Welche Ziele verfolgte Stalin und warum konnte er seine Forderungen durchsetzten?

Russland, die CCCP hatte aber immer schon eine recht gute Hand im Schätzen von Opfern, die später, bei genauerer wissenschaftlichen Analyse , sich als annähernd richtig erwiesen haben:....

..und ein Hang Angaben hinsichtlich der eigenen militärischen Verluste im "Großen Vaterländischen Krieg" zu fälschen. Es musste schließlich die fatale Inkompetenz der eigenen Leute kaschiert werden.

Wenn man als Beispiel nur Kursk 43 hernazieht, steht im offiziellen sowjetischen Werk, das rund 863.000 Soldaten der Roten Armee gefallen seien. Aber schon Sokolov zeigt auf, das diese Angaben nichts wert sind, in der entsprechende Widersprüche nachweist. Er kommt schon auf über 1,6 Millionen gefallener Rotarmisten. (1)
Das ist ein ganz erheblicher Unterschied.



(1) Sokolov, The Battle of Kursk, S.83
 
..und ein Hang Angaben hinsichtlich der eigenen militärischen Verluste im "Großen Vaterländischen Krieg" zu fälschen. Es musste schließlich die fatale Inkompetenz der eigenen Leute kaschiert werden.

Wenn man als Beispiel nur Kursk 43 hernazieht, steht im offiziellen sowjetischen Werk, das rund 863.000 Soldaten der Roten Armee gefallen seien. Aber schon Sokolov zeigt auf, das diese Angaben nichts wert sind, in der entsprechende Widersprüche nachweist. Er kommt schon auf über 1,6 Millionen gefallener Rotarmisten. (1)
Das ist ein ganz erheblicher Unterschied.



(1) Sokolov, The Battle of Kursk, S.83


Fälschung ? eine Fälschung wäre es, wenn die Opferzahl wissenlich höher angegeben werden, als wirklich
Hier ist es wohl eher eine Untertreibung.
Zu durchsichtig: Fälschung "macht" sich im Zusammenhang mit Angaben aus der CCCP immer besser.
Oder willst du mit deinem Einwand die Richtigkeit der 20 Mio Opfer infrage stellen ?
 
Die Genauigkeit von Zahlenangaben zum WW2 unterliegt einer Reihe von Einflußgrößen, die man auseinanderhalten sollte.

1. ideologisch geschönte Angaben, um das objektive Mengengerüst bzw. die Struktur bewuß zu unter- bzw. zu übertreiben. Typisches Beispiel ist das untertriebene Mengengerüst während der stalinistischen Ära zur RkkA im Jahr 1941 (vgl. Zahlenangaben bei Glantz: Stumbling Colossus, im Anhang).

Ähnliche Probleme bei den Mengengerüsten kann man auch für andere Beispiel anführen. Die Verschleierung von Zahlenangaben war ein systemimmanentes Merkmal. Sehr schön auch zu sehen an den Reden auf den jeweiligen Parteitagen, in denen selten absolute Zahlen genannt wurden, sondern eher mit prozentualen Steigerungen argumentiert wurde.

Fast wäre diese "Geheimniskrämerei" der SU zum Verhängnis 1941 geworden. Die systematische Abschottung der SU, die keine "objektive" Analyse ermöglichte führte zu einer völlig verzerrten Wahrnehmung der Leistungsfähigkeit der SU, auf wirtschaftlichem und militärischem Gebiet. Der Geheimdienst der USA hatte beispielsweise nahezu keine verläßlichen Informationen über die SU und war damit noch schlechter gestellt wie FHO.

Vor diesem Hintergrund ist der allgemeine Umgang mit Zahlenangaben von Seiten der SU zu sehen.

Diese Mentalität stellt noch heute in Russland ein massive Problem dar, meines Erachtens. Z.B. wurde Wolkogonow (ca. 2004 glaube ich), der die zentrale Stalinbiographie herausgegeben hat, von seinem Amt als Leiter des historischen Instituts der Rote Armee abberufen, da seine damalige Sicht bei der Neuauflage der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges nicht mit der offiziellen Sichtweise übereinstimmte.

