Welche Fremdsprache(n) haben die Schüler in der Sowjetunion gelernt?

Zahlen habe ich keine, aber da ich privat und beruflich öfters in Rußland unterwegs sind ( 2008 z.B. allein 4x über einen Zeitraum von jeweils von 2-3 Wochen) glaube ich schon, daß ich mir ein Urteil bilden kann. Und die Erfahrung deckt sich mit der von Askan: 90% der Erwachsenen entschuldigen sich, daß sie nur Russisch sprechen, weil ihr Deutschunterricht schon viele Jahre zurück liegt und sie nur noch einiges sporadisch können. Die restlichen 10% rezitieren Goethe, oder berichten davon, daß sie in ihrem Studium deutsche Bücher und Zeitungen übersetzen mußten.

Einigen wir uns, dass es in der Sowjetunion kein Pflichtfach Deutsch in der Schule gab, aber zumindest im europäischen Teil der RSFSR Deutsch als meistgewählte fakultative Sprache angenommen wurde. Vielleicht auch nur in Ermangelung an Englischpersonal.
 
Eine Fremdsprache war Pflicht. Eine 2. fakultativ. Habe gerade in Rußland nachgefragt. Heute ist das noch genauso in Rußland.
 
Ich weis jetzt nicht auf welchen Zeitraum sich die Ausgangsfrage bezieht.
Aber ich habe hier eine, zumindest für mich interressante, Seite gefunden.

??????? ??????????? ? ?????????? ?? 1945 ?.

Ist zwar in russisch, aber mit vielen Abbildungen und Quellenangaben in deutscher Sprache.

Im Eintrag vom 26. Januar sind einige "Meldungen aus dem Reich" von 1942/43 aufgeführt. Darin wird unter anderem verwundert festgestellt, das viele junge Russen schnell deutsch lernen, zum Teil keine schlechten Deutschkenntnisse haben und um Bücher und Broschüren bitten um ihre Kenntnisse zu verbessern.

Es wird also auch schon vor dem Krieg Deutschunterricht in der SU gegeben haben.
Ob nun fakultativ (falls es das damals gab) oder regional bedingt, ist jetzt eine andere Frage.
Auf jeden Fall stieß die Wehrmacht bzw. die SS bei der Rekrutierung von Freiwilligenverbänden auf das Problem, das viele Soldaten aus Asien noch nicht einmal Russisch sprachen.
 
Von meiner Grossmutter weiß ich noch, das sie sich wunderte als damals die rote Armee in Dorf (Schlesien)ankam, das die Offiziere alle gutes Deutsch sprachen.

So wie ich in der GUS mitbekommen habe, gehört es heute noch zum guten Ton in Ru. deutsch zu können. Ähnlich wie hier französisch oder latein.
 
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Eine Fremdsprache war Pflicht. Eine 2. fakultativ. Habe gerade in Rußland nachgefragt.

Dann wundere ich mich, dass Russlanddeutsche kaum ein Wort Deutsch konnten als sie in Deutschland einkehrten.
Es gibt Bücher, die das Fremdsprachenproblem in der Sowjetunion beleuchten. Es gab bekanntlich viele Fremdsprachen allein in der Sowjetunion, wie die mittelasiatischen Sprachen, die baltischen Sprachen, die rumänische, die deutsche, die Sprachen im Kaukasus usw.
Wie auch in der DDR wird es hier und da in der Sowjetunion Deutschschulen gegeben haben, in der DDR waren es umgekehrt Russischschulen. Deutschunterricht als Pflichtfach z.B. in Sibirien, Mittelasien, Kaukasus oder im besetzten Baltikum halte ich für ausgeschlossen. Und die Sowjetunion hatte einen zentralen Schulplan.
 
Dann wundere ich mich, dass Russlanddeutsche kaum ein Wort Deutsch konnten als sie in Deutschland einkehrten.
Es gibt Bücher, die das Fremdsprachenproblem in der Sowjetunion beleuchten. Es gab bekanntlich viele Fremdsprachen allein in der Sowjetunion, wie die mittelasiatischen Sprachen, die baltischen Sprachen, die rumänische, die deutsche, die Sprachen im Kaukasus usw.
Wie auch in der DDR wird es hier und da in der Sowjetunion Deutschschulen gegeben haben, in der DDR waren es umgekehrt Russischschulen. Deutschunterricht als Pflichtfach z.B. in Sibirien, Mittelasien, Kaukasus oder im besetzten Baltikum halte ich für ausgeschlossen. Und die Sowjetunion hatte einen zentralen Schulplan.

