Was ist der Unterschied zwischen Liberalismus und Sozialismus?

algarius

Neues Mitglied
Hallo zusammen.
Mich nimmt folgendes Wunder:
Was ist der Unterschied zwischen Liberalismus und Sozialismus?
Ich weiss dass meine Fragen und meine vileicht korrekten Antworten sehr einfach geschrieben sind, aber mir geht es in erster Linie darum es so einfach wie möglich zu begreifen.


Kann man dies einfach gesagt so sagen dass die Liberalen in erster Linie Bürger (Bourgeoisie), reiche Handwerker und Arbeiter, Grund und Bodenbesitzer sowie Kaufmänner waren? Politisch in der mitte angesiedelt?

Die Sozialisten haben ihre Mitglieder vorallem aus der armen Arbeitschaft Tagelöhner und Bauern, sprich des Proletariats. Sind also links gruppiert?


Demokratie wollen beide, Liberale sowie Sozialisten.

Liberale wollten einfach gesagt dass die Freiheiten des Einzelnen über dem Volke steht und der Staat wenig Einfluss auf die Liberalen ausübt. Die Produktionsgüter sollten dem Besitzenden gehören.
Kurz: Der Einzelne steht über dem Volke


Die Sozialen wollten dass die Freiheiten des Einzelnen eingeschränkt wird und der Staat viel Einfluss hat. Die Produktionsgüter sollten allen gehören
Kurz: Das Volk steht über dem Einzelnen.

Stimmt dies grob so ?
 
Was ist der Unterschied zwischen Liberalismus und Sozialismus?

Die Beantwortung fällt unterschiedlich aus, weil der Liberalismus sich teilweise verändert hat.

Deswegen die Frage, für welchen Zeitrahmen soll die Beantwortung angemessen sein?

Kann man dies einfach gesagt so sagen dass die Liberalen in erster Linie Bürger (Bourgeoisie), reiche Handwerker und Arbeiter, Grund und Bodenbesitzer sowie Kaufmänner waren? Politisch in der mitte angesiedelt?

Die Sozialisten haben ihre Mitglieder vorallem aus der armen Arbeitschaft Tagelöhner und Bauern, sprich des Proletariats. Sind also links gruppiert?

Historisch ist es zutreffend für die Periode nach 1848 bis 1933, dass die Liberalen - in allen ihren politischen Schattierungen - eher der Bourgeoisie zugerechnet werden. Während auf der anderen Seite die Marxisten / Sozialisten eher dem Proletariat.

Demokratie wollen beide, Liberale sowie Sozialisten.

Das ist richtig und führte zu Beginn der Weimarer Republik auch zu einer gewissen Übereinstimmung der "radikaleren Liberalen" (DDP) mit der SPD. Hinsichtlich ihres Verständnis des politischen Systems der Weimarer Republik gab es ähnliche Vorstellungen.

Liberale wollten einfach gesagt dass die Freiheiten des Einzelnen über dem Volke steht und der Staat wenig Einfluss auf die Liberalen ausübt. Die Produktionsgüter sollten dem Besitzenden gehören.
Kurz: Der Einzelne steht über dem Volke

Die Sozialen wollten dass die Freiheiten des Einzelnen eingeschränkt wird und der Staat viel Einfluss hat. Die Produktionsgüter sollten allen gehören
Kurz: Das Volk steht über dem Einzelnen.
Stimmt dies grob so ?

Nein stimmt so nicht, weil schon der Begriff des "Volkes" eine abwegige Kategorie für diese beiden Theorierichtungen ist. Relevant ist vor allem das Konstrukt der "Gesellschaft", da sie den analytischen Rahmen absteckt.

Und der Rest ist auch nicht zutreffend in seiner simplifizierenden Reduktion.

Richtig ist, dass es unterschiedliche Vorstellungen gibt, wie das Verhältnis zwischen Staat, Gesellschaft und Wirtschaft organisiert sein sollte.

Wenn man die Zielvorstellungen des Marxismus mit denen - pauschalisierten - Zielvorstellungen des Liberalismus vergleicht, dass postuliert Marx das "Absterben des Staates" als erstrebenswert und die universelle Selbstverwirklichung der einzelnen Individuen, die von entfremdeter Arbeit befreit sind, als das zentrale Anliegen einer utopischen vollständig entwickelten sozialistischen Gesellschaft.

In diesem theoretischen Sinne lehnt der Marxismus in einem deutlich radikaleren Sinne staatliche Reglementierung ab wie jede liberale Theorie.

Auch deswegen, weil die Herrschaftsstrukturen und die entsprechenden Machtmittel in einer voll entwickelten sozialistischen / kommunistischen Gesellschaft egalisiert wurden. Und da kommt die realpolitische Problematik. Der Weg zu diesem Zustand erfordert im Übergang von einer kapitalistischen Gesellschaft zu einer voll entwickelten kommunistischen Gesellschaft den Staat als Steuerungs- und Umverteilungsinstitution.

