Wie läßt sich eine Nation definieren?

H

hyokkose

Gast
Zum Einstieg eine Diskussion aus dem alten Forum:

Frage von Hyokkose :

Wo entstand der erste Nationalstaat?

"Ein Nationalstaat ist ein Staat mit einer staatstragenden Nation (Volk, Ethnie), der die wesentlichen Teile dieses staatstragenden und meist auch namengebenden Volkes in sich vereint. Der Gegensatzbegriff dazu ist Vielvölkerstaat. Die politische Bewegung, die einem Volk einen Nationalstaat errichten bzw. erhalten will, heißt Nationalismus.

Idealtypisch hat ein Nationalstaat alle Angehörigen dieses Volkes und auch nur Angehörige dieses Volkes als Bürger. Beispiele dafür sind Island, Portugal und Norwegen."

(http://www.net-lexikon.de/Nationalstaat.html)

Einige zusammengegoogelte Kandidaten:

- Akkad (http://www.tillmann-group.de/mythen/mesopotamien.h tm)

- Frankreich (http://www.muz-online.de/europe/france.htmlhttp://www.geschichtsforum.de/cgi-bin/jump.cgi?ref=http://www.bueso.de/seiten/destiny.htm)

- Marokko (www.tamazight.de/inter/stroub.pdf)

- Portugal (http://www.nadir.org/nadir/periodika/jungle_world/ _99/17/13b.htm)

- USA (http://www.kulturost.de/kulturost/antira/wasistfas ch2.htm)





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Antwort von Heinz :

Frankreich, während und nach der franz. Revolution.

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Frage von Hyokkose :

Demnach wären die USA 1776 noch kein Nationalstaat gewesen?

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Frage von Manganite :

Sind sie es heute?

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Frage von Hyokkose :

Hängt davon ab, ob sie es 1776 waren?

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Anmerkung von Manganite :

Man könnte auch fragen, ob sie es jemals waren...

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Frage von Hyokkose :

Dann frage ich einmal so:

Angenommen, Frankreich wäre 1789 ein Nationalstaat gewesen, die USA aber nicht: Was hatten die Franzosen, was die Amerikaner nicht hatten?

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Antwort von Fischhof :

Was ist ein Volk, was eine Nation? Gibt es objektive Kriterien (Blut, Rasse und sonstiger Humbug) oder nur subjektive (Ich bin ein Berliner)? Das müßte geklärt werden, zumindest bevor wir an das Problem USA herantreten. Im ersten Fall können sie es nicht sein (auch wenn die allergrößte Anzahl der Kolonisten vor 1776 aus GB kam, so waren dies doch verbannte Schotten, Iren und Engländer, also mindestens drei Nationen), im zweiten Fall kann man vielleicht eine vereinigtenstaatenamerikas-Nation irgendwie heraussizieren. Aber dann fangen wir bei allen anderen Nationalstaaten an zu schwimmen, weil halt objektive Kriterien fehlen.

Und:

Gibt es nicht im Norden Norwegens eine lappische Minderheit?

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Anmerkung von Manganite :

Genau das ist die Frage, was ist ein Volk oder eine Nation? Unabhängig davon würde ich allerdings sagen, dass sich die Amerikaner, trotz ihrer heterogenen Herkunft, selber als eine Nation und ein Volk "fühlen".

Wobei wer, wie und warum zu diesem Volk und der Nation gehört sehr unterschiedlich gesehen wird.

Den Kern bilden sicherlich die klassischen white-anglo-saxon-protestants, die fast in der gesamten Geschichte der USA das staatstragende "Volk" waren und das Bild AMerikas prägten. Darüberhinasu glaube ich, dass sich aber auch die ganzen Minderheiten, Schwarze, Latinos, Einwanderer aus Südeuropa etc. etc. und selbst wohl die Indianer, als Amerikaner bzw. US-Amerikaner fühlen, obwohl sie teilweise erst seit relativ kurzer Zeit überhaupt die MÖglichkeit haben sich politisch, wirtschaftlich und kulturel aktiv zu beteiligen und nicht ausgeschlossen werden.

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Antwort von Heinz :

Lieber Fischhof,

eine Nation ist derjenige Staat, wo die Bewohner des Staates glauben dazuzugehören.

Bei den Indianern ist das so eine Sache, weil es mehere indianische Nationen gab.

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Antwort von Fischhof :

Nation ist ein Haufen Menschen, der nicht notwendigerweise ein Staat sein muß. Und was den Glauben angeht, wechselt das mit der Zeit - je nach Glauben - oder ist das fix? Z.B. sind Serben, Kroaten und Slowenen eine südslawische Nation, wie sie es zusammen mehrheitlich Anfang des 20. Jahrhunderts behauptet haben, oder nicht, wie sie es jetzt annehmen, oder waren sie es zwar damals, aber heute nicht mehr? Wie ist das mit Tschechen und Slowaken. Und bei den Elsäßern, sind die, die sich als Deutsche fühlen Deutsche, die, die glauben Franzosen zu sein, Franzosen, und die die beides nicht sind elsäßischer Nation? Was, wenn drei Geschwister gleicher Eltern, hier unterschiedliche Positionen haben. Sind sogenannte vaterlandslose Gesellen nationslos? Wer glaubt richtig, wer falsch, und warum und weshalb?

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Beitrag von Leopold_bloom :

Vielleicht sollte erst mal definiert werden, wann ein Nationalstaat ein solcher ist. Minderheiten gibts überall.