Offensichtlich führen die russischen Historiker, selbst innerhalb der Armee, weiterhin einen harten Kampf gegen revisionistische Tendenzen der offiziellen Poiltik bzw. der Armeeführung. Das indiziert aber bereits Brüche im ideologischen Beton.

2. mangelnde Präzision bei der Erfassung: Die Angaben über Verluste der RKKA unterlagen nicht der gleichen Sorgfalt, mit der bei der WM diese Angaben geflegt worden sind. Aus diesem Grund waren die Zahlen über Verluste mit einer vergleichsweise hohen Dunkelziffer belastet. Ob dabei ideologische Motive eine Rolle gespielt haben, entziehen sich meiner Kenntnis. Aus meiner Sicht waren es eher die Umstände, die den Wert von Menschenleben entwerteten. Ist zumindest mein Kenntnisstand (ohne exakte Quelle).

3. unvollständige demographische Daten und Bevölkerungsmodelle: Die Schätzung der Gesamtzahlen der sowjetischen Opfer unterlag einer kontinuierlichen "Nachbesserung", bis in die jüngste Zeit. Der Trend zeigte dabei eher nach oben und ich habe auch schon deutlich höhere Schätzungen wie 20 Mio gelesen. Die Gründe für diese Ungenauigkeit liegen nicht vordergründig in einer ideologischen Absicht, sondern sind auch in der Schwierigkeit zu finden, exakte demographische Modelle aufgrund mangelnder Unterlagen über Bevölkerungsabgänge zu berechnen, soweit ich es gelesen habe (ohne exakte Quelle aus dem Kopf).

Ein Beispiel für die Fehlerbehaftung ist die Arbeit von Krivosheev, der das Standardwerk zu den Verlusten der RKKA herausgegeben hat. Dieses Werk sollte durch das MGFA übersetzt werden und man hat - so mein Kenntnisstand - davon abgesehen es zu publizieren, da man zuviele systematischen Probleme in den Daten sah.

Im Detail hatten wir dieses Problem bei der Schlacht um Kursk bereits auch rekonstruiert und es ergeben sich teilweise, noch heute, beachtliche Unterschiede zwischen den russischen Quellen und den deutschen Daten (vgl. den Sammelband des MGFA zu diesem Thema in der Literaturliste zu Kursk).
 
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Barteks Beitrag zeigt, ...
...
Die Aufarbeitung eigener Verbrechen muss jedes Land mit sich selber abmachen. .

Wie schon gewohnt, erfolgen keinerlei Belege durch leonov.

Das Ergebnis der Historikerkommission wird - mit diffusen Argumenten - bestritten.

Der Kern des Problem ist vermutlich verstanden, und wird dann passend gebogen: die Zahl der Nicht-Heimkehrer ist keine Zahl der Opfer, da

1. eine große Anzahl von Deserteuren zu berücksichtigen ist
2. es bei den Verhältnissen in der SU Menschen gegeben hat, die nicht zurückkehren wollten.


Zu der langen Geschichte gefälschter bzw. falscher Zahlenangaben aus der SU haben Turgot und Thanepower schon das wesentliche gesagt. Aus ebenso erfolgten ungefähr richtigen Angaben läßt sich leider für eine konkrete Fragestellung keinerlei Schlußfolgerung ziehen.

Die besondere Qualität der Morde von Katyn liegt außerdem in der Selektion der Opfer.
 
... sind auch in der Schwierigkeit zu finden, exakte demographische Modelle aufgrund mangelnder Unterlagen über Bevölkerungsabgänge zu berechnen
Dazu eine kleine Anekdote (ein wenig off-topic) :
In den 1980er Jahren gingen Geschichten über steinalte Männer im Kaukasus durch die Presse. Es stellte sich schließlich heraus, dass dort zu Beginn des 2. WK die jungen Männer auf den Trick gekommen waren, sich mit Hilfe freundlicher Beamter um ein paar Jahrzehnte älter machen und so der Einberufung zu entgehen. Später, als ihr "offizielles" Alter dann absurde Höhen erreichte, zogen sie es vor, den Mund zu halten und westlichen Journalisten statt dessen was von gesunder Ernährung und Erdstrahlen zu erzählen.
 
