Wer ist eigentlich Indianer?

steffen04

Gesperrt
Rassismus war und ist kein Privileg der Nazis. In den USA stand in der ersten Haelfte (mindestens) des 20. Jahrhunderts die “One-Drop-Rule” hoch im Kurs. Ein Tropfen schwarzen Blutes reichte aus, um die betroffene Person zum “Schwarzen” zu machen. Diese Regel fand Eingang in die Gesetzgebung der meisten Bundesstaaten, die Rassentrennungsgesetze verabschiedeten. Diese sogenannten Jim Crow-Laws wurden nach und nach nach dem Bürgerkrieg eingeführt und blieben bis in die 196oer Jahre gültig.

Die “One-Drop-Rule” fand zwischen 1910 (Tennessee) und 1931 (Oklahoma) als Basis für die Jim Crow-Laws Eingang in die Gesetzgebung einer Reihe von Bundesstaaten, in anderen wurde die Regel de-facto angewandt. (siehe auch US-Wiki)

Die angelsächsische Literatur bezeichnet diesen Ausweis weisser Minderwertigkeitskomplexe als “hypodescent”. Im Gegenteil wäre es “hyperdescent” anzunehmen, dass ein Tropfen weissen Blutes auch den dunkelhäutigsten Menschen zum Weissen macht. Was man als stolzer Weisser ja eigentlich annehmen sollte.

Genau genommen sollte man hier nicht von “schwarz” und “weiss” reden, sondern von behaupteter “höherwertiger” und “niederwertiger” Abstammung. Kennen wir ja alles.

Die US-Wiki verkündet auf jeden Fall stolz, “Today there are few enforceable laws in the U.S. in which the one-drop rule is applicable.” Was natürlich im Umkehrschluss bedeutet, dass es noch Gesetze auf Basis der One-Drop-Rule gibt.

Möglicherweise bezieht sich der Satz auf die Gesetze, die den Zugang zu Indianerstämmen regeln.

Die Stämme haben weitgehend das Recht, selbst zu Bestimmen, wer Indianer ist und wer nicht. Darüber hinaus gibt es noch Bundesgesetze, die etwa den Zugang zu Stipendien und ähnlichem regeln.

Die Bestimmungen basieren zum Teil auf dem Anteil von Indianer-Blut des Betroffenen. Wie hoch der Anteil sein muss ist von Stamm zu Stamm unterschiedlich.

Ein White Mountain Apache braucht mindestens ein Apachen-Elternteil. Ein Ute braucht sogar einen 5/8-Degree (wie immer der auch zustande kommen mag). Navajo kannst du mit einer Grossmutter werden (¼ Degree), die Kaw-Nation begnügt sich mit dem 32tel-Degree, also einer Gross-Gross-Gross-Grossmutter. Oder -vater.

Beleg für die Abstammung sind meist die Dawes Rolls. In dies Listen wurden ab 1893 die Mitglieder der verschiedenen Stämme erfasst. Es wird zunehmend auf DNA-Tests übergegangen. Komplexe Sache, siehe auch US-Wiki.

Einige Stämme fordern Nachweise nur für ausserhalb der Reservate Geborene. Wer also innerhalb des Reservats geboren ist, ist Jus Soli Indianer, ausserhalb geboren kann er es Jus Sanguinis werden.

Das wirkt auf den ersten Blick eher skuril. Dieses Rassesystem hat aber massive Folgen für viele. In den 1980 wurden 25.000 Cherokee Freedmen aus der Cherokee Nation of Oklahoma ausgestossen. Die Freedmen sind die Nachfahren schwarzer Sklaven der Cheyenne. Die Cheyenne haben im Bürgerkrieg den Norden unterstützt (wie genau, müsste man mal klären) und die Sklaverei aufgegeben. Der juristische und politische Streit dauert an.
 
Die angelsächsische Literatur bezeichnet diesen Ausweis weisser Minderwertigkeitskomplexe als “hypodescent”. Im Gegenteil wäre es “hyperdescent” anzunehmen, dass ein Tropfen weissen Blutes auch den dunkelhäutigsten Menschen zum Weissen macht. Was man als stolzer Weisser ja eigentlich annehmen sollte.
Dem steht zB entgegen, daß die 'Mischung' in jedwedem Anteil per se verteufelt wurde und daher Personen afrikanischer und weißer sowie auch indigener und weißer Abstammung als noch minderwertiger, schlechter, heimtückischer, brutaler, dümmer etc als „rein“ afrikanische und indigene Menschen abgewertet wurden. Schlagwort: die erben nur das Schlechteste von beiden 'Rassen'.

Die Stämme haben weitgehend das Recht, selbst zu Bestimmen, wer Indianer ist und wer nicht. Darüber hinaus gibt es noch Bundesgesetze, die etwa den Zugang zu Stipendien und ähnlichem regeln.
Jain. Zum ersten: Die Ethnien haben das Recht zu regeln, wer ihrer Ethnie angehört – nicht aber, wer 'Indianer' ist. Zum einen, weil es nach indigenem Verständnis keine generische Bezeichnung gibt, zum anderen können natürlich Iroqouis nicht bestimmen, wer Lakota ist etc.

Die bestehenden Regelungen sind allerdings häufig von der Bundesregierung bestimmt; die einzelnen Auslegungen – also: soundsoviel Prozent oder soundsoviel Viertel oder Achtel – durften dann die einzelnen Ethnien festlegen. Daher eben auch die unterschiedlichen Voraussetzungen.

Ferner wurde zB bei den Vorgaben in der Regel nicht berücksichtigt, wie die Zugehörigkeit in den einzelnen Ethnien zuvor traditionell zustandekam, ob es ein Clansystem gab oder nicht, ob Abstammungen matri- oder patrilinear liefen etc.

Traditionelle Aspekte oder Gebräuche reflektieren die heutigen Gesetzgebungen ohnehin kaum bis gar nicht. Da war die Frage zumeist so geregelt, daß einer nation angehörte, wer sich selbst so definierte und von anderen auch so definiert wurde. Es gab ja in vielen Ethnien das Gebot exogamer Heiraten; die Kinder solcher Ehen sahen sich dennoch nicht als Angehörige zweier Ethnien, sondern als der, in der sie aufgewachsen waren und lebten.