Ich weiß von meiner Mutter (Jahrgang '63), die aus Schlesien stammt, dass Deutsch in ihrer Kindheit eine verpönte bis verbotene Fremdsprache war (vor allem, wenn es sich um Deutschstämmige handelte). Sie erzählte mir, dass ihre Oma mit ihren Schwestern nur heimlich hinter verschlossenen Türen deutsch sprach, aus Angst, dass die Kinder es mitbekommen könnten und sich verplappern würden. Natürlich nutzte das nicht viel, meine Mutter hat eben zu gern gelauscht :D . Als ihre Oma mitbekam, dass meine Mutter deutsch verstand, gabs diese heimlichen Treffen nicht mehr.

Sie selbst hat in der Schule als Fremdsprache nur Russisch gelernt.
 
Dann wundere ich mich, dass Russlanddeutsche kaum ein Wort Deutsch konnten als sie in Deutschland einkehrten.

Das kann man, glaube ich, nicht verallgemeinern.

Eine guter Kollege ist Rußlanddeutscher, Herkunft aus dem westlichen Teil von Schleswig-Holstein, Auswanderung vor rd. 200 Jahren in das Dongebiet, abgeschlossene Siedlungsräume, während des Zweiten Weltkriegs Deportation nach Kasachstan. In der Familie wurde Plattdeutsch gesprochen, konserviert über den Zeitraum der Auswanderung. Der Großvater war übrigens Germanistik-Professor in der Sowjetunion.

Nebenbei: Er berichtete aus Erfahrungen der Familie, dass bei sprachwissenschaftlichen Forschungen solche Personengruppen wohl aufgrund dieser Konservierung des Plattdeutschen recht interessant sind.

Ich weiß von meiner Mutter (Jahrgang '63), die aus Schlesien stammt, dass Deutsch in ihrer Kindheit eine verpönte bis verbotene Fremdsprache war (vor allem, wenn es sich um Deutschstämmige handelte).
Da habe ich eine Begegnung in Kattowitz gehabt, gleiches Bild. Von den Großeltern her gemischte dt.-poln. Familie, Deutsch wurde heimlich in der Familie gesprochen.
 
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Das kann man, glaube ich, nicht verallgemeinern.

Einen zentralen Lehrplan für alle Schulen der Sowjetunion kann man nicht unter den Tisch kehren. Mit Russlanddeutschen meine ich alle Russlanddeutsche ab 1990, nicht nur die alten, die unter Stalins Lebzeiten jung waren.
 
Einen zentralen Lehrplan für alle Schulen der Sowjetunion kann man nicht unter den Tisch kehren.

Ja, der Lehrplan ist eine Seite, die Pflege der Sprache in den Familien eine zweite. Ich habe mich nur auf die Anwendung der deutschen Sprache in den Familien der Deutschstämmigen, hier ein Beispiel für Kasachstan, bezogen.

Natürlich läßt sich das nicht generalisieren, ist nur als ein Schlaglicht gedacht gewesen, insofern OT.
 
Deutschunterricht als Pflichtfach z.B. in Sibirien, Mittelasien, Kaukasus oder im besetzten Baltikum halte ich für ausgeschlossen.
Auch in den nicht-europäischen Teilen der Sowjetunion scheint Deutsch erste Fremdsprache gewesen zu sein. Eine zentral-asiatische, deutschprachige Zeitung hat dazu einen Artikel, die das unterstreicht (es geht um Kasachstan):
http://www.deutsche-allgemeine-zeitung.de/index.php?option=com_content&task=view&id=1429&Itemid=30