Fischhofs Norwegenbeispiel: Laut Fischeralmanach 2001 (hat sich bestimmt nicht dramatisch geändert seither) leben in Norwegen 40000 Samit (Lappen), ein "paar Finnen", dann noch Dänen, Schweden, Pakistaner und Briten.

Aber angesichts von fast 97% Norwegern kann man dann schon von Nationalstaat sprechen.



Die weiteren als solche genannten Nationalstaaten:

Island: 94%

Portugal: 99%

Noch mehr Staaten:

Rumänien 90%

Polen 99%

Irland fast 100%

China: 92% Han-Chinesen

Japan: 99%



Zu Marokko fällt mir spontan der hohe Anteil an Berbern im Maghreb ein.



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Anmerkung von Manganite :

Da fällt mir doch nur noch eine Frage ein: Was ist denn nun ein Norweger?

Warum ist ein Lappe, der in Norwegen lebt und geboren wurde kein Norweger? Er ist in Norwegen geboren, hat einen norwegischen Pass, ist, wenn er zur Schule ging der norwegischen Sprache mächtig, ist aus gleichem Grund wahrscheinlich auch mit der norwegischen Kultur vertraut.

Warum ist der Lappe dann ein Minderheit in einem norwegischen Nationalstaat? Und wie kann ich einen norwegischen "Mehrheits"-Norweger von einem lappischen(?) "Minderheits"-Norweger unterscheiden?

Oder allgemeiner: Was ist ein Volk? Was ist eine Nation? Was ist ein Vielvölkerstaat?

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Beitrag von Leopold_bloom :

Ich weiß nicht ob man das nun vergleichen kann, aber: In der Lausitz leben z.B. Sorben und in Schleswig-Holstein Dänen. Die haben allesamt auch deutsche Pässe würden sich aber zweifelsohne zur jeweiligen Minderheit rechnen lassen.

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Anmerkung von Manganite :

Aber was macht einen Sorben aus der Lausitz zum Sorben und nicht zum Deutschen und einen Dänen aus Schleswig-HOlstein zum Dänen und nicht zum Deutschen?

In Ami-LAnd wären das halt Amis, weil sie ja dort geboren wären. Und hier? Sie haben einen deutschen Pass, aber auch Deutsche Eltern? Ist hier nicht nur Deutscher, wer deutsche Eltern hat? Wenn ein türkishces KInd hier geboren ist, ist es kein Deutscher. Oder doch, wenn die Eltern einen deutschen Pass haben? Aber wenn sie gar nicht deutsch sprechen, sind sie dann Deutsche oder Türken? Wenn jetzt einer der Dänern besser Dänisch als Deutsch spricht? ISt er dann Däne oder Deutscher?

Oder ein LAppe aus Finnland (um wieder nach Skandinavien zu gehen). Ist der FInne oder Lappe? Und ein LAppe aus Norwegen? Sind das verschiedene Lappen oder gehören nicht? Sie sind ja auch Norweger und Finnen, oder nicht?

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Antwort von Fischhof :

Fragen über Fragen. Bevor eine halbwegs vernünftige Antwort gegeben werden kann, muß eben geklärt wird, was jeder einzelne darunter versteht und auf was wir uns in dieser Diskussion einigen.

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Antwort von Heinz :

Eine Behauptung von mir, jeder der sich zu einer Nation gehörig fühlz, gehört zu dieser Nation. Jeder, der sich nicht dazugehörig fühlt, gehört nicht dazu.

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Anmerkung von Manganite :

Es gibt aber auch das Problem, dass Menschen sich zu einer NAtion oder Volk zugehörig fühlen, ein anderer Teil der Menschen diese aber nicht als zugehörig empfindet. So haben sich die meisten Juden vor der Nazi Zeit als Deutsche gefühlt, viele sind zum Christentum konvertiert und trotzdem haben zunächst viele, dann später fast alle Deutschen sie nicht als Deutsche angeshen. Ähnlich dürfte es in AMerika bis in die 60er mit den Afroamerikanern gegangensein, die zwar sich selbst als Amerikaner fühlten und offiziel auch welche waren und trotzdem im Süden als Menschen 2. Klasse behandelt wurden, als den Weißen nicht gleichberechtigt und somit wohl auch nicht zur us-amerikanischen Nation/Volk gehörig.

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Antwort von Fischhof :

Manganite: Dein Hinweis ist völlig korrekt. 1905 kam es im Kronland (Art Provinz) Mähren des cisleithanischen (österreichischen) Teils der österreichisch-ungarischen Monarchie zu einem nationalen Ausgleich zwischen Deutschen und Tschechen. Bezüglich der Wahlen wurde beschlossen, Mähren mit zwei Wahlkreisrastern zu überziehen, eines für die deutschen und eines für die tschechischen Wähler. Danach wurde die Bevölkerung gefragt, zu welcher der beiden Nationen sie sich zugehörig fühlten (freies Bekenntnis) und sie wurden dann entweder in das Wählerverzeichnis des deutschen oder tschechischen Wahlkreises eingetragen. Für die Aufnahme galt NUR das freie Bekennznis, nicht die Herkunft oder das Bekenntnis der Eltern, nicht die Muttersprache, nur die Selbstdeklaration. Und nun kommt der Punkt, den Du angesprochen hast. Die Wählerlisten wurden ausgelegt und jeder konnte die Steichung einer Person aus der eigenen Wählerliste beantragen, mit dem Hinweis, daß er Mitglied der anderen Nation sei. Dies war das System des "Herausreklamierens", das Bekenntnis der anderen, "Der gehört nicht zu uns".

Zur gänzlich freien Selbstdeklaration, die Heinz propagiert: das ist mir persönlich sehr viel sympatischer, als Blut- und Rassetheorien. Und es klärt nicht, was Nation ist: all das, zu dem ich mich gehörig fühle? Familie, Verein, Religion, politische Überzeugung? Eine Antwort, na, das Volk in dem man lebt, führt auch nicht weiter: was ist mit dem Volk? Die Menschen der Straße, des Dofes, der Stadt, des Bundeslandes? Antwort: Deutschlands. Nation=Staat? Großbritannien ist ein Staat, Schottland erst seit sehr kurzer Zeit so was wie Provinz, aber ein Schotte ist Schotte und nicht Engländer. Staat und Nation sind nicht identisch. Was ist also die Nation?

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Antwort von Leopold_bloom :

Mal ein Versuch einer Annäherung:

Mit den Sorben z.B. verhält sich das so: Die leben ja seit Ewigkeiten in der Lausitz. Ihr Status ist daher ein anderer als der eines Migranten. (Hierzu besser ein Extrathread).

Die Sorben sind meines Wissens Slawen. Und das sind eben die Mehrheits-Germanen nicht.

Und ich nehme an, das verhält sich mit den Lappen ähnlich.

Ein Lappe aus Finnland ist trotzdem Lappe. Immer wieder vergleiche ich (selbst wenns unpassend ist): Die Basken leben in Frankreich und Spanien. Die Kurden u.a. in der Türkei, Iran und Irak.

Wenngleich sich die einzelnen Gruppen teilweise unterschiedlich entwickelt haben, würden sich doch viele der jeweiligen Volksgruppe zugehörig fühlen.

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Frage von Manganite :

Hallo Fischhof! Eine Frage hätte ich noch: Wie ging die Sache mit den Tschechen aus? Wurden die Selbstdeklarationen letztlich akzeptiert oder wurden viele Kandidaten herausgestrichen?

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Antwort von Fischhof :

Das Problem der Selbstdeklaration war - und das Problem war schon zuvor in Schulfragen relevant geworden -, daß beide Volksgruppen dort versuchten, wo sie den Großteil der Bevölkerung stellen, ihre Kinder in die Schulen der anderen Volksgruppen unterzubringen, so daß sie die Mehrheit hatten und so den Unterricht in der eigentlichen Unterrichtssprache abzustellen versuchten. Also Deutsche - und von ihnen ging das aus - versuchten, dort wo sie die Mehrheit hatten, so viele ihrer Kinder in tschechischen Schulen unterzubringen (mit der Aussage, sie seien Tschechen), daß sie dann mit Berufung auf das verfassungsmäßige Recht, keinem Sprachenzwang ausgesetzt zu sein, die tschechische Unterrichtssprache an den tschechischen Schulen abzudrehen und durch deutsch zu ersetzen. Nachdem aber die Tschechen dann auch dies übernahmen, ging der Schuß für die Deutschen nach hinten los, denn 75% der Bevölkerung Mährens waren Tschechen.

Dem wurde nun durch den Ausgleich von 1905 ein Riegel vorgeschoben. Denn die Wahlliste legte auch die Schule für die Kinder fest.

Denn bestand zu befürchten, daß dies System dazu führen würde, daß von der Bevölkerungsmehrheit so viele sich zur anderen Nationalität zugehörig erklärten, daß sie nun mit Mehrheit Abgeordnete ihrer wahren Nationalität wählen würden. Also wie gehabt: In einem Gebiet mit sagen wir 80% Tschechen erklären sich so viele Tschechen als Deutsche, daß sie über 50% der deutschen Stimmen haben und wählen einen Tschechen als deutschen Abgeordneten in den Landtag oder in den Reichsrat. Das mußte durch das Herausreklamieren verhindert werden.

Übrigends konnten die Kinder mit Erlangung des Wahlrechtes für sich wieder ihre Nationalität definieren (wenn sie nicht herausreklamiert wurden).

Dies System beruhigte die nationalen Differenzen zwischen Tschechen und Deutschen ziemlich schnell und scheint ziemlich gut funktioniert zu haben (vielleicht grade, weil zu Beginn sehr viel reklamiert wurde, was sich aber mit der Zeit legte), denn es wurde im Ausgleich der Bukowina 1910, dem Ausgleich in Galizien 1914 und im fertiggestellten, aber noch nicht in Kraft getretenen Ausgleich in Böhmen auch 1914 kopiert. In Böhmen sollte der Ausgleich den Versöhnungsstartschuß für die Herrschaft Franz Ferdinands bilden, wozu es aber dann nicht mehr kam.

Kurze Hinweise zu Bukowina und Galizien: In Ostgalizien wurden doppelte Wahlkreise errichtet für die polnische und rutenische (heute würde man sagen westukrainische) Bevölkerung und in der Bukowina wurde das kleine Land sogar mit vier unterschiedlichen Wahlkreissystemen überzogen: einem rumänischen, einem rutenischen und zwei deutschen. Die zwei Deutschen unterschieden faktisch die Religion, nämlich Christen und Juden (Juden durften in der Habsburgermonarchie nicht als Nationalität gelten und der erste Ausgleichsentwurf mit deutschen und jüdischen Wahlkreisen wurde abgelehnt, die revidierte Fassung sah dann zwei deutsche Gruppen vor).

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Antwort von Manganite :

Hilft vielleicht der gute alte Brockhaus weiter?

"Nation die,

1) Gesamtheit der Bewohner eines Landes, wie sie durch die politische Entwicklung geformt ist und sich als Einheit erhalten will (Staatsnation, z. B. Frankreich).

2) das Volk, aufgefasst als Einheit der Abstammung, Sprache und Kulturüberlieferung."

"Nationalstaat, Staat, dessen Angehörige ganz oder überwiegend zur selben Nation gehören; Gegensatz: Nationalitätenstaat."

"Nationalitätenstaat, Staat, dessen Bevölkerung sich aus mehreren Nationen oder Volksgruppen (Nationalitäten) zusammensetzt, so das alte Österreich-Ungarn, Russland und China; Gegensatz: Nationalstaat."



"Staat, dauernde, organisierte Vereinigung von Menschen auf einem bestimmten Gebiet unter einer höchsten Gewalt. - Die Staatsgewalt ist die hoheitliche Befehls- und Zwangsgewalt; sie steht im Obrigkeitsstaat einem Einzelnen oder einer kleinen Führungsschicht zu, im Volksstaat der Gesamtheit der gleichberechtigten Staatsbürger. - Das Staatsgebiet ist der Raum, auf den sich die Gebietshoheit erstreckt, u. a. samt dem Luftraum darüber und den Eigen- und Küstengewässern. - Das Staatsvolk ist die Gesamtheit der durch die Herrschaftsordnung vereinigten Menschen. Es kann in Gruppen mit unterschiedlicher Rechtsstellung gegliedert sein (früher z. B. Adel, Freie, Leibeigene); im modernen Volksstaat ist es in der Regel eine Nation (Nationalstaat). Bisweilen umfasst ein Staat auch mehrere Nationen (Nationalitätenstaat; Bundesstaat). - Staatsorgane sind alle Personen, Körperschaften und Behörden, die im Namen und in Vollmacht des Staats kraft Zuständigkeit an der Ausübung der Staatsgewalt teilnehmen. - Staatsformen sind die verschiedenen Systeme, in denen die staatliche Herrschaft organisiert (Herrschaftsform: Monarchie, Aristokratie, Demokratie) und die Staatsgewalt ausgeübt wird (Regierungsform: z. B. Feudalismus, Absolutismus, Ständestaat, Klassenstaat, Parlamentarismus). - Die Entstehung eines Staats kann zurückgeführt werden auf Vertrag, Herrschaftsakt oder organisches Wachstum. Der Staatsuntergang tritt ein bei Staatsauflösung, Staatenverbindung, Annexion oder Vereinigung mit einem anderen Staat."

"Volk,

1) durch gemeinsame Herkunft, Geschichte, Kultur und meist auch Sprache verbundene Gesamtheit von Menschen; ursprünglich die Kriegsschar, auch eine bestimmte Menschengruppe, dann die Hauptmasse einer Bevölkerung, im Unterschied zur Oberschicht, zur politischen Führung, zur Regierung, überhaupt zu den öffentlichen Gewalten und Berufen. Der Begriff wird oft gleichbedeutend mit Nation gebraucht.

2) zusammengehörige Gruppe von Tieren, z. B. Bienenvolk; auch Schwarm oder Rudel."

"Bundesstaat, Staatenverbindung, in der mehrere Staaten so zu einem Gesamtstaat zusammengefasst sind, dass die Gliedstaaten ihre Staatlichkeit behalten, der Gesamtstaat aber über alle Fragen entscheidet, die für die Einheit und den Bestand des Ganzen wesentlich sind; die Gliedstaaten sind an der Willensbildung des Gesamtstaats beteiligt. Beispiele: Deutsches Reich von 1871-1933, Bundesrepublik Deutschland, Österreich, Schweiz, Mexiko, USA. Vom Bundesstaat verschieden ist der Staatenbund, ein loser Zusammenschluss von Staaten zu gemeinsamen politischen Zwecken, z. B. der Deutsche Bund 1815-66."



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Dankeschön von Manganite :

Danke für die Info Fischhof!

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Antwort von Leopold_bloom :

"Nationalitätenstaat, Staat, dessen Bevölkerung sich aus mehreren Nationen oder Volksgruppen (Nationalitäten) zusammensetzt, so das alte Österreich-Ungarn, Russland und China; Gegensatz: Nationalstaat."



Okok. Aber Brockhaus hin und her: Wann wird dann ein Nationalitätenstaat zum Nationalstaat? Nochmal das Beispiel von oben:

Anteil der Han-Chinesen in der VR China: 92% (wo China im Brockhaus erwähnt wird).

Demnach ist Deutschland keinesfalls ein Nationalstaat (selbst wenn sich nun jeder Bayer, Schwabe und Friese in erster Linie als Deutscher fühlte). Der Anteil der Deutschen in Deutschland liegt nämlich bei 91%.

Und wie ists mit den Niederlanden (96%)? National- oder Nationalitätenstaat?

Und wenn wir mal nur bei den Zahlen bleiben: Frankreich, das im Brockhaus exemplarisch genannt wird, hat grade mal 93,6%.

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Antwort von Leopold_bloom :

Was ich damit meine: Nahezu überall leben verschiedene Nationalitäten. Mal übertrieben: Bestimmt haben einige Deutsche in Irland ein Ferienhäuschen (seit Böll große Mode) und verbringt dort viel Zeit. Dito: Spanien, Türkei, Österreich, Schweiz, Frankreich usw.

Selbst Portugal, das viel zitiert als Nationalstaat erwähnt wird, hat Minderheiten aus den früheren Kolonien Angola, Mocambique usw...

