Scorpio
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Ich muss gestehen, ich habe eine gewisse Schwäche für amerikanische Gerichtsfilme und Rechtsgeschichte. Als Spencer Tracy fan sah ich kürzlich mal wieder "Inherit the Wind" (Wer den Wind sät) in dem es um den Fall eines Biologielehrers Bert Cates geht, der ins gefängnis wandert, weil er im fiktiven Ort Hillesboro 1925 Darwins Evolutionstheorie lehrte.
Die tatsächlichen Ereignisse in Dayton/ Tennessee waren kaum weniger dramatisch, als Stanley Kramers Gerichtsdrama. Es ist eine sehr amerikanische Geschichte, die in ihrer Aktualität nichts verloren hat. Es ging um eine gute Show, Grundrechte, Evolution und Darwinismus und natürlich auch um Geld. Zu den Hauptakteuren gehörten ein Footballcoach, der auch Biologie unterrichtete, der rennomierteste Strafverteidiger der USA, ein dreimaliger Präsidentschaftskandidat und ehemaliger US- Außenminister, ein bekannter Journalist und Literaturkritiker, eine Gruppe gewitzter Geschäftsleute, die ihrer Heimatstadt Dayton auf die beine helfen wollten, ein Richter, der sich als Werkzeug Gottes verstand, und last but not least ein gutgekleideter Schimpanse, der seiner Besitzerin viele Dollars einbrachte.
Der Ort Dayton besaß um 1920 ca 1.500 Einwohner, nach dem Bürgerkrieg wurde Dayton gegründet, und die Region lebte enerationen von einigen Bergwerken und dem Anbau von Erdbeeren, die in Dayton gut gediehen. Im Gegensatz zum fiktiven Hillesboro waren die Bewohner durchaus keine bigotten, glaubenseifrige Puritaner. Die Stadt besaß einige gute Colleges, mehrere Kirchen und das Hotel Aqua. Doch Dayton ging es in den 20ern schlecht. Mehrere Bergwerke und Minengesellschaften waren pleite gegangen. Ein New Yorker, der nach Dayton gekommen war um die Pleite abzuwickeln, wurde im Laufe der Zeit bekennender Südstaatler und Kirchgänger und diskutierte gerne mit einem Geistlichen, der wie er selbst Anhänger der Evolutionstheorie war. Auch das vom Kultusministerium herausgegebene Biologielehrbuch war pro evolutionistisch. In den Südstaaten gewannen Evangelikale in den 20er Einfluss, und der Butler Act verbot im Bundesstaat Tennesse Darwins Evolutionstheorie zu lehren und bedrohte Gesetzesbrecher mit Geldstrafe oder Gefängnis.
De facto aber war der Butler- Act ein papierenes Gesetz. Als davon die Presse und eine Bürgerrechtsbewegung erfuhr, versprach eine Zeitung aus Baltimore jeden der wegen des Butler-Act angeklagt wurde besten und kostenlosen Rechtsbeistand. Davon las auch der New Yorker Geschäftsmann, und in Robinson´s Drug Store, der lokalen Tränke der Honorationen und Geschäftsleute heckten einige Daytoner einen Plan aus, der den Ort bekannt machen sollte und die Wirtschaft womöglich ankurbeln. Schließlich ließ sich der Junggeselle John T. Scopes, Trainer des Footballteams überreden, gegen den Butler Act zu verstoßen, und ein eingeweihter Bürger zeigte Scopes an.
Damit war Stein des Anstoßes losgestoßen, und die Väter der Drugstore- Verschwörung hätten sich in ihren kühnsten Träumen nicht die Resonanz erhofft, den der Prozess erregte. Zum ersten Mal wurde eine Gerichtsverhandlung in den USA life im Radio übertragen. Tenessee vs Scopes, bzw Darwin vs jehova versprach eine gute Story. Der name Scopes wurde allerdings von namhafteren Zeitgenossen überstrahlt. Henry L. Mencken einer der bekanntesten Journalisten und Literaturkritiker Nordamerikas witterte eine gute Story und reiste mit vier Flaschen Scotch im Gepäck an den Ort des Geschehens, von wo er ebenso pointiert wie sarkastisch berichtete. Menckens Blatt, die Baltimore Sun wiederum heuerte den erfolgreichsten Strafverteidiger der USA, Clarence Darrow an, der Scopes verteidigen sollte.
Der Staatsanwaltschaft bot der dreimalige Präsidentschaftskandidat und Ex-Außenminister William Jennings Bryan seine Dienste an.
Darrow, mencken und Bryan kannte damals jedes Kind in den USA. Darrow und Bryan konnten kaum unterschiedlicher sein. Dennoch hatte Darrow Bryans Kandidatur unterstützt und die beiden waren eng befreundet, bis es wegen unterschiedlicher Einstellung zur Religion zum Zerwürfnis kam. Die beiden Kontrahenten tranken aber abends gerne ein paar schwarzgebrannte Whiskkeys zusammen, obwohl Bryan Befürworter der Prohibition war.
Clarence Darrow stammte aus Ohio, und er war der Sohn eines Schreiners, der nebenbei als Sarghändler tätig war. Darrow sr. war ein belesener Mann, überzeugter Abolitionist und früher Befürworter des Frauenwahlrechts. Seine Bildung verschaffte ihm den Ruf eines Atheisten und Agnostikers, und seine Kinder vor allem Clarence fühlten sich berufen, die Sache ihres Vaters zu verteidigen. Clarence Darrow arbeitete anfangs für Eisenbahngesellschaften, ehe er sein Faible für das Strafrecht entdeckte. Darrow war durchaus kein Rechtspositivist, er hielt das Rechtssystem für einen bösartigen Moloch, der menschliche Existenzen vernichtete, und er war absoluter Gegner der Todesstrafe. Am liebsten verteidigte er Underdogs, und seine Rhetorik erreichte Höchstleistungen, wenn er sich mit dem Fall identifizierte. Er konnte bei über 30 ° C Jury und Publikum so fesseln, das alle gebannt der Logik seiner argumente folgten und konnte nicht nur geschworene, sondern auch Richter zu Tränen rühren. Am besten war er wenn Jury und Publikum gegen ihn eingestellt waren. Sein vermutlich bestes Plädoyer hielt er im Leopold/ Loeb Fall, in dem es ihm gelang, die beiden Jurastudenten Nathan Leopold und Loeb die einen Jungen entführt und getötet hatten, weil sie ein perfektes Verbrechen begehen wollten, vor der Todesstrafe zu bewahren.
William Jennings Bryan war der Sohn eines Geistlichen, der sich als Sozialpolitiker die Interessen der weißen Kleinfarmer des Mittleren Westens auf die Fahnen geschrieben hatte. Er war der Anführer der Populisten Bewegung, die sich ähnliche Ziele wie Raiffeisen setzte. Von 1896-1900 kandidierte er für die Präsidentschaft, wurde allerdings geschlagen. Im Kabinett Wilson war er bis 1915 Außenminister. In dieser Position hielt er die Versenkung der Lusitania für gerechtfertigt und Wilsons Noten für zu scharf, und er hatte genug Rückgrat, deswegen seinen Rücktritt zu erklären. Bryan hatte sich vermutlich nur wenig mit darwins entwicklung der Arten beschäftigt. Mit der Evolution verband Bryan auch die Philosophie Friedrich Nietzsches und sozialdarwinistische Ideen, die auch in den USA Ende des 19. Jhds viele Anhänger besaß.
Für Vertreter des Jazz Zeitalters wie Mencken war Bryan eine altväterische Figur aus einer anderen Welt, und er verabscheute ihn von ganzem Herzen. Mencken machte aus seiner Verachtung der Südstaaten kein Hehl und nannte Südstaatler Yokels und Hillybillys. Bryan symbolisierte für ihn alles rückwärtsgewandte, puritanische. Bryan sprach altertümlich, war fromm und Befürworter der Prohibition.
Der kampf der Titanen Darrows vs Bryan lockte Heerscharen nach Dayton. Es war eine Jahrmarktsatmosphäre, und zeitweilig hielten sich 50.000 Menschen, ein Schimpanse, und später noch ein Gorilla in Dayton auf. Das Aqua Hotel musste Besucher wegschicken, es wurden Monkey Songs getextet und Monkeywitze erzählt.