Ich weiß von meiner Mutter [...] ,dass Deutsch in ihrer Kindheit eine verpönte bis verbotene Fremdsprache war (vor allem, wenn es sich um Deutschstämmige handelte). Sie erzählte mir, dass ihre Oma mit ihren Schwestern nur heimlich hinter verschlossenen Türen deutsch sprach, aus Angst, dass die Kinder es mitbekommen könnten und sich verplappern würden.
Das ist ein interessanter Punkt. Das meinte ich auch mit deutsch-feindlichen Ressentiments: zeitweise durfte in der Öffentlichkeit einfach kein Deutsch gesprochen werden! Das war sowohl z.Z. des ersten Weltkriegs (Predigt in deutscher Sprache wurde verboten, das deutsch-klingende Skt. Petersburg in Petrograd umbenannt) als auch während des zweiten Weltkrieges der Fall, als Russlanddeutsche nach Zentralasien deportiert und noch lange nach dem Krieg als "Fritz" oder "Faschist" gebrandmarkt wurden. Und diese Ressentiments haben sich sicherlich bis in die 50er hinein gehalten.
Das mit den Wolgadeutschen ist sowieso eins sehr kompliziertes Thema. Wenn Deutsch in der Schule unterrichtet wurde, wieso vergass selbst die deutsche Volksgruppe dort mit der Zeit ihre Muttersprache? Ist eine Russifizierung des Alltags, der Schule, des Berufs schuld daran?
1959: Die Volkszählung ergibt 1 619 000 Deutsche in der Sowjetunion, 75 % von ihnen geben Deutsch als Muttersprache an.
1969: In der Sowjetunion leben laut Volkszählung 1 846 317 Deutsche. 66,8 % von ihnen geben Deutsch als Muttersprache an.
1979: Laut Volkszählung leben in der UdSSR 1 936 000 Deutsche, aber nur
57 % von ihnen geben Deutsch als ihre Muttersprache an.
Ich bin da außerdem über einen interessanten Artikel einer deutschsprachigen Moskauer Zeitung gestolpert, der u.a. von einem Abwärtstrend spricht (vgl. mit dem Artikel von Hamburger):
[Über die Rolle des Deutschen in der Sowjetunion] Deutsch galt als Kultursprache und immerhin gab es mit der DDR auch ein deutschsprachiges Bruderland. Seit dem Fall des eisernen Vorhangs scheint es jedoch, als würde die übermächtige Weltsprache Englisch auch die Schulen Russlands schlucken. Wenn Kinder heute vor die Wahl gestellt werden, so entscheiden sie sich fast selbstverständlich für Englisch als erste – und leider meist einzige – Fremdsprache. Deutsch befindet sich auf dem Rückzug aus den Bildungseinrichtungen [...]
Die erste Fremdsprache wird an russischen Schulen heute meist bereits in der zweiten Klasse gewählt, mit sieben Jahren. Die Entscheidung liegt also bei den Eltern und diese folgen nicht selten einfach der spontanen Alltagswahrnehmung [...]
 
Zitat:"Dann wundere ich mich, dass Russlanddeutsche kaum ein Wort Deutsch konnten als sie in Deutschland einkehrten."

Wie oben schon erwähnt, das Deutsch der Russlanddeutschen ist häufig ein sehr alter Plattdeutscher Dialekt der seit 200 Jahren in Deutschland nicht mehr gesprochen wurde, im ersten Moment klingt der gar nicht deutsch. Es ist etwa als ob einem Bauern aus der Zeit vom alten Fritz gegenüber steht.

Und zweitens, wenn man als Deutscher in der SU sich traute zum Deutschunterricht zu gehen oder gar Germanistik zu studieren, dann brauchte man sehr gute Nerven. Obwohl die Russlanddeutschen schon 1964 offiziell von der Kolabration freigesprochen wurden, waren sie für die allgm. Bevölkerung immernoch Hitlers 5. Kolonne. Und wurden dementsprechent argwöhnisch betrachtet. In Russland waren sie als Ariskii ausgegrenzt und als sie in deutschland ankamen, fing dasselbe schon wieder an nur das sie jetzt, völlig ungewohnt, die Russen waren. Kein wunder das die Jugendlichen mies drauf sind, das wäre ich auch!

Und ein weiterer Grund für die schlechten Deutschkenntnisse der Russlanddeutschen war die Tatsache des es schon in den Jahren von 1925 auf den Dörfern kaum noch deutschlehrer gab, da es oft die Pastoren waren die das Lehramt inne hatten. Und die wurden gerne mal als Reaktionäre nach Sibirien gefahren, nicht weil sie Deutsche waren, sondern weil sich Priester waren.

Zitat:" Deutschunterricht als Pflichtfach z.B. in Sibirien, Mittelasien, Kaukasus oder im besetzten Baltikum halte ich für ausgeschlossen."
ein link zur Russlanddeutschen Uni in Novosibirsk:
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Gerade in Sibieren und Mittelasien war deutsch ganz groß geschrieben! Schließlich waren es Deutsche die diese gebiete für die Russen erschlossen haben und auch bis zur Kohlära trotz aller Ressentiments die Schlüsselpostionen besetzten.
 
Gerade diese Tage ging eine Studie durch die Medien. Danach haben sich die Russlanddeutschen sehr gut integriert, genauso wie Vietnamesen. Ein schlechtes Zeugnis haben andere bekommen...
 
Zuletzt bearbeitet:
Ist alles nett gemeint, was ihr anbietet. Aber als Indiz oder Nachweis für Deutsch als Pflichtfach in der sowjetischen Schule taugen sie nicht.
 
Nun, da man anscheind kaum Russen treffen kann die es nicht als Pflichtfach in der Schule hatten, wie soll denn der Nachweis aussehen?
 
Ist alles nett gemeint, was ihr anbietet. Aber als Indiz oder Nachweis für Deutsch als Pflichtfach in der sowjetischen Schule taugen sie nicht.


Reicht eine Studentenarbeit als Nachweis?