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Antwort von Fischhof :

Grundsätzlich gibt es zwei Nationsverständnisse: die Westeuropäische (besonders Frankreich, Großbritannien) die Nation über Staat definieren und 2. eine Mitteleuropäische (Deutsche) die es über die Kultur versuchen.

Im Zentrum der Westeuropäischen (Entstehung vor und während der französischen Revolution) steht die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Recht- und Pflichtsystem. Eine Nation ist eine Einheit, die nach gleichen Gesetzen lebt und gleiche Rechte und Pflichten genießt. Das hier auftretende Problem sind das, was wir nationale Minderheiten nennen. Die kommen nach westeuropäischer Nationsauffassung nicht vor und als Siegermacht hatte besonders Frankreich nach dem 1. WK größte Schwierigkeiten mit dem Problem Nationalitätenstaat umzugehen (ganz abgesehen davon, daß sie bis heute Schwierigkeiten mit ihren eigenen nationalen Minderheiten umzugehen, siehe Korsika). Das Problem des Auseinanderfallens von Nations- und Staatsgrenzen glaubten sie nur durch Angleichung der Grenzen an die Nationen zu sehen. Besonders sie waren daher die Förderer eines gemeinsamen Staates der südslawischen Nation (Yugoslawien). In Puncto Minderheitenrechte konnte und kann daher der französisch/großbritische Nationsbegriff nicht viel bieten. Anders die mitteleuropäische Definition. Aus der Erkenntnis, daß einerseits eine Gruppe Menschen, mit zusammengehöriger Geschichte, mit gleicher Sprache (abgesehen von Dialekten) und Kultur in verschiedenen Staaten leben kann (Deutscher Bund), als auch verschiedene Menschengruppen mit verschiedener Geschichte und unterschiedlichen Sprachen in einem Land, entwickelte sich hier eine Definition über die Kultur (sogenannte Kulturnation).

Nachteil hier: dies ermöglichte die Trennung von Nation und Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. So sehr auch die französische Mehrheitsnation über die Interessen ihrer Minderheiten hinweggefahren ist, so wurde seit der französischen Revolution Politik immer auch als Aufgabe des ganzen Volkes verstanden, daher ihr "revolutionärer" Geist, den sie uns bis heute meilenweit voraus haben. Im Gegensatz dazu ist bei uns eine Verbindung von Nation und Politik eigentlich nicht vorhanden. Zumindest seit 1945 gehört beides zum Leben eines jeden von uns, aber nicht als Einheit, sonden getrennt voneinander. Politik - selbst als Gemeinschaftsempfunden - ist nicht Sache von uns als einer Nation, sondern aus dem subjektiven Interesse eines jeden von uns. Mit Nation verbinden wir nicht Parlament, Gesetze, Steuern etc., sondern Geschichte, Kultur und Sprache. Damit ist jedoch die Bekämpfung von politischen Unterdrückungen nicht eine "nationale" Aufgabe, wie das Anfeuern einer Fußballnationalmannschaft, sondern bestenfalls Aufgabe des "wissenden", "guten" oder sonstigen Menschen.

Beide Definitionen enthalten richtiges, beinnhalten aber auch Gefahren.

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Anmerkung von Manganite :

Kurz gesagt, in einem Fall sind Nation und Bevölkerung des Staates identisch, im anderen ist die Nation nur eine Teilmenge der Bevölkerung eiens Staates oder auch die Summe der Teilbevölkerungen verschiedener Staaten.

Hat eigentlich mal jemand einen Kommentar dazu, was unsere hier im Forum so beliebten Österreicher sind? NAch den von Fischhof gebrachten Erläuterungen wären sie doch einmal eine eigene Nation, nach der anderen Teil einer grenzüberschreitenden deutschen Nation, da sie der derselben Kultur angehören, dieselbe Sprache sprechen und weitestegehend dieselbe Geschichte haben, wie ihre nördlichen NAchbarn.

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Antwort von Fischhof :

So einfach ist das nicht. Die erste Definition ist durchaus richtig und so verstehen sich nach 1945 die Mehrzahl der Österreicher.

Im anderen Fall ist es komplizierter, denn Österreich definiert sich nicht über die Nation, sondern die Nation über Österreich. Will man die Definition über die Kulturnation auf Österreich anwenden, so müsste man einschränken, daß nur diejenigen Österreicher Deutsche sind, die der deutschen Nation angehören (und da haben wir ja noch keine eindeutige Definition gefunden) und nicht der kroatischen, slowenischen oder ungarischen, die durchaus nationale Minderheiten in Österreich wären, wenn es sich über Nation definieren würde. Aber insofern hast Du recht, über 90% würden der deutschen Nation angehören, wenn Muttersprache oder Kultur Definitionskriterium wäre.

Andererseits bleibt die Frage, ab wieviel differierender Geschichte oder Kultur fängt das trennende das gemeinsame an zu überwiegen. Denn die kurz zurückliegende Geschichte überwiegt die weit zurückliegende. Von dem Intermezzo 1938-45 abgesehen ist die deutsch-österreichische Geschichte seit 1866 getrennt. Und die Diskussion, ob Mozart Deutscher oder Österreicher sei, zeigt, daß auch die Kultur dort eher trennend als verbindend angesehen wird.

Führt man nicht ganz zweifelsfreie Kriterien ein - meist biologischer Natur -, dann wird es schwer, Österreicher als Deutsche zu definieren, außer sie und ihre deutschen Nachbarn wollen das gemeinschaftlich.

