Verstecken von Verfolgten

Nergal

Aktives Mitglied
Hatte vor einiger Zeit ein Gespräch mit einem mir bekannten Historiker zum Thema III. Reich.

Zum Thema Judenrettung meinte Er dass Deutsche die Juden versteckten größtenteils ohne Strafe davonkamen, jedoch von da an als politische Abweichler angesehen wurden.

Ich meinte darauf dass ich gelesen hatte dass man dafür Haftstarfen erhielt und in den letzten Kriegstagen sogar erschossen wurde.

Bei Wikipedia steht nun:
https://de.wikipedia.org/wiki/Judenretter
Jeder Unterstützer, der mit Lebensmitteln half, musste mit der Einlieferung ins Konzentrationslager rechnen. Wer Unterschlupf gewährt hatte, wurde wegen „verbotswidrigen Umgangs mit Juden“ festgenommen und von der Gestapo verhört. Oftmals wurde der Vorgang wegen weiterer Delikte wie Urkundenfälschung, Rundfunkverbrechen, Verstöße gegen die Kriegswirtschaftsverordnung oder wegen Devisenvergehen an die Staatsanwaltschaft übergeben. Haftstrafen von mehr als 24 Monaten wurden selten ausgesprochen, wenn nicht zusätzlich Anklagepunkte nach der Volksschädlingsverordnung oder wegen Hochverrats hinzukamen.

Heißt das nun dass man nur wegen Verstckens von Juden lediglich mit einem Verhör rechnen mußte aber bei Versorgung mit Nahrungsmitteln ins KZ verbracht wurde?

Und wie sah das damit in den letzten Tagen des Krieges aus?
Ich erinnere mich gelesen zu Haben dass die SS so aufgegriffene Juden und ihre Helfer erschoß?
 
Im Strafgesetzbuch gab es keine eindeutiges Verbot zur Unterstützung verfolgter Juden. Wenn ein Helfer ein Gerichtsverfahren bekam, dann war dies meist unter dem Tatbestand "Rassenschande", Urkundenfälschung, Verstösse gegen die Kriegswirtschaft etc.

Wenn jemand einen verfolgten Juden versteckte und Hilfe geleistet hat, viel das unter "Judenbegünstigung" und wurde ohne Gerichtsverfahren der Gestapo übergeben.

Runderlass vom 24. Oktober 1941:
Anordnung des RSHA (gez. Müller); von den Gestapoleitstellen den Landräten, Bürgermeistern usw. erst Mitte November 1941 mitgeteilt

"Wie in der letzten Zeit wiederholt bekannt geworden ist, unterhalten deutschblütige Personen nach wie vor freundschaftliche Beziehungen zu Juden und zeigen sich mit diesen in auffälliger Weise in der Öffentlichkeit. Da die betreffenden Deutschblütigen auch heute noch den elementarsten Grundbegriffen des Nationalsozialismus verständnislos gegenüberzustehen scheinen und ihr Verhalten als Mißachtung der staatlichen Maßnahmen anzusehen ist, ordne ich an, daß bei derartigen Vorkommnissen der deutschblütige Teil vorübergehend in Schutzhaft zu nehmen bzw. in schwerwiegenden Fällen bis zur Dauer von drei Monaten in ein Konzentrationslager, Stufe I, einzuweisen ist. Der jüdische Teil ist in jedem Falle bis auf weiteres unter Einweisung in ein Konzentrationslager in Schutzhaft zu nehmen."

Nach diesem Erlass machte die Gestapo ernst mit der Verfolgung von "Judenhelfern". Wer jüdischen Bekannten zum Beispiel Lebensmittel brachte wurde in Schutzhaft genommen. Die Folgen einer Schutzhaft konnte sein - Einweisung in ein Konzentrationslager, Gefängnis- und Zuchthausstrafen, kurze Haft im Gestapogefängnis, Einschüchterungen (Folter?) durch die Gestapo, Verwarnungen. Das Riksio einer "Judenhifle" sollte nicht mehr kalkulierbar sein und die Helfer wussten nicht ob sie in ein KZ kommen oder nicht. Die Judenhilfe sollte als äusserst risikoreich erscheinen.

Trotzdem gab es zahlreiche "Stille Helden" bis heute sind ca. 3000 Namen der Forschung bekannt, die Juden geholfen haben. Dies zeigt auch, dass die NS-Diktatur nicht so hermetisch funktionierte wie sie drohten.

Nergal schrieb:
Heißt das nun dass man nur wegen Verstckens von Juden lediglich mit einem Verhör rechnen mußte aber bei Versorgung mit Nahrungsmitteln ins KZ verbracht wurde?

Ich weiss nicht ob dir die Verhörmethoden der Gestapo bekannt sind. Aber von "lediglch mit einem Verhör" zu sprechen ist wohl sehr harmlos.

Wie oben schon geschrieben, wurde nicht wegen dem Tatbestand der "Judenbegünstigung" Menschen verurteilt, sondern wegen "Rassenschande" etc. Der Verhaftete musste damit rechnen ins KZ zu kommen - so oder so.


Nergal schrieb:
Ich erinnere mich gelesen zu Haben dass die SS so aufgegriffene Juden und ihre Helfer erschoß?

Da muss ich in der Literatur nachschauen. Weisst du noch wo du das gelesen hast?
 
Da muss ich in der Literatur nachschauen. Weisst du noch wo du das gelesen hast?
Ich denke das war in einem Buch über die letzten Tage des Krieges, und den Kampf um Berlin.

Den Titel weiß ich nicht mehr, es müßte aber aus meiner lokalen Bibliothek sein.
Wenn die das noch haben kann ich das weitergeben.
 
Mit zunehmenden Fortschreiten des Krieges wurde man immer dünnhäutiger. Menschen wurden wegen geringster Vergehen hingerichtet, in Berlin gab es Greifkommandos, die ziemlich wahllos hinrichteten wen sie als Fahnenflüchtigen etc. identifizierten. Die Bevölkerung bekam Bezüge auf Lebensmittelmarken, wer schwarzhandelte musste mit schweren Strafen rechnen. Wer nach einem Bombenangriff plünderte, musste damit rechnen, ermordet zu werden. Wer Juden (oder Angehörige anderer Opfergruppen) versteckte, der musste diese auch versorgen. Das war aus nationalsozialistischer Sicht Sabotage. Gegen Ende des Krieges machte man mit den Gegnern, echten wie vermeintlichen, kurzen Prozess. Im Morden hatte man ja seit Jahren Übung.
 
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