Ursachen der Aufklärung?

K

KantHolz

Gast
Im 18. Jahrhundert, das lernt man heut schon in der Schule, begann ein einmaliger und für Europa sehr wichtiger Prozeß: Die Aufklärung, die um 1750 mit der breiten Diskussion der ersten Enzyklopädie ihren Höhepunkt erreichte.

Doch eines bleibt unerwähnt: Was war die Ursache der Aufklärung? War es wirklich das Bürgertum, das aufbegehrte und einen Bildungshunger hat, wie von manchen (marxistischen?) Theoretikern angenommen?
Aber das reine Bedürfnis nach Bildung gab es auch zu Fugers und Adam Ries Zeiten, auch Universitäten und Buchdruck gab es schon lange, wieso kam es grade dann zur Aufklärung?
 
Hallo,

Ich würde die Problematik grob so beschreiben ...

Der Bevölkerung ging es zu der damaligen Zeit so dreckig, dass ein Wandel geschehen musste. Vorher ging es ihnen doch einigermaßen gut. Doch dann wurde das Brot knapp. Solange die Menschen was zwischen den Zähnen haben, ist doch alles recht so wie es ist. Doch ändert sich dies, wird alles anders. Ein anderer Herrscher hätte vielleicht für Brot gesorgt und es wäre anders gekommen. Aber je größer die Repression des Staats, desto wahrscheinlicher ist ein Platzen der Blase. Ähnlich wie in der Wirtschaftskrise. Dass irgendwann etwas passiert ist eigentlich klar, nur wann und unter welchen Umständen ist offen.
 
Im 18. Jahrhundert, das lernt man heut schon in der Schule, begann ein einmaliger und für Europa sehr wichtiger Prozeß: Die Aufklärung, die um 1750 mit der breiten Diskussion der ersten Enzyklopädie ihren Höhepunkt erreichte.

Doch eines bleibt unerwähnt: Was war die Ursache der Aufklärung? War es wirklich das Bürgertum, das aufbegehrte und einen Bildungshunger hat, wie von manchen (marxistischen?) Theoretikern angenommen?
Aber das reine Bedürfnis nach Bildung gab es auch zu Fugers und Adam Ries Zeiten, auch Universitäten und Buchdruck gab es schon lange, wieso kam es grade dann zur Aufklärung?

Ich verstehe das Zeitalter der Aufklärung ? Wikipedia als die dynamische Phase eines schon früher begonnenen Prozesses. Besonders Entwicklungen, die das Denken und Fühlen aller Menschen betreffen, benötigen meist mehrere Generationen bis sie bei der breiten Masse ankommen und eine Veränderung im Verhalten bewirken.

Ob man die Ursachen wirklich nur auf Hunger verkürzen kann? Vielleicht war eine aktuelle Hungersnot der letzte Anlaß, der in Frankreich zur Revolution führte und zur Umsetzung einer längst in vielen Anführerköpfen vorhandenen Idee.
 
Hallo,

Ich würde die Problematik grob so beschreiben ...

Der Bevölkerung ging es zu der damaligen Zeit so dreckig, dass ein Wandel geschehen musste.
Nach und während dem Dreißigjährigen Krieg ging es z.B. der Bevölkerung in Deutschland so dreckig wie noch nie. Es gab einzelne Revolten in Deutschland und dem heutigen Österreich, für eine Revolution fehlte die Basis.
Religion ist der Feind einer Revolution, oder man erfindet eine "neue" Religion. Nun frage ich mich, waren z.B. die Hussiten Revolutionäre?
 
Die Frage ist ebenso interessant wie schwierig zu beantworten.

Ein wichtiger "Megatrend" vom Mittelalter bis heute in Europa ist sicherlich die Entwicklung
von
(a) der Mensch, der als Teil einer göttlichen Ordnung zu funktionieren hat
hin zu
(b) der Mensch als selbsbestimmtes Individuum mit eigenen Zielen und Interessen

Aber wie kann man "die Ursachen" beschreiben ?

Bei allen Erklärungsmodellen möge man beachten, dass nicht abstrakte gesellschaftliche, geistige oder religiöse "Trends" oder "Entwicklungen" irgendetwas bewegen können, sondern das handelnde Subjekt immer reale Menschen sind.

