Wie effektiv war die Balliste?

Wobei die Varusschlacht hier jawohl auch aus dem Rahmen fällt. Aus mehreren Gründen.
Zum einen sind hier die Römer in einen Hinterhalt gelockt worden. Die Germanen werden aus vorbereiteten Stellungen her angegriffen haben. So das zumindest am Anfang eine klassische Schlachtordnung aufgebaut werden konnte.
Dann waren die Legionen wohl in einem langem Zug unterwegs, durch Sümpfe und bewaldete Hänge behindert. So das die Flanken auf einem weiten Bereich offen waren.
Des weiteren war die Schlacht nicht statisch, sondern das mit der Zeit verlagerte sich das Getümmel. Und in Kalkriese ist bis heute bei weitem nicht das ganze Schlachtfeld auch nur erfasst. Hier können auch noch einige Überraschungen im Boden lagern.
Und ob ich jetzt den Berichten über schlechtes Wetter trauen darf sei mal ganz dahin gestellt. Vielleicht wollte man so einfach eine simple Erklärung für die Bürger Roms in Umlauf bringen, damit keine Panik in Rom entsteht.

Waren Ballisten, ebenso wie Onager nicht eigentlich für Belagerungen eigentlich besser geeignet, ausser man konnte sich das Schlachtfeld vorher mit bedacht aussuchen und vorbereiten?

Apvar
 
Wo steht bei Iosephus etwas über den Einsatz von Carroballistae?
Falls Du Dich auf das 6. Kap. des 5. Buches des "Jüdischen Krieges" beziehst, so wird dort der "oxybeles" erwähnt, Katapelten und Steinschleudermaschinen. (Der Oxybeles war ein Geschütz, mit dem spitze Pfeile bzw. Bolzen verschossen wurden.) Davon, dass diese Geschütze auf Karren montiert gewesen wären, steht dort aber nichts. Um Mauerkronen zu beschießen, mussten sie aber auch nicht mobil gewesen sein.
Im Begleitband gibt es einen Artikel über Torsionsgeschütze (Speziell Pfeilgeschütze) von Günther Moosbauer. Er verweist darauf, dass ab dem Übergang vom 1./2.Jht. deren Bauform sich verändert habe und sie vorwiegend auf Karren montiert waren…

Es gab also konstruktive Veränderungen, die wohl teils nicht nur die Transportweise betrafen.

Waren Ballisten, ebenso wie Onager nicht eigentlich für Belagerungen eigentlich besser geeignet, ausser man konnte sich das Schlachtfeld vorher mit bedacht aussuchen und vorbereiten?
Genau, aber...
Naheliegend war immer, dass bei einem starken Einsatz von Kriegsmaschinen zuerst von einer Belagerung, oder wenigstens einer arrangierten Feldschlacht ausgegangen wurde, nicht von einem Defileegefecht. Der in der Ausstellung medial gezeigte Rekonstruktionsversuch legt einen taktisch vielseitigeren, mobilen und auch schnelle Schwerpunkte setzenden Einsatz der Geschütze nahe!
Doch das präsentierte „Denkmodell“ der Schlacht lässt an eine größere taktische Moblität denken. Besonders, da (einige?) Kriegsmaschinen nicht nur am Eingang des Passes, sondern flankierend in die Kämpfe auf dem Höhenzug eingriffen... Aber ist das vielleicht nur dieser Eigendynamik geschuldet?
[archäologische]...Ergebnisse in ein möglichst konsistentes Modell einzubinden. Aber damit ist die Ebene der Fundanalyse verlassen, und mit der Modellbildung wird eine ganz andere Ebene der Erkenntnis erreicht: Sich dieser Problematik stets bewusst zu sein, ist eine wichtige Voraussetzung für seriöse wissenschaftliche Forschung, besonders wenn ein Thema betroffen ist, das dazu tendiert, eine große interpretative Eigendynamik hervorzurufen
"Das Harzhorn-Ereignis - Rekonstruktion einer Schlacht" S296 oa - Anm. Dieser Artikel nennt 3 Haupt- & 3 Nebenautoren

PS: Ich erlaube mir mal Bausteine wie ein Schlachtfeldfledderer zu recylen :pfeif:
 
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Vieleicht ist das alles auch eine Art Definitionssache?
Ob es jene carroballistae zur Zeit der Varusschlacht gegeben hat ist daher in der Tat fraglich. Aber sicherlich gab es schon den scorpio. Ist ballista nicht eine Art Überbegriff für solche Waffen?
Das Problem ist, dass diverse Begriffe für diverse Geschütze in der Antike einen Bedeutungswandel durchmachten, was verwirrend ist und auch in Übersetzungen nicht immer berücksichtigt wird. Nehmen wir z. b. den Begriff katapeltes (griech.) bzw. catapulta (lat.): Darunter ist nicht etwa das zu verstehen, was wir heute als Katapult bezeichnen, sondern eine Vorrichtung zum Verschießen von Pfeilen und Lanzen.
Ballista war in der Tat auch eine Art Sammelbegriff, bezeichnete im Laufe der Zeit aber ebenfalls verschiedene Geschütze.
Den scorpio gab es seit der späten Republik (z. B. verwendete ihn Caesar bei der Belagerung von Avaricum), aber auch hier war die Bedeutung schwankend: Ammianus Marcellinus setzte ihn mit dem onager gleich und verstand darunter eine Wurfvorrichtung für Steine, die er von der ballista, die Pfeile verschoss, unterschied, während früher der Scorpio eindeutig Bolzen verschoss.
 
Also, um mit einer Balliste Mauerkronen beschießen zu können, müßte das Teil einen Schwenkbereich von grob 60° nach oben haben, also für Steilschüsse geeignet. Das sehe ich aber bei allen Modellen, Zeichnungen und Beschreibungen nicht. Die zeigen alle ein Gerät für Flachschüsse. Also ist so eine Balliste was für den direkten Beschuß. Gegen Mauern braucht man etwas, was die Mauern auch erschüttert. Das tut nun mal ein senkrecht auftreffender Baumstamm und kleiner eher nicht. So ein Bolzen von einer Balliste sollte aber durch einen oder mehrere Menschen durchgehen, egal , was die anhaben. Danach rutscht der über die Erde und gräbt sich ein. Weg ist er, bis ein Archäologe mit Metalldetektor kommt. Als flankierendes Geschütz /erhöht stehend als Überwachungsgeschütz sicher äußerst wirkungsvoll, gegen Belagerer auch klasse, wie eben später eine Kanone/Feldschlange. Sicher gegen Menschenansammlungen sehr wirkungsvoll, es dürfte auch sehr zielsicher sein. Um damit eine Mauer sturmreif zu schießen, vollkommen ungeeignet. Eventuell könnte man damit noch eine dünne , schlechtgebaute Palisade knacken.
 
Also, um mit einer Balliste Mauerkronen beschießen zu können, müßte das Teil einen Schwenkbereich von grob 60° nach oben haben, also für Steilschüsse geeignet. ...

Wieso?

Der Winkel hängt ab von

a) der Höhe der Mauer
b) des Abstand des Geschützes zur Mauer (bezogen auf die Reichweite)
c) Der Aufstellhöhe des Geschützes.

Zu a): Die Befestigungen in der Antike, besonders solche die in Trockenmauerwerk errichtet wurden (Murus Gallicus), waren oft nicht sehr hoch.

Zu b) Die Reichweite der Balliste war relativ groß, so dass auch auf etwas größeren Anstand mit flacher Schussbahn die Krone der Wälle zu treffen war, z.B. wenn das Geschoss gerade im Scheitelpunkt seiner Flugbahn war.

Zu c) die Römer errichteten gerne Belagerungsbauten (Circumvallatio) oft mit Türmen bewehrt, auf denen Ballisten und Onager aufgestellt wurden.

Wenn man dann noch bedenkt, dass die Brustwehren bei weiten nicht so robust gebaut waren wie der Wall selbst, dann war es durchaus eine brauchbare Taktik, die Brustwehr und die dahinter stehenden Verteidiger vom Wall zu schiessen um diesen Abschitt dann zu Stürmen.
 
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Flavius Iosephus berichtet ausdrücklich, dass bei der Belagerung Jerusalems von den Römern Oxybelen, Katapelten und Steinschleudermaschinen eingesetzt wurden, um Ausfälle der Verteidiger, aber auch Verteidiger auf den Mauern zu bekämpfen. Da Iosephus (damals bereits auf römischer Seite) Augenzeuge der Belagerung war, sehe ich keinen Grund, an seinen Angaben zu zweifeln. Zumindest eine der drei Maschinenarten muss also in der Lage gewesen sein, Mauerkronen zu erreichen.
 
die Steinschleudermaschinen (später gabs da Tresbuchet und andere Nettigkeiten, jedenfalls ein Wurfarm mit Wurfkorb bzw Seilschleuder) sind für Steilschüsse auf die Mauern, die beiden anderen bestreichen die Tore bei Ausfällen.
 