Fortsetzung folgt, womöglich erst nächstes Jahr.
Die tatsächlichen Ereignisse in Dayton/ Tennessee waren kaum weniger dramatisch, als Stanley Kramers Gerichtsdrama. Es ist eine sehr amerikanische Geschichte, die in ihrer Aktualität nichts verloren hat. Es ging um eine gute Show, Grundrechte, Evolution und Darwinismus und natürlich auch um Geld. Zu den Hauptakteuren gehörten ein Footballcoach, der auch Biologie unterrichtete, der rennomierteste Strafverteidiger der USA, ein dreimaliger Präsidentschaftskandidat und ehemaliger US- Außenminister, ein bekannter Journalist und Literaturkritiker, eine Gruppe gewitzter Geschäftsleute, die ihrer Heimatstadt Dayton auf die beine helfen wollten, ein Richter, der sich als Werkzeug Gottes verstand, und last but not least ein gutgekleideter Schimpanse, der seiner Besitzerin viele Dollars einbrachte.
Der Ort Dayton besaß um 1920 ca 1.500 Einwohner, nach dem Bürgerkrieg wurde Dayton gegründet, und die Region lebte enerationen von einigen Bergwerken und dem Anbau von Erdbeeren, die in Dayton gut gediehen. Im Gegensatz zum fiktiven Hillesboro waren die Bewohner durchaus keine bigotten, glaubenseifrige Puritaner. Die Stadt besaß einige gute Colleges, mehrere Kirchen und das Hotel Aqua. Doch Dayton ging es in den 20ern schlecht. Mehrere Bergwerke und Minengesellschaften waren pleite gegangen. Ein New Yorker, der nach Dayton gekommen war um die Pleite abzuwickeln, wurde im Laufe der Zeit bekennender Südstaatler und Kirchgänger und diskutierte gerne mit einem Geistlichen, der wie er selbst Anhänger der Evolutionstheorie war. Auch das vom Kultusministerium herausgegebene Biologielehrbuch war pro evolutionistisch. In den Südstaaten gewannen Evangelikale in den 20er Einfluss, und der Butler Act verbot im Bundesstaat Tennesse Darwins Evolutionstheorie zu lehren und bedrohte Gesetzesbrecher mit Geldstrafe oder Gefängnis.
De facto aber war der Butler- Act ein papierenes Gesetz. Als davon die Presse und eine Bürgerrechtsbewegung erfuhr, versprach eine Zeitung aus Baltimore jeden der wegen des Butler-Act angeklagt wurde besten und kostenlosen Rechtsbeistand. Davon las auch der New Yorker Geschäftsmann, und in Robinson´s Drug Store, der lokalen Tränke der Honorationen und Geschäftsleute heckten einige Daytoner einen Plan aus, der den Ort bekannt machen sollte und die Wirtschaft womöglich ankurbeln. Schließlich ließ sich der Junggeselle John T. Scopes, Trainer des Footballteams überreden, gegen den Butler Act zu verstoßen, und ein eingeweihter Bürger zeigte Scopes an.
Damit war Stein des Anstoßes losgestoßen, und die Väter der Drugstore- Verschwörung hätten sich in ihren kühnsten Träumen nicht die Resonanz erhofft, den der Prozess erregte. Zum ersten Mal wurde eine Gerichtsverhandlung in den USA life im Radio übertragen. Tenessee vs Scopes, bzw Darwin vs jehova versprach eine gute Story. Der name Scopes wurde allerdings von namhafteren Zeitgenossen überstrahlt. Henry L. Mencken einer der bekanntesten Journalisten und Literaturkritiker Nordamerikas witterte eine gute Story und reiste mit vier Flaschen Scotch im Gepäck an den Ort des Geschehens, von wo er ebenso pointiert wie sarkastisch berichtete. Menckens Blatt, die Baltimore Sun wiederum heuerte den erfolgreichsten Strafverteidiger der USA, Clarence Darrow an, der Scopes verteidigen sollte.
Der Staatsanwaltschaft bot der dreimalige Präsidentschaftskandidat und Ex-Außenminister William Jennings Bryan seine Dienste an.
Darrow, mencken und Bryan kannte damals jedes Kind in den USA. Darrow und Bryan konnten kaum unterschiedlicher sein. Dennoch hatte Darrow Bryans Kandidatur unterstützt und die beiden waren eng befreundet, bis es wegen unterschiedlicher Einstellung zur Religion zum Zerwürfnis kam. Die beiden Kontrahenten tranken aber abends gerne ein paar schwarzgebrannte Whiskkeys zusammen, obwohl Bryan Befürworter der Prohibition war.
Clarence Darrow stammte aus Ohio, und er war der Sohn eines Schreiners, der nebenbei als Sarghändler tätig war. Darrow sr. war ein belesener Mann, überzeugter Abolitionist und früher Befürworter des Frauenwahlrechts. Seine Bildung verschaffte ihm den Ruf eines Atheisten und Agnostikers, und seine Kinder vor allem Clarence fühlten sich berufen, die Sache ihres Vaters zu verteidigen. Clarence Darrow arbeitete anfangs für Eisenbahngesellschaften, ehe er sein Faible für das Strafrecht entdeckte. Darrow war durchaus kein Rechtspositivist, er hielt das Rechtssystem für einen bösartigen Moloch, der menschliche Existenzen vernichtete, und er war absoluter Gegner der Todesstrafe. Am liebsten verteidigte er Underdogs, und seine Rhetorik erreichte Höchstleistungen, wenn er sich mit dem Fall identifizierte. Er konnte bei über 30 ° C Jury und Publikum so fesseln, das alle gebannt der Logik seiner argumente folgten und konnte nicht nur geschworene, sondern auch Richter zu Tränen rühren. Am besten war er wenn Jury und Publikum gegen ihn eingestellt waren. Sein vermutlich bestes Plädoyer hielt er im Leopold/ Loeb Fall, in dem es ihm gelang, die beiden Jurastudenten Nathan Leopold und Loeb die einen Jungen entführt und getötet hatten, weil sie ein perfektes Verbrechen begehen wollten, vor der Todesstrafe zu bewahren.
William Jennings Bryan war der Sohn eines Geistlichen, der sich als Sozialpolitiker die Interessen der weißen Kleinfarmer des Mittleren Westens auf die Fahnen geschrieben hatte. Er war der Anführer der Populisten Bewegung, die sich ähnliche Ziele wie Raiffeisen setzte. Von 1896-1900 kandidierte er für die Präsidentschaft, wurde allerdings geschlagen. Im Kabinett Wilson war er bis 1915 Außenminister. In dieser Position hielt er die Versenkung der Lusitania für gerechtfertigt und Wilsons Noten für zu scharf, und er hatte genug Rückgrat, deswegen seinen Rücktritt zu erklären. Bryan hatte sich vermutlich nur wenig mit darwins entwicklung der Arten beschäftigt. Mit der Evolution verband Bryan auch die Philosophie Friedrich Nietzsches und sozialdarwinistische Ideen, die auch in den USA Ende des 19. Jhds viele Anhänger besaß.
Für Vertreter des Jazz Zeitalters wie Mencken war Bryan eine altväterische Figur aus einer anderen Welt, und er verabscheute ihn von ganzem Herzen. Mencken machte aus seiner Verachtung der Südstaaten kein Hehl und nannte Südstaatler Yokels und Hillybillys. Bryan symbolisierte für ihn alles rückwärtsgewandte, puritanische. Bryan sprach altertümlich, war fromm und Befürworter der Prohibition.
Der kampf der Titanen Darrows vs Bryan lockte Heerscharen nach Dayton. Es war eine Jahrmarktsatmosphäre, und zeitweilig hielten sich 50.000 Menschen, ein Schimpanse, und später noch ein Gorilla in Dayton auf. Das Aqua Hotel musste Besucher wegschicken, es wurden Monkey Songs getextet und Monkeywitze erzählt.
Fortsetzung folgt, womöglich erst nächstes Jahr.