Dies läuft heute grundlegend anders. Die jeweiligen Prozentanteile und Zugehörigkeiten der Eltern werden in der Regel genannt, manchmal auch die der Großeltern. Es ist im Grunde Unfug, der dabei herauskommt. Eine Person, deren Vater Cheyenne ist und deren Mutter Crow, würde heute als „Cheyenne-Crow“ oder „Crow-Cheyenne“ bezeichnet. - Die Erfassung und auch die Möglichkeit des enrollment hängt dann noch von weiteren Aspekten ab: es wird dann zB wichtig, wenn eine der beiden elterlichen Ethnien patrilinear vorgeht, die andere aber matrilinear. Wenn bei deinem Vater matrilinear, bei deiner Mutter patrilinear entschieden wird, stehst du in Bezug auf enrollment unter Umständen ziemlich belämmert da.


Wo zB Clanstrukturen existieren, kann es heißen, daß du bei binationalen Eltern zwar eine Clanzugehörigkeit hast (und nicht zwei), aber dennoch für das Enrollment nicht in Frage kommst. Oder falls zb dein Vater Cherokee ist und deine Mutter weiß, hast du keine Clanzugehörigkeit, da diese matrilinear bestimmt ist.


Weitere Blüten existieren zb an der Nordwestküste, wo traditionell und bis heute exogam geheiratet wird, und zwar sehr intensiv. Die Ethnien dort mußten aber genauso in das System einsteigen, das einen bestimmten Prozentanteil der Ethnie zwingend voraussetzt. Daher gibt es dort relativ viele Personen, die seit acht Generationen keinen weißen Vorfahren mehr hatten oder sogar noch nie, dennoch in keiner Ethnie für ein Enrollment qualifiziert sind, weil ganz einfach der Prozentsatz nicht ausreicht. Es ist ein paar Jahre her, daß ich da mal mit Leuten von der Nordwestküste gesprochen bzw geschrieben habe, ich meine mich aber zu erinnern, daß die entsprechenden Vorschriften von den Ethnien nur im Einvernehmen mit der Bundesregierung geändert werden können.

Beleg für die Abstammung sind meist die Dawes Rolls. In dies Listen wurden ab 1893 die Mitglieder der verschiedenen Stämme erfasst. Es wird zunehmend auf DNA-Tests übergegangen. Komplexe Sache, siehe auch US-Wiki.

Nein – die Dawes Rolls (sowie noch ein paar weitere) gibt es nur bei den sogen Five Civilized Nations. Die erste Roll ist auch deutlich vor 1893 angelegt, da gab es in jeder Ethnie mehrere, auf Anordnung der Bundesregierung durchgeführte Volkszählungen.

Bei den Cherokee und Creek reicht es, einen Vorfahren nachweisen zu können, der als Cherokee oder Creek auf einer der Rolls erfaßt wurde (es wurden auch Weiße erfaßt, die mit den Ethnien lebten, diese wurden aber in der Regel auch als „weiß“ eingetragen). Der Vorfahre muß in direkter Linie mit dem Antragsteller verwandt sein.

Es gibt auch da noch feinere Verästelungen in den Regelungen – bei den Poarch Creek zB (die nicht von Washington anerkannt sind, aber von den anerkannten Creek Nations...) ist die Aufnahme nicht mehr möglich; es gab aber vor ein paar Jahren eine zeitweise Öffnung, in der jeder, der eine solche direkte Abstammung nachweisen konnte, das Enrollment beantragen konnte – jedoch mußte er dafür mindestens ein Jahr auf der Rez wohnen, zur Not eben auch nach Antragstellung. Dies ist auf dem Hintergrund zu sehen, daß das Enrollment eben auch für Personen möglich wird, deren letzter Creek- oder Cherokee-Vorfahre auf einer Roll aus den 1840ern war und danach alle weiteren Vorfahren weiß sind: man ist dann zwar willkommen, muß aber irgendwie auch integrationswillig sein.

Das wirkt auf den ersten Blick eher skuril. Dieses Rassesystem hat aber massive Folgen für viele. In den 1980 wurden 25.000 Cherokee Freedmen aus der Cherokee Nation of Oklahoma ausgestossen. Die Freedmen sind die Nachfahren schwarzer Sklaven der Cheyenne. Die Cheyenne haben im Bürgerkrieg den Norden unterstützt (wie genau, müsste man mal klären) und die Sklaverei aufgegeben. Der juristische und politische Streit dauert an.

Ähhhh – wieso „der Cheyenne“?


Was die angesprochene Unterstützung des Nordens betrifft: auch bei den Cherokee ergibt das ein ganz entschiedenes „Sowohl als auch“. Der ursprüngliche Ratsbeschluß, im Bürgerkrieg neutral zu bleiben, ließ sich nicht aufrecht erhalten. Dies hatte diverse Gründe – zb Druck seitens der Konföderierten, andererseits das entsprechende Interesse eines Teils der Cherokee, die sich in der sklavenhaltenden Ökonomie eingerichtet hatten. Andererseits gab es gleichzeitig eine Bevölkerungsgruppe, die der Sklavenhaltung ablehnend gegenüberstand und mit den Nordstaaten sympathisierte. In beiden Gruppen gab es darüber hinaus Personen, die die Ansicht vertraten, der Krieg der Weißen gehe die Cherokee ungeachtet von Interessenlagen nichts an. Ferner gab es auch traditionelle Familien, die gegen die Sklaverei waren, wie sie im weißen Süden praktiziert wurde, von denen aber dennoch einige Sklaven in geringer Zahl hatten, die zb bei dieser Cherokee-Gruppe (aber nicht nur bei diesen war das üblich) ausgesprochen human behandelt wurden und sich integrieren konnten; ihre Kinder und weiteren Nachfahren hatten dann auch keinen Sklavenstatus mehr. Jedenfalls schloß sich mindestens ein Teil der Cherokee, insbesondere die damalige politische Elite, den Konföderierten an.


Daß dies noch weitere Konfliktlinien innerhalb der Cherokee berührte, sei als Nebenbemerkung erwähnt – kuxtu zB hier: https://en.wikipedia.org/wiki/Stand_Watie . Eine dieser weiteren Konfliktlinien bestand im Verkauf traditionellen Cherokee-Landes und der Zustimmung zur Umsiedlung nach Oklahoma. Dieser Vertrag wurde ua von den Ridges sowie Elias Boudinot unterschrieben, obwohl es einen bestehenden Ratsbeschluß der Cherokee gab, daß jeder Cherokee, der Cherokee-Land verkaufe, mit dem Tod bestraft werde.


Ein Teil der Cherokee hatte sich also im Bürgerkrieg in Richtung Südstaaten orientiert und es gab auch Cherokee-Einheiten, die gegen den Norden mitkämpften (segregiert – man ist versucht zu formulieren: 'natürlich'). Zu dieser Zeit gab es eine politisch-ökonomische Elite bei den Cherokee, die meist binationaler Abstammung war (siehe zb der hohe Anteil an schottischen Familiennamen) und sich ökonomisch voll an ihr Umfeld angepaßt hatten – also inklusive Plantagenwirtschaft, Sklavenhaltung etc, im Großen und Ganzen eben diejenigen Kreise, die auch den Vertrag zur Umsiedlung unterschrieben hatte (wenn dies auch eine recht grobkörnige Einteilung ist). Es gab allerdings wie erwähnt bei den Cherokee ebenfalls eine Bevölkerungsgruppe, die der Sklavenhaltung ablehnend gegenüberstand.
Nach Ende des Bürgerkriegs wurden auch die Cherokee gezwungen (grobkörnig formuliert), Sklaven freizulassen (der der Union zuneigende Teil der Ethnie hatte die Freilassung bereits während des Kriegs beschlossen). Gleichzeitig bestand die Anordnung aus Washington, die Freigelassenen als Angehörige der nation aufzunehmen und es wurden entsprechende Rolls eröffnet. Hierzu waren bei weitem nicht alle Cherokee bereit, und zwar nicht unbedingt aus rassistischen Gründen. Zum einen wollte man sich nicht (nochmals) diktieren lassen, zum anderen gab es zB auch deutliche Unterschiede in der Ausprägung der Sklavenhaltung und der Behandlung. Bei traditionellen Familien, die vielleicht nur ein oder zwei Sklaven hatten, wurden diese in der Regel als Familienangehörige behandelt und konnten auch einheiraten. Andererseits gab es Familien, die sich recht vollumfänglich an der Behandlung der Afro-Amerikaner orientierten, die sie in der weißen Umgebung sahen.

Die Aufnahme dieser Freedmen war also eine Anordnung, mit der viele Cherokee nur erzwungenermaßen lebten und auch nicht alle Freedmen sahen sich als Angehörige der nation. Auch wenn vor einigen Jahren eine Mehrheit dafür stimmte, den Nachfahren der Freedmen das Enrollment abzuerkennen, ist dennoch die häufig anzutreffende Einstellung dazu: „Two wrongs don't make one right“ - also zweimal Unrecht ergibt noch lange kein Recht.

Der Beschluß betraf ja auch nicht per se alle Nachfahren von Freedmen, sondern 'nur' diejenigen, deren *einziger Cherokee-Vorfahre auf der Freedmen Roll war. Wer in direkter Linie weitere Cherokee-Vorfahren hat, die auf einer der Rolls erfaßt sind, ist nach wie vor Cherokee und hat eine Enrollment Card, jetzt aber einen als Cherokee anerkannten Vorfahren weniger.


Insgesamt berührte die Diskussion einige sensible Punkte, wie zB und in vorderster Linie die Souveränität der indigenen nations, die im 'Internen' eigene Beschlüsse fassen können, die den Rest-USA ebensowenig passen müssen wie Gesetze, die in Frankreich oder Australien beschlossen werden. Die gesamte Thematik des Enrollment ist allerdings ohnehin ein ziemliches Minenfeld, auf dem man sich eher wie beim „Schiffeversenken“ bewegt und bei dem sicherlich auch in den einzelnen nations die Gesetzgebung noch nicht den letzten Schluß der Weisheit widerspiegelt.

 
Zuletzt bearbeitet:


Nein – die Dawes Rolls (sowie noch ein paar weitere) gibt es nur bei den sogen Five Civilized Nations.


Erstmal danke für die Ergänzungen.

Bei den Dawes Rolls als allgemeine Datenbasis bin ich auch ins Stolpern gekommen. Da verliert sich alles so im ungefähren.

In der Liste der Staemme, die Blood als Zugehoerigkeit definieren, stehen ja nicht nur die Big Five.

Hast du da mehr Infos?
 
Bei den Dawes Rolls als allgemeine Datenbasis bin ich auch ins Stolpern gekommen. Da verliert sich alles so im ungefähren.

Wie gesagt, als *allgemeine* Datenbasis ohnehin nicht. Ursprünglich wurden die sogen Civilized Nations vor der Umsiedlung auf Rolls erfaßt - man wollte ja wissen, wen man alles zusammentreiben und abmarschieren lassen mußte. Es war also eine möglichst allgemeine Auflistung aller Angehörigen dieser Ethnien, wo Name, Geburtsdatum bzw Alter, Beruf, Stellung innerhalb der Familie (also ob Haushaltsvorstand, Ehefrau, Sohn oder Tochter) eingetragen wurde. Es gibt bei den Civilized Nations entweder eine solche Erfassung oder mehrere, so daß es entsprechend eine oder mehrere Rolls gibt.

Wer heute einen Antrag auf Enrollment stellen will, muß die direkte Abstammung von einer Person nachweisen, die als Cherokee auf einer dieser Rolls eingetragen ist. Dh, die Genealogie muß von heute bis zT in die 1830er Jahre lückenlos vorhanden sein. Es spielt dabei keine Rolle, ob nur dieser eine Vorfahr Cherokee war und alle anderen zB weiß, afro-amerikanisch, chinesisch oder sonstwas.

In der Liste der Staemme, die Blood als Zugehoerigkeit definieren, stehen ja nicht nur die Big Five.

Hast du da mehr Infos?
Zum einen: der Begriff "Big Five" ist nicht wirklich angebracht; der korrekte Begriff - sofern da von korrekt gesprochen werden kann - ist Five Civilized Nations.
Zum anderen: gerade bei diesen Ethnien kann gar nicht mehr von Blood Quantum als Bedingung für das Enrollment gesprochen werden. Nicht bei einem Zeitraum von fast 200 Jahren und bei übern Daumen 25 Jahren pro Generation.

Den Einfall, nach Blood Quantum zu verfahren, hatten ja auch nicht die indigenen Ethnien. Die Strategie ist vielmehr Teil des Maßnahmenkatalogs, mit denen die allmähliche (bzw bevorzugt: möglichst schnelle) Auflösung der Ethnien erreicht werden sollte. Dazu trägt ja auch der Umstand bei, daß eben Individuen nicht nur nach der Ethnie bezeichnet werden, in der sie aufgewachsen sind, sondern die Ethnien beider Elternteile genannt werden, sofern diese aus unterschiedlichen nations kamen. Rein rechnerisch ergibt das ganz platt: du kannst zwar 100% "Indianer" sein, aber wir rechnen dich nur zu 50% als XY. Wenn du jetzt auch eine Frau/einen Mann aus einer anderen Ethnie heiratest, sind deine Kinder halt nur noch 25% XY. Sollten deine Kinder dann wiederum eine Person aus einer vierten indigenen Ethnie heiraten, sind wir Gottseidank bald bei einem Quantum, das kein Enrollment mehr zuläßt. Siehe eben auch die Verhältnisse in Washington State.

Im Prinzip ist ja das Enrollment nichts anderes als das, was bei uns Staatsangehörigkeit heißt. In den USA übrigens auch, und da rechnen sie dann auch nicht: Vater US-Paß, Mutter aus Neuseeland, also nur 50% US-Staatsbürgerschaft etc. Vor allem ist die Souveränität der nations ohnehin eingeschränkt, weil sie keine anderen 'Staatsbürger' naturalisieren können, auch wenn diese voll integriert sind, die Sprache sprechen, zB in die nation eingeheiratet haben etc.

Nach meinem Kenntnisstand wird bei allen indigenen nations der Anspruch auf Enrollment durch das Blood Quantum festgelegt, mit Ausnahme der erwähnten fünf Ethnien. Nur beim jeweils festgelegten Blood Quantum bestehen Unterschiede.
 
Wahrscheinlich bin ich auf dem falschen Dampfer.

Ich hatte das so verstanden, dass fuer die Stammeszugehoerigkeit ein gewises Blood Quantum gefordert wird. Dieses Blood Quantum könne man, unter anderem, durch den Eintrag in die Rolls nachweisen.

Du schreibst: es gibt die Rolls und das Blood Quantum. Macht auch mehr Sinn.

Frage dann aber: wie weisse ich mein Blood Quantum nach? Mit der Urne meiner Urgrossmutter? Ich hab da noch eine Verständnislücke
 
Wahrscheinlich bin ich auf dem falschen Dampfer.

Ich hatte das so verstanden, dass fuer die Stammeszugehoerigkeit ein gewises Blood Quantum gefordert wird. Dieses Blood Quantum könne man, unter anderem, durch den Eintrag in die Rolls nachweisen.

Nee. Mach dich mal frei davon, daß es Dawes Rolls für alle Ethnien gibt :winke:.

Der Eintrag in die Dawes Rolls kann zudem kein Blood Quantum nachweisen. Er weist nur nach, daß du vor soundsoviel Jahren einen direkten Vorfahren hattest, der XY war - also meinethalben Creek.
Ob die weiteren Vorfahren in den Generationen zwischen diesem Vorfahren und dir Creek oder weiß waren oder grüne Marsmännchen, ist vollkommen Latte.
Ob es bei den 5CV Ethnien gibt, die beide Verfahren kombinieren, müßte ich erst nachschlagen, das gibt der alte Mützenständer :D gerade nicht her.

Frage dann aber: wie weisse ich mein Blood Quantum nach? Mit der Urne meiner Urgrossmutter? Ich hab da noch eine Verständnislücke
Du mußt halt alle Vorfahren nachweisen, die für das Blood Quantum bzw dein konkretes Blood Quantum eine Rolle spielen, bzw deine direkte Abstammung von dieser/diesen PersonEn. Wenn zb ein Blood Quantum von 25% für das Enrollment erforderlich ist und deine Eltern waren beide 100% XY, ist es einfach. Auch wenn nur ein Elternteil XY war, ist es problemlos. Urnen brauchst du dafür auch nicht im Gepäck haben - sowas wie Geburtsurkunde, Abstammungsnachweis etc reicht. Die nations führen auch eigene Listen über 'Staatsangehörige', dann mußt du halt nur nachweisen, daß diese PersonEn deine direkten Vorfahren sind.
 
Noch etwas zu den Freedman oder Afro-American Natives: Es hat im 18. und 19. Jahrhundert auch entflohene Sklaven gegeben, die von Indianerstämmen adoptiert wurden. Adoption war bei vielen "Nations" ein üblicher Brauch, um Verluste durch Krieg und Seuchen auszugleichen.

Wohin/woher auch immer ein Sklave im 18. Jhd fliehen mochte, fast überall gab es Sklaverei und rassistische Gesetzessammlungen wie der franzsische Code noir.

Bis zum Ende de 18. Jhds war auch in New York und Massachusetts die Sklaverei erlaubt, und auf den Schiffswerften in Boston waren etliche Schwarze beschäftigt.

Entlaufene Sklaven konnten über Fähigkeiten verfügen, die für Indianer attraktiv waren. Sie sprachen die Sprache der Europäer und kannten deren Sitten, Gebräuche und Gewohnheiten. Dadurch konnten sie deren Reaktionen und Verhaltensweisen leichter voraussagen und sie ließen sich auch viel unauffälliger verwenden für Kundschafterdienste.