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Dankeschön von Leopold_bloom :

Ich bin beeindruckt.

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Anmerkung von Manganite :

Das Problem ist größer als man denkt

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Antwort von Heinz :

Lieber Fischhof,

ich bin auch schwer beeindruckt.

Wie ist es mit den Iren bis auf 6%, die gälisch sprechen, können die meisten leute nur englisch. Das Nordirlandproblem wollen wir außen vor lassen. Gibt es eine irische Nation, abstammend von den Kelten oder gibt es nur eine englische Nation, weil die meisten Leute englisch sprechen?

Gibt es eine Schweizer Nation, trotz der schweizerischen Viersprachigkeit.

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Antwort von Leopold_bloom :

Eben das hat Fischhof versucht zu erklären. Natürlich gibt es eine Schweizer Nation (ehe uns jetzt auch noch die Schweizer an den Kragen gehen). Diese wird nur unterschiedlich definiert. Fischhof weiß es detaillierter. Aber ich versuchs mal entlang es "Fischhof-Rasters" (und am Beispiel Schweiz kann man sich ja mal so richtig austoben):

Ein Deutschschweizer definiert sein Schweizertum über die Kultur, ein Genfer hingegen als Mitglied des Staates. Vermutlich heißt die Sprachgrenze nicht ganz umsonst Röschdigraben. Röschdi sind immerhin Teil der Kultur.



Bezüglich Irland würde ich nun nicht allein auf die Sprache verweisen. Denn auch in Schottland spricht wohl die Mehrheit nur Englisch. Trotzdem springt dir wohl jeder Schotte an den Hals wenn du ihn einen Engländer nennst. Eben das ist ja das schwierige an der Nationendefinition.

Was in GB noch einigermaßen funktioniert (weil sich zumindest jeder als Brite fühlen kann) ist in Frankreich dann angesichts von Korsen, Bretonen, Basken, Elsässern/Lothringern, Katalanen, Italienern und Flamen schwieriger. Mal die ganzen Migranten ausgenommen.

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Anmerkung von Heinz :

Danke lieber Leopold,

es wird anscheinend auf die Selbsteinschätzung eines jeden Einzelnen ankommen, zu welcher Nation er meint zu gehören.

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Antwort von Fischhof :

Das Problem ist extrem komplex. Und viele, die dies (pseudo-)wissenschaftlich behandeln, haben sich nicht einen Funken von Gedanken darüber gemacht. Ein trauriges Beispiel ist hier besonders der jetzt geehrte sogenannte ZDF-Historiker Knopp. Völlig definitionslos hat er wildchaotisch Leute zu Deutschen erklärt und mal mit der einen, mal mit einer anderen Halbdefinition um sich geschleudert. Mozart hat sich als Teutscher bezeichnet, hat er damals des öffteren verkündet, ohne in Rechnung zu stellen, daß Mozart damit was ganz anderes meinte, als wir heute. Auf deutschem Boden geboren hieß es auch des öffteren und so wurde der Wiener Freud gerechtfertigt. Das - sage ich - ist Séchenyi auch, nämlich in Wien, als Untertan der Habsburger. Ist dieser Ungar deshalb Deutscher. Kant kommt in dessen Liste vor. Der ist aber in Königsberg geboren, d.h. eben NICHT auf deutschem Boden. Ist er deswegen kein Deutscher? Also ohne entsprechende Definition kommt nichtssagender Nonsense heraus.

Wie gesagt, es hängt ganz von den Definitionen ab. Hat man "objektive" Kriterien, kann man es relativ einfach festlegen. Z.B. Verwandschaft (ich sagte vorhin relativ einfach, weil auch hier die Frage nicht "rein" einnationaler Abstammung eine Rolle spielt). Dann läßt sich festhalten, der ist - sagen wir - deutsch, ob er will oder nicht und der ist es nicht. Hat man Definitionen, die rein über die Kultur gehen, dann kommt schon vielmehr das kulturelle Zugehörigkeitsgefühl hinzu. Und bei einer Definition über den Staat, der Paß.

Was Du über die Iren wissen willst, trifft in noch stärkerem Maß auf die Schotten zu. Diese sprechen bis auf 0,irgendwas % englisch in ihrem Akzent, schottisch genannt. Das hat aber nichts mehr mit einer ursprünglichen schottischen Sprache zu tun (von einzelnen Worten abgesehen, aber das trifft wohl auch auf die Iren zu). Sie sind Teil Großbritanniens und fühlen sich mit der allergrößten Mehrheit zumindest seit Queen Victoria als Teil Großbritanniens. Dennoch würden sie jedem widersprechen, sie seien Engländer. Geschichtlich gesehen verbindet sie weitaus mehr mit den Iren als mit den Engländern (selbe Feindbilder, z.B. der berühmt-beruchtigte Wilhelm III. - aus dem Hause Nassau-Oranien, Statthalter der Niederlande -, den der nordirische militant-protestantische Oranier-Orden heute noch feiert, ist in die schottische Geschichte wegen des Massakers von Glencoe 1692 eingegangen, wo auf Geheiß Wilhelms der Cambpell-Clan den Clan der McDonald(?) of Gencoe auslöschte).

Englisch sprechen die Schotten, gemeinsame Geschichte haben sie mit den Engländern auch - und zwar gemeinsam positiv seit ca. 1830, 170 Jahre -, gemeinsame Kultur weiß ich nicht, aber der Lebensstil ist doch sehe ähnlich. Und doch ist der Schotte ein Schotte und der Engländer ein Engländer. Noch viel mehr trifft das auf die Iren zu. Denn hier sprechen zwar die Iren auch englisch, auch die Geschichte ist Großteils, doch die wurde sehr unterschiedlich aufgefaßt. Während die Schotten im 1. WK "Schulter an Schulter" mit den Engländern kämpften, brach in Irland 1916 ein Aufstand gegen die Engländer los. Trotz Soldatenmangels mußten Iren aus der Armee entlassen werden etc. Und ich wage zu bezweifeln, daß die irländischen Iren, obwohl hier die Aversionen ganz deutlich abgenommen haben, jemals wieder Teil von GB werden wollen. Und daher sind sie wohl eine Nation. Bei der Schweiz bin ich überfragt.

Die Frage die sich bezüglich einer Definition von Nation stellt ist, was soll die Definition leisten. Wozu wird sie benötigt. Die französische Revolution genötigte es, um das Volk in die Politik hineinzureklamieren. Aus dem Gottesgnadentum wurde ein Volks-/Nationsgnadentum. Während der Zeit des Deutschen Bundes wurde es benötigt, um die Einheit über staatliche Grenzen hinweg aufrechtzuerhalten. In der Habsburgermonarchie wurde es benutzt, um die zu erringenden oder zu erhaltenden (Vor-)Rechte der unterschiedlichen Sprach- und Kulturgruppen zu rechtfertigen, im Deutschen Reich unter Bismarck, um die störrischen Liberalen in einen politisch-konservatives System einzubinden. Die Extremform des Rassismus ist es, sich gegen das Andere abzuschotten und sich damit selbst zu überhöhen.

Ich würde denken, heutzutage sollte darangegangen werden, eine Nationsdefinition zu entwickeln, die das Lösen von Nationalitätenproblemen im Auge hat. Eine Definition besonders zur Erstellung von Minderheitenrechten. Dann könnten viele Probleme in Europa, im Nahen Osten, in Afrika gelöst werden können und die Welt wäre viel friedlicher. Bisher hat "die Nation" unsere Welt nur kriegerischer gemacht. Unterdrückung und Völkermord stehen auf ihren Fahnen. Freiheit und Frieden sollten die alten Begriffe ersetzen.

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Antwort von Leopold_bloom :

Ein Plädoyer für Patriotismus....

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Anmerkung von Manganite :

Die Amerikaner haben ja eine sehr einafche Lösung: Jeder, der dort geboren wurde, ist automatisch Amerikaner, egal wielange er sich dort jemals aufhielt. Z.B. kenne ich jemanden, dessen eines Kind Amerikanerin ist, weil sie gerade geboren wurde, als die Famile dort gerade zufällig lebte. Ansonsten gibt es keine Verbindung mit Amerika. ISt aber ganz praktisch, will man dort mal arbeiten oder so...

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Anmerkung von Manganite :

Und trotz dieser einafchen Lösung ist Amerika wohl das westliche Land mit den grvierensten Problemen bezüglich unterschiedlicher Volksgruppen...

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Antwort von Fischhof :

"Ein Plädoyer für Patriotismus....". Da fühle ich mich aber jetzt mißverstanden.



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Antwort von Leopold_bloom :

Die USA sind seit Bestehen Einwandererland. Haben daher ganz andere Kapazitäten "geschluckt" als andere Länder. V.a. auch aus den verschiedensten Regionen.

Wenn wir nun Frankreich nehmen (das auch ganz immense Probleme mit seinen Migranten (verursacht?) hat)....da wanderten eher Leute aus ehemaligen Kolonien ein. Nord- und Westafrika.



Ob nun die USA die gravierendsten Probleme zwischen verschiedenen Volksgruppen haben mag ich nun nicht kommentieren (wir machen ja keine Hitliste "Gravierendste Probleme"), aber die Problematik Spaniens, Frankreichs, Nordirlands ist doch auch nicht ohne. Während es in den USA hin und wieder mal zu Unruhen kommt, sind dort ganz e Terrorgruppen am Werk......

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Antwort von Leopold_bloom :

...wieso mißverstanden, lieber Fischhof? Ich halte den Begriff "Patriotismus" nicht für negativ besetzt.

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Anmerkung von Manganite :

Mit gravierend meinte ich, dass es dort keine eigentlchen Minderheitenprobleme gibt, sondern grob geschätzt die halbe Bevölkerung immer noch nicht die vollen Entfaltungsmöglichkeiten hat, in Gethos lebt usw. Also eine rein zahlenmässige Definition.

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Antwort von Leopold_bloom :

ok....jetzt versteh ich und kapiers.....dann natürlich ja.

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Antwort von Manganite :

Patriotismus? Finde auch, dass das kein negativer Begriff ist. Patriotismus kann zu einem positiven Gemeinschaftsgefühl, zu Solidarität und gegenseitiger Hilfe führen. In seiner negativen Form zu Ausgrenzung anderer...

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Frage von Manganite :

Welche Meinung hat eigentlich der Initiator dieses Threads zu alledem?

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Antwort von Fischhof :

Mir geht es jetzt auch nicht, um eine Bewertung des Wortes "Patriotismus". Sondern, daß Partiotismus nicht notwendigerweise etwas mit Nationalismus zu tun hat. Patriotismus kommt von Patria = Vaterland. Darunter wird allgemein der Heimatstaat verstanden. Was ich mit der Definition von Nationalismus im Sinn hatte war aber nicht, einen neuen - in manchen Staaten - übernationalen Patriotismus zu finden, sondern Wege, wie verfeindete Nationalitäten, die sich und anderen das Leben unnötig schwer machen, ein Zusammenleben organisieren können, ohne daß sie sich gegenseitig bedrohen oder bedroht fühlen. Und das hat mit Patriotismus nicht viel zu tun.

