Warum wollte Österreich zu Deutschland?

Die Mehrheit der führenden Ö-Sozialdemokraten im Exil waren bis 1943 ( verkürzt formuliert für einen Anschluss Österreichs an Deutschland) .

Eine sehr interessante Erklärung der Sozialdemokraten:

" ....
Brüsseler Deklaration [Bearbeiten]

Da die Sitzungsprotokolle der französischen Exilperiode der AVOES gemeinsam mit der einschlägigen Korrespondenz verloren gingen, lässt sich der Inhalt des Manifestes lediglich aus den Publikationen der AVOES rekonstruieren. Die Grundzüge:
  • Das Ziel der AVOES ist nicht der Kampf bzw. die Förderung des Kampfes gegen Hitler, sondern die Förderung einer Revolution nach Hitler,
  • ein antifaschistischer Krieg zur Verteidigung bzw. zur Wiedererrichtung der geschlagenen Demokratien ist ausgeschlossen[2].
  • Die erhoffte Revolution darf nicht von außen verordnet werden, sie muss als autarke Bewegung aus dem Land selbst hervorgehen. Um dieser Revolution eine entsprechende Durchschlagskraft zu verleihen muss sie im gesamtdeutschen Rahmen erfolgen, der Anschluss ist also nicht rückgängig zu machen.
....."

Auslandsvertretung der österreichischen Sozialisten ? Wikipedia
 
Die Frage nach der Vereinigung Österreichs mit Deutschland muss immer in einem bestimmten zeitlichen Rahmen betrachtet werden.

Nach dem 1.Weltkrieg war Österreich von einer Grossmacht zu einem Kleinstaat herabgesunken, quasi über Nacht. Die Verzweiflung und der Frust in der Bevölkerung über diesen neuen, ungewohnten Status liessen die Rufe nach einem Anschluss an Deutschland laut werden - dieser zog sich quer durch alle Parteien, man hielt den neuen Staat einfach nicht für lebensfähig (dieser Tenor begann bereits in der Verfassung der neuen Republik: "Deutsch-Österreich ist eine Republik, sie ist Bestandteil des deutschen Reiches.").

Die grössten Probleme bestanden im Verlust traditioneller Wirtschaftsverbindungen, Rohstoffbasen und Absatzmärkten, dem Lieferboykott der feindlich gesinnten Nachbarländer und der Wirtschaftsblockade durch die Siegermächte sowie der Arbeitslosigkeit, der Inflation und dem drohenden Staatsbankrott. Rohstoff - und Energieknappheit brachten den mehrfachen Zusammenbruch von Stromnetzen und Energieversorgung mit sich, und das Wegfallen wichtiger Agrargebiete der alten Krone führte in eine Hungersnot der Bevölkerung, sodass Österreich auf Hilfslieferungen angewiesen war.



Im Nachhinein zeigt sich, dass die Einschätzung von der nicht vorhandenen Überlebensfähigkeit zu Unrecht gemacht wurde: das Problem war nicht die Eigenschaft als Kleinstaat an sich, sondern eher schon der Übergang zu diesem. Immerhin besass man als Kerngebiet des alten Reichs eine relativ entwickelte Industrie, eine günstige Verkehrslage und viele qualifizierte Fachkräfte, aber auch Rohstoffquellen (damals grösstenteils noch unerschlossen). Auf lange Sicht waren die Wirtschaftsvoraussetzungen nicht so schlecht, wie zunächst angenommen.

Wie bereits erwähnt wurde, setzten die Siegermächte (v.a. FR) ein Anschlussverbot durch und der Name "Deutschösterreich" wurde zu Österreich.


Ab 1933 änderte sich die Stimmung, das austrofaschistische Regime tat alles, um den auch im eigenen Land im Aufwind steigenden Nationalsozialisten den Wind aus den Segeln zu nehmen, allerdings wirkte alles wie ein schlechter Abklatsch des Nachbarn (angefangen beim Kruckenkreuz als auserkorenes Staatssymbol).

