als Vorbild und Erinnerung an die deutsche Geschichte aufnehmen, das bedarf keiner Frage aber dabei sollte eine Jagd, nach dem negativen Seiten der Person diffenziert betrachtet werden.

Also hin zur unkritischen Geschichtsvergessenheit? Zur Heldengläubigkeit?


Ihn deshalb aus der Thematik der maritimen Entwicklung Deutschlans zu verbannen halte ich für absolut falsch.

Hier geht es nicht darum jemanden aus der Thematik zu verbannen. In Bezug auf die kaiserzeitliche Flottenpolitik wird Tirpitz immer seine zentrale Rolle bleiben. Aber hier geht es eben um Geschichtsbewusstsein und darum, warum man Orte nach bestimmten Persönlichkeiten benennt.
 
Wie konnte Tirpitz denn diese Namensgebung überhaupt durchsetzen? Waren nicht viele Menschen dagegen, die ihm die Schuld am Krieg gaben? Kann man das noch als legitim betrachten?
 
Würde eine differenziertere Darstellung nicht genau das offenlegen, dass der Ortsname dringend geändert werden müsste?
Änderungen von Ortsnamen können gelegentlich problematisch bis lächerlich sein, ich erinnere da an die Querelen der Namensgebung der Düsseldorfer Universität (Heinrich Heine Universität)

Mir selber kommt es gar zu blauäugig vor, wenn man Namen, die an histor. Persönlichkeiten geknüpft sind, einer Art Gutmenschentest unterwirft - also im vorliegenden Fall fände ich folgende fiktive Tafeln peinlich:
"Seepferdchenhafen (ursprünglich Tirpitzhafen, aber General Tirpitz böseböse)"
"Seeblickufer (vormals Hindenburgufer, aber böse-böse)"

Kiel war ja Kriegshafen und Festung schon im 19. Jh., die Stadt selber scheint keine Probleme mit verschiedenen seit langem gebräuchlichen Namen zu haben: Der blaue Weg: Marinestützpunkt Tirpitzhafen

In einem Neubaugebiet habe ich mal folgende ulkige Namensgebung gefunden: Gotenstraße, Alemannen-, Wandalen-, Burgunder- usw., allerlei germanische Gentes - die Wandalen aber erinnern doch an Vandalismus und so: hätte man da nicht sensibler?...
 
Verstehen andere Militärs dies denn falsch? Ich meine Englische Plätze / Kasernen und teilweise Kriegesschiffe sind/waren ja nicht unbedingt immer nach dem Geist des momentanen Bündnissystems oder geopolitischen Verhältnisses benannt. Ich möchte dir hiermit aber nicht widersprechen, nur stellt die Benennung wirklich ein Problem dar oder nur im Rahmen eines eigentlich zZt. unnötigen Gedankenspiels?

Gegenfrage: Ist das besser? Wie stehst du zur Statue von Bomber-Harris in London?
 
Mir selber kommt es gar zu blauäugig vor, wenn man Namen, die an histor. Persönlichkeiten geknüpft sind, einer Art Gutmenschentest unterwirft


Was ist an Ethik bzw. Moral so falsch? Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass der Begriff des Gutmenschen ein Begriff ist, der von rechtskonsverativen Amerikanern zur Diskreditierung anderer politischer Überzeugungen entworfen wurde und der im deutschsprachigen Raum, vorwiegend in Deutschland und Österreich, insbesondere von Rechtsradikalen verwendet wird, um Demokraten lächerlich zu machen. Ich will dich hier nicht in die entsprechende Ecke stellen, nicht dass du mich da missverstehst, aber ich verstehe da gar keinen Spaß!
Und das kindersprachliche böseböse zeigt doch auch hier wieder, dass der Begriff Gutmensch genau in derselben Funktion verwendet wird, um ethische Bedenkenträger zu ridikulisieren.
 
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