Die meisten ehemaligen Sklaven konnten kaum dorthin zurückkehren wo sie hergekommen waren, da sie dort massive Sanktionen und extrem brutale Strafmaßnahmen durch ihre Sklavenhalter oder professionelle Sklaven- und Kopfgeldjäger befürchten mussten. Daher war kaum zu befürchten, dass sie illoyal werden könnten.

in den Kolonien der briten Franzosen und Spanierbei Franzosen,Briten und Spaniern herrschte Sklaverei.
Entlaufene schwarze Sklaven warebeherrschten die Sprache(n) der Europäer, kannten deren Sitten und Gebräuche und man konnte mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, dass sie
 
Es hat in der Tat eine natürlich unbekannte Zahl an Afro-Amerikanern gegeben, die aus der Sklaverei flüchten konnten und sich indigenen Ethnien anschlossen. Als Freedmen werden allerdings nur diejenigen bezeichnet, die nach dem Bürgerkrieg bei den 5CV befreit wurden.

Adoptionen waren bei den indigenen Ethnien ziemlich allgemein üblich und fanden nicht nur statt, um Verluste durch Kriege oder Seuchen auszugleichen. Dies galt nicht nur für 'Außenstehende', also für Personen, die nicht der Ethnie angehörten, sondern ebenso innerhalb der Ethnie. Kinderlose Paare konnten in der Regel problemlos zB bei Verwandten ein Kind erbitten, daß sie dann als ihres großzogen. Auch verwaiste Kinder wurden adoptiert, wenn sie keine Verwandten mehr hatten oder diese zb zu gebrechlich waren, um diese Kinder aufzuziehen.

Insgesamt waren vor allem aber die einzelnen Familien recht integrationsfreudig und akzeptierten neue Mitglieder gleich welcher Herkunft oder Hautfarbe diese waren. Adoptionen durch eine gesamte nation gibt es heute nicht und früher waren diese auch nicht gerade häufig, da dies einen gemeinschaftlichen Beschluß dazu bedeutet hätte. Ein Adoptant, der sich integrieren wollte, die Sprache lernte, in eine Familie eingeheiratet hatte, mit der Ethnie lebte, wurde als Mitglied wie alle anderen auch betrachtet; dies war mehr ein Entwicklungsprozeß.
 
Wenn ich das richtig verstehe, muss man, um ein Mitglied der 5Cv z sein, einen Vorfahren haben, der auf den dawes rolls eingetragen ist und einen gewissen quantum blood hat?

Irgendwie verstehe ich nicht wieso. Warum ist das quantum blood relevant wenn man auf den dawes rolls einen Vorfahren hat?
 
Wie gesagt, als *allgemeine* Datenbasis ohnehin nicht. Ursprünglich wurden die sogen Civilized Nations vor der Umsiedlung auf Rolls erfaßt - man wollte ja wissen, wen man alles zusammentreiben und abmarschieren lassen mußte. Es war also eine möglichst allgemeine Auflistung aller Angehörigen dieser Ethnien, wo Name, Geburtsdatum bzw Alter, Beruf, Stellung innerhalb der Familie (also ob Haushaltsvorstand, Ehefrau, Sohn oder Tochter) eingetragen wurde. Es gibt bei den Civilized Nations entweder eine solche Erfassung oder mehrere, so daß es entsprechend eine oder mehrere Rolls gibt.

Wer heute einen Antrag auf Enrollment stellen will, muß die direkte Abstammung von einer Person nachweisen, die als Cherokee auf einer dieser Rolls eingetragen ist. Dh, die Genealogie muß von heute bis zT in die 1830er Jahre lückenlos vorhanden sein. Es spielt dabei keine Rolle, ob nur dieser eine Vorfahr Cherokee war und alle anderen zB weiß, afro-amerikanisch, chinesisch oder sonstwas.

Zum einen: der Begriff "Big Five" ist nicht wirklich angebracht; der korrekte Begriff - sofern da von korrekt gesprochen werden kann - ist Five Civilized Nations.
Zum anderen: gerade bei diesen Ethnien kann gar nicht mehr von Blood Quantum als Bedingung für das Enrollment gesprochen werden. Nicht bei einem Zeitraum von fast 200 Jahren und bei übern Daumen 25 Jahren pro Generation.

Den Einfall, nach Blood Quantum zu verfahren, hatten ja auch nicht die indigenen Ethnien. Die Strategie ist vielmehr Teil des Maßnahmenkatalogs, mit denen die allmähliche (bzw bevorzugt: möglichst schnelle) Auflösung der Ethnien erreicht werden sollte. Dazu trägt ja auch der Umstand bei, daß eben Individuen nicht nur nach der Ethnie bezeichnet werden, in der sie aufgewachsen sind, sondern die Ethnien beider Elternteile genannt werden, sofern diese aus unterschiedlichen nations kamen. Rein rechnerisch ergibt das ganz platt: du kannst zwar 100% "Indianer" sein, aber wir rechnen dich nur zu 50% als XY. Wenn du jetzt auch eine Frau/einen Mann aus einer anderen Ethnie heiratest, sind deine Kinder halt nur noch 25% XY. Sollten deine Kinder dann wiederum eine Person aus einer vierten indigenen Ethnie heiraten, sind wir Gottseidank bald bei einem Quantum, das kein Enrollment mehr zuläßt. Siehe eben auch die Verhältnisse in Washington State.

Im Prinzip ist ja das Enrollment nichts anderes als das, was bei uns Staatsangehörigkeit heißt. In den USA übrigens auch, und da rechnen sie dann auch nicht: Vater US-Paß, Mutter aus Neuseeland, also nur 50% US-Staatsbürgerschaft etc. Vor allem ist die Souveränität der nations ohnehin eingeschränkt, weil sie keine anderen 'Staatsbürger' naturalisieren können, auch wenn diese voll integriert sind, die Sprache sprechen, zB in die nation eingeheiratet haben etc.

Nach meinem Kenntnisstand wird bei allen indigenen nations der Anspruch auf Enrollment durch das Blood Quantum festgelegt, mit Ausnahme der erwähnten fünf Ethnien. Nur beim jeweils festgelegten Blood Quantum bestehen Unterschiede.