Auf der anderen Seite jedoch war Österreich von Anfang an Hauptelement der auf Expansion gerichteten NS-Aussenpolitik, aber weniger wegen vorgeschobener "völkischer" Motive und "Heim ins Reich"-Phrasen, sondern aus pragmatisch-wirtschaftlichen Überlegungen: Im Deutschen Reich herrschte Arbeitskräftemangel, Rohstoff - und Devisenknappheit, weswegen man auf Österreich zugreifen wollte. Die dortigen Erzvorkommen, Magnesit - und Graphitlager, sowie die nicht vollständig ausgelasteten Industriekapazitäten und nicht zuletzt die Gold - und Devisenvorräte (sie übertrafen die deutschen um das 17fache!). Nicht zu vergessen der Holzreichtum, die vielen Arbeitslosen und das Energiepotenzial (Erdöl, Wasserkraft) und die Möglichkeit, Divisionen zu rekrutieren, um die Truppenstärke für den kommenden Krieg zu erhöhen. Die Fortführung des deutschen Aufrüstungsprogramms stand kurz vor dem Scheitern.

Der ab 1937 immer stärker werdende Druck liess die Regierung Schuschnigg schnell die Nerven verlieren und so wurde das Land schliesslich im März '38 leichte Beute.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich würde wirtschaftliche Gründe nicht zu sehr in den Vordergrund stellen. Meines Erachtens war da seit dem 1. Weltkrieg ein erhebliches völkischfühlendes Element spürbar, das auf "Brüderschaft" etc. hinauslief ( z.B. ganz deutlich ausgeprägt schon durch die gemeinsamen Einsätze des dt. Alpenkorps 1915 mit den Österreichern in den Dolomiten, aber auch schon vorher an der Ostfront und später in Rumänien; sehr ausgeprägt nochmals nach der Offensive 1917 am Isonzo und dem österr.-dt. Durchbruch bis zur Piave).

Die Literatur jener Zeit betont auch immer wieder den gemeinsamen stammesgeschichtlichen Hintergrund der Österreicher mit den Deutschen, vor allem den Süddeutschen. Und das nicht erst seit der sog. "Alldeutschen Bewegung", die sich quasi schon um 1900 ein Großdeutsches-Germanisches Reich" erhofft hatte.

Schon 1848 nach der Revolution in Deutschland war ja eine "Großdeutsche Lösung" im Gespräch gewesen, die damals allerdings scheiterte.

Über die angedachten EU-Regionen kann heute so etwas natürlich langfristig wieder Wirklichkeit werden, z.B. eine EU-Region Bayern-Österreich- Südtirol...................
 
Ich würde wirtschaftliche Gründe nicht zu sehr in den Vordergrund stellen. Meines Erachtens war da seit dem 1. Weltkrieg ein erhebliches völkischfühlendes Element spürbar, das auf "Brüderschaft" etc. hinauslief ( z.B. ganz deutlich ausgeprägt schon durch die gemeinsamen Einsätze des dt. Alpenkorps 1915 mit den Österreichern in den Dolomiten, aber auch schon vorher an der Ostfront und später in Rumänien; sehr ausgeprägt nochmals nach der Offensive 1917 am Isonzo und dem österr.-dt. Durchbruch bis zur Piave).

"Völkische Gefühle" besitzen keinen praktischen Wert, sondern spielen höchstens in der Propaganda und Rassentheorie eine Rolle. In einem Krieg bringen solcherlei Dinge wenig. Im Falle Österreichs waren diese höchstens ein Bonus, angesichts der vorhandenen Ressourcen, die ich bereits erwähnte.

Die gemischten Einsätze im 1.Weltkrieg haben einen ganz logischen Grund: Bündnispartner pflegen nun einmal Kooperation in allen Bereichen, der militärische ist da nur ein Aspekt.



Die Literatur jener Zeit betont auch immer wieder den gemeinsamen stammesgeschichtlichen Hintergrund der Österreicher mit den Deutschen, vor allem den Süddeutschen. Und das nicht erst seit der sog. "Alldeutschen Bewegung", die sich quasi schon um 1900 ein Großdeutsches-Germanisches Reich" erhofft hatte.


