Wie entstanden Klassen- und Adelssysteme

Ich sehe das etwas anders.
Menschen brauchen eine starke Persönlichkeit.
Es gab zu allen Zeiten einen "Führer"
Es gibt Menschen, die sich zur Macht berufen fühlen, die erwarten, dass sie noch nach dem Tode angebetet werden.
Ich habe das nie verstanden.
Warum tut sich ein Mensch so eine Verantwortung an?
Und die "Untertanen" sind ja auch nicht besser.
Man wage mal an der Monarchie in Grossbitanien zu zweifeln.
 
Bei der Frage der Landnahme fehlt mir noch ein ganz wichtiger Aspekt: Wann und warum nehmen Menschen Land als ihren Besitz, sei es als Person oder als Gruppe?
Die Landnahme ist eine Konsequenz der Seßhaftigkeit.

Was verstehst du unter Landnahme?
Auch Jäger/Sammler haben Reviere, die sie gegenüber anderen Gruppen abgrenzen.
Zumindest in Europa, aber wahrscheinlich weltweit gab es schon vor dem Ackerbau eine Bevorzugung von bestimmten Plätzen, wodurch parallel zum Ackerbau die Seßhaftigkeit auch eingeleitet wurde.
Diese Gruppen bevorzugten die Küsten, weil sich ihnen dort durch Muschelsuche / Fischfang neben dem Sammeln von Körnern und Früchten eine kontinuierliche Nahrungsversorgung bot.
Die Jagd nach Großtieren wurde im Mesolithikum zunehmend schwierig. (Das führt hier aber zu weit)

Andererseits kennen aber auch nomadische Gesellschaften Hierarchien. Wie ausgeprägt sind diese Hierarchien? In wie weit sind sie erblich? Gibt es da signifikante Unterschiede zu seßhaften Gesellschaften?

Im Mesolithikum findet man in Europa vorwiegend noch Gräber mit gleicher Austattung. Da man über diese Zeit wenig Quellen besitzt, schließt man auf eher egalitäre Strukturen.
Das heißt aber nicht, dass es keine Führer/innen auf Zeit gegeben hat, diese mussten sich ihre Position aber eher über besondere Leistungen erwerben.
Und diese Position war auf keinen Fall erblich, denn besonders ausgestattete Kindergräber hat man erst aus späteren Zeiten gefunden.
 
Man wage mal an der Monarchie in Grossbitanien zu zweifeln.

Fände ich schade, weil wir ein interessantes Objekt der Beobachtung verlieren würden. Es war auch recht schmerzlich, als in Appenzell die nur männlichen Abstimmungen per Aufheben des Seitgewehrs abgeschafft wurde. Mit dieser recht lokalen Ungleichberechtigung hätte man im Interesse der Wissenschaft gut leben können.

Soweit mein Beitrag total OT.
 
Bei der Frage der Landnahme fehlt mir noch ein ganz wichtiger Aspekt: Wann und warum nehmen Menschen Land als ihren Besitz, sei es als Person oder als Gruppe?

Wer Ackerbau betreiben will, muß darauf hoffen können, das zu ernten, was er gesäht, gehegt und gepflegt hat. Wer Vieh halten will, mag es unter Umständen für praktischer halten, dies auf definierten und eingezäunten Weideflächen zu tun, als nomadisch umherziehend. Ich würde vermuten, bei fetteren Weiden und weniger Stückzahl, macht Seßhaftigkeit in der Viehaltung mehr Sinn. Seßhaftigkeit hat auf jeden Fall den großen Vorteil, daß man viel mehr besitzen kann, weil man nicht mehr alles dauernd umhertragen muß.
Die Landnahme ist eine Konsequenz der Seßhaftigkeit.

Vielleicht sind ja die fetteren Weiden auch durch künstliche Bewässerung entstanden?
Besitz bekommt erst einen Wert, wenn man ihn auch benutzen kann, und dann muss man ihn auch noch schützen, und am besten an die richtigen (Familien) weitergeben, wenn man selbst nichts mehr damit anfangen kann, was vorraussetzt, das man weiß wer zur Familie gehört.