Fälschung ? eine Fälschung wäre es, wenn die Opferzahl wissenlich höher angegeben werden, als wirklich
Hier ist es wohl eher eine Untertreibung.
Zu durchsichtig: Fälschung "macht" sich im Zusammenhang mit Angaben aus der CCCP immer besser.
Oder willst du mit deinem Einwand die Richtigkeit der 20 Mio Opfer infrage stellen ?

Offenkundig hast du die mit den Post verbundene Intention nicht so ganz verstanden.:confused:

Es ging doch nicht an, das die Rote Armee bei ihrer gewaltigen, ja erdrückenden, personellen und materiellen Überlegenheit deutlich höhere Verluste erlitt als die Wehrmacht. Diese hohen Verlusten stellen der Roten Armee kein gutes Zeugnis aus und deshalb wurden die Angaben entsprechend frisiert.
 
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Ergo: Trotter stellt hier lediglich - ohne weitere Analyse - auf die diplomatische Propaganda ab.

Da mich diese Beurteilung irritiert noch ein Hinweis, auch um Trotter in ein richtiges Licht zu stellen, dass er auf S. 275 ff. in den "Notes on the Sources" eine quellenkritische Betrachtung anstellt über die Schwierigkeit finische Quellen zu nutzen und welche er genutzt hat.

Die unterstellte einseitige Fixierung kann ich weder von der Deskription der historische Entwicklung als auch von den verwendeten Dokumenten erkennen. Vielmehr argumentiert er zweiseitig, wobei er eine gewisse Sympathie für die Finnen nicht ganz verheimlicht.

Im Gegensatz dazu steht eine wirklich "einseitige", aber hochinteressante Quelle: "Stalin and the Soviet-Finnish War 1939-1940" Kulkov & Rzheshevsky (Ed), in denen die Protokolle der Sitzung der kommandierenden Generale und von Stalin aufgelistet sind. Da wird "Tacheles" geredet.

Eine sehr interessante Quelle, um die gravierenden Probleme der RKKA des Jahres 1940 im Winterkrieg einzuschätzen.
 
Da mich diese Beurteilung irritiert noch ein Hinweis, auch um Trotter in ein richtiges Licht zu stellen, dass er auf S. 275 ff. in den "Notes on the Sources" eine quellenkritische Betrachtung anstellt über die Schwierigkeit finische Quellen zu nutzen und welche er genutzt hat.

Die unterstellte einseitige Fixierung kann ich weder von der Deskription der historische Entwicklung als auch von den verwendeten Dokumenten erkennen. Vielmehr argumentiert er zweiseitig, wobei er eine gewisse Sympathie für die Finnen nicht ganz verheimlicht.

Offenbar liegt hier ein zweifaches Mißverständnis vor: Zunächst einmal habe ich Trotter weder in ein falsches Licht gestellt noch einseitige Fixierung oder Finnophobie vorgeworfen.

Des Weiteren: Die Kritik war auf einen einzigen Aspekt reduziert, nämlich die Frage nach der Motivation und den Zielen für diesen Konflikt auf sowjetischer Seite. Hier schließt sich Trotter - man kann diese Bemerkung als Vorwurf verstehen - der diplomatischen Version der UdSSR an (also: Sicherheitsaspekte), was ich für falsch halte.

Dazu sind zeitgenössische Einschätzungen in Quellen dritter Staaten verfügbar (ADAP - hatte ich zitiert, DFBP etc. wird man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ähnliches finden) verfügbar, die diese Argumentation auf den eigentlichen Kern reduzieren: Imperialismus und Revisionismus in Bezug auf die Ergebnisse des Ersten Weltkrieges. Die Bekanntmachung der sowjetischen Ansprüche ist ein direktes und ausschließliches Resultat der Gebietsabsprachen im Hitler-Stalin-Pakt.

Hierzu eine aufschlußreiche Formulierung von Lipinsky:
"Schulenburg und Ribbentrop rechneten schon Anfang November wegen der Protokollabmachung mit der baldigen und schließlich widerspruchslos gebilligten sowjetischen Aggression" (Schmidt an Weizsäcker). Die territoriale Grenze dieser Aggression wurde formal nicht nicht von Sicherheitsbedürfnissen, sondern von den Abmachungen im Pakt bestimmt (S. 229).