Es ist immer noch Fakt, dass Österreich in ethnisch-kultureller Hinsicht Bestandteil des (süd-)deutschen Raumes war/ist, daher ist die "gezwungene" Art der Distanzierung der Österreicher von Deutschland, wie sie seit 1945 betrieben wird, nicht ganz stichhaltig. Aber zum Staat Österreich kann man trotz dieser jahrhundertelangen gemeinsamen Vergangenheit immer noch stehen.

In der Monarchie waren diese "alldeutschen" Strebungen Abwehrmechanismus gegen die zunehmenden Nationalismen der anderen Ethnien, allen voran der Slawen.
 
In der Monarchie waren diese "alldeutschen" Strebungen Abwehrmechanismus gegen die zunehmenden Nationalismen der anderen Ethnien, allen voran der Slawen.

Nicht dein Ernst oder.

Die meisten Slawen im Reich waren einer Magyarisierung ausgesetzt und auch in Tschechien war die Oberschicht meist nicht slawisch.
 
"Völkische Gefühle" besitzen keinen praktischen Wert, sondern spielen höchstens in der Propaganda und Rassentheorie eine Rolle. In einem Krieg bringen solcherlei Dinge wenig. Im Falle Österreichs waren diese höchstens ein Bonus, angesichts der vorhandenen Ressourcen, die ich bereits erwähnte.

In der Monarchie waren diese "alldeutschen" Strebungen Abwehrmechanismus gegen die zunehmenden Nationalismen ...

Sehe ich auch so. Bereits die Kriegsphase brachte eine Anlehnung an das Deutsche Reich bzw. dessen Verstärkung.

Soweit nationale Gefühle nach 1918 sichtbar wurden, standen diese im Kontext des verlorener Krieges. In der unmittelbaren Nachkriegsphase gab es zahlreiche Stimmen in der Öffentlichkeit, dass das amputierte Österreich allein nicht lebensfähig sein würde. Das wurde stark reflektiert.

Die oben angesprochenen Ressourcen spielten deutscherseits (bzw. bei Hitler) unmittelbar nach 1933 nur eine unbedeutende Rolle; diesen Faktor muss man mE von der Situation 1938 trennen.
 
Nicht dein Ernst oder.

Die meisten Slawen im Reich waren einer Magyarisierung ausgesetzt und auch in Tschechien war die Oberschicht meist nicht slawisch.

Ja, worauf waren denn diese aufkommenden politischen Strömungen eine Reaktion? Eben, du nennst es gerade selbst.

Tatsache ist, dass sich die deutschen oberen Schichten von den keimenden Nationalbewegungen bedroht fühlten. Die Unruhen von 1848 hatten dafür Grund genug geliefert. Deswegen stiess auch die Annexion Bosniens auf nicht wenig Widerstand.
 
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Ich habe versucht alle Beiträge genau durchzulesen und hoffe ich wiederhole mich hier jetzt nicht ;) ...

Österreich wollte zu Deutschland, weil es einfach nicht geglaubt hat, dass es als kleines Land überleben kann. Es war wirtschaftlich sehr stark von den Ländern der damaligen Donau - Monarchie abhängig. Österreich verlor nicht nur große landwirtschaftliche Flächen, sondern auch den Zugang zum Meer. Das war sicher eines der härtesten Schläge für Österreich.

Der Schilling der damals nach der Krone eingeführt wurde, galt zwar als sehr stabil, aber leider nur nach außen hin...und die Wirtschaft brach immer mehr zusammen und auch das Bankensystem. Daher wollte Österreich, als es immer mehr klar wurde, dass es in Deutschland unter Hitler (die Gründe sah man damals noch nicht) einen enormen Anstieg von Arbeitsplätzen gab, zu Deutschland hinzu.
Weiters war auch die innere Uneinigkeit ein riesen Problem!
 
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