Andererseits kennen aber auch nomadische Gesellschaften Hierarchien. Wie ausgeprägt sind diese Hierarchien? In wie weit sind sie erblich? Gibt es da signifikante Unterschiede zu seßhaften Gesellschaften?

Ich denke man kann Hierarchien nicht mit Klassen oder Gesellschaftsschichten gleichsetzen.
 
Ich denke man kann Hierarchien nicht mit Klassen oder Gesellschaftsschichten gleichsetzen.
Warum nicht?

Hierarchien bauen sich doch auf Gesellschaftsschichten auf (den Begriff "Klasse" verwende ich jetzt mal absichtlich nicht - klingt mir zu sehr nach DDR-Staatsbürgerkunde =)).

Bei den Germanen (meinem Spezialgebiet) war das z. B. so, daß es drei verschiedene Stände gab:
- den Stammesadel (aus dem auch immer die Stammesfürsten und Herzöge gewählt wurden)

- die Freien (meist freie Bauern)
und
- die Unfreien

Innerhalb dieser Stände gab es allerdings auch noch Abstufungen.
Grundsätzlich wurde jeder in einen dieser Stände hineingeboren (die gesellschaftliche Stellung wurde also auf die Nachkommen weiter vererbt) und mir ist in diesem Zusammenhang auch nicht bekannt, daß es die Möglichkeit gab, von einem Stand zum nächsten aufzusteigen (vielleicht gab es das in Ausnahmefällen).
So stellten die Stände also Gesellschftsschichten dar, die insgesamt wiederum eine Hierarchie bildeten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei der Frage der Landnahme fehlt mir noch ein ganz wichtiger Aspekt: Wann und warum nehmen Menschen Land als ihren Besitz, sei es als Person oder als Gruppe?

Wer Ackerbau betreiben will, muß darauf hoffen können, das zu ernten, was er gesäht, gehegt und gepflegt hat. Wer Vieh halten will, mag es unter Umständen für praktischer halten, dies auf definierten und eingezäunten Weideflächen zu tun, als nomadisch umherziehend. Ich würde vermuten, bei fetteren Weiden und weniger Stückzahl, macht Seßhaftigkeit in der Viehaltung mehr Sinn. Seßhaftigkeit hat auf jeden Fall den großen Vorteil, daß man viel mehr besitzen kann, weil man nicht mehr alles dauernd umhertragen muß.

Die Landnahme ist eine Konsequenz der Seßhaftigkeit.

Andererseits kennen aber auch nomadische Gesellschaften Hierarchien. Wie ausgeprägt sind diese Hierarchien? In wie weit sind sie erblich? Gibt es da signifikante Unterschiede zu seßhaften Gesellschaften?

Im Grunde beantwortest du deine Frage selbst.

Landnahme erfolgt durch den, der beschlossen hat, an einem Ort sesshaft zu werden.

Der Ort muss in soweit verfügbar sein, dass der Landnehmende nicht von evtl. mächtigeren Nachbarn wieder verjagt wird.

Ein Zusammenhang der Landnahme mit einem Klassensystem ist dabei aber nicht erkennbar.

MfG Jürgen
 

Weil man in Gesellschaftsschichten hineingeboren wird, was bei einer Hierarchie nicht zwingend der Fall sein muss. Hierarchien können auch durch Wahl, Leistung oder Ernennung entstehen.
Ein Schamane steht bspw. in der Hierarchie weit oben, der "Berufsstand" ist aber nicht vom Familienstand abhängig.

Bei den Germanen (meinem Spezialgebiet) war das z. B. so, daß es drei verschiedene Stände gab:
- den Stammesadel (aus dem auch immer die Stammesfürsten und Herzöge gewählt wurden)

- die Freien (meist freie Bauern)
und
- die Unfreien

Innerhalb dieser Stände gab es allerdings auch noch Abstufungen.
Grundsätzlich wurde jeder in einen dieser Stände hineingeboren (die gesellschaftliche Stellung wurde also auf die Nachkommen weiter vererbt) und mir ist in diesem Zusammenhang auch nicht bekannt, daß es die Möglichkeit gab, von einem Stand zum nächsten aufzusteigen (vielleicht gab es das in Ausnahmefällen).
So stellten die Stände also Gesellschftsschichten dar, die insgesamt wiederum eine Hierarchie bildeten.

Wenn mich nicht alles täuscht, dann gibt es über Germanen erst aus jüngeren Jahren historische Quellen.
Während rena schon darauf hin weist, dass man im Mesolithikum eher auf egalitäre Strukturen schließt.
 
Hierarchien bauen sich doch auf Gesellschaftsschichten auf (den Begriff "Klasse" verwende ich jetzt mal absichtlich nicht - klingt mir zu sehr nach DDR-Staatsbürgerkunde =)).

Bei den Germanen (meinem Spezialgebiet) war das z. B. so, daß es drei verschiedene Stände gab:
- den Stammesadel (aus dem auch immer die Stammesfürsten und Herzöge gewählt wurden)

Am Anfang des Threads wurde bereits versucht die abstrakten Begriffe Hierarchie, Klasse, Schicht usw. zu definieren. Wobei für mich die Hierarchie ? Wikipedia den Ober- und Einstiegsbegriff darstellt.
D.h mehr oder weniger stark ausgeprägte Hierarchien bilden sich immer dann, wenn Individuen in Gruppen zusammenleben, dabei ist der Status des einzelnen Individuums nicht unbedingt für immer fixiert, sondern je nach Organsiationsart kann das einzelne Individuum auf- oder absteigen z.B durch Rangordnungskämpfe, Erfahrungszuwach(Ältere Haben einen höheren Rang, Kinder fangen ganz unten an) oder auch durch besonders gruppenfreundliches Verhalten.
Da der Rang in ersten Hierarchien an das einzelne Individuum gebunden ist, erlischt er mit dem Tod desselben.
Hier geht es doch darum, den Punkt zu finden, ab wann die Rangmerkmale so definiert waren, dass sie über den Tod des einzelnen Individuums hinauswirkten.
Besitz in Form von Ackerland, Viehherden, begehrten Gütern, besonderen Waffen (und uU. Geheimwissen)bleibt auch nach dem Tod des Einzelnen erhalten.
Hat sich ein Individuum einen besonders hohen Rang durch solchen Besitz erworben, entsteht wahrscheinlich der Wunsch diesen auf nahestehende oder besonders geschätzte Personen nach dem Tod zu übertragen, jedenfalls den Teil, der nicht mit ins Grab genommen wird.
Dieses Mitgeben in das "Leben nach dem Tod" hat in einigen Gesellschaften eine große Rolle gespielt und solche Gräber z.B Pyramiden, Grabhügel sind für uns heute oft der einzige Anhaltspunkt, wie die Hierarchien in den jeweiligen Gesellschaften ausgebildet waren. Vielleicht geht es zu weit, zu sagen, dass der "Erblasser" erst Vertrauen in das Wirksamwerden seiner Verfügung aufbauen muß und sein Erbe nur demjenigen übertragen wird, von dem er annehmen kann, dass er seinen Teil des "Deals" erfüllt, nämlich die Sorge für ein adäquates "Leben nach dem Tod".
 
Den Begriff "Klasse" verwende ich jetzt mal absichtlich nicht - klingt mir zu sehr nach DDR-Staatsbürgerkunde. =)

Man sollte sich schon von dem politisierten Begriff, wie er von politischen Gruppierungen verwendet wird, lösen können und stattdessen den Begriff der historischen Sozialwissenschaft, wie er in unseren Breiten etwa für ein Zeitfenster zwischen etwa 1850 und etwa 1970 in Anspruch genommen werden kann, einfach korrekt anwenden können.
 