Flach- & Steilfeuergeschütze

Das Problem ist, dass diverse Begriffe für diverse Geschütze in der Antike einen Bedeutungswandel durchmachten, was verwirrend ist und auch in Übersetzungen nicht immer berücksichtigt wird.
Ein sehr wichtiger Hinweis, sonst reden wir aneinander vorbei.
Also, um mit einer Balliste Mauerkronen beschießen zu können, müßte das Teil einen Schwenkbereich von grob 60° nach oben haben, also für Steilschüsse geeignet. Das sehe ich aber bei allen Modellen, Zeichnungen und Beschreibungen nicht. Die zeigen alle ein Gerät für Flachschüsse. Also ist so eine Balliste was für den direkten Beschuß...

Genau in diesem Sinne habe ich bisher den Begriff auch genutzt. Ebenso Moosbauer, den ich zitierte
MoosbauerS242 schrieb:
Torsionsgeschütze wurden zu verschiedenen Zwecken gebaut: Zum einen verschossen die zweiarmigen Geschütze (Sing.: scorpio oder catapulta) Pfeile, sie konnten aber auch für den Einsatz mit steinernen Kugeln konzipiert sein. Solche Kugeln wurden zumeist von einarmigen Geschützen (Sing.: onager) geschleudert. In diesem kurzen Überblick werden nur Pfeilgeschütze behandelt
Am Harzhorn konnten durch Sondengänger nur Metallteile („Pfeilgeschosse“) gefunden werden, soweit nicht zusätzlich gegraben worden ist. Meines Wissens wurden auch keine anderen Geschosse gefunden, die von Kriegsmaschinen hätten verschossen werden können. Nicht einmal Schleuderbleie*, wie in Kalkriese. Oder weis jemand mehr?
Die Bezeichnung Torsionsgeschütz bezieht sich nur auf das Wirkprinzip für die Beschleunigung des Geschosses, nicht direkt auf die Art der Flugbahn oder die Art des Geschosses. Ähnlich dem Unterschied zwischen einer Feldkanone (flache Flugbahn) und einem Steilfeuergeschütz (Haubitze: besser Mörser) sind die Einsatzmöglichkeiten unterschiedlich. Bei Torsionswaffen hatten Flachbahngeschütze zwei Wurfarme um das Geschoss sehr stark, und gleichmäßig zu beschleunigen. Auch bei Verwendung von steinernen Geschossen bleiben Flugbahn und Einsatzart prinzipiell gleich, da große Gewichte wohl kaum sinnvoll auf diese Weise verschossen werden konnten. Vielleicht daher die irritierende Verwendung des Begriffes onager bei Ammianus Marcellinus, die Ravenik angesprochen hat? Meinte Ammianus zweiarmige Flachbahngeschütze, die Steine verschossen?

@Flachbahngeschütze / scorpio:
Wilfried & Bdaian haben die allgemeinen Grundbedingungen für den Einsatz eines scorpio (s.o.) schön zusammengefasst. Sinnvoll konnten nur Lebewesen damit bekämpft werden, keine architektonischen Gebilde von einiger Festigkeit… Bei einer Belagerung oder Feldschlacht hatten sie den Vorteil einer sehr hohen Treffergenauigkeit bei „gesteigerter“ Reichweite gegenüber anderen Waffen.

Gegenüber der Frühen Kaiserzeit hatten sich die scorpio baulich bereits zu Zeiten von Trajan verändert. Ich verstehe das so: Ursprünglich standen die beiden dicken Trosionsbündel sehr eng nebeneinander, ziemlich in der Mitte. Dieser Spannrahmen war sehr kompakt und bestand vor allem aus Bronze. Ich vermute mal, dass sie dadurch leichter durch Maultiere und Legionären transportiert, und vor Ort zusammengebaut werden konnten. Die Lafette bestand aus vorgefertigten, verzapften Bauteilen. Im unten (wieder einmal) verlinkten Artikel des Spiegel ist diese Bauweise auf den Bildern zu sehen. Die dort erwähnten Hochgeschwindigkeitsaufnahmen waren auch in Braunschweig zu sehen… Auf die übertrieben reißerische Wortwahl haben bereits Andere hingewiesen…
Torsionsgeschütze: Römische Horrorwaffen im Wettertest Ausgegraben - SPIEGEL ONLINE

