Untergang des römischen Reiches

das ist hmm schlichtweg falsch, da im Hinterland der Grenztruppen immer ein Bewegungsheer stationiert war welches größere Einfälle abfangen konnte.

Die einzelnen Truppen wurden übrigens auch nur entland der Rhein-Donau-Grenze auf kleine Posten aufgeteilt, in Afrika und an der Levante war sowas sinnfrei. Einher mit dieser Aufteilung ging die Aufstockung der Verteidigungslagen in Form von Kleinstkastellen und Türmen.
 
das ist hmm schlichtweg falsch, da im Hinterland der Grenztruppen immer ein Bewegungsheer stationiert war welches größere Einfälle abfangen konnte.
Hm mal überlegen denn ich kenne die Sache anders:
Kaiser Gallienus begann 260 mit einer zaghaften Reform des Militärs. An der Grenze wurden stärkere Truppen angesiedelt und eine mobile Eingreiftruppe die hauptsächlich aus Kavallerie bestand in Mailand unter Aureolus angesiedelt. Das Verhältnis Grenztruppe zu Reserve im Hinterland betrug dann ca. 5:2.
Pech für Gallienus das gerade dieser Aureolus 267 gegen ihn mit den ihm anvertrauten Truppen auflehnt und selber Kaiser werden will. Er wird aber von Gallienus welcher Truppen von der Rheingrenze abziehen musste, in Mailand eingeschlossen.
  • Am 4. März 268 schließt Gallienus den Usurpator Aureolus in Mailand ein, wird aber von seinen höheren Offizieren wie Claudius und Aurelianus bei der Belagerung getötet am 28.März.
  • Der Illyrer Marcus Aurelius Claudius schaltet Aureolus aus und wird im Herbst 268 als neuer Kaiser Claudius II erhoben und vom Senat anerkannt.
Ich glaube aber (auch wenn ich jetzt nichts dazu finde) das die Ausdünnung der 7 Legionen die am Rhein standen an einem festen Lager auf 7 neue feste Lager bereits unter Nerva stattfand. Doch wie gesagt konnte ich dazu nichts finden.
 
Eine kleine Ergänzung: Die direkt an der Grenze stationierten Truppen hießen nach den Reformen von Diokletian und Konstantin dem Großen "Limitanei" (Grenzläufer). Ihr Pendant, die "Comitatenses" (Begleter) waren hingegen an strategisch wichitgen Punkten im Hinterland stationiert.:winke:
 
Limitanei konnten aber auch zu den Comitatenses abkommandiert werden und hießen dann Pseudocomitatenses.
 
Hm mal überlegen denn ich kenne die Sache anders:
Kaiser Gallienus begann 260 mit einer zaghaften Reform des Militärs. An der Grenze wurden stärkere Truppen angesiedelt und eine mobile Eingreiftruppe die hauptsächlich aus Kavallerie bestand in Mailand unter Aureolus angesiedelt. Das Verhältnis Grenztruppe zu Reserve im Hinterland betrug dann ca. 5:2.
Pech für Gallienus das gerade dieser Aureolus 267 gegen ihn mit den ihm anvertrauten Truppen auflehnt und selber Kaiser werden will. Er wird aber von Gallienus welcher Truppen von der Rheingrenze abziehen musste, in Mailand eingeschlossen.
  • Am 4. März 268 schließt Gallienus den Usurpator Aureolus in Mailand ein, wird aber von seinen höheren Offizieren wie Claudius und Aurelianus bei der Belagerung getötet am 28.März.
  • Der Illyrer Marcus Aurelius Claudius schaltet Aureolus aus und wird im Herbst 268 als neuer Kaiser Claudius II erhoben und vom Senat anerkannt.
Ich glaube aber (auch wenn ich jetzt nichts dazu finde) das die Ausdünnung der 7 Legionen die am Rhein standen an einem festen Lager auf 7 neue feste Lager bereits unter Nerva stattfand. Doch wie gesagt konnte ich dazu nichts finden.

Die Frage bezog sich auf das 4. Jahrhundert und nicht auf das 3. Zumal unter Gallienus es im Osten das Palmyrische Sonderreich und im Westen das Gallische Sonderreich, welchen wohl an einem Gewissen Punkt die Provinzen bis Noricum angehörten. Gallienus' Truppen rekrutierten sich aus Italien Africa und den Vexillationen die nicht usurpierten.
 
Spätere, auf ihre "wir wissen es heute besser"-Weise auch anmaßende Interpretationen, weil sie sich über das damalige Selbstverständnis dieser Reiche hinwegsetzen. Noch Joseph II. sah Rom als natürliche Hauptstadt seines Reichs an und noch zu seiner Zeit war Latein noch Amtssprache.

Tatsache bleibt, daß der Kaiser des HRR und der Zar sich als direkte Erben von Rom und Byzanz fühlten und weithin auch so gesehen wurden. Auch z.B Napoleon sonst hätte er Franz II. nicht so vehement zum Rücktritt gezwungen.

Deswegen 1806 und 1917 natürlich.
 
27 v. Chr. -> 395 = 422
395 -> 476 = 81
395 -> 1453 = 1058
800 -> 1806 = 1006
1472 -> 1917 = 445

staatsrechtliche Dauer des Römischen Reichs:
eine Einheit: 422 Jahre (27 v.Chr. - 395)
Westlicher Reichsteil: 1087 Jahre (81 + 1006)
Östlicher Reichsteil: 1503 Jahre (1058 + 445)
Längste Dauer: 1925 Jahre (422 + 1502)

--> Westrom 1509 Jahre
--> Ostrom 1925 Jahre

Außer den Pharaonen besitzt das Römische Reich wohl die längste (fast) kontinuierliche imperiale Tradition der Weltgeschichte.[FONT=&quot]
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Außer den Pharaonen besitzt das Römische Reich wohl die längste (fast) kontinuierliche imperiale Tradition der Weltgeschichte.[FONT=&quot]
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Wie lang ist denn der Abstand zwischen Absetzung des letzten römischen Kaisers und Gründung des heiligen römischen Reiches? Wieviele Jahre nach der Einnahme Konstantinopels beanspruchte denn erstmals ein russischer Herrscher die Nachfolge des römischen Reiches?
Ist das noch kontinuierlich?
Welche Kontinuitäten blieben überhaupt erhalten? Sprache, Religion, Hauptstadt, geographische Lage, Institutionen, Ansprüche,....?
 
Spätere, auf ihre "wir wissen es heute besser"-Weise auch anmaßende Interpretationen, weil sie sich über das damalige Selbstverständnis dieser Reiche hinwegsetzen.

Was daran anmaßend ist, leuchtet mir nicht ein. Die Aufgabe der Geschichtswissenschaft besteht ja unter anderem darin, aus dem subjektiven Gesichtskreis, der sich in historischen Selbstverständnissen äußert, hinauszutreten, um diese von außen sachlich zu beurteilen (="wir wissen es heute besser"). Nehmen wir etwa den Geheimbund der Illuminaten, dessen Mitglieder sich als geistige Nachkommen der altägyptischen Priester mit ihrer Vernunftreligion verstanden: Dieses Selbstverständnis wird kein Historiker und keine Historikerin als gerechfertigt annehmen, ohne die sachliche Grundlage zu prüfen - was zur Erkenntnis führt, dass es die illuminatische Vernunftreligion zwar im 18. Jahrhundert, nicht aber im alten Ägypten gab, und dass genanntes Selbstverständnis auf einer Fiktion beruht. Ist es anmaßend, diesen Sachverhalt herauzustellen?
Oder nehmen wir Septimius Severus, der sich zum Adoptivsohn des M. Aurel "machte" - ist es nötig, diese Fiktion zu akzeptieren und folglich nicht mehr von einem Severischen Herrscherhaus zu sprechen, sondern das Antoninische Herrscherhaus bis ins Jahr 235 dauern zu lassen? Warum sollte man dem zustimmen?

Wie lang ist denn der Abstand zwischen Absetzung des letzten römischen Kaisers und Gründung des heiligen römischen Reiches? Wieviele Jahre nach der Einnahme Konstantinopels beanspruchte denn erstmals ein russischer Herrscher die Nachfolge des römischen Reiches? Ist das noch kontinuierlich? Welche Kontinuitäten blieben überhaupt erhalten?

Gerade die Frage nach der Kontinuität ist hier von entscheidender Bedeutung. Im Westen gab es seit 476/480 überhaupt keinen römischen Kaiser mehr, ein Zustand, der 320 Jahre andauerte. Wie kann man da ohne weiteres ("natürlich") von Kontinuität und Identität sprechen, wenn erst 800 n.Chr. Karl der Große den Titel eines römischen Kaisers annimmt und Otto I. (als "Begründer des [Heiligen] Römischen Reiches") gar 962? Sicher haben sie sich selbst mit dem römischen Kaisertum identifiziert, aber der zeitliche Abstand ist groß, die "Verfassung" gegenüber dem römischen Kaisertum eine grundsätzlich andere, die neuen Träger der Herrschaft stammen aus Gebieten außerhalb der römischen Reichsgrenzen usw. Kurz: Die Fortsetzung des römischen Reiches im Westen nach 800 n.Chr. ist eine Fiktion - zwar eine Fiktion, die von den Franken und Ostfranken geglaubt wurde, aber doch eine Fiktion. Ähnliches gilt für das Zarenreich als "drittes Rom". Wenn sich heute ein Staatsgebilde zum "Römischen Reich" erklären, einen Kaiser mit dem Titel Imperator Augustus und dem Anspruch, Nachfolger des Konstantin und Theodosius zu sein, ernennen würde, wenn es ferner Latein als Amtssprache einführen und Rom zur (geistigen) Hauptstadt erklären würde, wäre das ähnlich zu bewerten - abgesehen davon, dass sich die politischen Rahmenbedingungen noch weiter gewandelt haben.
 
Im Westen 1806, im Osten 1917. Ganz im Westen existiert es noch.

Das meinst du doch nicht im Ernst?

Solche Daten sind formale Spielereien und haben mit dem Untergang des Römischen Reichs nichts zu tun. Formal endete das Weströmische Reich nach Absetzung des letzten weströmischen Kaisers im Jahr 476. Kulturell gibt es hingegen einen breiten Zeitkorridor, der die Spätantike markiert, und etwa vom 3.-7. Jh. n. Chr. reicht.

Das Frankenreich Karls des Großen und das spätere Heilige Römische Reich betrachteten sich als erneuerte Fortsetzung des Römerreich, aber kein vernünftiger Mensch wird berhaupten, diese staatlichen Gebilde seien mit dem untergegangenen Römischen Reich , identisch, verwandt oder seine Fortsetzung.

Das römische Ideal schwebte den fränkischen und deutschen Kaisern zwar vor, aber es handelte sich eindeutig um barbarische Reiche - jedenfalls in ihrer Anfangsphase - mit völlig anderen Wurzeln, anderen staatlichen Institutionen, anderen innenpolitischen und ökonomischen Strukturen und einer anderen Kultur und Zivilisation.

Mit Einschränkungen kann eher das Byzantinische bzw. Oströmische Reich eine römiosche Kontinuität behaupten, was es Zeit seiner Existenz ja auch tat. Aber dieses Reich ging bekanntlich 1453 unter, sodass partiell noch vorhandenen antike Strukturen endgültig aus der europäischen Geschichte verschwanden.
 
Als 476 Odoaker den weströmischer Kaiser absetzte, sandte er das Ornat nach Byzanz. Odoakers Stellung als König von Italien wurde später ebenfalls von Byzanz anerkannt.
Im Grunde ist steht doch 476 nicht für den Untergang sondern für die Wiedervereinigung der beiden römischen Reiche.
Kaum hundert Jahre später erreicht das spätantike Römische Reich unter Justinian fast schon seine alte imperiale Größe.
 
Als 476 Odoaker den weströmischer Kaiser absetzte, sandte er das Ornat nach Byzanz. Odoakers Stellung als König von Italien wurde später ebenfalls von Byzanz anerkannt.
Im Grunde ist steht doch 476 nicht für den Untergang sondern für die Wiedervereinigung der beiden römischen Reiche.

Entscheidend ist nicht der territoriale Anspruch einer Macht, sondern seine realpolitische Durchsetzung!

Nach dem Untergang des Weströmischen Reichs eroberten die Ostgoten unter Theoderich Italien. Das Ostgotenreich war nur noch nominell Teil des Römischen Reichs, tatsächlich besaß dort der oströmische Kaiser keinerlei Machtbasis mehr. Erst als das Reich der Ostgoten zerfiel, konnte Byzanz dort militärisch erfolgreich intervenieren.

Schon die Langobarden, die ab 568 Italien eroberten, erkannten das Oströmische Reich bzw. Byzanz nicht mehr als Vormacht an. Somit beschränkte sich die (ost)römische Macht auf das noch militärisch haltbare italienische Gebiet: das Exarchat Ravenna, das sich in einem schmalen Gebietsstreifen von Ravenna an der italienischen Ostküste nach Rom erstreckte.

Auch dieses Gebiet ging Byzanz endgültig verloren, als Karl der Große das Langobardenreich 774 besiegte und Italien bis auf das päpstliche Patrimonium Petri dem Frankenreich einverleibte. Lediglich in Süditalien blieben einige Restgebiete byzantinisch, bis auch hier die Normannen mit ihren normannischen Staatsgründungen klare Verhältnisse schufen.

Die nun entstehenden italienischen Stadtrepubliken und auch der Kirchenstaat haben mit dem Römischen Reich nichts mehr zu schaffen. Ideelle Reminiszenzen wurden hier und da gepfegt, einige Adelsfamilien führten ihren Stammbaum bis aufs Römerreich zurück - das war´s dann!

Das Heilige Römische Reich der deutschen Kaiser war nur noch von der Idee und vom Anspruch her "römisch" - de facto hatte es in Struktur, Aufbau, Ökonomie und staatlichen Institutionen nichts mehr mit dem alten Rom gemein!
 
Heeresreform als Auslöser?

...Nick Constable schreibt in seinem Buch "Das antike Rom", dass ab Mitte des 4.Jahrhunderts n. Chr. die Kaiser die Legionen stärker entlang der Grenzen verteilen ließen. Das heißt, dass es keine solchen Truppenkonzentrationen mehr gab wie früher (bis zu 15 Legionen allein an Rhein/Donau).
Dadurch sollte laut Constable vermieden werden, dass Ursurpatoren schnell sehr große Truppenverbände hinter sich kriegen konnten.
....

Weiß jemand etwas Näheres über diese Entwicklung?

s.d.caes.

Ein sehr altes Zitat. Ich will trotzdem darauf eingehen:
Erstens gab es im angesprochenen Zeitraum die "alten Legionen" nicht länger. Es waren die bereits weiter oben angesprochenen limitanei und comitatenses welche in jener Zeit die römische Militärmacht bildeten. Ein Zählen von Legionen (den Namen gebrauchte man weiterhin!) führt am Problem vorbei.
Es wurde an den Grenzen durch Maßnahmen wie Kleinkastellen versucht die gegnerischen Einfälle zu kanalisieren und zu überwachen um Zeit zu finden, die mobilen Feldheere heran zu führen.

Hauptsächlich wird Constable wohl die veränderte Organisation des Heeres meinen, mit dem vermieden werden sollte dass ein Offizier innenpolitisch gefährlich große Truppenkonzentrationen unter sein Kommando bekam. Die Abschnittskommandanten an den Grenzen (i.D.R. nun die duces) bekamen dadurch weniger Chancen einen Bürgerkrieg zu entfesseln, wie dies in der Vergangenheit oftmals bei Konzentrationen vieler Legionen unter einem Kommando geschehen war. Ältere Beispiele wie Legionen den Weg zum Kaisertum bahnten, sind Vespasian (der im jüdischen Krieg große Truppen unter sein Kommando bekommen hatte) oder Septimus Severus (welcher die zahlreichen Legionen an der Donau nach Rom führte)…

Spätantike: Im Hinterland lagen an verkehrstechnisch günstigen Orten nun die so genannten Bewegungsheere, die von engen „Begleitern“ (comitatenses bedeutet Begleiter) des regierenden Kaisers oder ihm selbst kommandiert wurden und daher eine relativ höhere Loyalität dem Kaiser gegenüber an den Tag legen sollten. Diese Offiziere waren meist magister militium (= Heermeister, ein Rang), deren Aufgabengebiet flexibel innerhalb eines gewissen geographischen Rahmens war. Sie konnten das Kommando auch über die Truppen eines dux übernehmen oder jenem bei Bedarf Verstärkungen zuteilen. Diese Organisationsreform vereinte militärische Notwendigkeiten mit innenpolitischer Stabilität – zumindest besser, als mit der alten Struktur, bei der große Heere (kombiniert mit der politischen Macht als Provinzstatthalter) in wenigen Händen lagen. In der Spätantike waren meist auch die Verwaltung von Provinzen und militärische Befugnisse voneinander getrennt (Trennung in zivile & militärische Aufgaben), was einerseits die Effektivität erhöhen sollte und die innenpolitische Stabilität ebenso.
Später entwickelte sich der Rang eines magister militiums weiter, ist allerdings nicht immer einfach nach zu verfolgen! Letztlich gab es regionale Eingreifreserven und die Heere der Kaiser selbst, welche jene nach Bedarf verstärkten und diese meist selbst kommandierten – teilweise aber auch übergeordneten Heermeistern (magister militium) übertrugen.

Beispiel: Bei der katastrophalen Schlacht von Adrianopel im Jahre 378 vernichteten die Goten neben Kontingenten der Grenzheere vor allem das regionale (thrakische) Bewegungsheer des örtlichen Heermeisters, wie auch das kaiserliche Bewegungsheer des Ostreiches, zusammen mit Kaiser Valens selbst. Man sieht, dass die Römer trotz der organisatorischen Unterteilungen sehr wohl noch in der Lage waren Schwerpunkte zu bilden und sich nicht auf eine statische Verteidigung der Grenzen konzentrierten. Im Fall von Adrianopel kam es aus anderen Gründen zur Katastrophe. In anderen Fällen operierten römische Kaiser mit solchen Truppenansammlungen durchaus auch erfolgreich im Feindesland und beschränkte sich keineswegs auf die Defensive. Das wird leider zu leicht übersehen! Rein militärisch waren die Gründe für den „Untergang des römischen Reiches“ jedenfalls nicht!
 
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