jschmidt
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Der schweizer Völkerrechtler Otfried Nippold, der vor dem 1. WK drei Jahre lang in Japan als Rechtslehrer tätig war, berichtet in seinem Buch "Die Wahrheit über die Ursachen des Europäischen Krieges. Japan, der Beginn des Ersten Weltkriegs und die völkerrechtliche Friedenswahrung" wie demütigend der deutsche Gesandte 1895 gegenübern den Japanern auftrat. Er wäre der einzige gewesen, der ihnen gegenüber mit Krieg drohte, für den Fall, dass sie sich den Forderungen der Europäer nicht fügten. Diese vom Deutschen Reich zugefügte besondere Demütigung Japans hätten die Japaner, so Nippold, nie vergessen. Der Pazifist Nippold hielt den japanischen Kriegseintritt nicht nur für folgerichtig sondern auch für gerecht.
Ein Pazifist, der vom gerechten Krieg spricht? feif: Aber Dank, dass Nippold - 1889/92 in Japan, 1921/34 im Saarland (!) - überhaupt mal erwähnt wird. Er war, was aus dem ärmlichen WP-Artikel nicht hervorgeht, ein scharfer Kritiker des Wilhelminischen Deutschland (vgl. z. B. "Der deutsche Chauvinismus", 1913, 2. Aufl. 1917) und der deutschen Art, Krieg zu führen (vgl. z. B. zu Belgien: Deutschland und das Völkerrecht, 1920).
Seine Sicht der Dinge finde ich sehr beachtlich, wiewohl ich glaube, dass Japan 1914 bei ihm "zu gut wegkommt": Genau so, wie es einen deutschen (usw.) Imperialismus gab, gab es auch einen japanischen, und ich sehe - etwas überspitzt formuliert - den "folgerichtigen" Grund für den Kriegseintritt Japans eben auch darin, dass ein Räuber dem anderen etwas wegnehmen (und sich nebenbei noch am schwachen China gütlich tun) wollte.
Zu den groben Entgleisungen deutscherseits anläßlich des Friedens von Shimonoseki (ausführlich dazu: Wippich, Japan und die deutsche Fernostpolitik 1894-1898) kam später noch die rußlandfreundliche Haltung Wilhelms II. beim Krieg 1904/05, und ein Gutteil deutschen Ansehens in Japan ging auch 1912 noch im Bestechungsskandal um die Firma Siemens [sic] verloren.