Hallo liebes Geschichtsforum! :winke:
Im Moment befasse ich mich (wieder mal) mit der Französischen Revolution. Interessant finde ich dabei vor allem die Entwicklung am Ende, also noch vor Napoleon. Eine Frage aber beschäftigt mich seit Tagen besonders:
War die Todesstrafe für Ludwig XVI gerechtfertigt?
Mögliche Argumente:
Ich lasse meinen Gedanken freien lauf und liste mal mögliche Argumente als Basis für eine lebhafte Diskussion auf. Es würde mich freuen, wenn man sich ihnen bedient bzw. Bezug zu ihnen nimmt.
Ja, gerechtfertigt, denn...
1. Ludwig hat unermesslich viel Leid zu verantworten. Seine Todesstrafe ist gerechtfertigt. Mit der Todesstrafe ist er "angemessen" zur Rechenschaft gezogen worden.
2. Nur mit seinem Tod konnte die Monarchie (wenn auch nach der Revolution nur noch konstituell) gänzlich abgeschafft werden.
3. Ludwig war nach wie vor eine Symbolfigur der Monarchie. Seine Todesstrafe war die Vorbeugung gegen die (durch seine Existenz drohende) Wiederherstellung des feudalen Systems. Es sollte allen Monarchisten zeigen, dass ein Kapitel in der Geschichte abgeschlossen wurde.
4. Ludwig vertrat nicht die Leitgedanken der Aufklärung. Er hinderte den Prozess der fortschritlichen Entwicklung hin zur Republik.
5. Die Hinrichtung der Hauptverantwortlichen der Greultaten der ehemaligen Regierung ist ein "natürlicher" Teil und ein klares Symbol jeder Revolution.
6. Über die Todesstrafe wurde mit einer - wenn auch knappen - Mehrheit in der Nationalversammloung abgestimmt. Der Prozess lief also auf demokratischer Basis ab und ist mit dem Freiheits- und Gerechtigkeitsgedanken der Aufklärung völlig legitim.
Nein, nicht gerechtfertigt, denn...
1. Eine Todesstrafe ist immer ungerechtfertigt (siehe hierzu Argumente gegen Todesstrafe von Amnesty International). Töten ist nie gerecht, auch dann nicht, wenn es staatlich angeordnet wird. Auch Mörder haben das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte garantierte Recht auf Leben. Töten ist schlichtweg unmoralisch. Da man damals noch eine andere Auffassung vom Wert eine Menschenleben hatte, wurde eine tödlichen Verurteilung schneller gefasst. Aus gegenwärtiger (deutscher) Sicht ist es so nicht mehr zu vertreten.
2. Der Tod Ludwigs hatte für die Entwicklung der Revolution keine Bedeutung mehr gehabt, da sie bereits abgeschlossen war. Die Hinrichtigung war damit ein ungerechtfertiges Auslöschen eines Menschenlebens.
3. Durch den Tod des Täters wird nie das (nachträgliche) Leid des Opfers beseitigt.
4. Das Abfangen der flüchtenden königlichen Familie ist fraglich. Die Flucht zeigt, dass Ludwig kein weiteren Anspruch mehr als die Achtung seines Lebensrechtes hat.
5. Im Exil hätte Ludwig keinen "schädlichen Einfluss" auf die politische Entwicklung des Landes machen können. Das zeigen Entwicklungen anderer historischer Epochen (Kaiser Willhelm im holländischen Exil, 20 Jahre friedliche Lebenszeit).
6. Das Urteil ist aus der "Gefühlswelt" entstanden. Es zeigt das damalige rationale Denken und die nicht korrekte Auffassung des Gerechtigkeitsbegriffs. Urteile fielen extrem aus: Alles wurde "weggesperrt", Versuche der Eingliederung von sozial schwierigen Menschen wurden nicht vorgenommen. Die Todesstrafe war leichter als eine fürsorgliche Behandlung. Die Justiz hat damals somit falsch geurteilt, zumindest ist es fraglich, ob der Prozess rechtmäßig nach demokratischem Vorbild verlaufen ist.
7. Das Scheitern der konstitutionellen Monarchie ist (unter anderem auch) auf die allgemeine Unfähigkeit der neuen Legislative (der Uneinigkeit des Dritten Standes) zurück zu führen. Prozess und der Verurteilung sollten beim Volk den Anschein erwecken, alle Probleme der neuen Regierung seien auf das immer noch existierende System und seinem Hauptrepräsentant, den König Ludwig, zurückzuführen.
8. Mit dem Tod wollte eine Gruppe radikaler Reformer, allen vorran Robespierre, eine politische Neuentwicklung hin zur Republik erziehlen. Das dies auf dem einfachsten Weg ein Menschenleben kostete, war den Radikalen gleichgültig angesichts der "Opfer", welche der Absolutismus gefordert hatte.
Was meint ihr?
Hat sich der König wirklich so viel zu schulden kommen lassen, dass eine tödliche Verurteilung gerechtfertigt war? Oder gibt es dafür schlichtweg kein Maß, weil die Todesstrafe in einer Demokratie unter keinen Umständen moralisch vertretbar ist?
Ich freue mich auf eure Stellungnahme. Bitte auf Basis von Fakten argumentieren, und bitte beim Thema bleiben.
Nur zur Info: Ich bin Schüler, 17 Jahre alt, Stufe 11 (Oberstufe), Geschichte GK, Deutsch- u. Sowi LK.