Auf der Trajanssäule findet sich die spätere Bauweise abgebildet. Anstelle des kompakten Spannrahmens aus Bronze wurde nun viel breiter gebaut. In Orsova hat man einen solchen Rahmen für ein Turmgeschütz gefunden. Er besteht nun aus Eisen und am Ende des Rahmens waren die Torsionsbündel angebracht (siehe link). So ähnlich, aber deutlich kleiner, stellt man sich die Geschütze vor, die am Harzhorn zum Einsatz gekommen sein dürften. Für das Geschütz von Osrova werden wohl auch diverse andere, abweichende Konstruktionsmerkmale diskutiert. Dieser Spannrahmen ist sehr groß und unhandlich – ob man die Waffen deshalb auf Karren montierte?
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/10/Balista_Cluj_Museaum.JPG

@Steilfeuergeschütze / onager
Es gab auch antike Steilfeuergeschütze, die Moosbauer (o.a.) als onager angesprochen hat. Die Wurfkraft wurde ebenfalls mittels des Torsionsprinzips erzielt. Sie waren meist Einarmig, so wie man sich ein Katapult vorstellt. Bei Wiki findet sich eine anschauliche Skizze. Damit wurden üblicherweise auch große Steine geschleudert. Die Zielgenauigkeit war sicherlich geringer, aber es kam dabei auf die Wucht des Aufpralls als Waffenwirkung an, sowie auf das Gewicht der verschossenen Munition. Solche Waffen sind gegen unbewegliche, architektonische Ziele effektiv und können über Mauern hinweg schießen. Auch sie gehörten zum Arsenal einer Legion. Laut Wiki sollte jede Legion über 10 solcher Geschütze verfügt haben. Zumindest bei Belagerungen dürften diverse verschiedene Modelle zum Einsatz gekommen sein. Je nach Größe waren diese Waffen recht flexibel in der Bandbreite ihrer Munition. Bdaian hat bereits auf römische Belagerungstechniken hingewiesen.
File:Roman Onager.jpg - Wikimedia Commons

Bei Kate Gilliver „Auf dem Weg zum Imperium“ finden sich zahlreiche Hinweise auf den Einsatz von Geschützen durch die römische Armee zu diversen Anlässen. Sie unterscheidet ihrem Ansatz getreu weitgehend zwischen den zu unterschiedlichen Einsatzzwecken üblichen Geschoss- & Einsatzarten, also zwischen „Wurfgeschützen und Bolzenschussgeräten“ und lässt sich über die Bauweise nicht weiter aus. Interessant ist die Notiz über Flavius Josephus, der von der unterschiedlichen Wahrnehmung der Waffen erzählt. So hätten die Verteidiger den mächtigen Lärm der Abschüsse registriert und durch die Fluggeräusche der schweren Steine diese oft im Flug ausmachen und einander warnen können. Den Abschuss der Bolzen habe man hören können, sie aufgrund ihrer Geschwindigkeit aber kaum ausmachen- geschweige denn ihnen ausweichen können. Ammianus berichte von der Schlacht gegen die Perser bei Amida (Diyabarkir), wo beide Seiten Geschütze einsetzten. Die römischen Bolzengeschütze seien so gefürchtet gewesen, dass allein ihre (leeren!) Abschussgeräusche ausgereicht hätten, die Perser von einer weiteren Verfolgung der Römer abzuhalten, denen ein nächtlicher Ausfall missglückt war. Allgemein nennt sie einige Spezialmunition ("Seuchenträger", Töpfe mit Schlangen..., vor allem diverse Brandgeschosse…

@Trebuchet: Diese Waffen waren halt keine Torsionsgeschütze und gelten als Mittelalterlich. Prinzipiell sind es auch „Steilfeuergeschütze“.
@Oxybele: Zwar Antik und vielleicht sogar älter als diese (?) sollte es eigentlich kein Torsionsgeschütz sein, sondern eher eine Art überdimensionierte Armbrust, besser ein riesiger Kompositbogen. Ich würde sie von der Waffenwirkung her wie ein scorpio ansprechen wollen. Vielleicht hat auch Flavius Josephus diese Bezeichnung als ein antikisierendes, aber damals im Osten bekanntes Wort einfach für die wohl leistungsfähigeren Torsionswaffen weiter verwendet? Denn mit dem Aufkommen des scorpio / Balliste sollen diese Waffen von den Schlachtfeldern verschwunden sein.

* Schleuderbleie wurden nicht von Maschinen verschossen, sie waren Munition für Einzelsoldaten, die mit einer Schleuder bewaffnet waren – um Missverständnisse auszuschließen
 
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Vielleicht daher die irritierende Verwendung des Begriffes onager bei Ammianus Marcellinus, die Ravenik angesprochen hat? Meinte Ammianus zweiarmige Flachbahngeschütze, die Steine verschossen?
Aus der Beschreibung (in 23,4) dessen, was laut Ammianus früher Scorpio und zu seiner Zeit Onager genannt wurde, geht hervor, dass ein Wurfarm, an dem eine Schleuder (funda) befestigt war, in die ein Stein gelegt wurde, zurückgebogen wurde und dann vorschnellte und so den Stein wegschleuderte.

Wilfried & Bdaian haben die allgemeinen Grundbedingungen für den Einsatz eines scorpio (s.o.) schön zusammengefasst. Sinnvoll konnten nur Lebewesen damit bekämpft werden, keine architektonischen Gebilde von einiger Festigkeit… Bei einer Belagerung oder Feldschlacht hatten sie den Vorteil einer sehr hohen Treffergenauigkeit bei „gesteigerter“ Reichweite gegenüber anderen Waffen.
Caesar beschreibt im Gallischen Krieg (7,25) sehr anschaulich, wie bei der Belagerung von Avaricum einzelne Gallier, die die Stadt verließen, um die Belagerungswerke niederzubrennen, punktgenau mit Scorpionen erschossen wurden.

@Oxybele: Zwar Antik und vielleicht sogar älter als diese (?) sollte es eigentlich kein Torsionsgeschütz sein, sondern eher eine Art überdimensionierte Armbrust, besser ein riesiger Kompositbogen. Ich würde sie von der Waffenwirkung her wie ein scorpio ansprechen wollen. Vielleicht hat auch Flavius Josephus diese Bezeichnung als ein antikisierendes, aber damals im Osten bekanntes Wort einfach für die wohl leistungsfähigeren Torsionswaffen weiter verwendet? Denn mit dem Aufkommen des scorpio / Balliste sollen diese Waffen von den Schlachtfeldern verschwunden sein.
Möglich.
 
die Steinschleudermaschinen (später gabs da Tresbuchet und andere Nettigkeiten, jedenfalls ein Wurfarm mit Wurfkorb bzw Seilschleuder) sind für Steilschüsse auf die Mauern, die beiden anderen bestreichen die Tore bei Ausfällen.

Im Prinzip ja, nur waren die Grenzen bei den römischen Kriegsmaschinen nicht so klar definiert. Kleinere Ballisten verschossen Bolzen mit gespannter Flugbahn. Die größeren Exemplare haben bei gleicher Bauart jedoch Steine verschossen, ebenfalls in einer relativ flachen Parabel. (Eine britische Rekonstruktion erzielte bereits beim zweiten Schuss eine Reichweite von 175 Yards, danach ging sie zu Bruch). Ob sie auch andere Geschosse verwendeten, weiss ich nicht, möglich ist es jedoch. Zur See sollen damit ja Draggen verschossen sein (Mani ferrea?)

Dass man gegen Mauerwerk sinnvollerweise Steine verschoss, liegt auf der Hand. Gegen eine Brustwehr aus Flechtwerk oder Holz konnte jedoch auch ein ordentlicher Bolzen etwas ausrichten, besonders wenn er als Brandgeschoss staffiert war. Und wenn die Brüstung von den Steinen der schwereren Geschütze weggerissen war, dann konnten die leichteren den Abschitt frei von Verteidigern halten, während die Legionäre dort anleiterten.

Aber auch der Onager war ein Torsionsgeschütz und hatte, im Vergleich zu den mittelalterlichen Gegengewichtsgeschützen (Trebuchet) einen kürzeren Arm, einer höhere Anfangsgeschwindigkeit so wie einen späteren Lösepunkt und dadurch eine flachere Wurfbahn.

...
Caesar beschreibt im Gallischen Krieg (7,25) sehr anschaulich, wie bei der Belagerung von Avaricum einzelne Gallier, die die Stadt verließen, um die Belagerungswerke niederzubrennen, punktgenau mit Scorpionen erschossen wurden.
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Hat man nicht bei Alesia einen Schädel mit einer viereckigen Perforation gefunden?

Anbei ein Bild aus einen miltärischen Werk aus der Renaissance. Große ballistenartige Wurfmaschinen gab es auch im Mittelalter und kamen danach ausser Gebrauch, wurden in Werken über militärische Themen noch lange behandelt (sogar noch bei Da Vinci) und sind auch noch recht spät in den Zeuglisten einiger Festungen aufgeführt. Man beachte die verschiedenen Geschosse die zur Verfügung standen: Kugeln, Brandgeschosse, Pfeile mit verschiedenen Spitzen. Nach dem Detail zu urteilen ist es auch keine Phantasiemaschine. Ich wüsste nicht, warum auch in der Antike es nicht maschinen gegeben haben sollte, die sowohl Rundgeschosse wie auch Bolzen verschiessen könnten.
 

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Um mal etwas grundsätzlich zur Wirkung von Geschossen gegen Mauern zu sagen: je direkter und senkrechter das Geschoß auf die Mauer trifft, desto besser, denn so wird mehr Energie gegen das Gefüge übertragen. Das ist einer der Gründe dafür, wieso Pulvergeschütze am Ende des Mittelalters relativ rasch Wurfgeschütze ablösten (auch wenn mir jemand hier im Forum mal erzählen wollte, Wurfgeschütze wären nur nicht mehr verwendet worden, obwohl sie wirksamer wären als Kanonen, weil sie so schwer zu konstruieren waren ... :pfeif: ).

Insofern sind Torsionskatapulte mit direkter Schußbahn nicht per se ungeeignet, gegen Mauern eingesetzt zu werden. Allerdings entwickelt ein Bolzen aus den üblichen kleineren "Katapulten" eine viel zu geringe Energie, um Mauerwerk zu gefährden. Bolzen waren für den Einsatz gegen Mann und Tier, allenfalls vielleicht provisorische Feldbefestigungen gedacht. In der hellenistischen Zeit gab es für den Beschuß gegen Mauern deshalb teilweise riesige Torsionsgeschütze, die Steine verschossen. Die Flugbahn solcher Brocken ist nicht ideal, aber brauchbar.

Auch hier ist die erreichbare Energie jedoch begrenzt. Ein großes Trebuchet kann erheblich schwerere Steine verschießen als ein Torsionsgeschütz, abgesehen von anderen konstruktionsbedingten Vorteilen wie geringerer Kompliziertheit des Wurfmechanismusses. Es muß nicht gerade einfach gewesen sein, bei den riesigen Steinwurftorsionsgeschützen die richtige Spannung in beiden Wurfarmen zu korrelieren. Der Wurfwinkel von Trebuchets gegen Mauern ist dafür wie gesagt (noch) ungünstiger, da die Flugbahn des Geschosses weniger gerade ist, um es mal einfach auszudrücken. Das hat auch Vorteile, Trebuchets wurden auch nach Einführung wirksamer Pulverbelagerungsartillerie noch längere Zeit neben Mörsern verwendet, um bogenförmig hinter Mauern zu schießen und das Innere von Städten oder Festungen zu stören.

Zu den "Hightech"-Waffen der Römer: die Waffen waren damals sicher Hightech, aber Vergleiche zu heutigen Waffen und Verwendungen sind reißerisch und oft lächerlich. Was sagt es, wenn eine Legion in bestimmter Zeit soviel Bolzen verschießen konnte wie ein Maschinengewehr? Wie viele Maschinengewehre gibt es in einem Bataillon, einer Brigade, einer Division? So was ist doch Unsinn.


...
Die Kraft, die dabei frei wird, ist gewaltig. "Wir haben auf Schweinehälften geschossen, um menschliche Körper zu simulieren", erzählt Altertumswissenschaftler Günther Moosbauer von der Universität Osnabrück. "Die Energie der Geschosse beim Eintritt war so groß, dass sie das Schweinefleisch verbrannt haben."
...

Das würde mich mal näher interessieren. Mal abgesehen vom Mysterium, wieso Kraft und Energie im Zusammenhang erwähnt werden: inwiefern wurde das Schweinefleisch verbrannt? Das klingt sehr seltsam. Ich muß mal in meiner ballistischen Literatur wühlen.


Edit: darf man eigentlich Bücherangebote im Netz verlinken? Als kleinen Einstieg in die Artillerie der Antike empfehle ich jedenfalls "Greek and Roman Artillery 399 BC–AD 363" von Duncan B. Campbell, eines der besseren Produkte aus dem Osprey-Verlag.
 
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Um mal etwas grundsätzlich zur Wirkung von Geschossen gegen Mauern zu sagen: je direkter und senkrechter das Geschoß auf die Mauer trifft, desto besser, denn so wird mehr Energie gegen das Gefüge übertragen. ...

