Ein Aspekt, der am Widerstand insgesamt sicherlich interessant ist, ist das Ausmass, wie der äußere Druck durch das NS-Regime die unterschiedlichen Gruppen zur Kooperation ermunterte.
Es ergaben sich neue Konstellationen der Kooperation zwischen ursprünglich antagonistischen Interessenstandpunkten, wie beispielsweise Schlabrendorff es ausführt (2, S. 15).
In diesem Kontext auch der Verweis auf einen "alten Bekannten" des Forums, Ernst Niekisch.
Hoffmann weist darauf hin, dass Niekisch schon vor 1933, seit 1926 in den "Blätter für sozialistische und nationalrevolutionäre Politik" sich als "Nationalbolschewist" sowohl gegen den Versailler Vertrag als auch gegen Hitler positioniert hatte. (1, S. 34ff).
Dabei zeigte er auf der einen Seite eine "Ostorientierung" und trat für eine Kooperation mit der Sowjetunion ein. Dabei konspirierte er seit 1932 mit dem KPD-Mitglied Dr. Josef Römer, einem ehemaligen Freikorps- Hauptmann.
Andererseits erstreckten sich seine Kontakte bis hin zu "extrem konservativen und deutschnationalen Kreisen" (ebd. S. 36).
In diesem Rahmen baute er einen Kontakt zum "hochkonservativen, preußisch-monarchistischen Gutsbesitzer" Ewald von Kleist-Schmenzin auf. Der war wiederum einer der entschiedensten und härtesten Gegner von Hitler und bezog im "Mitteilungsblatt der konservativen Hauptvereinigung" gegen ihn Stellung.
Ab 1933 wurde die Zeitschrift allerdings wegen eines Aufsatzes von Schlabrendorff durch das 3. Reich verboten. Seit März 1933 kam es zu regelmäßigen Treffen mit Nieksich, wenn Kleist nach Berlin kam.
Die Distanz und sogar Verachtung, die dabei Kleist zum nationalsozialistischen Regime aufgebaut hatte, formulierte er in einem Flugblatt aus: "In Zukunft wird es heißen: Charakterlos wie ein deutshcer Beamter, gottlos wie ein protestantischer Pfaffe, ehrlos wie ein preußischer Offizier". (ebd. S. 36).
Im Zuge der "Säuberung" im Juni 34 sollte auch Kleist erschossen werden, wurde aber gewarnt und versteckte sich beim "Linksradikalen" Niekisch in dessen Berliner Wohnung. "Das ist kein Kuriosum, sondern ein sehr charakterisches Symptom für den Widerstand gegen Hitler" (ebd. S. 37).
In der Folge tagten in der Wohnung "linke" und "rechte" Verschwörergruppen "Wand and Wand".
Eine für mich interessante Episode, da sie einmal mehr deutlich macht, wie notwendig es ist, die ideologischen Positionen und ihr soziales und politisches Umfeld dieser Zeit - aber auch anderer Epochen - in Beziehung zueinander zu interpretieren.
1. Hoffmann, Peter (1970): Widerstand, Staatsstreich, Attentat. Der Kampf der Opposition gegen Hitler. 2. Auflage: Ullstein.
2. Schlabrendorff, Fabian von (1960): Offiziere gegen Hitler. Frankfurt a. Main, Hamburg: Fischer.
https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Hoffmann_(Historiker,_1930)