Die Idee, von Bewässerung zu komplexen Gesellschaften zu kommen, ist sicher nicht falsch aber nicht überall wurde bewässert. Die Sesshaftigkeit der Menschen wird von Josef H. Reichholf -wenn auch gelegentlich weit ausholend - so doch aus seiner Sicht kurzweilig beschrieben - aber auch daß erscheint mir nicht als Königsweg. Sicher haben Menschen in allen möglichen Räumen bemerkt, daß Arbeitsteilung produktiver war als keine. Diese erzwingt eine Organisation welche "demokratisch" oder "nichtdemokratisch" installiert wird. Aufgabe dieser Oranisation ist nicht zuletzt die "gerechte" Verteilung der Güter innerhalb der Gemeinschaft zu gewährleisten. Gelingt das dieser Organisation nicht, wird sie scheitern. Im Nahen Osten scheint diese frühe Organisation durch die Tempelwirtschaft (Priester) repräsentiert, welche auf Dauer einen Gegenpart im weltlichen Palast (Fürst) findet. Im allgemeinen siegte auf Dauer der Fürst, da er über militärische Mittel verfügte. Aber auch hier hing alles von der Verteilung ab, um soziale Unruhen zu vermeiden. Die Geschichte lehrt, daß das unterschiedlich gut gelang.
Die Fürsten ( das ist nun eine Spekulation von mir) hatten gegenüber den Priestern die Nase vorn, da sie den Fernhandel kontrollierten. Aus diesem konnten sie die Gewinne erzielen, die durch alleinige landwirtschaftliche oder handwerkliche Produktion nicht zu erzielen war. Mittels dieser Reichtümer konnte durch den Fürst auch die "Burg" finanziert werden, um die für Fernhandel notwendige "Schatzanhäufung" und seine eigenen Güter vor dem Zugriff enttäuschter Landsleute oder auf Beutezug befindlicher Nachbarn zu schützen. Am Ende stand die Stadt. Die damit einher gehende soziale Differenzierung in der Gesellschaft wurde u.a. durch Statussymbole nach außen sichtbar gemacht, welche wir in Grabbeigaben vorfinden können.
In unseren Breiten wurde außer in der keltischen Gesellschaft die Stadtstufe nicht erreicht. Griechen und Römer haben diese Entwicklung aber erfolgreich aufgegriffen und ein Wirtschaften mittels "Privateigentum" an eigenem Land installiert. Die Auseinandersetzungen zwischen den Griechen und ihren Kolonien und den Römern sowie Karthagern dienten der Vorherrschaft im Fernhandel. Nur aus diesem war auf Dauer die Finazierungsbasies der Gesellschaft in komplexer Struktur möglich. Die (West)Römer haben gegen Ende ihrer kulturellen Blüte dies aus dem Auge verloren und durch das Kolonat letztendlich Abhängigkeit von der "Scholle" in großem Umfang produziert (im Gegensatz zum Privateigentum an Land). Damit war der "Staatshaushalt" nicht mehr finanzierbar.
Interessant ist die Entwicklung der demokratischen italienischen Kaufmannsrepubliken oder der Hanse, welche umringt von Fürstentümern oder Königreichen waren. Alle basierten auf sehr erfolgreichem Fernhandel.
 
Zuletzt bearbeitet:
..... Die (West)Römer haben gegen Ende ihrer kulturellen Blüte dies aus dem Auge verloren und durch das Kolonat letztendlich Abhängigkeit von der "Scholle" in großem Umfang produziert (im Gegensatz zum Privateigentum an Land). Damit war der "Staatshaushalt" nicht mehr finanzierbar.
Interessant ist die Entwicklung der demokratischen italienischen Kaufmannsrepubliken oder der Hanse, welche umringt von Fürstentümern oder Königreichen waren. Alle basierten auf sehr erfolgreichem Fernhandel.

Dem kann ich mich für die weitere Ausbildung von Klassen- und Adelssystemen anschließen, der Einfluß des Handels ist nicht zu unterschätzen.
Die These zu Spätrom sollten Spezialisten besser beurteilen können.

Und kein Wort von nicht stattgefundenen Jahrhunderten.........hat mich angenehm überrascht. :winke:
 
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