Vielen Dank für die detaillierten Informationen. Soweit meine Kenntnisse reichen, gründeten die 5 Civilized Tribes der Cherokee, Choctaw, Chicasaw, Muskokee und Seminolen um 1820 eine Föderation mit Vorsitzendem, Senat und Repräsentantenhaus nach dem Vorbild der USA und versuchten sich der Lebensweise der Amerikaner anzupassen. Sequoyah, ein Cherokee entwickelte eine eigene Schrift, die noch heute verwendet wird.

Was mich nun interessiert ist die Frage, ob es eine Föderation dieser Stämme bereits schon vor 1820 gegeben hat und ob man diese mit der der Five Nations der Iroquois ( Mohawk, Oneida, Onandaga, Cayuga und Seneca) vergleichen kann. Als 6. Nation kamen um 1722 die Tuscarora noch dazu, die aber meines Wissens kein eigenes Ratsfeuer und Stimme im Rat besaßen.

Wie bei den Cherokee der Bürgerkrieg, spaltete der Unabhängigkeitskrieg die Haudenosaunee ( =Bewohner des Langhauses wie sich die Iroquois selbst nannten) Schon im Siebenjährigen Krieg hatten die Mohawk die Briten, die Seneca die Franzosen unterstützt. Der Unabhängigkeitskrieg zwang die Stämme, Farbe zu bekennen. Während die Tuscarora und Oneida sich auf Seite der USA stellten, blieben die übrigen Stämme der Föderation auf Seite der Briten. Joseph Brant, der sich schon im Franzosen- und Indianerkrieg ausgezeichnet hatte, führte Angriffe auf Siedlungen an, worauf ein Korps unter Kommando von John Sullivan Dörfer der Iroquois zerstörte.

Stimmt es eigentlich, dass einige der Gründerväter sich die Föderation der Iroquois zum Vorbild für den Kongress der USA nahmen? Ich habe das einmal von einer Historiker-Kollegin aus Michigan gehört, die unter ihren Vorfahren Mohawk hatte. Es ist allerdings schon Ewigkeiten her, dass ich mich mit dem Thema beschäftigt habe.
 
Zuletzt bearbeitet:
[[/QUOTE]
Rassismus war und ist kein Privileg der Nazis. In den USA stand in der ersten Haelfte (mindestens) des 20. Jahrhunderts die “One-Drop-Rule” hoch im Kurs. Ein Tropfen schwarzen Blutes reichte aus, um die betroffene Person zum “Schwarzen” zu machen. Diese Regel fand Eingang in die Gesetzgebung der meisten Bundesstaaten, die Rassentrennungsgesetze verabschiedeten. Diese sogenannten Jim Crow-Laws wurden nach und nach nach dem Bürgerkrieg eingeführt und blieben bis in die 196oer Jahre gültig.


Durch Zusatzartikel 13 wurde die Sklaverei 1865 in den USA abgeschafft und Zusatzartikel 14 verlieh Schwarzen de Iure die gleichen Bürgerrechte. Im Kapitol von Georgia und Louisiana gab es nach dem Krieg einige schwarze Abgeordnete. Lincolns Vizepräsident und Nachfolger Andrew Jackson aus Tennesse mochte zwar die Pflanzeraristokratie nicht, hielt aber selbst Sklaven und wie der Bürgerrechtler Frederick vermutete hatte er "keine Sympathie für unsere Leute".

In der Reconstruction-Ära gelang es aber einem Großteil der alten Eliten des Südens sich wieder die alten Eigentums- und Machtverhältnisse zu sichern. Es galt nach der Katastrophe des Bürgerkrieges, die Südstaaten wieder in die Union zu integrieren. Viele Schwarze wanderten in die Nordstaaten ab, und auch dort wie in Kanada gab es Vorurteile und Ressentiments gegen Schwarze. Der Norden wurde es leid, Truppen in den Süden zu schicken und den Ku Klux Klan zu bekämpfen, so dass Gesetze, die eine strikte Rassentrennung nach dem Motto "seperate but equal" vorschrieben, stillschweigend geduldet wurden, um den ehemaligen Südstaaten den Eid auf die Union und den Wiedereintritt leichter zu machen. Was mit den Schwarzen in den USA passieren sollte war umstritten. Auch Lincoln hatte Sympathien für die Idee, sie nach Liberia auszusiedeln.

Sein ehemaliger Vize und Nachfolger Andrew Johnson war eine denkbar schlechte Wahl, und von ihm war kaum Hilfe zu erwarten, dem Zusatzartikel 14 real Geltung zu verschaffen. Der Bürgerrechtler Frederick Douglas, selbst Sohn seines Masters und einer Sklavin vermutete, dass Johnson "keine Sympathie für unsere Leute" hatte. Kinder von Sklavenhaltern und Sklavinnen erhielten in der Regel den Status der Mutter, eine regelung, die wie Douglas schrieb, "sowohl vergnüglich wie bequem" war für die Sklavenhalter.

Bereits im 18. Jahrhundert hatten sich Rassenvorurteile auf dem Gebiet der heutigen USA etabliert, und rassistische Klischees waren bereits in den Code noir der französischen Kolonialherren eingeflossen. Thomas Jefferson hielt Indianer prinzipiell für "kulturfähig", glaubte aber an die geistige Minderwertigkeit von Schwarzen. Die einzigen Sklaven, die er freiließ waren seine Mätresse Sally Hemming und ihre (wahrscheinlich gemeinsamen) Kinder.

Auf Haiti hatte es einen erfolgreiche Sklavenrevolution gegeben, und nicht wenige Sklavenhalter, die sich in den 1803 durch den Louisiana Purchase neu zu den USA gekommenen Territorien waren aus Haiti geflohen. 1831 hatte Nat Turner, ein Sklave aus Virginia eine Rebellion angeführt und einige Weiße ermordet, was Einflüsse auf die Gesetzgebung vieler Südstaaten hatte.

Sexuelle Kontakte zwischen Sklavenhaltern und Sklavinnen waren weit verbreitet, allerdings wurde das meist vertuscht und totgeschwiegen. Pflanzer die ganz offen mit einer schwarzen Konkubine zusammen lebten, wurden gesellschaftlich geschnitten und aus dem Netz sozialer und genealogischer Beziehungen ausgeschlossen. In Harriet Beecher-Stowes "Uncle Tom´s Cabin" tut so etwas nur Simon Legree, ein geborener Yankee, der sich um den Ehrenkodex der Südstaaten-Aristokratie wenig schert.

Die Sklaverei-das habe ich schon mehrfach geschrieben-verschlechterte die ökonomischen Chancen weißer Farmer, und es war nur eine Minderheit die überhaupt Sklaven hielt, und Nabods wie Douglas Master Eduard Loyd, der 13. Gouverneur von Maryland, dem mehrere Hundert vielleich 1000 Sklaven gehörten, machten nicht einmal ein Promille der Bevölkerung der Südstaten aus. Rassistische Vorstellungen von der Überlegenheit des weißen Angelsachsen, die sich verbreiteten, waren sozusagen der Kitt, der die Südstaaten zusammenhielt, denn trotz des erheblichen Eigentumsgefälles und sozialer Ungerechtigkeit, konnten sich noch die dümmsten Hillybillies den Schwarzen überlegen fühlen.

Diese Vorstellungen wurden in Paragraphen gegossen und oft gar nicht in Frage gestellt. Indianer wurden erst in den 1920er Jahren amerikanische Staatsbürger, und Forderungen nach einer Überwindung der Rassendiskriminierung wurden erst nach dem 1. Weltkrieg so laut, dass man sie nicht mehr überhören konnte und erst nach dem 2. Weltkrieg wurden sie schließlich überwunden. Den Stein des Anstoßes brachte eine Frau namens Rosa Parks ins Rollen, die sich 1955 in Montgomery/ Alabama weigerte, hinten in den Bus einzusteigen.
 
Wenn ich das richtig verstehe, muss man, um ein Mitglied der 5Cv z sein, einen Vorfahren haben, der auf den dawes rolls eingetragen ist und einen gewissen quantum blood hat?

Irgendwie verstehe ich nicht wieso. Warum ist das quantum blood relevant wenn man auf den dawes rolls einen Vorfahren hat?

Nochmals: die sogen Dawes Rolls und andere Rolls bestehen *nicht* für jede indigene Ethnie in den USA.
NB: Es heißt 'blood quantum'.

Daß teilweise im doppelten Verfahren ermittelt wird. ob eine Zugehörigkeit zur nation bei einer Person vorliegt, ist ua auch darin begründet, daß nicht alle Angehörigen zb der Cherokee (ist aber auch bei Creek und Seminole vorgekommen) sich zur Erfassung auf den Rolls gemeldet haben. Dies hatte verschiedene Gründe (Ablehnung der Deportation, Ablehnung der oktroyierten Erfassung, Verbleib einzelner Familien/ Individuen in den tradierten Gebieten etc).

Gleichzeitig reflektieren sowohl die Rolls wie auch das Blood-Quantum-Verfahren die Praktiken der dominanten Kultur (also der weißen US-Gesellschaft). Die One-Drop-Regel galt in diversen Bundesstaaten nicht nur für Afro-Amerikaner, sondern auch für indigene Amerikaner; die Jim-Crow-Gesetze entschieden schlicht danach, ob "Weiß oder nicht", so daß sie häufig ebenso auf indigene Amerikaner angewendet wurden. Es scherte dann die dominante Kultur schlicht einen feuchten Kehricht, ob die Person nun schwarz, rot, gelb oder grün-lila kariert sei - der entscheidende Punkt war: *nicht weiß*. Also alle "Kuffnucken" in denselben Pott, wenn man das mal durchaus frech formulieren möchte.

Hieraus ergaben sich für die Eingestuften Konsequenzen. Zumal die Eingruppierung, ob weiß oder nicht, in vielen Volkszählungen/ Bundesstaaten schlicht vom Befrager nach Augenschein entschieden wurde - in einigen Fällen auch gegen die erklärte Aussage der Befragten. Es war übrigens nicht in allen Volkszählungen möglich, sich außer als "nicht weiß" genauer einzuordnen bzw auch bis in 20. Jahrhundert hinein nicht möglich, eine Zugehörigkeit zu mehr als zwei Gruppen anzugeben.

Die Konsequenzen lagen für indigene Familien zB darin, daß sie als Nichtweiße unter den Jim-Crow-Laws ebensowenig Grundbesitz haben durften wie Afro-Amerikaner. Da ging es eben schnell mal zB um die eigene Farm - der Grundbesitz wäre sofort dem Bundesstaat zugefallen, wenn der bisherige Besitzer als nicht weiß eingestuft wurde. Das erklärt natürlich, warum Familien dann eben nicht intervenierten, wenn der Befrager "weiß" eintrug oder die Selbsteinschätzung der Familie als "weiß" ohne weiteres Gedöns akzeptierte. Zugang zu Bildung, Berufen, Sozialleistungen sowie gesellschaftliche Teilhabe waren dann weitere Aspekte, auf die eine solche Einordnung entscheidenden Einfluß hatte.

Zusätzlich zielte die dominante Kultur lange Zeit darauf ab, die indigenen Amerikaner hinwegzudefinieren, unsichtbar zu machen, "Haben wir hier doch gar nicht", und deren Aufgehen in den angeblichen "melting pot" zu forcieren. Hast du keine Ureinwohner mehr, gibt es auch niemand mehr, der Ansprüche erheben könnte, entschädigt werden muß etc.

Heute dagegen sind die entsprechenden Regelungen, die von seiten der nations bestehen, *auch* eine Art Bollwerk gegen uninformierte Dösköppe, die meinen, die Indianer seien oberprivilegiert und bekämen jeden Monat ein fettes Dollarpaket in jeden indianischen Allerwertesten gepustet. Die tauchen dann irgendwo bei einer tribalen Verwaltung auf und erklären, Opa hat auch immer schon gesagt, die Familie sei "eigentlich" Lakota, oder Cherokee, oder etc, und nun wolle man seine Enrollment card und im selben Atemzug: "And now - where's my Indian money?!?!?!!".
In Zeiten der Affirmative Action (bei gleicher Qualifikation ist der nichtweiße Bewerber vorzuziehen) sowie der Stipendien für Universitätsstudien (die bei einigen nations sehr großzügig ausfallen können) liegen da für einige Personen offenbar die Taler auf der Straße und für ein paar Vorteile ist man dann gerne bereit...