Vielen Danke im Vorraus!!! :winke:
Im Moment befasse ich mich (wieder mal) mit der Französischen Revolution. Interessant finde ich dabei vor allem die Entwicklung am Ende, also noch vor Napoleon. Eine Frage aber beschäftigt mich seit Tagen besonders:
War die Todesstrafe für Ludwig XVI gerechtfertigt?
Mögliche Argumente:
Ich lasse meinen Gedanken freien lauf und liste mal mögliche Argumente als Basis für eine lebhafte Diskussion auf. Es würde mich freuen, wenn man sich ihnen bedient bzw. Bezug zu ihnen nimmt.
Ja, gerechtfertigt, denn...
1. Ludwig hat unermesslich viel Leid zu verantworten. Seine Todesstrafe ist gerechtfertigt. Mit der Todesstrafe ist er "angemessen" zur Rechenschaft gezogen worden.
2. Nur mit seinem Tod konnte die Monarchie (wenn auch nach der Revolution nur noch konstituell) gänzlich abgeschafft werden.
3. Ludwig war nach wie vor eine Symbolfigur der Monarchie. Seine Todesstrafe war die Vorbeugung gegen die (durch seine Existenz drohende) Wiederherstellung des feudalen Systems. Es sollte allen Monarchisten zeigen, dass ein Kapitel in der Geschichte abgeschlossen wurde.
4. Ludwig vertrat nicht die Leitgedanken der Aufklärung. Er hinderte den Prozess der fortschritlichen Entwicklung hin zur Republik.
5. Die Hinrichtung der Hauptverantwortlichen der Greultaten der ehemaligen Regierung ist ein "natürlicher" Teil und ein klares Symbol jeder Revolution.
6. Über die Todesstrafe wurde mit einer - wenn auch knappen - Mehrheit in der Nationalversammloung abgestimmt. Der Prozess lief also auf demokratischer Basis ab und ist mit dem Freiheits- und Gerechtigkeitsgedanken der Aufklärung völlig legitim.
Nein, nicht gerechtfertigt, denn...
1. Eine Todesstrafe ist immer ungerechtfertigt (siehe hierzu Argumente gegen Todesstrafe von Amnesty International). Töten ist nie gerecht, auch dann nicht, wenn es staatlich angeordnet wird. Auch Mörder haben das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte garantierte Recht auf Leben. Töten ist schlichtweg unmoralisch. Da man damals noch eine andere Auffassung vom Wert eine Menschenleben hatte, wurde eine tödlichen Verurteilung schneller gefasst. Aus gegenwärtiger (deutscher) Sicht ist es so nicht mehr zu vertreten.
2. Der Tod Ludwigs hatte für die Entwicklung der Revolution keine Bedeutung mehr gehabt, da sie bereits abgeschlossen war. Die Hinrichtigung war damit ein ungerechtfertiges Auslöschen eines Menschenlebens.
3. Durch den Tod des Täters wird nie das (nachträgliche) Leid des Opfers beseitigt.
4. Das Abfangen der flüchtenden königlichen Familie ist fraglich. Die Flucht zeigt, dass Ludwig kein weiteren Anspruch mehr als die Achtung seines Lebensrechtes hat.
5. Im Exil hätte Ludwig keinen "schädlichen Einfluss" auf die politische Entwicklung des Landes machen können. Das zeigen Entwicklungen anderer historischer Epochen (Kaiser Willhelm im holländischen Exil, 20 Jahre friedliche Lebenszeit).
6. Das Urteil ist aus der "Gefühlswelt" entstanden. Es zeigt das damalige rationale Denken und die nicht korrekte Auffassung des Gerechtigkeitsbegriffs. Urteile fielen extrem aus: Alles wurde "weggesperrt", Versuche der Eingliederung von sozial schwierigen Menschen wurden nicht vorgenommen. Die Todesstrafe war leichter als eine fürsorgliche Behandlung. Die Justiz hat damals somit falsch geurteilt, zumindest ist es fraglich, ob der Prozess rechtmäßig nach demokratischem Vorbild verlaufen ist.
7. Das Scheitern der konstitutionellen Monarchie ist (unter anderem auch) auf die allgemeine Unfähigkeit der neuen Legislative (der Uneinigkeit des Dritten Standes) zurück zu führen. Prozess und der Verurteilung sollten beim Volk den Anschein erwecken, alle Probleme der neuen Regierung seien auf das immer noch existierende System und seinem Hauptrepräsentant, den König Ludwig, zurückzuführen.
8. Mit dem Tod wollte eine Gruppe radikaler Reformer, allen vorran Robespierre, eine politische Neuentwicklung hin zur Republik erziehlen. Das dies auf dem einfachsten Weg ein Menschenleben kostete, war den Radikalen gleichgültig angesichts der "Opfer", welche der Absolutismus gefordert hatte.
Was meint ihr?
Hat sich der König wirklich so viel zu schulden kommen lassen, dass eine tödliche Verurteilung gerechtfertigt war? Oder gibt es dafür schlichtweg kein Maß, weil die Todesstrafe in einer Demokratie unter keinen Umständen moralisch vertretbar ist?
Ich freue mich auf eure Stellungnahme. Bitte auf Basis von Fakten argumentieren, und bitte beim Thema bleiben.
Nur zur Info: Ich bin Schüler, 17 Jahre alt, Stufe 11 (Oberstufe), Geschichte GK, Deutsch- u. Sowi LK.
Vielen Danke im Vorraus!!! :winke: