Wie funktioniert ein Demokratisierungsprozess?

KeineAhnung

Aktives Mitglied
Diese Frage beschäftigt mich - natürlich vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse. Ich möchte mit dieser Frage aber keineswegs eine tagespolitische Diskussion auslösen, daher versuche ich so allgemein wie möglich zu fragen, wie in einem beliebigen (gerne auch fiktiven) Staat mit einer - wie auch immer gearteten - diktatorischen Regierung, ein nachhaltiger Wandel zu einer Demokratie durchgesetzt werden kann.

Welche Strukturen müssten aufgebrochen werden? Wie weit reicht eine stärkere politische Beteiligung des Volkes im Sinne von freien Wahlen? Welche Fallen und Gefahren lauern auf dem Weg zur Demokratisierung? Welche Rolle spielt das Ausland? Wie arbeitet eine Übergangsregierung? Fragen über Fragen - und ich hab noch viel mehr...;)
 
Mir fielen nur historische Beispiele ein. Leider passt das nur garnicht zum UF "Afrika".

In den Reichsstädten war der Prozess bspw. immer im Zusammenhang mit Erhebungen geschehen. Eine Art Clique, damals die Patrizier, wurde schrittweise entmachtet, denn an der eigentlichen Verfassung ("die da oben, die dort unten") meinte man nichts ändern zu können. Stattdessen setzte man einfach neben das Regime (z.B. den Magistrat) Bürgerausschüsse, welche demokratisch gewählt waren.

Die Hauptgefahr war immer, dass sich auch innerhalb dieser Ausschüsse natürlich eine neue Clique bildet, nur eben mit anderem politischen Hintergrund.
Das Problem ist immer, dass man für die Politik, d.h. um sie aktiv zu betreiben, auch einfach zeitliche Spielräume braucht. Sprich: der Bauer hat für die große Politik nicht die Zeit. So bildete sich immer wieder eine politische Oberschicht von Vollzeitpolitikern heraus, welchen es gelang, die Stimmung im Volk in ihrem Sinne zu beeinflussen, dass an dem System nichts geändert wird.

Das Ausland spielt natürlich in unterschiedlicher Hinsicht eine Rolle. Das Ausland wollte natürlich immer aus den Schwierigkeiten der Umbruchzeit ihren Nutzen schöpfen. Man könnte sie als "ungewollte Ratgeber" bezeichnen, in anderen Fällen wurden Staaten, welche durch Umbrüche labil wurden, okkupiert oder zumindest zu Teilen besetzt. (Z. B. bei Schwäbisch Hall ging Preußen gegen Hall in Zeiten der Krisen in den 1790ern vor.)
 
Danke Brissotin,
das gibt doch schon ein paar Hinweise, und viele neue Fragen ;)

Mir fielen nur historische Beispiele ein. Leider passt das nur garnicht zum UF "Afrika".
Ich bin mir auch gar nicht so sicher, ob ich hier im richtigen UF bin. Meine Frage ist wirklich eher hypothetischer Natur.