Ebenfalls ein Problem sind Gruppierungen, die sich als indigen ausgeben und sogar um Anerkennung seitens eines Bundesstaates oder der Regierung in Washington anklopfen. Insbesondere für die Cherokee ist das ein Ärgernis - es gibt drei Ethnien mit US-Anerkennung und mehrere hundert Grüppchen, die gerne möchten. In Kürze beschrieben handelt es sich häufig um a) sogen "heritage groups" (also Personen, die mal Anno Toback auch einen indianischen Vorfahren hatten, aber ansonsten komplett weiß sozialisiert sind und Indianer nur aus dem TV kennen), b) Gruppen, die in Betrugsabsicht gegründet wurden (teils werden für teuer Geld Enrollment Cards an Interessenten verkauft, teils geht es - auch - um Subventionsbetrug).

In diesem Minenfeld bewegt sich die Frage des Enrollment und der dafür nötigen Nachweise und Anforderungen notwendigerweise, und das bereits seit Jahrzehnten. Einen knappen Einblick dazu gibt es hier:
https://en.wikipedia.org/wiki/Blood_quantum_laws
(Der Artikel ist nicht in der DE-WP verfügbar)

Zum Thema Dawes Rolls zb hier:

https://en.wikipedia.org/wiki/Dawes_Rolls


 
Vielen Dank für die detaillierten Informationen. Soweit meine Kenntnisse reichen, gründeten die 5 Civilized Tribes der Cherokee, Choctaw, Chicasaw, Muskokee und Seminolen um 1820 eine Föderation mit Vorsitzendem, Senat und Repräsentantenhaus nach dem Vorbild der USA und versuchten sich der Lebensweise der Amerikaner anzupassen.

Eine gemeinsame Föderation gab es mW jedenfalls nicht.
Bei Mvskoke (Creek) und bei den Seminolen dagegen ist dagegen die Föderation die Organisationsform, da beide einen Zusammenschluß mehrerer Ethnien darstellen.

Was mich nun interessiert ist die Frage, ob es eine Föderation dieser Stämme bereits schon vor 1820 gegeben hat und ob man diese mit der der Five Nations der Iroquois ( Mohawk, Oneida, Onandaga, Cayuga und Seneca) vergleichen kann. Als 6. Nation kamen um 1722 die Tuscarora noch dazu, die aber meines Wissens kein eigenes Ratsfeuer und Stimme im Rat besaßen.
Das Föderationsprinzip als politische Organisationsform war weit vor 1820 bekannt und an der Tagesordnung. In der Literatur wird es meist als "confederation" bezeichnet. An der Küste, also in den Kulturarealen Nordostküste und Südostküste war es mW die überwiegende Organisationsform - auch die Powhatan waren eine Föderation mehrerer Ethnien, oder die Wappinger Confederation.
Dies ergab bzw entwickelte sich aus dem System gegenseitiger Bündnisse und Allianzen. Wie ausgeprägt diese confederations dann unserem heutigen Begriff von Föderation nahekamen, ist dann eine andere Frage und teils aufgrund dünner Informationslage bzw eingefärbter zeitgenössischer Information schlecht zu ermitteln. Die Chiefs wurden ja häufig als "king" bezeichnet und ihnen wurde eine entsprechende Rolle und Machtstellung unterstellt, was natürlich auch Auswirkungen auf die Darstellung der politischen Organisationsformen bei den indigenen Ethnien haben mußte.

ob man diese mit der der Five Nations der Iroquois ( Mohawk, Oneida, Onandaga, Cayuga und Seneca) vergleichen kann. Als 6. Nation kamen um 1722 die Tuscarora noch dazu, die aber meines Wissens kein eigenes Ratsfeuer und Stimme im Rat besaßen.
Nach meinem Dafürhalten kann man das vergleichen. Im Fall der Seminole sogar recht eindeutig, da die Föderation Gruppen/Bands einschloß, die einer ganz anderen Sprachfamilie angehörten und ebenso die sogen Black Seminole als mindestens Bündnispartner.

Die Tuscarora sind eine Ethnie, die derselben Sprachfamilie angehören wie die zuvor anderen Fünf Nationen der Haudenosaunee, die aber viel weiter südlich gelebt hatten. Als sie dort in Opposition zu britischen Siedlern und deren indigenen Verbündeten gerieten, wichen sie aus und baten schließlich um Aufnahme in die Föderation. Sie waren aber schon im Rat vertreten - der gemeinsame Beschluß war, die Zahl der Ratsmitglieder beizubehalten, so daß die Ratsmitgliederzahl einer oder mehrerer anderer Föderationsmitglieder reduziert wurde.

Zum Thema der Rolle der Haudenosaunee im Unabhängigkeitskrieg schau mal hier:

https://en.wikipedia.org/wiki/Iroquois#American_Revolution

Stimmt es eigentlich, dass einige der Gründerväter sich die Föderation der Iroquois zum Vorbild für den Kongress der USA nahmen? Ich habe das einmal von einer Historiker-Kollegin aus Michigan gehört, die unter ihren Vorfahren Mohawk hatte. Es ist allerdings schon Ewigkeiten her, dass ich mich mit dem Thema beschäftigt habe.
Die Darstellung kenne ich auch. Ob das nun aber unbedingt von den Haudenosaunee abgekupfert sein müßte, ist eine andere Frage, da wie gesagt das Prinzip der Föderation bei den indigenen Ethnien an der Ostküster recht verbreitet war. Es boten sich also mehrere Vorbilder an, auch im Hinblick auf demokratische Strukturen und die Partizipation der Individuen an denselben. Ein weiteres, durchaus interessantes Prinzip wurde übrigens nicht übernommen: das des imperativen Mandats, nach dem jedes Ratsmitglied, das den Interessen der Vertretenen zuwiderhandelte bzw gegen den ausdrücklichen Willen der Vertretenen handelte, von diesen verwarnt und abberufen werden konnte...

Kuxtu zB mal hier rein:

http://indiancountrytodaymedianetwo...d-no-native-influence-founding-fathers-113702

https://en.wikipedia.org/wiki/Great_Law_of_Peace

 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben