Trug man in der Renaissance Tuniken?

Feluxus

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Hallo liebes Geschichtsforum,

wie ihr im Titel schon lesen könnt würde es mich interessieren ob man in der Renaissance noch Tuniken trug, oder ob diese von der anderer Kleidung abgelöst wurden.

Ich habe schon in Erfahrung gebracht dass Tuniken hauptsächlich bis ins Spätmittelalter getragen wurden, aber verschwanden sie dann relativ schnell oder war es für das normale Volk der Renaissance noch üblich eine Tunika zu tragen?

Ich danke euch für mögliche Antworten!

Gruß,
Felix
 
Das hängt davon ab, welche Gegend du meinst und was du unter "Tunika" verstehst.

Nimmt man mal Mitteleuropa an und als Tunika ein längeres Hauptbekleidungsstück, i.d.R. bis zum Knie oder länger, was Hosen eigentlich überflüssig machen könnte, dann eher nicht. Es gab eine Art groben Bauernkittel, aber der war auch relativ kurz, wohl eher bis zur Mitte der Oberschenkel als bis zum Knie.

Beispiele für Bauernkleidung aus der ersten Hälfte der 16. Jhd. sieht man z.B. in Bildern von Pieter Bruegel dem Älteren.

Generell gesagt gab es im 14. Jhd. eine Art "Bekleidungsrevolution", wie selten zuvor (und danach) in der Geschichte. Unförmig geschnittene, sackartige Kleidung wurde recht plötzlich von relativ körperbetonter und kurzer Kleidung abgelöst, erst in der Oberschicht, was aber relativ schnell nach unten vordrang. Das war das Ende der Tunika (leider, da die recht bequem sind).

Geht man weit in den Nordwesten, findet man in der Neuzeit allerdings noch Tuniken, im gälischen Bereich von Irland und Schottland, "leine" genannt. Besonders aus Irland sind diese Teile bekannt. Sieht man hier ganz gut: 16th century images of Irish people | Irish Archaeology

So etwas wurde aber auch in Schottland getragen. Der schottische Kilt, der im 16. Jhd. entstand, war anfangs eher ein Mantel als ein "Hosenersatzrock", darunter trug man ein langes Hemd, das wie eine Tunika aussieht. Beine und oft auch Füße waren dann nackt, bzw. seltener trug man in besseren Kreisen enganliegende Hosen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gibt es für die plötzliche Verbreitung körperbetonter Kleidung in nicht-adligen Ständen in dieser Zeit bekannte Gründe? Drang diese neue Mode aus einer bestimmten europäischen Region über einen intensiveren Fernhandel in neue Breiten vor und wurde dann nach diesem Vorbild für die lokalen Märkte produziert, oder war es eher eine gleichzeitige Entwicklung in Europa?
 
Es wurde und wird immer versucht die Kleidung, die die oberen Zehntausend tragen, nachzuahmen. Die Frage ist daher eher, woher diese Mode in den oberen Schichten kam und ob etwas dagegen spricht, dass sie sich in diesem Fall wie sonst üblich von oben nach unten verbreitete.

Und was wir noch als Kittel beschreiben, kann auf Englisch schon eine Tunika sein. Ebenso ist für die neue Mode des Spätmittelalters zu fragen, was sich jeweils änderte und woher es kam, bzw. was sich gegenseitig bedingte.

Wenn ich es noch richtig im Kopf habe, sollte in Otto Borst, Alltagsleben im Mittelalter, Frankfurt a.M. 1983 etwas zur Veränderung der Mode in dieser Zeit zu finden sein. Ich habe aber mangels Zeit jetzt nicht nachgeschlagen.

Dann hat Kleidung in vormodernen Zeiten und dann wieder seit den 80ern auch immer regionale Aspekte. Da sind einmal größere Räume, die sich ähnlich kleiden. In Russland trug man andere Kleidung als in Persien oder in Spanien. Hinzu kommen regionale Unterschiede, die oft aber nicht zu greifen sind. Bei Ersterem wäre das Erstreckungsgebiet der neuen Mode interessant, bei Zweiterem, wie weit Abweichungen gingen und wie schnell sie sich herausbildeten. Hier ist dann auch zu fragen, ob es Unterschiede bei verschiedenen sozialen Gruppen gab. Unterschiede und Abweichungen hängen in aller Regel mit Funktion der Kleidung, aber auch mit Zufälligkeiten der Mode zusammen. So interessant das alles ist, dürften andere hier im Forum mehr darüber wissen.
 
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