Gerade lese ich "Das emotionale Leben der Nationen" von Lloyd deMause, der den roten Faden über die Entwicklung der Kindererziehung aufbaut. Auffällig ist, dass Kinder in vergangenen Epochen - mit unseren heutigen Augen betrachtet - recht brutal behandelt wurden. Sie wurden häufig weggegeben, drakonisch bestraft und wurden sehr früh als erwachsen betrachtet.

In jedem Falle stimme ich der Sichtweise zu, dass jeder langfristigen gesellschaftlichen Entwicklung eine Veränderung der Behandlung der Kinder vorausgeht, was eine allmähliche Veränderung des Menschenbildes zu Folge hat. Dadurch wird eine Veränderung in der Kindererziehung bewirkt, die wiederum zu einer Veränderung des Menschenbildes führt, usw.

Oben habe ich eingeschränkt, dass die Behandlung der Kinder nur mit unseren heutigen europäischen Augen "brutal" zu nennen ist. In Wirklichkeit aber bin ich der Meinung, dass jede in einer Kultur übliche "Brutalität" ein integraler Bestandteil eben dieser Kultur ist. Vielleicht könnte man sagen, dass zum Funktionieren einer jeden spezifischen kulturellen Einheit eine bestimmte Motivation der Individuen notwendig ist, und diese erreicht wird durch die Einrichtung eines spezifischen Musters an Neurosen bei jedem ihr angehörenden Individuum.

Aber auch dies ist keine Ursache, sondern nur der Mechanismus, der diese über einen Zeitraum von anderthalb Jahrtausenden zu beobachtenden Individualisierung tradiert haben könnte, es fehlt noch ein Treiber.

Ich sehe als Treiber den technischen Fortschritt i. V. m. der steigenden Bevölkerungsdichte, die zu einer arbeitsteiligen Gesellschaft führte, zu deren Funktionieren ein indidualistischer Menschentp vorteilhaft war.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was ist Aufklärung? Eine mögliche Antwort:

„Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit",

sagt zumindest Kant.

Die Ursache für diese Entwicklung ist, dass Unmündigkeit keinem gefällt; und wenn man an Dingen, die einem nicht gefallen, auch noch selbst schuld ist, ist das nicht nur blöd, sondern auch noch peinlich...
 
Die Ursache für diese Entwicklung ist, dass Unmündigkeit keinem gefällt; und wenn man an Dingen, die einem nicht gefallen, auch noch selbst schuld ist, ist das nicht nur blöd, sondern auch noch peinlich...
aber das war es tausend Jahre vorher ja eigentlich auch schon.
 
Ich empfehle für die Beschäftigung mit der Aufklärung das erschwingliche Büchlein:

Was ist Aufklärung? Kant, Erhard, Hamann, Herder, Lessing, Mendelssohn, Riem, Schiller, Wieland. Reclam, Stuttgart 2008.

Hier kann man vielleicht aus verschiedenen Perspektiven aus der Epoche der Aufklärung auch Antworten auf die Frage nach den "Ursachen" finden... wobei ich nicht ganz verstehe, worauf genau die Frage abzielt, da man bei einer solchen geistigen Entwicklung wohl schwerlich Ursachen ausmachen kann, wie es zum Beispiel bei der Frage möglich sein kann, warum eine beliebige historische Person dieses oder jenes tat.

Vielleicht sollte man nicht nach Ursachen, sondern vielmehr nach Bedingungen fragen, in denen sich eine Idee wie die Aufklärung entfalten konnte und hierzu würde ich in diesem Fall die zunehmende Hinwendung zur ratio und Wissenschaft und sehen. Ganz vereinfacht gesprochen kann man dann vom Humanismus aus weiter schreiten und beobachten, wie die Wissenschaft immer bedeutender (in der Erklärung der Welt) wurde, wie das Bürgertum, das durch Handelserfolge und wissenschaftliche sowie künstlerische Leistungen, immer mehr an Selbstbewusstsein gewann, so dass aufbäumende Gedanken gegenüber Herrschern möglich wurden etc....

Um zu verstehen aus welchem Boden die Aufklärung kommt, sollte man vielleicht tatsächlich die Frage stellen, wie schon Reinecke hier tat, "Was ist Aufklärung?"
Denn so leicht und undifferenziert wie hier an anderer Stelle und durch mich geschehen, kann man die Frage nach den "Ursachen" bzw. nach den Bedingungen der Aufklärung nicht beantworten.
Vor allem sollte man bedenken, dass die Aufklärung keine Sache ist, die man in zwei Sätzen beschreiben resp. definieren kann. Die Epoche der Aufklärung zog sich über eine lange Zeit hin und es gab schon in dieser Zeit verschiedene Ansichten dazu, was Aufklärung überhaupt ist...
 
Kolonialismus als eine mögliche Ursache?

Kann es sein, dass eine Beziehung zwischen Kolonialismus und Aufklärung besteht, wie in manchen intellektuellen Rahmen oft behauptet?

Mir wären 2 mögliche Erklärungen denkbar:
1. Der Kolonialismus schuf bei den Kolonisatoren natürlich das Bewusstsein, dass die fremden irgendwie unter ihnen zu stehen haben. In diesen Moment war es nur konsequent, sich von den unterlegenen kulturrell abgrenzen zu wollen, eben indem man eigene Anschauungen von Aberglauben reinigt.
2. Der Kolonialismus hat ein Überlegenheitsgefühl der Kolonisatoren bereits vorausgesetzt (!), zunächst über das Christentum, dann eben, als auch die Kolonisierten missioniert wurden, über die Aufklärung. Wäre das möglich?
 
Ich glaube nicht, dass der Aufklärungsgedanke aus einem Überlegenheitsgefühl gegenüber den damals sogenannten "Wilden" entstand. Denkbar finde ich hier die Variante, dass man sich gerade wegen Fortschrittlichkeit in Wissenschaft und Kultur überlegen fühlte, doch ich weiß nicht, wie das in Zusammenhang mit der Entstehung der Idee "Aufklärung" stehen soll.

Deinen zweiten Punkt habe ich leider nicht wirklich verstanden. Was würde das für die Bedingungen der Aufklärung bedeuten?

Interessant wird für die Gelehrten der Zeit des Kolonialismus gewesen sein, dass sie das eurozentrische Weltbild verlassen bzw. erweitern mussten. Vielleicht kann also gerade die Relativierung der eigenen Anschauung und nicht ein Gefühl der Überlegenheit als eine Bedingung für die Idee Aufklärung gesehen werden. Man denke zum Beispiel an Rousseau, der zwar auch den naiven "Wilden" zeichnet, jedoch in ihm den ursprünglich guten Menschen sieht, während der Keim des Bösen, die Dekadenz im fortschrittlichen Menschen gesehen wird... das Beispiel hinkt etwas, kann aber vielleicht zeigen, welche Horizonterweiterung ich in etwa meine.
 
ich glaube, dass Fortschritte in der Wissenschaft die Aufklärung beflügelt hatten.

Dadurch kam die Doktrin der Kirche, dass alles von oben gottgewollt daherkommt, immer mehr ins wanken.

Die Verfügbarkeit des Buchdrucks hat das seine dazugetragen. Früher musste man notgedrungen alles glauben, was einem am Gottesdienst vorgetragen wurde. Der Siegeszug des Buches erlaubte, dass - für die damalige Zeit - alternatives Wissen weitergetragen wurde.
 
Die Verfügbarkeit des Buchdrucks hat das seine dazugetragen. Früher musste man notgedrungen alles glauben, was einem am Gottesdienst vorgetragen wurde. Der Siegeszug des Buches erlaubte, dass - für die damalige Zeit - alternatives Wissen weitergetragen wurde.

Der Buchdruck hat sicher dazu beigetragen, die Welt zu verändern. Ohne Buchdruck wäre die Reformation nicht so "erfolgreich" gewesen. Doch für die Aufklärung muss es eine andere Erklärung geben, denn zwischen der Etablierung des Buchdrucks und der Aufklärung liegen immerhin 300 Jahre.
 
@KantHolz
Die "Aufklärung" hatte ihre Wurzeln bereits im Mittelalter.
Nur weil später einem Zeitalter der Begriff "Aufklärung" übergestülpt wurde, heisst es ja nicht, dass zuvor nicht geforscht, gedacht, gelehrt und philosophiert wurde.
Ein interessantes Buch zum Thema, bei Amazon leider vergriffen.
Kurt Flasch, Udo Reinhold Jeck (Hrsg.): "Das Licht der Vernunft. Die Anfänge der Aufklärung im Mittelalter"
Man verkennt das Mittelalter, wenn man es als Gegensatz zur Aufklärung stilisiert. Die Aufklärung hatte Wurzeln im Mittelalter. Die Beiträge dieses Bandes sind von international bekannten Fachleuten verfasst und behandeln allgemeinverständlich die Ansätze zu einer rationalen Erforschung der Welt im Mittelalter. Der Band ist eine gut lesbare Einführung in die mittelalterliche Philosophie und Wissenschaft.
http://openlibrary.org/books/OL134999M/Licht_der_Vernunft
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

Ich würde die Problematik grob so beschreiben ...

Der Bevölkerung ging es zu der damaligen Zeit so dreckig, dass ein Wandel geschehen musste. Vorher ging es ihnen doch einigermaßen gut. Doch dann wurde das Brot knapp. Solange die Menschen was zwischen den Zähnen haben, ist doch alles recht so wie es ist. Doch ändert sich dies, wird alles anders. Ein anderer Herrscher hätte vielleicht für Brot gesorgt und es wäre anders gekommen. Aber je größer die Repression des Staats, desto wahrscheinlicher ist ein Platzen der Blase. Ähnlich wie in der Wirtschaftskrise. Dass irgendwann etwas passiert ist eigentlich klar, nur wann und unter welchen Umständen ist offen.
Das mit der Brotknappheit gab es immer wieder und das 18.Jh. war nun nicht mal dasjenige mit so übermäßig vielen Hungerkatastrophen. Ganz im Gegenteil: in Preußen bspw. baute man dagegen unter Friedrich II. durch die Anlage von Magazinen vor.
Was Du beschreiben könntest, wäre die Zuspitzung der Lage vor der Französischen Revolution und auch das träfe Deine Beschreibung nur halb, da eben die Repressionen durch den Staat zu der Zeit nicht zu sondern eher abnahmen. Louis XVI mochte noch über Instrumente wie die Lettres de Cachet verfügt haben, war aber doch eher ein sanftmütiger und kompromisbereiter Herrscher.

Nach und während dem Dreißigjährigen Krieg ging es z.B. der Bevölkerung in Deutschland so dreckig wie noch nie. Es gab einzelne Revolten in Deutschland und dem heutigen Österreich, für eine Revolution fehlte die Basis.
Religion ist der Feind einer Revolution, oder man erfindet eine "neue" Religion. Nun frage ich mich, waren z.B. die Hussiten Revolutionäre?
Im Dreißigjährigen wie auch im Zuge aller möglicher großer Kriege (wie auch im Span. Erbfolgekrieg) gab es zwar Aufstände und auch sehr große Aufstände, aber wie Du richtig sagst fehlt zu einer Revolution die Basis. Nun wäre die Frage, ob man bei der Basis ein Gedankenkonstrukt oder Ziel oder aber eine bestimmte personelle Schicht benötigte, welche bereit und fähig war, sich für die Revolution einzusetzen.

Kann es sein, dass eine Beziehung zwischen Kolonialismus und Aufklärung besteht, wie in manchen intellektuellen Rahmen oft behauptet?

Mir wären 2 mögliche Erklärungen denkbar:
1. Der Kolonialismus schuf bei den Kolonisatoren natürlich das Bewusstsein, dass die fremden irgendwie unter ihnen zu stehen haben. In diesen Moment war es nur konsequent, sich von den unterlegenen kulturrell abgrenzen zu wollen, eben indem man eigene Anschauungen von Aberglauben reinigt.
2. Der Kolonialismus hat ein Überlegenheitsgefühl der Kolonisatoren bereits vorausgesetzt (!), zunächst über das Christentum, dann eben, als auch die Kolonisierten missioniert wurden, über die Aufklärung. Wäre das möglich?

Ich finde das abwegig.
Bei dem Gewinn der Kolonien ging es vorrangig um finanzielle, machtpolitische und wirtschaftspolitische Interessen. Verschiedene Faktoren trugen dazu bei, dass die Eroberung von Kolonien ab dem 15. Jh. möglich wurden (genügendes Bevölkerungspotenzial des Mutterlandes, Fortschritte im Schiffsbau, Entdeckungen, Fortschritte der Wissenschaften...).
Die Kolonien wirkten zwar auf Alteuropa zurück, aber auf ganz manigfaltige Weise, dass man hier nicht alles ausführen kann. Gewiss kann man aber die Vorstellung der guten, natürlichen, also unverdorbenen Wilden, welche in der Aufklärungszeit so beliebt wurden durch die Entdeckungen und Kontakte mit der Urbevölkerung der gewonnenen Länder erklären.