In den Reichsstädten war der Prozess bspw. immer im Zusammenhang mit Erhebungen geschehen. Eine Art Clique, damals die Patrizier, wurde schrittweise entmachtet, denn an der eigentlichen Verfassung ("die da oben, die dort unten") meinte man nichts ändern zu können. Stattdessen setzte man einfach neben das Regime (z.B. den Magistrat) Bürgerausschüsse, welche demokratisch gewählt waren.
Eine Möglichkeit ist die schrittweise Entmachtung und parallel dazu die schrittweise Einführung demokratischer Gremien. Aber wie kann so ein Prozess quasi von heute auf morgen initiert werden, nämlich dann, wenn die Entmachtung nicht schrittweise sondern plötzlich erfolgt?
Die Hauptgefahr war immer, dass sich auch innerhalb dieser Ausschüsse natürlich eine neue Clique bildet, nur eben mit anderem politischen Hintergrund.
Danke! :winke:
Das war eine meiner wichtigsten Fragen, aber ich wusste nicht, wie ich sie kurz und knapp und unmissverständlich formulieren sollte.
Wie verhindert man, dass Gruppierungen mit wenig demokratischem Ansinnen sich der Unzufriedenheit und des Volkes Zorn bedienen, um zur politischen Macht zu werden?
Das Problem ist immer, dass man für die Politik, d.h. um sie aktiv zu betreiben, auch einfach zeitliche Spielräume braucht. Sprich: der Bauer hat für die große Politik nicht die Zeit. So bildete sich immer wieder eine politische Oberschicht von Vollzeitpolitikern heraus, welchen es gelang, die Stimmung im Volk in ihrem Sinne zu beeinflussen, dass an dem System nichts geändert wird.
Nehmen wir doch für unseren fiktiven Staat an, dass es demokratisch gesinnte Vollzeitpolitiker bereits gibt, die aber in der Opposition bislang nur Statistenrollen hatten. Wie sorgt man dafür, dass diese nun auch wirklich a) an die Regierung kommen, b) wirklich handlungsfähig sind und c) sie auch von den anderen Gruppierungen als Bestimmer akzeptiert werden?
Das Ausland spielt natürlich in unterschiedlicher Hinsicht eine Rolle. Das Ausland wollte natürlich immer aus den Schwierigkeiten der Umbruchzeit ihren Nutzen schöpfen. Man könnte sie als "ungewollte Ratgeber" bezeichnen, in anderen Fällen wurden Staaten, welche durch Umbrüche labil wurden, okkupiert oder zumindest zu Teilen besetzt. (Z. B. bei Schwäbisch Hall ging Preußen gegen Hall in Zeiten der Krisen in den 1790ern vor.)
Vielleicht liegt da im Moment der größte Unterschied zwischen vergleichbaren Ereignissen in der Geschichte und der heutigen Situation in der globalisierten Welt?


Wenn ich das so für mich versuche zusammenzufassen, dann ist Demokratisierung kein Prozess, den man jetzt initiert und der am Termin XY abgeschlossen sein wird, sondern eher eine Entwicklung, die "wellenförmig" aus der Basis immer wieder nach oben dringt und nach vielen Rückschlägen eventuell irgendwann auch die Spitze erreicht? Also ein Prozess, der u.U. viele Generationen dauern kann.
Kann man vielleicht sagen: "Ein Volk wird demokratisch" (aus sich selbst heraus) und nicht: "Ein Volk wird demokratisiert" (mit Lenkung von außen)

Liebe Grüße
KeineAhnung
 
Kann man vielleicht sagen: "Ein Volk wird demokratisch" (aus sich selbst heraus) und nicht: "Ein Volk wird demokratisiert" (mit Lenkung von außen)
Schwer zu sagen.

Ein Volk kann vielleicht von außen demokratisiert werden, wenn zumindest besonders charismatische Personen, welche die Bevölkerung mitreißen können, bereits von dem Vorteil der Demokratisierung überzeugt sind.
 
Bei deinen Fragen gehen wir aber schon sehr tief in die Politikwissenschaft rein. ;)

Nehmen wir doch für unseren fiktiven Staat an, dass es demokratisch gesinnte Vollzeitpolitiker bereits gibt, die aber in der Opposition bislang nur Statistenrollen hatten. Wie sorgt man dafür, dass diese nun auch wirklich a) an die Regierung kommen, b) wirklich handlungsfähig sind und c) sie auch von den anderen Gruppierungen als Bestimmer akzeptiert werden?

Als erstes müsstest du mal klären was für eine Art Demokratie dein fiktiver Staat haben sollte. Da gibt es verschiedene Modelle. Dabei spielen die historischen und kulturellen Strukturen eines Landes eine wichtige Rolle. Denn nicht jede Demokratie ist für jeden Staat gleich umsetzbar.

Vielleicht liegt da im Moment der größte Unterschied zwischen vergleichbaren Ereignissen in der Geschichte und der heutigen Situation in der globalisierten Welt?

Die weltpolitschen Verhältnisse haben sich natürlich verändert. Durch die Globalisierung wird der internationale Fernhandel gefördert, neben diesem internationalen Wettbewerb verschärft sich die intergesellschaftlichen Ungleichheiten. Der Graben zwischen den Erwartungen und dem realen Handeln durch die politischen Akteure wird grösser.


