Touareg

Viele Tuareg empfinden (empfanden) sich als "Herren" und lassen Sklaven (Haratin) für sich arbeiten.

Die Sklaven werden eher meistens Iklan genannt. Im weiteren ist ihr Status gar nicht so schlecht, sie gelten meistens als Familienmitglieder (traditionell gelten sie vom Rechtsstatus her als Kinder ihres Herrn) und werden sehr gut behandelt, können sogar traditionell ihren Herrn selbstständig wechseln wenn dieser sie schlecht behandeln sollte.

In der Folge dieser guten Stellung sind heute immer noch etliche Menschen bei den Tuareg als Sklaven. Und viele ehemalige Sklaven sind zwar offiziell frei, sind aber bei ihren ehemaligen Herren einfach geblieben oder wieder zu ihnen zurück gekehrt.

Das Eigenempfinden als "Herren" ist bei den Tuareg immer noch sehr stark verbreitet, ist aber eigentlich einer der entscheidenden kulturellen Werte der Tuareg an sich.

Ein solches Selbstverständnis definiert überhaupt was ein Tuareg ist.

und 1902 in der Schlacht von Tit endgültig besiegten...

Es gab auch noch nach dieser Schlacht mehrere Aufstände und heftige Kämpfe.

Auf der Gegenseite muß man feststellen, daß viele Tuareg auf der Seite der Franzosen gegen andere Stämme kämpften und lange Zeit waren die Kel Ahaggar für die Franzosen entscheidend bei der Beherrschung der Zentralsahara. Die Kel Ahaggar sind aber der gleiche Stamm der 1902 gegen die Franzosen besagte Schlacht verlor. Nach dieser Niederlage kämpfte die Kel Ahaggar für die Franzosen und halfen diesen entscheidend bei den Kämpfen gegen die Senussi.

Sie selber beschäftigten sich früher vor allem als Wegelagerer und raubten Reisende aus.

Und überfielen Dörfer und Städte, veranstalteten Sklavenjagden usw
Die Tuareg waren ein sehr agressives Volk.

Heute sind viele Tuareg wieder kriegerisch aktiv, es gibt seit Jahren blutige Aufstände der Tuareg gegen die Regierungen der jeweiligen Länder in denen sie leben.

Viele der Aufständischen Ischomar empfinden ihren Kampf in Mali und Niger als einen Kampf der Weißen Rasse gegen die Schwarze Mehrheit dieser Länder.
Es geht im weiteren auch um die Kontrolle über den Uranabbau in den Tuareg Gebieten und über die Kontrolle der Einnahmen aus dem Tourismus. So wurde zeitweilig vor wenigen Jahren einer der Rebellenführer der Tuareg der Tourismusminister des Niger.
 
Grüezi Quintus Fabius

Natürlich war 1902 nach der Schlacht von Tit der Kampf der Tuareg nicht zu Ende. Wie du richtig erwähnst, dauert der bis heute an. In Algerien vielleicht nicht so sehr, aber im Niger und Mali ganz bestimmt, wie die blutigen Überfälle dieses Jahr deutlich bewiesen.

Aber die Schlacht von Tit war sicher ein Wendepunkt. Ab dann "beherrschten" die Franzosen ganz Algerien und die Tuareg waren in der Defensive. Und die Franzosen unterbanden die vorher verbreitete Sklaverei. Obwohl, auch die gibt es fragmentarisch bis heute...

Gruss Pelzer

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Beim Thema Sklaverei zeigte sich hier die ganze Heuchelei und Verlogenheit der Französischen Kolonialherren:

Die Tuareg Stämme die für die Franzosen kämpften, durften nämlich ihre Sklaven behalten, und dies bis zum Ende der Französischen Kolonialherrschaft. Erst mit der Unabhängigkeit verloren diese Stämme ihre Sklaven, obwohl es selbst heute noch Sklaverei bei einzelnen Tuareg gibt.