Der Buchdruck hat sicher dazu beigetragen, die Welt zu verändern. Ohne Buchdruck wäre die Reformation nicht so "erfolgreich" gewesen. Doch für die Aufklärung muss es eine andere Erklärung geben, denn zwischen der Etablierung des Buchdrucks und der Aufklärung liegen immerhin 300 Jahre.

Der Buchdruck blieb aber lange verhältnismäßig ungenutzt.

Im 18.Jh. fand tatsächlich eine regelrechte Explosion der Veröffentlichungen statt. Ich müsste nochmal schauen, aber es gibt viel Literatur zum Büchermarkt der Aufklärungszeit und es lässt sich defenitiv feststellen, dass die Zahl der Bücher in den Haushalten rapide innerhalb des Jahrhunderts zunahm.
Der Buchdruck war also schon wichtig, aber im 18.Jh. platzte sozusagen der Knoten, was dazu führte, dass nun deutlich mehr gelesen wurde.

Bezeichnend ist die Verbreitung von Lesezirkeln, öffentlichen Bibliotheken und dem Ideal des gebildeten Menschen welcher direkt mit dem Lesenden oftmals verbunden ist.
 
Der Buchdruck blieb aber lange verhältnismäßig ungenutzt.

Im 18.Jh. fand tatsächlich eine regelrechte Explosion der Veröffentlichungen statt. Ich müsste nochmal schauen, aber es gibt viel Literatur zum Büchermarkt der Aufklärungszeit und es lässt sich defenitiv feststellen, dass die Zahl der Bücher in den Haushalten rapide innerhalb des Jahrhunderts zunahm.
Der Buchdruck war also schon wichtig, aber im 18.Jh. platzte sozusagen der Knoten, was dazu führte, dass nun deutlich mehr gelesen wurde.

Dann müssen Bücher allerdings auch günstiger geworden sein? Gab es vielleicht neue Vervielfältigungsmaschinen, die Druck rationeller und damit günstiger machten? :grübel:
 
Dann müssen Bücher allerdings auch günstiger geworden sein? Gab es vielleicht neue Vervielfältigungsmaschinen, die Druck rationeller und damit günstiger machten?
Ich glaube Bücher waren grundsätzlich nicht teuer in dem Sinne. Ich glaube eher, dass sich die Konsumentenschicht allmählich öffnete und zum anderen die publizierten Werke attraktiver wurden. Man denke nur an den Fortschritt des Romans.
Eine Rolle könnte auch die zunehmende Bildung in der breiten Masse der Bevölkerung sein.
Ich glaube z.B. dass Ulrich Bräker, ein Bauernsohn von recht verschuldeten Eltern, schon recht früh Bücher las.

Du musst zwischen den billigen Büchern ohne viele Kupferstiche und jenen Büchern unterscheiden, welche zum einen viele Abbildungen hatten und obendrein aufwändig vom Buchbinder im Auftrag des Buchbesitzers eingeschlagen wurden.
 
Die "Aufklärung" hatte ihre Wurzeln bereits im Mittelalter.
Nur weil später einem Zeitalter der Begriff "Aufklärung" übergestülpt wurde, heisst es ja nicht, dass zuvor nicht geforscht, gedacht, gelehrt und philosophiert wurde.
Ein interessantes Buch zum Thema,

Das Licht der Vernunft (Open Library)

U.R. Jeck kenne ich nicht, von Kurt Flasch halte ich eigentlich recht viel. Dennoch sei mir die Nachfrage erlaubt: Welche Argumente bringen die Beiträger zu dieser Sammelschrift dafür, dass die Aufklärung im MA ihren Ursprug hatte?

Der Buchdruck blieb aber lange verhältnismäßig ungenutzt.