Die Probleme der Roten Armee im Winterkrieg würde ich schließlich nicht in einen Kontext stellen, der vorherige sowjetische Sicherheitsinteressen suggerieren oder beweisen soll.


Daher die Frage: welche Quellenkritik übt Trotter an der offiziellen sowjetischen diplomatischen Vorstellung (die ja nun hinreichend bekannt ist), es ginge bei der Aggression gegen Finnland um ein Sicherheitsbedürfnis, welche ergänzenden Quellen zieht er heran?
 
Daher die Frage: welche Quellenkritik übt Trotter an der offiziellen sowjetischen diplomatischen Vorstellung (die ja nun hinreichend bekannt ist), es ginge bei der Aggression gegen Finnland um ein Sicherheitsbedürfnis, welche ergänzenden Quellen zieht er heran?

Wir unterhalten uns im wesentlichen über den Abschnitt "The Reasons Why", S. 3 ff.

Als explizite Quellen führt er an:
- Jacobsen: The Dilomacy of the Winter War
- Upton: Finnland 1939-1940

Richtig ist, dass er die Positionen der Russen und die unterschiedlichen Positionen der Finnen darstellt.

Und richtig ist auch, dass er es als Frage offen läßt, ob Stalin weitergehende Ziele in Finnland verfolgt hätte, sofern die Forderungen, deren ursprüngliche Formulierung ja bereits auf das Jahr 38 zurückgingen, im Rahmen von Verhandlungen erfüllt worden wären.

Und führt als stärkstes Argument gegen weitergehende Forderngen die Herausgabe von Petsamo in 40 (Berücksichtigung englischer Interessen) und das Nichtüberrennen im Jahr 1944 an, als es relativ leicht möglich war.

Aus meiner Sicht ist es positiv, dass er die Motive der Sowjets darstellt und die entsprechenden Positionen auf der finnischen Seite. Ich kann auch keine unkritische Rechtfertigung erkennen, auch wenn er TASS als offizielle zitiert. Da wird sie zum Dokument und nicht in der Rolle als ideolgische Plattform herangezogen.

Die Frage nach den endgültigen Zielen von Stalin in Bezug auf Finnland, die Trotter noch als offene Frage formuliert, beantwortet Chubaryan im Rahmen des Vorwortes zur oben zitierten Dokumentensammlung (Ed. Glantz, Frank Cass Series on the Soviet Study of War), indem er folgendes formuliert:
"No documents have been found in the Russian archives to support the argument that Moscow intended to annex Finnland to the Soviet Union" (S.XVI).

Generell habe ich in meinen ursprünglichen Ausführungen deutlich gemacht, welch hohen Stellenwert der Revisionsimus in der Außenpolitik von Stalin einnahm und wie eng dieses Konzept ganz allgemein mit dem Sicherheitskonzept von Stalin und seiner Berater übereinstimmte.

Die Bedeutung der Curzon Line und die Anerkennung der Grenzen des Hitler Stalin Paktes waren ja auch immer zentrale Prämissen für Stalin in der Zusammenarbeit mit den Westalliierten, und sorgten auch während der großen Allianz zu anhaltenden Meinungsverschiedenheiten, da Churchill die Annexion des Baltikums und Teile von Polen nicht akzeptieren wollte bzw. auch nicht konnte aufgrund der Atlantik Charta.

Aus dieser deutlichen Fokussierung der revisionistischen Gebietsansprüche fiel Finnland im Zuge des WW2 weitgehend heraus. Und das war bei Stalin sicherlich kein Respekt vor den Opfern der RKKA oder der finnischen Armee, sondern basierte auf der Erfüllung seiner sicherheitspolitischen Vorstellungen.
 
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Eigentlich wollte ich eine Nachdenklichkeit bzgl. der sowjetischen Diplomatie erzeugen, und auch die oben dargestellten Hinweise fußen im Wesentlichen darauf (bis auf Chubaryan nach der Vorgehensweise: Quod non est in actis, non est in mundo).

Das sowjetische Verhalten bzgl. Finnland würde ich indiziell nicht werten, da hier die lagebezogenen Auswirkungen kaum abgrenzbar sind. Außerdem können Motive wechseln.

Ebenso wenig würde ich das Vorkriegsverhalten Stalins heranziehen; Finnland und die Sowjetunion waren diplomatisch verbunden: über einen laufenden Nichtangriffspakt (den Stalin kündigte), über den Völkerbund (Artikel 12 der Satzung), über den Briand-Kellogg-Pakt. Die mögliche Aggression/Bedrohung via Finnland konnte zudem (nach der Lage) ausschließlich durch das Deutsche Reich erfolgen, bzgl. dieser Position gab es tatsächlich eine divergierende Einstellung zwischen Baltischen Staaten und Finnland (letzteres in einer etwas anderen Lage).


Zur Nachdenklichkeit, und hier möchte ich der absolut formulierte Position ("Finnland basierte auf sicherheitspolitischen Vorstellungen, nicht auf revisionistischen Gebietsansprüchen") folgendes Zitat entgegen halten von dem Autor, der sich - soweit ich sehe - am weitgehensten mit dem Hitler-Stalin-Pakt auseinander gesetzt hat:

"Beide Seiten hatten ihre geplanten Erwerbungen mit [Polen] Finnland, Estland und Lettland bzw. Litauen deutlich abgesteckt. ... Das Protokoll bezeichnet Finnland als Baltischen Staat." Die Interessensphären des Geheimen Zusatzprotokolls bezeichnen nach herrschender Auffassung Territoriale Ansprüche. So ist Molotovs Rüge und Protest im November 1940 zu verstehen, dass Finnland langsam in den deutschen Interessenbereich abgleite.

Das führt zu folgendem Zitat:
"Die Einsetzung der bereits am 23.11.1939 geplanten Kuusinenregierung im besetzten südlichen Finnland sowie die Stoßrichtung des sowjetsichen Angriffs, um Finnland zu teilen, belegen außerdem, dass Stalin mit ideologischer Scheinrechtfertigung [Anm: die "Sicherheitsinteressen" in der Diplomatie] die völlige Sowjetisierung und Eingliederung nicht nur dieses Landes, sondern vermutlich analog auch von Anbeginn die Annexion der baltischen Staaten geplant hatte."

-> mit Abstützung auf Tucker (Stalin, S. 604), Thadden (Stalin, S. 84).
(der Einmarsch begann am 30.11.1939, am Tage der Offensive rief abgestimmt die KP Finnlands zum Sturz der Regierung Cajander auf; am 1.12.1939 wurde in Terijoki die "Finnische Nationalregierung" unter dem Kommunisten Kuusinen, der aus dem Moskauer Exil dorthin reiste, ausgerufen, wobei ein Anschluß Finnlands - wohl bedeutungslos und das Papier nicht wert - in der Proklamation ausdrücklich "nicht angestrebt" wurde, mit Hinweis "auf bestehende Unterschiede in der Gsellschaftsordnung. (Plettenberg, S. 497/498) - "die in offensichtlicher Fehleinschätzung ihrer Basis und der Massenstimmung im Lande ausgerufene [kommunistische] Nationalregierung konnte sich nicht halten und wurde von der Sowjetregierung [also: Stalin] fallengelassen" (Plettenberg, S. 498)

und weiter:

"In durchsichtiger, einseitiger Schuldzuweisung werten somit einige forscher deutsche Aktionen [zutreffend] als expansive Aggression und sowjetische als eng sicherheitsorientierte, beschwichtigende Absicherung der "Interessensphäre" [logischer Bruch: diese ist herrschend "territorial" definiert] innerhalb eines "weiteren strategisch-politischen Konzeptes" oder als "Erwerb von Sicherheitspositionen", um die eigene [sowjetische] Neutralität zu wahren [logischer Bruch: diese Neutralität führte zu materieller Unterstützung des Dritten Reiches 1940/41 bis zum Angriff]"

-> Lipinsky, Das Geheime Zusatzprotokoll zum deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt vom 23. August 1939 und seine Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte von 1939 bis 1999
SEHEPUNKTE - Rezension von: Das Geheime Zusatzprotokoll zum deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt vom 23. August 1939 und seine Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte von 1939 bis 1999 - Ausgabe 6 (2006), Nr. 11


Daher mein Anliegen, die indizielle Verwertung von "fehlenden Unterlagen" sowie von "Diplomatischen Akten" [hier der Sowjetunion in der Außenwahrnehmung] kritisch zu hinterfragen. Nicht ganz unbeachtlich finde ich schließlich die zeitgenössische Rezeption der Ereignisse, die sich in den territorialen Zielen der SU einig war. Entsprechend läßt sich diese ältere Arbeit anführen:
Ingeborg Plettenberg: Die Sowjetunion im Völkerbund 1934 bis 1939
... die sich in der Wertung allerdings ebenso nur auf die ältere (diplomatisch gestützte) Wertung des Angriffs bezieht: "Die Befürchtungen der sowjetischen Seite, dass ihre nordwestlichen Nachbarstaaten freiwillig oder gezwungen zu Aufmarschgebieten der deutschen Wehrmacht werden könnten [Anm: wahrgenommener Stand+Lage 1938/39], entbehrt demnach nicht der Grundlage." [Zitat in Auswertung britischer Akten]
-> so auch Hillgruber mit Abstützung auf die finnischen Akten bei Verhandlungseröffnung

Weiteres "Material", was Deine Auffassung stützt [die ich aber nicht für zutreffend halte], neben Max Jakobson:
Jacobsen (Der Weg zur Teilung der Welt)
Engle/Paanaanen (The Winter War)
Chew (The White Death)


"The Reasons Why" halte ich für eine überaus komplexe Frage, die derzeit nicht anhand diplomatischer Schritte und Akten zu klären ist. Aus der Gesamtbetrachtung der Abläufe kann man den Sicherheitsaspekt nicht verneinen, ich halte ihn aber für sekundär.

Dass sich Völkerbund und Drittes Reich in merkwürdiger Übereinstimmung für die rein territorialen Ansprüche, über den Gebietsrevisionismus und die weitergehenden Ziele der SU gegen Finnland einig waren, sollte ebenfalls Anlaß für die kritische Betrachtung der offiziellen sowjetischen Dokumente sein.
 
Wie schon gewohnt, erfolgen keinerlei Belege durch leonov.

Das Ergebnis der Historikerkommission wird - mit diffusen Argumenten - bestritten.

Der Kern des Problem ist vermutlich verstanden, und wird dann passend gebogen: die Zahl der Nicht-Heimkehrer ist keine Zahl der Opfer, da

1. eine große Anzahl von Deserteuren zu berücksichtigen ist
2. es bei den Verhältnissen in der SU Menschen gegeben hat, die nicht zurückkehren wollten.


Zu der langen Geschichte gefälschter bzw. falscher Zahlenangaben aus der SU haben Turgot und Thanepower schon das wesentliche gesagt. Aus ebenso erfolgten ungefähr richtigen Angaben läßt sich leider für eine konkrete Fragestellung keinerlei Schlußfolgerung ziehen.

Die besondere Qualität der Morde von Katyn liegt außerdem in der Selektion der Opfer.

silesia, so klasklar sind deine Argumente aber auch nichtg, diffus ist deine Meinung über Deserteure (du forderst doch immer Quellen ein) und auch die Rückkehrunwilligkeit eher ein auf Krampf herangezogenes Argument, sich um den Verbleib einiger Tausend russischer Kriegsgefangener in polnischen Lagern zu drücken, du doch hier nicht Desertion Zigtausender glaubend machen willst, .
Erhellend dürfte es dabei sein, das jene Soldaten und andere Kombattanten zarististisch und nicht bolschewistisch geprägt waren, der stalinistische Macht-und Terroapparat frühestens ab 1924 einsetzte, was du vielleicht bei deiner Argumentation auf Rückkehrunwilligkeit übversehen hast. also kein Grund bestand, nicht in die Heimat zurück zu kehren.

Die Reaktion eines Staates einer Staastführung jeder Form ist immer die Summe von Vorangegangenem, diese Binsenweisheit wird sehr häufig übersehen, wie bei dir.
Der ungesündte imperialistische Überfall Polens auf die in Gründung stehende CCCP, (dafür wurden Jahre vorher und das zurecht, Tribunale in Versailles vorgenommen) das Abhandenkommen zig-Tausender Bürger Russlands, der Ukraine in polnischen Lagern, die Unterdrückungspolitik der 2. RP in Ostpolen, all das war für Stalin der Grund für Katyn.
Das ist bis heute in vielen Köpfen noch nicht verstanden worden.

Für Stalin waren die in Katyn getöteten Militärs mit verantwortlich für den ungesündten Überfall. Für Stalin war die Wojska Polskiege, die polnische Armee der Büttel der Regierung in Warschau zur Durchsetzung imperialistischer territorialer Begehrlichkeiten aus dem Mittelalter.
 
Es ist schon interessant zu lesen, wie bemüht du bist, die Untaten eines der größten Verbrecher der Menschheitsgeschichte, hier Stalin, irgendwie zu erklären.

Die Reaktion eines Staates einer Staastführung jeder Form ist immer die Summe von Vorangegangenem, diese Binsenweisheit wird sehr häufig übersehen, wie bei dir.
Der ungesündte imperialistische Überfall Polens auf die in Gründung stehende CCCP, (dafür wurden Jahre vorher und das zurecht, Tribunale in Versailles vorgenommen) das Abhandenkommen zig-Tausender Bürger Russlands, der Ukraine in polnischen Lagern, die Unterdrückungspolitik der 2. RP in Ostpolen, all das war für Stalin der Grund für Katyn.
Das ist bis heute in vielen Köpfen noch nicht verstanden worden.

Nach dieser Logik hätte das Deutshe Reich ja auch in so einigen Fällen ein "gutes Recht gehabt" Nachbarstaaten brutal zu überfallen. Und überlege doch bitten einmal, wenn du schon in die Vorgeschichte gehst, wie oft und von wem Polen aufgeteilt wurde, bis es ganz von der Landkarte verschwunden war. War da nicht zufällig auch Russland bei?


Für Stalin waren die in Katyn getöteten Militärs mit verantwortlich für den ungesündten Überfall.

Die polnischen Militärs wurden ermordet.
 
Das sowjetische Verhalten bzgl. Finnland würde ich indiziell nicht werten, da hier die lagebezogenen Auswirkungen kaum abgrenzbar sind. Außerdem können Motive wechseln.

An diesem Punkt kommt es wohl zu den unterschiedlichen Wertungen.

1. Phase: Vor Hitler Stalin Pakt eher begrenzte territoriale Erwartungen.

2. Phase: Nach dem Hitler Stalin Pakt im Zuge einer allgemeinen Militarisierung der Politik in Mittel- und Osteuropa die Bereitschaft bei Stalin weitergehende territoriale Gewinne in den Vordergrund zu stellen. In diesem Sinne ist m.E. auch die Bildung einer Gegenregierung zu interpretieren, die an die Situation des finnischen Bürgerkiegs anknüpfend sollte.

An dieser Denkfigur kommen klassische Theoreme der sowjetischen Militärdoktrin zum tragen, die ja traditionell den Aufstand der "proletarischen Massen" im Hinterland des kapitalistischen Gegners unterstellen zur Geltung.

(OT: Vor diesem Hintergrund ist auch der Marsch von Tuchatschewski auf Warschau zu interpretieren, der die aktive Unterstützung des polnischen Proletariats erwartete und überrascht war, dass die durchaus mit Gewehren in der Hand sich organisiert hatten, aber um gegen ihn zu kämpfen. An diesem Punkt, der Ähnlichkeiten in der Fehleinschätzung der Reaktionen der Bevölkerung des anderen Landes zu beiden Zeitpunkten deutlich macht, zeigt sich die ideologische Verzerrung der Wahrnehmung der innenpolitischen Situation durch Stalin bzw. durch Tuchatschewski).