Die Deutsch-Kompetenz der mittleren und jüngeren Generation der Deutschen im Herkunftsland war eine ausschließlich im schulischen Kontext erworbene Kompetenz. Deutsch ist in östlichen Gebieten der früheren Sowjetunion als verbreiteste Unterrichtsfremdsprache Pflichtfach gewesen, sowohl in Schulen als auch an mittleren und höheren Bildungseinrichtungen.
 
Interressant. Nur leider muß ich jetzt sagen, das meine Frau in der 6./7. Klasse zwischen Deutsch und Englisch wählen konnte. Das war 1982/83 in DushanbeTadshikistan.
Sie sagt ausserdem, das von 13 Klassen ihrer Altersstufe an ihrer Schule nur 6 Kinder Deutsch gewählt haben.
Ein Arbeitskollege, Aussiedler aus Kazakhstan, sagte das er bis zur 3. Klasse auf einer kazakhischen Dorfschule war. Ab der 4. Klasse war er in einer russischen Schule, wo er Probleme bekam mit seinen Russischkentnissen und gleichzeitig aber Deutsch als Fremdsprache hatte. Er wiederum meint. Das er auch die Wahl hatte zwischen Deutsch und Englisch. Aber da es nur wenige Englischlehrer gab, wählten die meisten Kinder Deutsch als Fremdsprache.

Man könnte jetzt also sagen:
- in der Sowjetunion gab es russische und je nach Republik "einheimische" Schulen
- in Einheimischen wurde in der Landessprache unterrichtet und ab der 3./4.Klasse
zusätzlich Russisch als Pflichtfach und Deutsch oder Englisch als Wahlpflichtfach.
- in russischen Schulen natürlich in Russisch und zusätzlich die jeweilige
Landessprache als Pflichtfach und Deutsch oder Englisch als Wahlpflichtfach.
 
Da hier viele Ex-DDRler sich äußern kann ich ja drauf vertrauen, dass ihr euch erinnern könnt, wie es in der sozialistischen DDR-Schule war, was Fremdsprachen betraf.
DDR und Sowjetunion untersschied sich:
- Pflichtfach Fremdsprache DDR war Russisch, in der SU durfte man Pflichtfach aus Fremdsprache wählen
- fakultativ Fremdsprache DDR lt. Theorie durfte man wählen, Praxis man wählte die eine Sprache die angeboten wurde, weil nur ein Fremdsprachenlehrer vorhanden oder man liess es bleiben
- die Wahl des Pflichtfaches Fremdsprache SU war dieselbe wie zweiter Unterstrich in der DDR nur mit dem Umstand, wenn keine zwei Sprachen angeboten "musste der sowjetische Schüler die verbleibende Sprache wählen"
Sicher bin ich mir auch, wenn es an der Schule keinen Fremdsprachenlehrer gab, fiel das Pflichtfach 1. Fremdsprache komplett weg.
Deutsch war also kein Pflichtfach sondern ein Wahlfach - wenn entsprechende Kapazität an der Schule vorhanden.

Das liest sich etwas umständlich, aber ich nehme mir auch die Zeit ein Buch drüber zu schreiben.
 
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Tatsächlich hängt die Zahl der erlernten Fremdsprachen auch in der Sowjetunion von Schulbildung ab. Ich habe bei einem Russlandaufenthalt die Erfahrung machen müssen, dass die sehr viele Russen keine Fremdsprache beherrschen. Ähnliches gilt auch ja in Deutschland für viele Hauptschulabsolventen 70er Jahre.

Die guten Deutschkenntnisse vieler heutiger Russen hängen auch mit etwaigen Deutschlandaufenthalten der Personen zusammen. Sehr viele kamen schon im 2. Weltkrieg als Zwangsarbeiter nach Deutschland oder später als Besatzungssoldaten in die DDR. Ein gewisser Herr Putin verdankt seine guten Deutschkenntnisse seiner Arbeit für den KGB in Dresden.
Auch nicht zu verachten ist die Tatsache, dass deutsch nun einmal die Sprache von Marx und Engels war. Ein guter Kommunist las Das Kapital natürlich im Original.

Zur deutschsprachigen Minderheit:
Tatsächlich waren die Wolgadeutschen keineswegs die einzigen Deutschen im Russland des 19. und frühen 20. Jahrhundert. Bis zum zweiten Weltkrieg gab es auch im Baltikum sehr viele Deutsche. Außerdem gab es in den meisten russischen Städten Ansiedlungen von Deutschen. Die traditionelle "Intelligenz" russischer Städte war deutsch oder deutschnah; man beacht hier Lenins deutsche Großmutter. Die nahe Verwandtschaft von jiddischer und deutscher Sprache erklärt sicherlich auch die guten Deutsch-Kenntnisse jüdischer Bolschewiken wie Trotzki
 
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