Im 18.Jh. fand tatsächlich eine regelrechte Explosion der Veröffentlichungen statt. Ich müsste nochmal schauen, aber es gibt viel Literatur zum Büchermarkt der Aufklärungszeit und es lässt sich defenitiv feststellen, dass die Zahl der Bücher in den Haushalten rapide innerhalb des Jahrhunderts zunahm.
Der Buchdruck war also schon wichtig, aber im 18.Jh. platzte sozusagen der Knoten, was dazu führte, dass nun deutlich mehr gelesen wurde.

Bezeichnend ist die Verbreitung von Lesezirkeln, öffentlichen Bibliotheken und dem Ideal des gebildeten Menschen welcher direkt mit dem Lesenden oftmals verbunden ist.

Das sehe ich nicht so. In der Zeit um 1500 kam es zu einer regelrechten Inflation von Schundliteratur (damit ist nicht etwa erotische Ware gemeint, sondern der literarische und "wissenschaftliche" Anspruch der Druckwerke), die Publikationen der Reformation sind auch nicht zu missachten.
Das führte zu einer Renaissance handschriftlich geschriebener Werke. Prachthandschrift = teuer = gute Literatur
Druck = billig :rechts: Wahrscheinlichkeit des seichten, inhaltlich und/oder argumentativ Unrunden erhöht.
 
Das sehe ich nicht so. In der Zeit um 1500 kam es zu einer regelrechten Inflation von Schundliteratur (damit ist nicht etwa erotische Ware gemeint, sondern der literarische und "wissenschaftliche" Anspruch der Druckwerke), die Publikationen der Reformation sind auch nicht zu missachten.
Das führte zu einer Renaissance handschriftlich geschriebener Werke. Prachthandschrift = teuer = gute Literatur
Druck = billig Wahrscheinlichkeit des seichten, inhaltlich und/oder argumentativ Unrunden erhöht.
Spielt aber in der Aufklärung keine Rolle, weil Du da selbst in der "Schundliteratur" oftmals aufklärerische Gedanken hast.:winke:

Zur Öffnung des literarischen Horizonts in der Zeit lies mal z.B.: Michael North "Genuss und Glück des Lebens. Kulturkonsum im Zeitalter der Aufklärung"
 
Ich glaube nicht, dass der Aufklärungsgedanke aus einem Überlegenheitsgefühl gegenüber den damals sogenannten "Wilden" entstand. Denkbar finde ich hier die Variante, dass man sich gerade wegen Fortschrittlichkeit in Wissenschaft und Kultur überlegen fühlte, doch ich weiß nicht, wie das in Zusammenhang mit der Entstehung der Idee "Aufklärung" stehen soll.
Ich könnte mir vorstellen, dass jede Kultur sich erst mal allen anderen überlegen fühlt (wenn sie nicht durch anderweitige Erfahrungen eines anderen "belehrt" wurde), dass unsere Europäische Kultur aber durch die größeren materiellen und technischen Möglichkeiten eher Gelegenheit hatte, den anderen Kulturen diese Haltung auch militärisch zu vermitteln.
 
Ich glaube Bücher waren grundsätzlich nicht teuer in dem Sinne. Ich glaube eher, dass sich die Konsumentenschicht allmählich öffnete und zum anderen die publizierten Werke attraktiver wurden. Man denke nur an den Fortschritt des Romans.
Eine Rolle könnte auch die zunehmende Bildung in der breiten Masse der Bevölkerung sein.
Ich glaube z.B. dass Ulrich Bräker, ein Bauernsohn von recht verschuldeten Eltern, schon recht früh Bücher las.

Du musst zwischen den billigen Büchern ohne viele Kupferstiche und jenen Büchern unterscheiden, welche zum einen viele Abbildungen hatten und obendrein aufwändig vom Buchbinder im Auftrag des Buchbesitzers eingeschlagen wurden.
Ich denke, da muss man doch unterscheiden. Pamphlete waren billig, aber ein gutes Buch wohl doch recht teuer. Scheinbar war es gerade bei uns schwierig an Papier guter Qualität heranzukommen, was die Bücher aber nicht billiger machte. Andererseits musssten sie jedoch günstiger sein, wollte man sie einer breiten Schicht zukommen lassen. http://www.goethezeitportal.de/fileadmin/PDF/db/bildungsgeschichte/lucius_anmut/lucius_anmut_21.pdf


Gerade der verschuldete Bauernsohn zeugt davon, dass er vielleicht mehr Bücher kaufte, als er sich leisten konnte? ;)
 
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