Es ist zudem anzumerken, dass der Vorstellung der Entwicklung von sozialistischen Gesellschaften ein "Internationalismus" zugrunde liegt, der die nationalen Einheiten als Instrument der Verkörperung von politischen bzw. wirtschaftlichen Interessen auflöst!

Demgegenüber: Und in den realsozialistischen Ländern des zwanzigsten Jahrhundert waren die Voraussetzungen für diese Umgestaltung effektiv nicht gegeben, da der Prozeß der revolutionären Umgestaltung in Phasen der Mangelwirtschaft eingeleitet wurden und somit der Staat eine sozialistische, geplante und repressive Kriegswirtschaft betrieb.

Ansonsten muss man sich die einzelnen zentralen Vorstellungen herausarbeiten und Beyme ist sicherlich ein kompetenter Einstieg dafür.

Beyme, Klaus von (2013): Liberalismus. Theorien des Liberalismus und Radikalismus im Zeitalter der Ideologien 1789-1945. Wiesbaden, .: Springer Fachmedien Wiesbaden
Beyme, Klaus von (2013): Sozialismus. Theorien des Sozialismus, Anarchismus und Kommunismus im Zeitalter der Ideologien 1789 - 1945. Wiesbaden, s.l.: Springer Fachmedien Wiesbaden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Thanepower hat im Groben recht. Die großen Strömungen, Liberalismus, Sozialismus und auch der Konservatismus haben sich verändert. Aber man kann dies nicht dahingehend vereinfachen, dass diese die Demokratie wollten, denn den Sozialismus und den Liberalismus gab es auch schon im Kaiserreich. Diese Ideologien sind auch sogenannte sozialmoralische Milieus. Die Verdichtung derer kamen erst nach dem Ersten Weltkrieg.
Das ist richtig und führte zu Beginn der Weimarer Republik auch zu einer gewissen Übereinstimmung der "radikaleren Liberalen" (DDP) mit der SPD. Hinsichtlich ihres Verständnis des politischen Systems der Weimarer Republik gab es ähnliche Vorstellungen.

Einen "Gesamtliberalismus" allerdings gibt es in der Weimarer Republik nicht. Dieser Unterschied sich zwischen Linksliberalen, die auf Autonomie des Individuums, auf Offenheit, Pluralität und den Erkenntnisgewinn durch freien Diskurs setzten, und den Rechtsliberalen, die mehr ein Teil der konservativ-nationalistischen Lebenswelt waren.
Den Begriff des Bürgertums würde ich für den Liberalismus nicht verwenden, sondern mehr den selbständigen Mittelstand, die kleinen Händler und Handwerker. Denn diese knüpften ihre Haltungen rein interessenspolitisch. Denn die Sicherheit ihres wirtschaftlichen Status war für diese Gruppe identitätsstiftend, gab ihrem Leben Halt, Sinn und Ziel. Sie definierten sich nicht primär über jenseitige Heilshoffnungen oder diesseitige Erlösungsutopien, sondern über ihr Eigentum, das sie mit Fleiß geschaffen hatten, das sie mehren und den Kindern weitergeben wollten.

Der Marxismus ist eine dominierende Variante des Sozialismus (vgl. von Beyme, Sozialismus, S. 11).Der Sozialismus entfaltet sich erst im 19. Jahrhundert als Reaktion auf Industrialisierung, Urbanisierung und Kapitalismus, sowie im Entstehen der Arbeiterbewegung. Aus dem Zusammenbruch des Kapitalismus war es die historische Aufgabe des zahlenmäßig überlegenen Proletariats, sich als Klasse zu organisieren und den Kapitalismus durch eine internationale Revolution zu beseitigen. Marx und Engels haben eine Unterscheidung zwischen einer Übergangsphase (Sozialismus) und dem Endziel der Revolution (Kommunismus) getroffen. Im Sozialismus gilt das Leistungsprinzip: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung.
im Kommunismus sind alle gesellschaftlichen Unterschiede beseitigt, die Produktionsmittel Eigentum der sich selbst regierenden Gesellschaft(en). Es herrscht das Bedürfnisprinzip: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen.
"An die Stelle der Regierung über Personen tritt die Verwaltung von Sachen und die Leitung von Produktionsprozessen".

Lösche, Peter/ Walter, Franz: Katholiken, Konservative und Liberale: Milieus und Lebenswelten bürgerlicher Parteien in Deutschland während des 20. Jahrhunderts, in: Geschichte und Gesellschaft 26 (2000), S. 471-492.

Von Beyme, Klaus: Liberalismus. Theorien des Liberalismus und Radikalismus im Zeitalter der Ideologien 1789-1945, Wiesbaden 2013.
 
Zurück
Oben