Wer besaß das Fehderecht ?

Mittelwalter

Mitglied
Hallo zusammen,

inwieweit war das mittelalterliche Fehderecht (nicht das antike germanische) eigentlich in die unteren Bevökerungsschichten zulässig ?
Durfte nur der Adel einen Fehdebrief aufsetzen oder galt das Fehderecht für alle freien Männer ?
 
Gute Frage!
Da schließ ich mich gleich an: hatten Städte (also freie Städte) auch das Fehderecht?

zu deiner Frage würde ich vermuten, dass das Fehderecht an Grundbesitz gebunden war.
 
In der Praxis erklärten zumindest Adelige auch Städten die Fehde. Wäre ja ein bisschen widersinnig, wenn es nicht auch umgedreht gehen würde. So lag Erfurt dauernd immer wieder im Mittelalter mit benachbarten Adeligen in Fehde.
 
Hallo zusammen,

inwieweit war das mittelalterliche Fehderecht (nicht das antike germanische) eigentlich in die unteren Bevökerungsschichten zulässig ?
Durfte nur der Adel einen Fehdebrief aufsetzen oder galt das Fehderecht für alle freien Männer ?

Eine Beschränkung des weit verbreiteten und allgemein üblichen Fehderechts erfogte durch die Einschränkung der Waffenfähigkeit breiter Bevölkerungssschichten. Das geschah durch den Wandel der hochmittelalterlichen Gesellschaftsordnung, in dem der Stand der Freien so gut wie nicht mehr vertreteten war. Wer von den einstigen Freien nicht mehr für das kriegerische Aufgebot des Königs zur Verfügung stand und sich keine waffenmäßige Ausrüstung plus Pferd leisten konnte, musste sich unter die Schutzherrschaft Vermögenderer stellen. Die kleine Gruppe von Freien, die sich das leisten Konnte, stieg zu "freien Herren" bzw. später zu Freiherren bzw. Rittern auf. Somit besaß nur noch der Adel - höherer und niederer - das Recht zur Fehde.

Damit ging für den ganzen Stand der Bauern bzw. Hörigen und Unfreien das Recht, Waffen zu tragen, verloren. Zudem griff die Landfriedensbewegung seit dem frühen 12. Jh. diese Entwicklung auf und schränkte die Fehde als Rechtsmittel auf die ritterliche Gesellschaft bzw. den Adel ein.

Das Reichsgesetz von 1495 über den "Ewigen Landfrieden" schaffte die Fehde nach mehreren vergeblichen Anläufen endgültig ab. Durchgesetzt wurde diese Anordnung jedoch erst im 16. Jh. durch die fürstlichen Landesherren der Territorialstaaten.
 
...Und ich hab gerade zur Frage des Fehderechts der Städte Folgendes gelesen:

"Konstituive Merkmale einer rechtlich-politischen Autonomie der Stadt sind: (...)

- weitgehende Wehrhoheit mit Mauerbau, Bürgeraufgebot, Fehderecht"

(aus Insenmann, Eberhard: Die deutsche Stadt im Mittelalter. Weimar et. alt., 2012, S. 287.)

Also durften das Städte tun.
 
Hmmm....:fs:es hat sich bei mir noch eine Frage entwickelt:

Gab es eine wirklich freie Stadt?

Dass das Ziel der meisten Städte Freiheit von Pflichten gegenüber JEDEM AUSSENSTEHENDEN HERRSCHER und Recht- und Finanzhoheit innerhalb der eigenen Mauern darstellte, ist klar. Aber defacto konnte das doch keine Stadt für sich auf längere Zeit durchsetzen, oder?
Kennt ihr eine? Alles, was ich bisher gelesen habe handelt von der Theorie und den Wünschen und den Auseinandersetzungen um diese absolute Freiheit. Aber in irgendeiner Weise waren die Städte doch immer gefordert und gebunden ?!
 