Wenn ich das so für mich versuche zusammenzufassen, dann ist Demokratisierung kein Prozess, den man jetzt initiert und der am Termin XY abgeschlossen sein wird, sondern eher eine Entwicklung, die "wellenförmig" aus der Basis immer wieder nach oben dringt und nach vielen Rückschlägen eventuell irgendwann auch die Spitze erreicht? Also ein Prozess, der u.U. viele Generationen dauern kann.
Kann man vielleicht sagen: "Ein Volk wird demokratisch" (aus sich selbst heraus) und nicht: "Ein Volk wird demokratisiert" (mit Lenkung von außen)

Liebe Grüße
KeineAhnung

Die Demokratisierung eines Staates ist immer eine Entwicklung die nie abgeschlossen ist.

Lies mal hier (ist zwar nicht besonders gut, aber bringt ein paar wichtige Punkte):

Demokratisierung ? Wikipedia
 
Diese Frage beschäftigt mich - natürlich vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse. Ich möchte mit dieser Frage aber keineswegs eine tagespolitische Diskussion auslösen, daher versuche ich so allgemein wie möglich zu fragen, wie in einem beliebigen (gerne auch fiktiven) Staat mit einer - wie auch immer gearteten - diktatorischen Regierung, ein nachhaltiger Wandel zu einer Demokratie durchgesetzt werden kann.

Fragen die ich mir auch schon gestellt habe:

Ich denke mal, dass 3 Voraussetzungen gegeben sein müssen:

Grundrechte
Gewaltenteilung
Freie und geheime Wahlen

dann funktioniert es.
Als neuere historische (vor 1989) positive Beispiele fallen mir ein Spanien, Portugal, Griechenland
 
Die weltpolitschen Verhältnisse haben sich natürlich verändert. Durch die Globalisierung wird der internationale Fernhandel gefördert, neben diesem internationalen Wettbewerb verschärft sich die intergesellschaftlichen Ungleichheiten. Der Graben zwischen den Erwartungen und dem realen Handeln durch die politischen Akteure wird grösser.
Gerade wenn ich mich mit der Geschichte beschäftige, frage ich mich, ob sich denn wirklich soviel an der Ungleichheit je geändert hat.

Wo ich Dir Recht gebe, ist dass der Graben zwischen Erwartungen und realem Handeln immer größer wird. Die Ursache sehe ich in kulturgeschichtlichen Umwälzungen, vielleicht auch dem Faktor der Religion. Bezogen auf das Christentum nutzt diese schon recht umfangreich dazu, dass man eher weniger zu Umstürzen bereit war, das existierende System als gottgegeben akzeptierte.

Undurchsichtiger sind bestimmt die staatlichen Interessen geworden.
Ganz plakativ: englische Fabrikanten, welche über ihren militärischen Arm an die Rohstoffe wollten, standen in einer wechselseitigen Beziehung zum Staat. Sie fanden sich unter den Politikern, genauso wie sie eine wichtige Wählerschicht bildeten. Sie finanzierten zu einem satten Teil den Staat, der in ihren Interessen agierte. Dafür sahen sie sich selbst als einen festen Bestandteil des Landes. Die Zugehörigkeit ließ sich nicht wechseln wie das Unterhemd (mal von schon damals (18.Jh.) globaler agierenden Bankiers abgesehen).
Heute haben wir global agierende Unternehmen, deren Besitzer ja kaum mehr zu lokalisieren sind. Sind das nun deutsche oder britische Unternehmen, weil die Werkhallen da stehen, oder us-amerikanische, weil einer der Hauptanleger seine Haut am liebsten am Strand von Florida grillt (der Abstammung nach ist er aber Russe)?

Zu Repos Anmerkungen:
Fragt sich, ob die Vorraussetzungen nicht eben auch am "Ende" einer Demokratisierung stehen.
 
Gerade wenn ich mich mit der Geschichte beschäftige, frage ich mich, ob sich denn wirklich soviel an der Ungleichheit je geändert hat.

Das musst du natürlich von Fall zu Fall genau untersuchen (hätte ich hinschreiben sollen). Denn wie auch beim Demokratiesierungsprozess ist das in jedem Staat anders. Für Afrika ist diese Ungleichheit wohl historsich gesehen gleich geblieben. Aber auch hier -Afrika ist gross und man muss jeden Staat für sich betrachten.
 
Das musst du natürlich von Fall zu Fall genau untersuchen (hätte ich hinschreiben sollen). Denn wie auch beim Demokratiesierungsprozess ist das in jedem Staat anders. Für Afrika ist diese Ungleichheit wohl historsich gesehen gleich geblieben. Aber auch hier -Afrika ist gross und man muss jeden Staat für sich betrachten.
Richtig.