Das ist völlig richtig, und deshalb waren die steinewerfenden Ballisten auch (bei gleichem Geschossgewicht) effektiver als die Gegengewichtsgeschütze, wobei diese, wie Du auch richtig schreibst, größere Brocken werfen konnten und diese auch nicht unbedingt aufwendig in Form gebracht werden mussten.


Das ist einer der Gründe dafür, wieso Pulvergeschütze am Ende des Mittelalters relativ rasch Wurfgeschütze ablösten (auch wenn mir jemand hier im Forum mal erzählen wollte, Wurfgeschütze wären nur nicht mehr verwendet worden, obwohl sie wirksamer wären als Kanonen, weil sie so schwer zu konstruieren waren ... :pfeif: ).
...

Die letzten Trebuchets waren sehr ausgefeilte Maschinen, während die ersten Pulvergeschütze noch recht primitive und vor allem gefährliche Ungetüme waren. Das ist ähnlich wie das Verhältnis zwischen Bogen, Armbrüsten und den ersten Feuerrohren. Es dauerte auch eine Weile bis die Büchsen eine größere Reichweite und Präzision als eine Armbrust mit Stahlbogen hatten (Durchschlagskraft nützt nicht viel, wenn man nicht trifft).

Über Bliden bzw. Trebuchets wird noch in den militärischen Traktaten von Solms und Fronsperger berichtet. Das sind Schriften aus dem 16. Jahrhundert. Es wird dort erwähnt, dass es zwar noch Funktionierende Exemplare existierten, es für diese Waffen jedoch kaum bzw. keine Fachleute mehr gäbe, die damit umgehen könnten.
Zu diesem Zeitpunkt gab es Pulvergeschütze schon seit ca. 200 Jahren. Dass die Blide nicht schneller verdrängt wurde, deutet darauf hin dass sie zumindest eine zeitlang Vorteile haben musste.
 
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Bereits frühe große Pulvergeschütze dürften im Einzelfall erheblich höhere Energien an den Mann, äh die Mauer, gebracht haben als die größten Trebuchets. Die Konstruktion solcher großen Geschütze war jedoch sehr aufwendig und teuer, der Transport problematisch (ein Trebuchet konnte man am Ort zimmern oder in vorgefertigten Teilen transportieren, ein tonnenschweres Bombardenrohr war immer tonnenschwer), außerdem gab es Probleme mit dem Pulver. Daher kann man erst ab der "Pulverrevolution" in der Mitte des 15. Jhds. und mit dem Vordringen der Bronzegußtechnik sowie der zunehmenden Verwendung von Eisenkugeln von einer praktisch himmelhohen Überlegenheit der Pulverwaffen ausgehen. Es dürfte kein historischer Zufall sein, daß bald darauf die Konstruktion und Verwendung von Wurfwaffen immer mehr in Vergessenheit geriet.

Ausgiebige Überlegungen zur Einführung der Pulverwaffen hat Bert S. Hall angestellt, dessen Buch "Weapons and Warfare in Renaissance Europe: Gunpowder, Technology, and Tactics" trotz gewisser Kritik bei bestimmten Interpretationen denke ich noch als Standardwerk angesehen werden kann.

Edit: mir fällt nachträglich auf, etwas ot das Ganze, wie beim Wurm und dem wurmartigen Elefantenrüssel. :D
 
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Ballisten

Im Braunschweigischen Landesmuseum hat man noch bis zum 19. Januar 2014 die Chance, eine detailgetreue Nachbildung eines transportablen Torsionsgeschützes zu sehen. Mehrere dieser Geschütze wurden in der Schlacht am Harzhorn eingesetzt. Interessant ist ein dort gezeigter Film mit Schußversuchen. Man verwendete als Ziel unter anderem 6 Schweinehälften, die das Ballistengeschoss bei nahezu waagerechtem Schußwinkel noch in 150 m Entfernung durchschlug. Die Projektile waren Eiserne Pfeile mit einem Holzschaft zur Stabilisierung der Flugbahn. Diese Torsionsgeschütze waren voll zerlegbar und konnten während der Kampfhandlungen in neue Positionen verlegt werden. Nachdem die weitreichenden Geschütze auf dem Berg-Kamm positioniert waren, beherrschten sie den gesamten Hauptkamm. Die germanischen Angreifer konnten dem nichts entgegen setzen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Stellt sich bloß die Frage, wie lange wohl das Ab- und Aufbauen, Ver- und Entladen gedauert hat.

Nach dem die Geschütze auf Maultieren hinter dem Rücken der angreifenden Germanen auf höherem Niveau zusammengebaut wurden, konnten sie auf dem nahezu waagerechten Kammweg auch weitere Positionswechsel durchführen, ohne sie wieder zu zerlegen. Dies konnte beispielsweise mit zerlegbaren Karren bewerkstelligt werden, die dafür ebenfalls auf Maultieren mitgeführt wurden.
 
Stellt sich bloß die Frage, wie lange wohl das Ab- und Aufbauen, Ver- und Entladen gedauert hat.

Wenn man sich so ein kleineres Geschütz anschaut, dann kann man sich gut vorstellen, wie es mit wenigen Handgriffen in 2-3 Module zerlegt wird, die dann jeweils von 1-2 Mann im Laufschritt verlegt werden können.

http://www.travelwriter.at/pic/043/carnuntum-balliste-050604g.jpg

Erinnert mich bissle an eine Mörsereinheit der Panzergrenadiere. 2 Mann schleppen die Platte (ca. 100kg), Einer das Rohr (ca. 50 kg) der Rest die Munition. Ich durfte mir als Funker gemütlich vom Führungspanzer aus anschauen, wie die armen Schweine mit dem Gerät durchs Gelände getigert sind.

Zum Transport auf Maultieren, mag so eine Balliste dann noch stärker zerlegt worden sein. Was dann natürlich länger dauert. Obwohl, die Schätzungen zur Tragfähigkeit von Mulis belaufen sich um die 100kg. So arg muß man also gar nicht zerlegen, wenn man den Kram intelligent verstaut.
 
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Die Positionierung der Ballisten oberhalb des steilen Nordhangs des Harzhorns bereitet auch mir einige Kopfschmerzen. Besonders einfach dürfte es nicht gewesen sein, sie dort hinzubringen. Es gibt ja aber keinerlei Hinweise auf die Dauer der Zeitabschnitte der Kämpfe. Wenn man sich die Funde der Masse der Katapultspitzen anschaut, bleibt jedenfalls kaum etwas anderes übrig, als davon auszugehen, daß in einem Zeitabschnitt von allen Seiten, besonders von Norden, Osten und Süden, konzentriert auf einen Bereich auf dem Kammweg geschossen wurde, wo viele Troßteile gefunden wurden. Ich kann mir das nur so erklären, daß hier Germanen, die vorher erhebliche Teile des Trosses erobert hatten, eingekesselt waren und unter Beschuß genommen wurden. Man hatte wegen der Einkesselung wahrscheinlich genug Zeit, die Ballisten auf dem Nordkamm in Stellung zu bringen, von wo aus auch immer.
 
Eine wichtige Funktion der Waffen mit der höheren Reichweite ist ja, den Gegner unter Zugzwang zu bringen. Falls die Germanen sich gut eingeigelt hätten, wären die Fernwaffen also wirklich das richtige Mittel gewesen.
 
das präsentierte „Denkmodell“ der Schlacht lässt an eine größere taktische Moblität denken.
Besonders, da (einige?) Kriegsmaschinen nicht nur am Eingang des Passes, sondern flankierend in die Kämpfe auf dem Höhenzug eingriffen... Aber ist das vielleicht nur dieser Eigendynamik geschuldet?:pfeif:

vielleicht mach ich es mir zu einfach, aber sticht es nicht ins Auge wieso man diese Distanzwaffe, wie so ziemlich jede Waffe die direktes Feuer in flacher Flugbahn verschießt, an den flanken und überkreuzend aufbietet?

Torsionsgeschütze haben im Gegensatz zum Bogen:

-fehlende beweglichkeit
- bedeutend langsamere Schussgeschwindigkeit
+ speicherbare Schussenergie
+ höheres absolutes Zuggewicht


das würde mich zum gedeckten konzentrischen Salvenfeuer anregen :winke:

Als parallele:
im ersten Weltkrieg war das Maschinengewehr eine mächtige Waffe, die jedoch erst dann zum absoluten Wahnsinn gereichte als man (ich weis nicht mehr auf welcher Seite zuerst) die MG aus festen Positionen über kreuz schießen ließ, anstatt auf die frontal nächsten Feinde.

in einem Experiment hatte man, mal wieder nicht sehr professionell ^^, 100 luftballons in brusthöhe auf einem Stück "niemandsland" hindrappiert.

dann wurde eine feste Anzahl an Munition im Dauerfeuer darauf abgeschossen.

im direkten Feuer waren es 25% treffer, beim flankierenden feuer nahezu das dreifache.
 
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