Kommt auf die Stadt an. Hamburg, Lübeck ua Hansestädte waren souverän innerhalb ddes Reiches, bis zu seinem Ende und darüber hinaus. Für andere Städte bzw Städtebünde galt gleiches (Reichsstädte). Andere Städte unterstanden der Lehenshoheit territorialer Herrscher; München war ein Beispiel, wenn ich mich richtig erinnere.

Ein weiteres Beispiel: Berlin und Kölln verloren ihre weitgehende Souverenität (und ihre Hansemitgliedschaft) erst, als die die Residenzstadt des brandenburgischen Kurfürsten wurden, obwohl sie auch vorher zum Territorium der Mark Brandenburg gehört hatten. Aber das war mit 1448 schon am Ende des Mittelalters, und das Fehde-Unwesen endete in der Mark schon im frühen 15. Jh.

Stadtrecht ? Wikipedia

Freie und Reichsstädte ? Wikipedia
 
Gab es eine wirklich freie Stadt?

Wie mein Vorposter bereits erwähnt hatte, gab es sogenannte reichsimmediate (reichsunmittelbare) Städte, die direkt dem deutschen König und römischen Kaiser unterstellt waren und keinen sonstigen weltlichen oder geistlichen Herrscher hatten. Diese Städte wurden als "Freie Reichsstadt" (eigt. Freie und Reichsstadt) bezeichnet und zu ihnen gehörten unter anderem Bremen, Lübeck und Donauwörth. Hamburg bildet als "frühneuzeitliche Bürgerrepublik" (vgl. P. E. Schramm) eine Ausnahme.

Soweit ich weiß, hatten viele (oder gar alle?) Städte das Fehderecht. In diesem Zusammenhang ist auch die Kronberger Fehde zu nennen, die zwischen der Freien und Reichsstadt Frankfurt/Main und einigen Adligen der Nähe ausgetragen worden war.
 
Gab es eine wirklich freie Stadt?

Reinecke hat das oben schon gut beantwortet. Es gab im Heiligen Römischen Reich zahlreiche Reichsstädte, die nur den den Kaiser als Herrn hatten, also reichsunmittelbar waren. Sie besaßen seit dem späten Mittelalter Reichsstandschaft, d.h. sie hatten Sitz und Stimme auf der Städtebank des Reichstags. Das gilt z.B. für Lübeck, Nürnberg, Ulm, Köln, Frankfurt, Bremen, Nordhausen, Straßburg und viele andere.

Die meisten dieser Reichsstädte lagen in Süddeutschland. Sie zählten ursprünglich zum Reichsgut der Staufer und konnten nach deren Untergang Mitte des 13. Jh. ihre Nähe zum Reich und somit reichsfreie Stellung bewahren. Dennoch gab es zahlreiche - und zuweilen auch erfolgreiche - Versuche der Landesfürsten, Reichsstädte, die in ihrem Gebiet lagen, zu unterwerfen und landsässig zu machen.

Was die Hansestädte angeht, so waren nur Reichsstädte wie Lübeck, Hamburg oder Bremen keinem Landesherrn untertan. Andere Hansestädte wie Braunschweig, Stettin, Dortmund, Magdeburg oder Rostock hatten im Prinzip einen Landesherrn. So war die Hansestadt Braunschweig z.B. Teil des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg und unterstand somit dem Herzog. Allerdings war die Macht der Territorialfürsten im 13. und 14. Jh. noch nicht absolut, sodass viele Hansestädte einen halbautonomen Status bewahren konnten. Das endete allerdings mit dem Niedergang der Hanse im 15. und 16. Jh., sodass die Landesfürsten diese Städte voll ihrer Landesherrschaft unterwarfen. So wurde die Hansestadt Braunschweig, die lange Zeit eine nahezu reichsstädtische Stellung bewahren konnte, im Jahr 1671 von herzoglichen Truppen erobert.
 
Da bleibt natürlich noch die Frage, wie es mit dem Fehderecht in den Städten aussah, denn dort gab es ja freie aber nicht unbedingt adlige Bewohner. Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass in den Städten die Nähe und die Verfügbarkeit der Justitz so groß war, dass Fehden dadurch unterbunden wurden.
 
Da bleibt natürlich noch die Frage, wie es mit dem Fehderecht in den Städten aussah, denn dort gab es ja freie aber nicht unbedingt adlige Bewohner. Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass in den Städten die Nähe und die Verfügbarkeit der Justitz so groß war, dass Fehden dadurch unterbunden wurden.

Wäre es nicht denkbarer, dass der Stadtrat/das Magistrat/der Bürgermeister die Fehde ausgesprochen haben und nicht der Bewohner an sich? Obwohl es in vielen Städten auch Adlige gab (keine Herzöge, aber durchaus Freiherren und Herren).

Untereinander haben sich die Bürger eher keine Fehde ausgesprochen, oder?
 
Untereinander haben sich die Bürger eher keine Fehde ausgesprochen, oder?

In die Richtung hatte ich bei meinem Beitrag auch überlegt/gefragt. Prinzipiell würde ja nichts dagegen sprechen, der Bürger ist ja frei und müsste daher auch das Recht zur Fehde haben. Allerdings denke ich, wie oben schon beschrieben, dass der Bürger durch die städtische Justitz daran gehindert wurde aktiv Fehden zu erklären.

Wäre es nicht denkbarer, dass der Stadtrat/das Magistrat/der Bürgermeister die Fehde ausgesprochen haben und nicht der Bewohner an sich? Obwohl es in vielen Städten auch Adlige gab (keine Herzöge, aber durchaus Freiherren und Herren).

Ich verstehe nicht ganz welchen Sachverhalt du damit schildern möchtest. Wieso oder in welchem Fall sollte die Stadtführung für einen Bürger eine Fehde aussprechen? Könntest du mir das sonst nochmal erläutern? :grübel:
 
Ich meinte das eigentlich so, dass nicht die Bürger Fehden ausgesprochen haben, sondern dass der Stadtrat das Recht (Monopol) dazu hatte und anderen Städten/Fürstentümern den Fehdehandschuh hinwerfen konnte.

Unter den Bürgern gab es mit Sicherheit auch Krieg und Streit, aber ich denke, eine Fehde konnten sich doch nur die allerwenigsten überhaupt und alleine aus ökonomischer Sicht leisten.

Wenn es also einen Streit gab, versuchten die Betroffenen wahrscheinlich, alles etwas politischer ablaufen zu lassen. Kurz ne Anklage im Gericht eingereicht (oder so) und schon hatte der Rivale nen Prozess am Hals (der ihm denselben natürlich nicht automatisch kosten musste). Ansonsten konnte man jemanden auch noch heimtückisch ermorden (lassen) etc.

Ansonsten gab es bei den Bürgern noch das Gottesurteil oder den Gerichtskampf (der einer Fehde gleichkam, da auch hier ein Duell angewendet wurde und man den Gegner also zu besiegen hatte).
 
Tatsächlich habe ich etwas Interessantes zu dato Thema gefunden:

"Auch zwei Bürger aus Ottobeuren und ein weiterer Mann [...] wurden 1472 in Zusammenhang mit einer Fehde gegen den Bischof von Ausgburg festgesetzt. Nächst ihnen führte ein gewisser Simon Höchstätter [...] Fehde gegen seine Heimatstadt Nördlingen"

— Reinle, Christine: Bauernfehden. Studien zur Fehdeführung Nichtadliger im spätmittelalterlichen römisch-deutschen Reich, besonders in den bayerischen Herzogtümern. Wiesbaden: Franz Steiner Verlag, 2003, S. 356

Und in Wikipedia.de steht, dass nur "[Freie] fehdefähig waren".
 
Zurück
Oben