Aber nehme ich mal Deutschland im 18.Jh.. Jetzt wird es schwierig.
Ein Bettler (darf man das heute noch sagen, oder ist das auch schon indiziert?), der zur Arbeit nicht taugt, landet heute in einem gewissen staatlich gewährleisteten Netz. Ich habe z.B. mal in einer Doku von einem Fachmann gehört, dass genügend Schlafplätze, gerade im Winter, für Obdachlose in der Stadt (Namen habe ich vergessen) zur Verfügung gestellt werden müssen, was auch gerade im Winter geschieht. Damals gab es regional auch soziale Netzwerke. Gemeinden oder Landesherren kümmerten sich um ihre eigenen Bettler, die dann auch bestimmte schriftliche Genehmigungen zum Betteln hatten. Wie heute auch, wurde aber versucht das Umherziehen von Bettlern, z.B. das Einwandern fremder Bettler, zu unterbinden.
Im Gegensatz dazu hatte man eine Oberschicht, welche i.d.R. den Zugang zu den neuesten Errungenschaften der Technik (heute: Flachbildschirm, superteurer Rechner, Autos mit allem technischen Pipapo/ damals: Kutsche mit modernster Federung, neueste Unterhaltungsmedien (Papiertheater, als es noch neu war, Camera magica etc.)) gepaart mit der Chance, dass man noch "Nichtstuer" aus der Familie mitversorgte und hinsichtlich der Versorgung mit Nahrung aus den Vollen schöpfen konnte. Gemessen an den zeitgenössischen Möglichkeiten war auch die Mobilität der Oberschicht deutlich besser als der Unterschicht.
 
Richtig.

Aber nehme ich mal Deutschland im 18.Jh.. Jetzt wird es schwierig.
Ein Bettler (darf man das heute noch sagen, oder ist das auch schon indiziert?), der zur Arbeit nicht taugt, landet heute in einem gewissen staatlich gewährleisteten Netz. Ich habe z.B. mal in einer Doku von einem Fachmann gehört, dass genügend Schlafplätze, gerade im Winter, für Obdachlose in der Stadt (Namen habe ich vergessen) zur Verfügung gestellt werden müssen, was auch gerade im Winter geschieht. Damals gab es regional auch soziale Netzwerke. Gemeinden oder Landesherren kümmerten sich um ihre eigenen Bettler, die dann auch bestimmte schriftliche Genehmigungen zum Betteln hatten. Wie heute auch, wurde aber versucht das Umherziehen von Bettlern, z.B. das Einwandern fremder Bettler, zu unterbinden.
Im Gegensatz dazu hatte man eine Oberschicht, welche i.d.R. den Zugang zu den neuesten Errungenschaften der Technik (heute: Flachbildschirm, superteurer Rechner, Autos mit allem technischen Pipapo/ damals: Kutsche mit modernster Federung, neueste Unterhaltungsmedien (Papiertheater, als es noch neu war, Camera magica etc.)) gepaart mit der Chance, dass man noch "Nichtstuer" aus der Familie mitversorgte und hinsichtlich der Versorgung mit Nahrung aus den Vollen schöpfen konnte. Gemessen an den zeitgenössischen Möglichkeiten war auch die Mobilität der Oberschicht deutlich besser als der Unterschicht.

Moment wir sprechen von zwei unterschiedlichen Aspekten. Ich habe geschrieben intergesellschaftliche Ungleichheit - das ist nicht gleichbedeutet wie innergesellschaftliche Ungleichheit.

Aber jetzt wird es wirklich Politikwissenschaftlich und nicht mehr historisch ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei deinen Fragen gehen wir aber schon sehr tief in die Politikwissenschaft rein. ;)
Entschuldigung! Wenns gar nicht mehr passt, dann vielleicht in den Smalltalk verschieben...:winke: Aber eigentlich müsste man den Bogen zur Geschichte schon schlagen können :grübel:

Als erstes müsstest du mal klären was für eine Art Demokratie dein fiktiver Staat haben sollte. Da gibt es verschiedene Modelle. Dabei spielen die historischen und kulturellen Strukturen eines Landes eine wichtige Rolle. Denn nicht jede Demokratie ist für jeden Staat gleich umsetzbar.
Das geht tatsächlich sehr in die Politikwissenschaft. So ins Detail wollte ich eigentlich gar nicht gehen. Es geht mir mehr um die praktische Umsetzbarkeit, respektive die Erfahrungen, die bislang mit solchen Demokratisierungsprozessen gemacht wurden.
Aber nehmen wir der einfachheithalber eine parlamentarische Demokratie mit Mehrparteiensystem und freiem Wahlrecht an. (Bei zu hoher Machtbefugnis eines Einzelnen befürchten meine fiktiven Bürger, die der aufgeklärten Mittelschicht angehören, einen Rückfall in Despotens-Zeiten ;) )

Lies mal hier (ist zwar nicht besonders gut, aber bringt ein paar wichtige Punkte):

Demokratisierung ? Wikipedia
Danke für den Link ursi.
Der eine oder andere Punkt ist tatsächlich interessant.

Daher vielleicht mal die Frage umformuliert: Welche Vorraussetzungen müssen geschaffen werden, um überhaupt zu einer Demokratie kommen zu können?

@Repo hat 3 Grundbedingungen genannt. Wie wichtig ist die Bildung des Volkes bzw. der Zugang zu Bildung?

Abschließend noch eine Frage:
„In den achtzehn Nachkriegsgesellschaften, in denen die Vereinten Nationen zwischen 1988 und 2002 Demokratisierungsprozesse unterstützten, haben allein dreizehn trotz vielfach unbestreitbarer Verbesserungen nicht den Sprung in eine demokratische Staats- und Gesellschaftsform geschafft.“[4] Buckley-Zistel folgert aus diesen Erfahrungen, dass „der Anstoß für eine Demokratisierung aus der Gesellschaft selbst kommen“ muss und die „Interessen der verschiedenen Akteure und mögliche Konflikte müssen sensibel vorausgesehen und berücksichtigt werden“.]
(aus ursis Link)

Das ist eigentlich der Punkt auf den ich hauptsächlich hinauswollte. Die (zugegeben) jüngere Geschichte hat gezeigt, dass es wohl nicht so einfach ist, wie es manchmal scheint. Die Ursachen dafür dürften genauso vielfältig sein, wie es Geselschaftsformen gibt, aber was nimmt man sich aus solchen Erfahrungen heraus? Was versucht man zu ändern?

OT: Ohje, ist das jetzt lang.....
 
Moment wir sprechen von zwei unterschiedlichen Aspekten. Ich habe geschrieben intergesellschaftliche Ungleichheit - das ist nicht gleichbedeutet wie innergesellschaftliche Ungleichheit.

Aber jetzt wird es wirklich Politikwissenschaftlich und nicht mehr historisch
Stimmt, hatte ich überlesen oder war zu schnell mit der Antwort bei der Hand.:friends:
 
Einen Hauptfaktor sehe ich in einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz der Demokratisierung.
Beispiel: Große Franz. Revolution.
Zum einen könnte man hier den Eindruck bekommen, dass auch die Vorreiter, wenn wir so mal Vergniaud, Brissot, Danton, Robespierre oder auch Lafayette bezeichnen wollen, im Grunde nicht ganz im Bilde waren, wie sich durch Überzeugung, man kann es auch Überredung nennen, der Massen die Demokratisierung im eigenen Sinne bewerkstelligen lässt.
Zum anderen könnte man anhand der Unruhen der Katholiken oder Royalisten in weiten Teilen des Landes auch den Eindruck erhalten, dass Frankreich einfach als Gesamtheit noch nicht bereit dafür war (natürlich spielten bei den Widerständen auch andere Faktoren wie die Aushebungen der Truppen eine Rolle).
 
Moment wir sprechen von zwei unterschiedlichen Aspekten. Ich habe geschrieben intergesellschaftliche Ungleichheit - das ist nicht gleichbedeutet wie innergesellschaftliche Ungleichheit.

Aber jetzt wird es wirklich Politikwissenschaftlich und nicht mehr historisch ;)


Ich bin jetzt von den Pseudo-Demokratien in zB Ägypten ausgegangen. Und als historisches Muster, mit ähnlichen Gegebenheiten Spanien. Wo es mit wenig Reibungsverlusten funktioniert hat.

Wenn Ihr es natürlich filosofisch angehen wollt:

Württemberg,:) vom Tübinger Vertrag am Anfang des 16. Jahrhundert bis zum "Freien Volksstaat" 1919. (die verhängnisvollen 12 Jahre sehen wir mal als Betriebsunfall und lassen sie außen vor)

Schweiz, vom Rütlischwur im 13. Jahrhundert bis zum Frauenwahlrecht in den 70er Jahren.

Aber Prozesse die sich über Jahrhunderte, oder eigentlich über ein halbes Jahrtausend hinziehen, sind erst im Ergebnis "scharf".
Wenn Ihr die Demokratisierung als nie abgeschlossenen Vorgang seht, sogar nie.
Müsst Ihr ja im Umkehrschluss seit die Ägypter den Faruk verjagt haben, bis heute als noch nicht abgeschlossenen Demokratisierungsprozess sehen.

Ergo: Kein Weiterkommen
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin jetzt von den Pseudo-Demokratien in zB Ägypten ausgegangen. Und als historisches Muster, mit ähnlichen Gegebenheiten Spanien. Wo es mit wenig Reibungsverlusten funktioniert hat.

Wenn Ihr es natürlich filosofisch angehen wollt:

Württemberg,:) vom Tübinger Vertrag am Anfang des 16. Jahrhundert bis zum "Freien Volksstaat" 1919. (die verhängnisvollen 12 Jahre sehen wir mal als Betriebsunfall und lassen sie außen vor)

Schweiz, vom Rütlischwur im 13. Jahrhundert bis zum Frauenwahlrecht in den 70er Jahren.

Aber Prozesse die sich über Jahrhunderte, oder eigentlich über ein halbes Jahrtausend hinziehen, sind erst im Ergebnis "scharf".
Wenn Ihr die Demokratisierung als nie abgeschlossenen Vorgang seht, sogar nie.
Müsst Ihr ja im Umkehrschluss seit die Ägypter den Faruk verjagt haben, bis heute als noch nicht abgeschlossenen Demokratisierungsprozess sehen.

Ergo: Kein Weiterkommen

Natürlich gibt es ein Weiterkommen. Schliesslich verändert sich ja die Gesellschaft immer wieder. Wir leben heute nicht in der Demokratie wie vor 50 Jahren, dieser Prozess passt sich doch immer wieder an.
 
Wenn Ihr es natürlich filosofisch angehen wollt:

Ne, eigentlich überhaupt nicht. Eher ganz pragmatisch.

Beispiel: Bananenrepublik X mit Potentaten Y, seit 40 Jahren in Amt, Job schon vom Vater/Großvater geerbt, hat Militär und Polizei hinter sich, so etwas ähnliches wie ein Parlament gibt es auch aber die Opposition ist nur dazu da, den Saal zu füllen. Volk ist unzufrieden, weil es spitz gekriegt hat, dass Y ne Menge Geld im Ausland liegen hat, die öffentlichen und die eigenen Kassen aber leer sind.

Erstens wird X nie von sich behaupten, ein Diktator zu sein, sieht sich selbst als obersten (und vielleicht einzigen) Demokraten im Land
Zweitens ist die Opposition (O) gut darin, das Haar in der Suppe bei Y zu finden, aber sie haben keinerlei Erfahrung darin, selbst Entscheidungen zu treffen und auch durchzuziehen. Abgesehen davon können sie vielleicht Militär/Polizei nicht trauen.

So, jetzt soll Y abhauen und O soll die Übergangsregierung stellen und den Demokratisierungsprozess einleiten. Wie geht das denn nun von statten? Wo fängt man an?
 
Einen Hauptfaktor sehe ich in einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz der Demokratisierung.
Beispiel: Große Franz. Revolution.
Zum einen könnte man hier den Eindruck bekommen, dass auch die Vorreiter, wenn wir so mal Vergniaud, Brissot, Danton, Robespierre oder auch Lafayette bezeichnen wollen, im Grunde nicht ganz im Bilde waren, wie sich durch Überzeugung, man kann es auch Überredung nennen, der Massen die Demokratisierung im eigenen Sinne bewerkstelligen lässt.
Zum anderen könnte man anhand der Unruhen der Katholiken oder Royalisten in weiten Teilen des Landes auch den Eindruck erhalten, dass Frankreich einfach als Gesamtheit noch nicht bereit dafür war (natürlich spielten bei den Widerständen auch andere Faktoren wie die Aushebungen der Truppen eine Rolle).

Genau genommen ist in Frankreich ein Demokratisierungsprozess von 1789 bis 1958 abgelaufen.
 
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