Welcher griechische Stadtstaat wurde als letzter erobert?

Christian1998

Neues Mitglied
Das griechische Festland war im Jahre 146 vor Christus , Kreta im Jahre 67 vor Christus von den Römern erobert worden, so steht es in den Geschichtsbüchern.
Viele der ägäischen Inseln wurden in den 30er Jahren des 2 Jahrhunderts vor Christus von den Römern erobert( Samos beispielsweise 133 vor Christus).

Doch wir wissen auch, dass Karpathos und andere ägäische Inseln beispielsweise erst 42 vor Christus von den Römern erobert wurden.
Gibt es irgendeine antike Quelle , die uns verrät ,welcher griechische Stadtstaat als letzter von den Römern erobert wurde?
 
Meinst Du mit "erobert" nur eine gewaltsame Eingliederung oder ganz allgemein, dass Staaten ins römische Reich eingegliedert wurden?

Zumindest in zweiterem Fall geht die Frage an der Realität vorbei, da es kein fixes entweder-oder im Sinne von "Teil des Reichs oder nicht" gab. Diverse Stadtstaaten wurden per Vertrag mehr oder weniger eng ans Reich gebunden, blieben aber formal "frei". Sogar wenn sie unter die Jurisdiktion eines Provinzstatthalters kamen, blieben sie formal verbündete Vertragspartner mit mehr oder weniger weit reichendem Autonomiestatus. Es ist also oft nicht wirklich möglich, präzise anzugeben, ab wann ein Stadtstaat so weit an Souveränität eingebüßt hatte, dass er als Teil des Reiches betrachtet werden muss. Der Status konnte außerdem zumindest auf dem Papier immer wieder zwischen "frei" und nicht frei wechseln.
Formal blieben manche Städte bis in die Kaiserzeit frei. Kyzikos z. B. war frei, bis es unter Augustus in der Stadt zu Unruhen kam, bei denen Römer getötet wurden, weswegen der Stadt die Freiheit entzogen wurde. Byzantion wurde erst unter Vespasian "römisch". Manche griechischen Stadtstaaten im Schwarzmeerraum wurden formal nie römisch.
 
Deine Frage hat mir schon einmal sehr weitergeholfen !
Nun aber möchte ich klären, was ich mit erobert meine. Mit letzterem Begriff meine ich wirklich bezwungen durch militärische Maßnahmen.
Ich interessiere mich für den letzten wirklich selbstständigen griechischen Stadtstaat, der bis zuletzt in politischer und militärischer Hinsicht völlig unabhängig vom römischen Reich war.
 
Deine Frage hat mir schon einmal sehr weitergeholfen !
Nun aber möchte ich klären, was ich mit erobert meine. Mit letzterem Begriff meine ich wirklich bezwungen durch militärische Maßnahmen.
Ich interessiere mich für den letzten wirklich selbstständigen griechischen Stadtstaat, der bis zuletzt in politischer und militärischer Hinsicht völlig unabhängig vom römischen Reich war.

Also suchst du nun nach dem letzten griechischen Stadtstaat, der durch Gewalt eingegliedert worden ist oder den letzten völlig autarken Stadtstaat? Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.
 
Ich suche nach dem letzten völlig autarken griechischen Stadtstaat, wie dieser in das römische Reich eingegliedert wurde , ist nach meinem Ermessen weniger wichtig.
 
Den letzten wirklich selbstständigen griechischen Stadtstaat, der bis zuletzt in politischer und militärischer Hinsicht völlig unabhängig vom römischen Reich war, gab es nicht. Schließlich geriet der gesamte Mittelmeerraum nach und nach unter römische Herrschaft, und auch die griechischen Stadtstaaten im Schwarzmeerraum, die formal unabhängig blieben, waren eng mit dem Reich verbunden. Es standen also einerseits nie alle Stadtstaaten formal unter römischer Herrschaft, andererseits blieb kein Stadtstaat dauerhaft völlig unabhängig.

Übrigens war es auch nicht so, dass das griechische Festland 146 v. Chr. in der Weise erobert worden wäre, dass alle Städte ihre Freiheit völlig verloren hätten. Athen z. B. behielt formal dauerhaft seinen Status als "freie Stadt" und auch seine auswärtigen Besitzungen, sogar noch nachdem es Mithridates unterstützt hatte und von Sulla erobert worden war. Auch viele andere Städte behielten einen derart (halb)freien Status. Nero erklärte Griechenland sogar für gänzlich frei, was Vespasian wieder rückgängig machte.

Aber wenn schon, dann kann man vermutlich am ehesten bei den Städten Kretas davon sprechen, dass sie die letzten unabhängigen gewesen seien, die von den Römern erobert wurden. Die Griechenstädte in Festlandgriechenland und Kleinasien waren bereits im Zuge des Zweiten Makedonischen Krieges und des Syrischen Krieges mehr oder weniger intensiv unter die Hegemonie Roms geraten, das fortan eine Rolle als Ordnungsmacht beanspruchte und diese mitunter auch gewaltsam durchsetzte. Der Achaiische Krieg war nur ein letztlich erfolgloses Aufbegehren gegen diese Situation. Lediglich den Städten Kretas gelang es bis zur Eroberung ihrer Insel weitgehend, sich dem Einfluss Roms zu entziehen. Bei ihnen kann man am ehesten von einem Bruch "völlig unabhängig"-"gar nicht mehr unabhängig" sprechen. Bei den anderen Städten war das meist ein schleichender Prozess, der vor einer allfälligen militärischen Eroberung begonnen hatte und mit ihr meist nicht endete.
 
Sehr überzeugende Argumentation Ravenik , und danke für den Fakt lieber Gast!
Mich würde jetzt noch abschließend interessieren, ob es nach in den Jahrzehnten nach der Eroberung von Karpathos 42 vor Christus noch Stadtstaaten gab , die noch über ein griechisches Herrschaftssystem verfügten( Aristokratie, Oligarchie, Tyrannis , Demokratie usw.)und nicht von römischen Truppen besetzt waren.

Meine Frage schließt also jene griechischen Polis der Schwarzmeerregion aus , die zwar formell nie zum römischen Reich gehörten , jedoch stark latinisiert waren.
 
Die unter römischer Herrschaft stehenden Stadtstaaten behielten ihr "griechisches Herrschaftssystem"; es wurden ihnen nicht die in den Colonialstädten und Municipien des Westens üblichen Ordnungen aufgepfropft. Allerdings setzten die Römer Modifikationen durch, um allzu "demokratische" Züge zu vermeiden. Bei aller zugestandener Autonomie hatten die Römer faktisch natürlich immer die Möglichkeit einzugreifen.
Besatzungstruppen wurden in die einzelnen Städte in der Regel nicht gelegt.
 
Ich denke,ich habe nun genug Informationen über die römische Eroberung der griechischen Stadtstaaten erhalten , und bin daher auch zu dem Entschluss gekommen , dass es den Stadtstaat , der als letzter von den Römern erobert wurde , nicht gibt.

Dennoch muss ich noch eine konkrete Frage stellen: Fällt irgendjemandem von euch ein griechischer Stadtstaat ein , der in den Jahrzehnten nach der Besetzung von Karpathos seine Unabhängigkeit beibehalten konnte.


Ich suche also nun nach Stadtstaaten , die zwischen ungefähr 40 vor Christus und dem Jahre 0 von den Römern erobert wurden.
 
In den Bürgerkriegen nach Caesars Tod erlitten diverse griechische Stadtstaaten das gleiche Schicksal wie öfters in Bürgerkriegen: Sie schlossen sich mehr oder minder freiwillig einer Partei an und wurden später von der anderen erobert. Oder sie wurden von einem Bürgerkriegsgeneral erobert, weil er sich finanziell verbessern wollte, einen Stützpunkt brauchte oder ähnliches. Z. B. eroberte Sextus Pompeius 35 v. Chr. Lampsakos, Agrippa 31 v. Chr. Leukas und Patrai. Bloß: Wirklich unabhängig waren diese Stadtstaaten alle nicht mehr, es handelte sich eher um einen Besitzwechsel unter Römern. Das passierte auch später noch, z. B. eroberte Septimius Severus 196 n. Chr. Byzantion.

Ich verstehe allerdings Deine Fragereien nicht mehr. Wir haben doch oben schon geklärt, dass es in der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Festlandgriechenland, der Ägäis und Kleinasien, von Sizilien und Süditalien einmal ganz zu schweigen, keine wirklich unabhängigen Stadtstaaten mehr gab. Eine solche Unabhängigkeit lässt sich am ehesten noch im Schwarzmeerraum finden, bloß dass dort einige Stadtstaaten niemals formal römisch wurden.
16 v. Chr. intervenierte übrigens Agrippa im Bosporanischen Reich und sorgte dafür, dass dort der (aus römischer Sicht) "richtige" Mann König wurde. Allerdings bestand das Bosporanische Reich in seinem Kern zwar aus griechischen Städten, war aber kein Stadtstaat, außerdem war und wurde es nie römische Provinz, wenngleich es unter römischer Vorherrschaft stand.
 
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