3. Nach dem "Winter War" (1940), auch überrascht durch die Härte des Widerstands, eine Neubewertung der Kosten und des Nutzens und auch vor dem Hintergrund der erfolgreichen Besetzung des Baltikums differenzierte Haltung. Auch vor dem Hintergrund der drohenden Intervention der Engländer und Franzosen. Das letzte was Stalin zu diesem Zeitpunkt wollte, wäre in einen überregionalen Krieg hineinzugeraten, die die potentielle Allianz aus 3. Reich, Frankreich und GB umfaßte. Eine Option, die er am meisten gefürchtet hat und "alte Einkreisungsängste" aktivierte, bzw. die "England-Phobie" (Wolkonow: Stalin) intensivierte.

4. Im Rahmen des Molotow Besuchs (Nov 40), so Besymenski (Hitler und Stalin) wollte Stalin sich die Rückendeckung von Hitler für einen zweiten Waffengang gegen Finnland einholen, um in der von Hitler Stalin zugestandenen Sphäre, sein Verständnis von Sicherheit (was immer im einzelnen darunter zu verstehen ist) durchzusetzen.

Potentiell wären als Folge des zweiten Waffengangs die weitest gehenden Annexionspläne umgesetzt worden.

Diesem Ansinnen widersprach Hitler mehr oder minder heftig, da bereits die Planung für Barbarossa im Hintergrund lief und Stalin konnte zu diesem Zeitpunkt keinen zweiten Krieg ohne Rückendeckung durchführen.

5. Der sich abzeichnende Zusammenbruch der WM, beschleunigt im Jahr 44, entspannte die Situation aus der Sicht von Stalin und es reichte eine "Finnlandisierung" vorzunehmen, um die Situation für beide Länder erträglich zu gestalten.

Für meine Begriffe wird an dieser Entwicklung deutlich, dass Stalin zur Finnlandfrage eine pragmatischere Haltung eingenommen hat, die sich von der Frage des Baltikums und der Landgewinne im Rahmen der Curzon Linie unterschied. Die letzte wies deutlichere Anzeichen einer dogmatischen Verhärtung auf.
 
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Es ist schon interessant zu lesen, wie bemüht du bist, die Untaten eines der größten Verbrecher der Menschheitsgeschichte, hier Stalin, irgendwie zu erklären.



Nach dieser Logik hätte das Deutshe Reich ja auch in so einigen Fällen ein "gutes Recht gehabt" Nachbarstaaten brutal zu überfallen. Und überlege doch bitten einmal, wenn du schon in die Vorgeschichte gehst, wie oft und von wem Polen aufgeteilt wurde, bis es ganz von der Landkarte verschwunden war. War da nicht zufällig auch Russland bei?




Die polnischen Militärs wurden ermordet.


ich sehe nirgendwo, noch nicht einmal im Ansatz irgendwelche Gründe, warum Deutschland "ein gutes Recht" für gleiche imperialistische Überfälle gehabt habe könnte , wie sie Polen veranstaltet hat. Nirgendwo!!!

Und zur Teilung Polens ? hatte Polen nicht selber Schuld ? Schau dir das Taktieren Polens an, schau dir die Unterdrückung der christlichen, nichtkatholischen Minderheiten in Polen an. Lass es dir auf der Zunge zergehen: das katholische Polen sucht Hilfe bei der muslimischen Türkei zur Unterdrückung christlich protestantischer Minderheiten.

Verschwinden eines Landes von der Landkarte ? ganz neu ? noch nie dargewesen ? Falsch: die 1000 jährige Republik Venedig ging auf in eine neues Italien, die Republik Genua ebenfalls.
(ich will das Thema nicht weiter ausführen, Gerade die Teilungen Polens sind nicht geeignet, Polen Ehrenkrän zu zu flechten. Grund für die Teilungen waren, vereinfacht gesagt: Polen war ein Aggressor)
 
Vielleicht könntest Du den Polenhass mal etwas zurückfahren, und den Tunnelblick in der Beurteilung Stalins etwas öffnen.

Ansonsten ist hier vorerst dicht zu bis zur weiteren Beratung über die Folgen der Verharmlosung eines völkerrechtswidrigen Massenmordes durch Exekution.


EDIT: Thema wieder geöffnet.
 
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