Noch heute halten viele Südtuareg insgeheim Sklaven, insbesondere im Niger. Wobei man wie ich es schon schrieb den Status eines Sklaven bei den Tuareg nicht vergleichen kann mit dem Status eines Sklaven in anderen Gesellschaften. Und viele Sklaven blieben bei ihren ehemaligen Herren obwohl sie frei wurden, und dies nicht einmal aus wirtschaftlichen Gründen, sondern tatsächlich weil sie sich als Teil der Familie betrachten und auch als solcher behandelt werden.

In früheren Zeiten flohen oft Sklaven oder Angehörige der Unterschicht von den Arabern, aus dem Mzab oder von anderen her zu den Tuareg um bei diesen als Sklaven Aufnahme zu finden. Einfach weil sie dort viel besser behandelt wurden.


Was ist eigentlich ein Tuareg?

Wenn man einen unbedarften Europäer fragt, dann kommen Stereotype: Dromedar, Schleier für die Männer und für die Frauen nicht, Matriarchat, geradklingiges Schwert, hellhäutiger, Nomaden, eine eigene Sprache und Schrift, Lederzelte, ein Leben in der Wüste....

Tatsächlich aber gibt es eben die Tuareg nicht. Es gibt in Wahrheit deutliche Unterschiede und viele der genannten Begriffe sind auch für Nicht-Tuareg absolut prägend. Es gibt Stämme in der Sahara, die keine Tuareg sind, die aber alle die genannten Begriffe aufweisen. Diese Stämme verstehen sich selber nicht als Tuareg und werden auch von diesen nicht als solche betrachtet, ein unbedarfter Europäer hält sie aber für solche.

Das geht so weit, daß solche Leute dann Touristen als Tuareg verkauft werden. Obwohl sie keine sind.

Die Kamelnomadenkulturen in der Sahara entsprechen also eher dem was es auch im Asiatischen Steppengürtel gibt, einem Kultursyndrom. Das zwar von den Tuareg geprägt wurde, aber nicht auf diese beschränkt sondern Völkerübergreifend ist.

Die meisten Tuareg begreifen sich als Weiße, aber auch hiervon gibt es Ausnahmen, die Kel Ewey bevorzugen ausgerechnet die Schwarze Hautfarbe und versuchen möglichst dunkle Haut zu erlangen.

Nicht einmal die Sprache ist ausschlaggebend da viele der südlichen Tuareg in Wahrheit Haussa sprechen ohne Haussa zu sein. Sie sprechen Tamakesch nur als Fremd- Zweitsprache und werden dennoch als Tuareg betrachtet bzw sehen sich selber als solche.

Ein weitgehendes Mißverständnis ist die Frage der Stellung der Frau bei den Tuareg. Die Tuareg hatten nie ein Matriarchat und haben auch heute keines. Sie haben eine Matrilineare Kultur bei vielen Stämmen, bei einem Stamm auch Matrilokalität, es gibt aber auch einige Patrilineare Stämme und ebenso einige Patriarchalische.

Das hat nichts mit einer Verfälschung durch den Islam zu tun, ob die Tuareg Matrilinear waren/sind oder nicht hängt wenig am Islam sondern am Lebensumfeld des jeweiligen Stammes.

Allgemein haben die Tuareg bis heute eine vergleichsweise gute Stellung der Frau und zwar unabhängig davon ob sie Matrilinear sind oder nicht, behandeln Frauen mit Hochachtung bzw lehnen Gewalt von Männern gegen Frauen grundsätzlich ab. Dies gilt auch für Patriarchalisch organisierte Tuareg Gruppen.

Selbst die weitere Islamisierung einiger Tuareg Gruppen hat dies nicht geändert. Das hat aber mit einem Matriarchat nichts zu tun. Eher mit einem Verhalten ähnlich dem Europäischer Adeliger im Mittelalter, die Frauen werden Hochgeachtet, sind aber den Männern untertan.

Wo Frauen bei den Tuareg reale Macht haben, liegt dies nicht an ihrer offiziellen Stellung sondern an ihrem Reichtum und das sie bei ihrer Familie bleiben zu der dann der Mann zieht. Diese Matrilokalität gibt es aber nur bei einem einzigen Stamm der Tuareg der auch sonst deutliche kulturelle Unterschiede zu den anderen Tuareg aufweist.

Einige Tuareg leben in Lederzelten, andere aber leben in halbkugeligen Hütten die mit geflochtenen Matten bedeckt werden. Andere bauen Hütten aus Steinen und Holz, andere Wiederum nutzen Zelte aus Wollstoffen usw Selbst bei den Wohnformen gibt es also keine Einheitlichkeit obwohl sich all diese Gruppen selber als Tuareg betrachten.

Und umgekehrt: Es gibt wie gesagt Stämme die alle Attribute der Tuareg aufweisen, aber keine solchen sind.

Und es gibt Stämme der Tuareg die sich deutlich von anderen Tuareg unterscheiden, sei es von der Hautfarbe her, von ihrer sozialen Schichtung her oder sogar von der Sprache her.

Man sollte also eher von einem Sahara – Kultursyndrom sprechen und von Tuareg als einem Sammelbegriff für eine Gruppe von Völkern innerhalb dieses Kultursyndroms.

Die klassischen Tuareg die wir meinen, die den Begriff von Tuareg primär geprägt haben sind eigentlich am ehesten die Kel Ahaggar, die nach ihrer Niederlage gegen Frankreich auf französischer Seite zu deren zentraler Machtstütze in der Sahara wurden. Aber auch diese haben deutliche Unterschiede zum klassischen Bild des Tuareg, sie sind streng genommen keine Wüstenbewohner sondern leben im Gebirge, sie bauen traditionell kleinere Häuser und Hütten aus Steinen und Holz und im Detail finden sich noch viele weitere Unterschiede.

Dennoch sind sie sozusagen phänotypisch für das was heute als Tuareg wahrgenommen wird, obwohl sie ihre politische Bedeutung und Macht eingebüßt haben und heute bedeutungslos geworden sind.

Aktiv in politischer, militärischer und kultureller Weise sind heute vor allem die Tuareggruppen im Niger und in Mali, also die Südtuareg. Die in etlichen Punkten von unserem klassischen Bild des Tuareg abweichen bzw je nach Stamm deutliche Unterschiede aufweisen.

Was ist also ein Tuareg? Selbst die Tuareg selber wissen es manchmal nicht genau, es gibt durchaus Stämme die sich selber als Tuareg betrachten, von anderen Tuareg aber als Nicht-Tuareg bezeichnet werden.

Im Kern ist es eine Mischung verschiedener Faktoren, von denen die Sprache ein entscheidender ist, das Tamaschek. Dazu kommen dann nicht Kleidung, Wohnung, Waffen, sondern viel eher Nicht Materielle Kulturelle Werte.

Was also ein Tuareg ist wird nicht durch Äußerlich Sichtbare Materielle Dinge bestimmt sondern mehr durch Idelle Dinge, durch den Kodex des Ashak zum Beispiel, durch bestimmtes Verhalten und bestimmte Ansichten die bei allen Tuareg sehr ähnlich bis gleich sind.

Sprache, Verhalten und Soziale Ordnung definieren was ein Tuareg ist, dabei sind Äußerlichkeiten wie der Schleier nur die Folge dieser Dinge und nicht deren Inhalt.


Nicht der Schleier macht also einen Tuareg, sondern der Grund warum er einen solchen trägt.
 
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Ich habe mich noch ein wenig kundig gemacht und Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, daß die Tuareg noch heute um die 50 000 Sklaven in ihrem Besitz haben.

Man sollte dann noch dazu bemerken, daß einige der Sklaven und insbesondere viele ehemalige Sklaven an der Seite der Tuareg gegen die Regierungen der Länder kämpfen.

Zu den Kämpfen insbesondere in Niger und Mali muß man auch noch anführen, daß die Regierung dieser Länder als Vertreter der Schwarzen Bevölkerungsmehrheit durchgehend auf Wiederstand der Tuareg gegen die Zivilbevölkerung der Tuareg Stämme, insbesondere gegen Frauen und Kinder massiv vorgegangen ist. Es gab Massaker mit tausenden von Toten Zivilisten weil das Militär dieser Länder die Tuareg Kämpfer nicht ergreifen und nicht besiegen konnte. Eine typische Eskalation eines Guerilla Krieges.

Diese regelmäßigen Massaker an der Zivilbevölkerung seit 1963 haben schon viele Tuareg zu Flüchtlingen gemacht, sie flohen vor dem Militär aus Mali und Niger ab 1980 in großen Zahlen nach Libyen. Die Libyer nahmen die Tuaregauf und gaben den jungen Männern Arbeit in der Libyschen Armee und in der Islamischen Legion.

In der Folge dessen kämpften dann viele Tuareg im Libanon und insbesondere im Tschad. Diese Tuareg kehrten dann ab 1990 mit ihrer Kriegserfahrung und ihren Waffen nach Mali und Niger zurück. Und deshalb gibt es dort heute diesen bewaffneten Wiederstand immer noch.

Weiter verschärft wurde der Konflikt dann wiederum durch den Westen, der einerseits einen ungestörten Uranabbau zu den bisherigen günstigen Konditionen möchte (die Umweltbelastung und die anderen Folgen interessieren niemanden in Europa), andererseits haben die USA die Zentralsahara als Ort für den Kampf gegen Islamische Terroristen (=Tuareg) entdeckt und trainieren daher das Militär von Mali und Niger und liefern diesen Ländern Waffen was die Lage weiter eskaliert.


http://www.m-n-j-deutsch.blogspot.com
 
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Da ich angeschrieben wurde das ich noch mal klarer definieren solle was die Tuareg Kultur ausmacht:

Für alle Tuareg Stämme sind folgende prägende kulturelle Gemeinsamkeiten vorhanden und definieren was ein Tuareg ist:

Sprache : Tamakesch, eine Berbersprache (Hiervon gibt es allerdings Ausnahmen, etliche Tuareg sprechen kein ! Tamakesch) Dennoch ist diese Sprache ein entscheidendes Merkmal.

Streng hierarchische Gesellschaft, in traditioneller Form könnte man von einem Kastenwesen sprechen (Heirat nur innerhalb des eigenen Standes, sehr stark ausgeprägtes Standesdenken)

Stammesgesellschaft: Gliederung in Stämme und Klans, dabei sind die verschiedenen Kasten nicht in einem Stamm zusammen vorhanden sondern Stämme werden nur von den Mitgliedern einer Kaste gebildet. Mehrere Stämme bilden dann zusammen einen Verband, meistens bilden dann ein oder einige wenige Adeligenstämme und mehrere Vasallenstämme zusammen ein Gruppe. Diese Stammesordnung ist aber heute bei den meisten Tuareg zusammen gebrochen. Dadurch ist ein neuer Stand von Tuareg entstanden, die Ischomar. Diese bilden eine Schicht die aus den Stammesstrukturen heraus gelöste Tuareg bezeichnet.

Asshak: Übersetzung: Ehre: ein Verhaltenskodex der eine ganze Reihe von bestimmten Vorschriften für richtiges Verhalten umfasst aber auch insbesondere eine bestimmte Einstellung und geistige Haltung umfasst. Der Begriff ist entscheidend, Asshak definiert was ein Tuareg ist.

Dabei ist zu beachten, daß bestimmte Gruppen der Tuareg Gesellschaft wie die Schmiede von diesem Verhaltenskodex ausgenommen sind und diesen grundsätzlich nicht beachten. Aber auch sie definieren sich im Endeffekt darüber, also in negativer Abrenzung.

Der zentrale Inhalt dieses Ehrenkodex dreht sich um Ansehen, Selbstbewußtsein und Selbstbeherrschung.

Ein wichtiger Wert ist darüber hinaus Tekarakit. Das bedeutet Zurückhaltung, man könnte eher von Distanziertheit sprechen.

Die meisten äußerlichen Attribute der Tuareg Kultur stammen aus diesen beiden Begriffen her. Fast alles was äußerlich einen Tuareg identifiziert kommt von diesen beiden Begriffen her. Ein perfektes Beispiel ist der Schleier (Tagelmust, arabisch Litham)

Der Schleier ermöglicht Distanziertheit, er ersetzt bzw ergänzt Mimik und Körpersprache. Gegenüber Fremden zieht man den Schleier hoch und kann dadurch dem Tekarakit entsprechen. Er emöglicht es Gefähle die sich im Gesicht ausdrüäcken würden zu verbergen und damit Gleichgültig zu erscheinen was ein entscheidender Wert des Asshak ist. Tuareg verhalten sich gegenüber Fremden bzw traditionell oft betont gefühlskalt, was aber nicht ihrem eigentlichen Charakter entspricht. Dazu gehört auch, daß man sich nicht bedankt, auf extreme Ereignisse hin keine Emotionen zeigt und oft nach außen hin einen Eindruck großer Kälte und Stärke verbreiten will.

Man muß dazu sagen, daß es sich hier um traditionelles Verhalten handelt, bei vielen jungen Tuareg sind diese Dinge verschwunden, insbesondere bei den Ischomar.

Beschließend ist noch ein definierendes Merkmal der Tuareg Stämme ein ausgeprägter Geister- und Magieglaube. Der Mensch befindet sich dabei in einem ständigen Kampf gegen eine feindselige Geisterwelt, der Mensch und sein Lager stehen dabei den Geistern und der Wildnis gegenüber. Der Tuareg Begriff für Geister bedeutet wörtlich sogar Leute der Wildnis. Die Tuareg betrachten also die Wüste nicht als spirituell schönen oder gar religiös erhebenden Ort wie viele Europäer sondern im Gegenteil.

Dazu muß man wissen, daß die Tuareg traditionell eigentlich nicht so sehr Bewohner der Wüste sondern Bewohner der Wüstengebirge bzw der Randzonen waren und sind. Die ursprünglichen Gebiete der Tuareg sind Gebirgsgebiete und die Tuareg mehr Bergbewohner als Wüstenbewohner.

Gerade in der Zeit zwischen 1750 und 1850 war die Zentralsahara deutlich anders vom Klima her als heute. Es gab mehr Niederschläge, insbesondere in den Gebirgen. In dieser Zeit begannen die Tuareg von den Gebirgen aus die Sahara zu unterwerfen und zu kontrollieren. Aus dieser Zeit erhöhter Niederschläge resultiert die Verbreitung der Tuareg Kultur in der Sahara aufgrund der militärischen Dominanz der Tuareg Stämme.

Daher gibt es heute wie gesagt viele Völker die alle Attribute der Tuareg aufweisen bzw die die Tuareg imitieren aber eben keine sind.
 
Daher gibt es heute wie gesagt viele Völker die alle Attribute der Tuareg aufweisen bzw die die Tuareg imitieren aber eben keine sind.
...du meinst damit aber nicht arbeitsscheu und herrisches Gehabe? :devil:

Gruss Pelzer

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Die Tuareg sind nicht arbeitsscheu, die Ablehnung von moderner Lohnarbeit durch viele Tuareg (nicht alle) liegt wohl eher am Selbstverständnis. Wenn es um körperlich extrem harte Tätigkeiten gibt, gibt es wenige Völker die da mit den Tuareg mithalten könnten. Herrisches Gehabe ist allerdings durchaus typisch.

Und ja, diese Formen von Verhalten, insbesondere der Snobismus werden von den anderen imitiert.
 
Einiges zur Präzisierung:
Sprache : Tamakesch, eine Berbersprache (Hiervon gibt es allerdings Ausnahmen, etliche Tuareg sprechen kein ! Tamakesch)
Die Sprache wird - je nach Region - als Tamaschek/Tamahaq/Tamadjak bezeichnet.
Der Singular von Tuareg ist Targi.

Diese Stammesordnung ist aber heute bei den meisten Tuareg zusammen gebrochen. Dadurch ist ein neuer Stand von Tuareg entstanden, die Ischomar. Diese bilden eine Schicht die aus den Stammesstrukturen heraus gelöste Tuareg bezeichnet.
Das Wort Imushar/Imushagh bezeichnet die Kriegerschicht innerhalb der Tuareg-Gesellschaft und ist ganz und gar nicht neu. Jede Schicht oder Kaste (Vasallen, Handwerker, religiöse Gelehrte, Sklaven) trug eine andere Bezeichnung.
Dabei ist zu beachten, daß bestimmte Gruppen der Tuareg Gesellschaft wie die Schmiede von diesem Verhaltenskodex ausgenommen sind und diesen grundsätzlich nicht beachten. Aber auch sie definieren sich im Endeffekt darüber, also in negativer Abrenzung.
Die Schmiede (und andere Handwerker) bilden tatsächlich eine eigene Gruppe. Schmiede werden einerseits gefürchtet, weil sie mit Feuer umgehen und magische Fähigkeiten haben. Andererseits braucht man sie aus ganz praktischen Gründen und auch, weil sie eben durch ihre Magie Krankheiten heilen und mit der Geisterwelt kommunizieren können.
Übrigens kommen Handwerkerkasten in vielen afrikanischen Gesellschaften vor.
Daher gibt es heute wie gesagt viele Völker die alle Attribute der Tuareg aufweisen bzw die die Tuareg imitieren aber eben keine sind.
Viele der angeblich "unechten" Tuareg gehören ganz einfach in die Tuareg-Weltordung aus Kriegern, Vasallen, Sklaven usw. hinein. Es gibt schwarze Tuareg mit Haussa als Muttersprache, die eben traditionell zur Sklavenkaste gehörten und sich trotzdem als Tuareg sehen. Das ist kein Widerspruch.
 
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Vielleicht sollte man die Tuareg nicht nur als Volk betrachten sondern auch als eine soziale Schicht, etwa als eine Art nomadische Oberschicht, die im Gegensatz zu den sesshaften, unfreien Oasenbewohnern stand.
Der strenge Ehrenkodex der Tuareg hieltlt etwa landwirtschaftliche Arbeit für nicht standesgemäß. Lediglich die sesshaften Schmiede waren vom Sklavenstatus der Oasenbewohner ausgeschlossen und galten als Tuareg, obwohl sie keine Nomaden waren.
 
Vielleicht sollte man die Tuareg nicht nur als Volk betrachten sondern auch als eine soziale Schicht, etwa als eine Art nomadische Oberschicht, die im Gegensatz zu den sesshaften, unfreien Oasenbewohnern stand.
Nein, definitiv nicht. Das, was wir als "Tuareg" kennen, _ist_ ein Volk. Aber eben eines, das sich in klar voneinander abgegrenzte Schichten gliedert. Eine ethnische Definition von Volk wäre hier übrigens völlig fehl am Platze. Es handelte sich um verschiedene politische Konföderationen. Die Oberschicht ist nur ein Teil davon. Untrennbar damit verbunden waren aber _immer_ auch die anderen sozialen Gruppen, die z.T. als Schutzbefohlene und auf jeden Fall als Tuareg gesehen wurden.
Ich finde den deutschen Wiki-Artikel zu den Tuareg recht gut, zumal da auch auf aktuelle und renommierte Fachliteratur Bezug genommen wird (z.B. von Claudot-Hawad).
 
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Das Wort Imushar/Imushagh bezeichnet die Kriegerschicht innerhalb der Tuareg-Gesellschaft und ist ganz und gar nicht neu.

Das Problem ist, daß bei den verschiedenen Stämmen die Namen immer etwas anders geschrieben werden und das die Schichten und die Namen dafür auch nicht überall gleich sind.

Die Kel Ewey beispielsweise kennen gar keine Imrad (Vasallen), sie benutzen nur das Wort für Kriegerschicht für alle Stammesmitglieder.

Bei anderen Stämmen wird das Wort Ishomar für Adelige und Vasallen als Sammelbegriff für beide Zusammen verwendet.

Wieder bei anderen unterscheidet man deutlich zwischen Krieger im allgemeinen und Adeliger im besonderen, da auch Vasallen und freigelassene Sklaven Krieger sein können.

Es ist eben nicht einheitlich.

Ich habe aus verschiedenen Quellen sehr viele verschiedene Schreibweisen für die Oberschicht (Adelige) gefunden:

Imuharen, Imusaren, Imajeren, Imajeghen usw

Singular davon dann Amajer, Amajar, Amahar

Für den Begriff Krieger gesondert davon Imoschar, Imushar, Ashamur

Wie man sieht sind die Wörter teilweise verwandt (Imusar) und diese Wörter leiten sich vom Wort Aher ab, daß Rauben, Plündern, Krieg führen bezeichnet.

Und nun kommt es eben darauf an ob Nord- oder Südtuareg und welcher Stamm:

Bei dem einen Stamm ist beides gleich, bei einem anderen Stamm werden die Begriffe getrennt verwendet.

Heute wird das Wort Ischomar, Ashamur usw eben auch für entwurzelte Tuareg verwendet die eben Nicht ! der traditionellen Kriegerschicht entstammen.

Das Wort ist natürlich alt, aber seine Verwendung ist neu, da es eine solche Gruppe früher nicht gegeben hat. Diese neue Schicht entstand erst durch die Kämpfe und die Flucht vieler Tuareg nach Libyen.

Daher gibt es heute Stämme der Tuareg deren Krieger bzw Oberschicht sich beispielsweise Imajeren nennen, von denen aber die Aufständischen davon gesondert Ischomar genannt werden. Diese Stämme machen eben einen Unterschied zwischen Kämpfer und Adeliger Kämpfer.

Was ist nun der Unterschied zwischen Krieger im Allgemeinen und Adeliger im Besonderen?

Viele Imrad (Vasallen) sind ebenfalls Krieger, viele Aufständische heute sind Vasallen, ehemalige Sklaven usw, diese Aufständischen Kämpfer verwenden die Bezeichnung Ischomar, Ashmahur usw

Adelige aber sind keine Vasallen. Es ist ein Unterschied in der Schicht zwischen einem Imagheren und einem Imrad. Auch wenn beide heute Ischomar sein können.

Die Verwirrung entsteht dann dadurch, daß das Wort Adeliger auch nur Krieger bedeutet da die traditionelle Oberschicht eben die Kriegerschicht war.

Daher wird das Wort Krieger einmal für Adeliger verwendet, dann wiederum aber leicht abgewandelt auch für Kämpfer im Allgemeinen was dann Adelige und Nichtadelige heute zusammen fasst. Was früher eben nicht der Fall war. Weshalb es neu ist.

Jede Schicht oder Kaste (Vasallen, Handwerker, religiöse Gelehrte, Sklaven) trug eine andere Bezeichnung.

Adelige - Imuharen, Imusaren, Imajeren, Imajeghen usw

Vasallen - Imrad, Kel Ulli usw

Schmiede - Enaden, Inaden, Ineden usw

Religiöse Gelehrte - Ineslemen (dabei ist zu beachten, daß ganze Stämme diesen Status haben können)

Sklaven - Iklan

Freigelassene Sklaven - Sif, Bella, Buzu ,Izeggaren

eine Art nomadische Oberschicht, die im Gegensatz zu den sesshaften, unfreien Oasenbewohnern stand.

Ergänzend zu den Ausführungen von Turandokth noch: Die Oberschicht der Tuareg stand nicht nur im Gegensatz zu den Bauern (Oasenbewohner trifft es nicht, da viele Tuareg ebenfalls Oasen bewohnten, aber eben keinen Landbau betrieben)

sondern sie stand ebenso im Gegensatz zu anderen Nomaden die ihr unterworfen waren. Das eigentliche Verhältnis das die Oberschicht definiert nennt sich:

Temazlait - das bezeichnet die Beziehung zwischen Oberschicht und Vasallen. Wobei die Vasallen auch Tuareg und auch Nomaden sind.

Die Tuareg sind durchaus ein Volk, das sich aber kulturell und ethnisch über andere Völker geschoben hat, und diese teilweise assimiliert hat.
 
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Das Problem ist, daß bei den verschiedenen Stämmen die Namen immer etwas anders geschrieben werden und das die Schichten und die Namen dafür auch nicht überall gleich sind.
Ja, trotzdem ist es Imoshar und nicht Ishomar, ganz egal, wie du den Zischlaut und die Vokale jetzt genau schreibst.

Heute wird das Wort Ischomar, Ashamur usw eben auch für entwurzelte Tuareg verwendet die eben Nicht ! der traditionellen Kriegerschicht entstammen.

Das Wort ist natürlich alt, aber seine Verwendung ist neu, da es eine solche Gruppe früher nicht gegeben hat. Diese neue Schicht entstand erst durch die Kämpfe und die Flucht vieler Tuareg nach Libyen.
Hast Du dazu auch eine Quelle?
 
Ich habe auch schon die Schreibweise Ashamur gefunden in einem Bildband über die Sahara.

Zur Frage der Quelle: ich habe das jetzt bisher aus dem Kopf geschrieben da ich nicht extra nachgesehen habe. Ich hatte es irgendwo gelesen.

Jetzt habe ich nochmal gesucht und es im Internet einfach wiedergefunden. Hier wird das Wort

Ischomar

http://www.google.de/search?hl=de&q=Ischomar&meta=

verwendet, und es wird dazu geschrieben, daß es sich vom Französischen Chomeur (Arbeitsloser) her ableiten soll.

Sollte das wirklich stimmen (was ich nicht weiß), wäre es zum Verwechseln ähnlich dem alten Wort für Krieger

Imusar

obwohl es verschiedene Wörter sind. Vorausgesetzt das stimmt überhaupt.

Was ich aus dem Internet weiß ist, daß viele Tuareg Rebellen sich einfach Imajeghen bzw Imusaren nennen, also das alte Tuareg Wort für Krieger/Oberschicht.
 
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Ah, das ist interessant! Ashamur ist dann der berberisierte Singular des frz. Wortes chômeur (wohl mit angedachtem arabischen Artikel "ash-"), Ishumar wäre also der Plural.

Ich habe hier mal eine kurze Erklärung zur Entstehung und Entwicklung des Wortes gefunden. (Sorry, hab auf die Schnelle nur was auf Französisch gefunden.)

Pendant les années 1980, Tamanrasset -qui concentre le plus grand nombre de ces réfugiés- devient l'épicentre du territoire trans-étatique dessiné par l'itinérance des ishumar. On va y prendre l'habitude de désigner les jeunes touaregs en quête de travail par le terme ishumar, au singulier ashamur, terme emprunté au français chômeur. En 1979, le mouvement politique touareg se structure grâce au soutien intéressé de Kadhafi. Ces jeunes chômeurs deviennent apprentis soldats et se forment aux techniques modernes de combat, le sens du mot ashamur perdant peu à peu sa référence au désoeuvrement pour prendre des connotations de militance et d'engagement et pour enfin représenter l'émergence d'une figure héroïque renouvellée, aux positions politiques en confrontation ouverte avec l'Etat.

Übersetzung (Pi mal Daumen):
"Während der 80er Jahre wurde Tamanrasset - wo die größte Zahl jener Flüchtlinge war - zum Epizentrum des staatsübergreifenden Gebietes, in dem sich die Ishumar bewegten. Man begann, die jungen arbeitssuchenden Tuareg mit dem Begriff "Ishumar" (Sg. Ashamur) zu bezeichnen, der vom französischen "chômeur" abgeleitet ist. 1979 formte sich mit Unterstützung durch Ghadafi die politische Bewegung der Tuareg. Als diese jungen Arbeitslosen zu Soldaten wurden und moderne Kampftechniken trainierten, verlor das Wort Ashamur nach und nach seine ursprüngliche Bedeutung und erhielt stattdessen eine militante und "aufständische" Konnotation, um schließlich eine neue, heroische Gestalt zu bezeichnen, die sich politisch offen gegen den Staat stellt."

Ishumar hat also gar nichts mit Imushar zu tun, außer daß beide die gleiche Wortform haben.
Aber danke für den Hinweis; das Wort und diese ganze Entwicklung kannte ich noch gar nicht.
 
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