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Dankeschön von Heinz :

Durchaus nicht.

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Anmerkung von Manganite :

Stimmt.

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Antwort von Schini :

Um noch einmal auf die Nation zurückzukommen:

Zedlers Universallexikon schreibt 1732 zur Nation:

"Nation (...) heißet seiner eigentlichen und ersten Bedeutung nach so viel, als eine vereinigte Anzahl Bürger, die einerley Gewohnheiten, Sitten und Gesetze haben. Aus dieser Beschreibung folget von selbst, daß ein gewisser, grosser oder kleiner Bezirck des bewohnten Erd-Kreises, eigentlich nicht den Unterschied der Nationen ausmache, sondern daß dieser Unterschied einzig und allein auf der Verschiedenheit der Lebens-Art und Gebräuche beruhe, folglich in einer oftmals kleinen Provinz Leute von unterschiedlichen Nationen bey einander wohnen können. Schwerlich wird sichs jemand zu behaupten unterstehen, daß die Wenden, ob sie gleich annoch, und zwar fast mitten in Deutschland, in einem schmalen Strich Landes wohnen, auch auf allen Seiten Deutsche Nachbarn haben, zur Deutschen Nation gehören, welches aber notwendig folgen würde, wenn der Unterschied der Nationen nach den Provinzen solte beurtheilet werden. Vielmehr kan man sagen, daß das Wort Nation dem Inbegriff verschiedener Nationen, die in einem Bezircke wohnen, und eigentlich ein Volck (Populus) heisset entgegen gesetzet werde. Dieses in der That und in dem Ursprunge des Worts selbst, gegründeten Unterschiedes ohngeachtet, aber hat der Gebrauch es schon lange eingeführet, daß das Wort Nation auch für ein Volck, welches in einer gewissen und von andern abgesonderten Provinz wohnhafft ist, genommen wird. (...)" (Sp. 901f, XXIII Theil)

Ist das nur mein Eindruck, oder wird hier eine Umdeutung des Wortes Nation vorgenommen, von einem Gebiet von Herrschaftsunterworfenen (wobei einzelne Bevölkerungsteile eigene Gesetzte/Privilegien hatten) zu einem am Volk und an gemeinsamen Gebräuchen orientierten Nationsbegriff? Ich gehe hier von der Annahme aus, dass Nationalstaaten in unserem Sinn erst existieren können, wenn der Begriff Nation in unserem Sinne denkmöglich geworden ist, demzufolge am Beginn des 18. Jahrhunderts...

Außerdem möchte ich mich bei Fischhof für den Satz "denn Österreich definiert sich nicht über die Nation, sondern die Nation über Österreich" bedanken. Er faßt die Situation meiner Ansicht nach für den Fall Österreich sehr gut zusammen. Ich glaub ja auch nicht, dass es die "nationalen Symbole" Neutralität, irgendwelche hüpfenden weißen Gäule oder Mozartkugeln sind, aber im Gegensatz zu nach dem 1. Weltkrieg muß in den letzten 60 Jahren etwas passiert sein, dass eine eigene Nation in Abgrenzung zu Deutschland geschaffen hat. Gerade jetzt, anläßlich dieses unrühmlichen Jubiläums, das uns ins Haus steht, sollte man um diesen Konsens, dass es Österreich gibt, froh sein (ohne natürlich seinen kritischen Geist gegenüber Nationalismen und fehlgeleiteten patriotischen Anwandlungen zu verlieren und Geschichtsdebatten aus dem Weg zu gehen).







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Anmerkung von Wthurner :

Hallo Fischhof. Ich stimme Deinen Ausführungen zu. Bei Mozart, muss ich aber eine Anmerkung machen:

Du hattest Knoop in Verbindung mit Mozart kritisiert und

dann geschrieben:

"Wie gesagt, es hängt ganz von den Definitionen ab. Hat man "objektive" Kriterien, kann man es relativ einfach festlegen. Z.B. Verwandschaft (ich sagte vorhin relativ einfach, weil auch hier die Frage nicht "rein" einnationaler Abstammung eine Rolle spielt). Dann läßt sich festhalten, der ist - sagen wir - deutsch, ob er will oder nicht und der ist es nicht"

Mozart, dessen Vater ja in Augsburg geboren war,(seine Mutter Österreicherin) wäre nach dieser Definition also

Halbdeutscher bzw. Halbösterreicher.

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Dankeschön von Wthurner :

an Schini für den Beitrag, der aufzeigt, dass der Nationen- begriff früher anders interpretiert wurde.

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Antwort von Hyokkose :

W. A. Mozarts Mutter war keine Österreicherin, da Salzburg nicht zu Österreich gehörte.



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Antwort von Leopold_bloom :

Ach herrje....Dann hat der arme Mozart gar nix mehr mit Österreich zu tun. Großartig. Da klauen uns die Österreicher also einen Komponisten. Aber damit nicht genug: Nein, der muß dann auch noch gleich für die Nationalhymne herhalten. Ist das die Retourkutsche für die Haydnhymne? Ich fordere zum umgehenden Boykott sämtlicher Mozartkugeln auf. Esst Haribo statt Mozartkugeln.



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Anmerkung von Manganite :

Qualitativ scheinen mir doch Schini's Zitat und Fischhofs Ausführungen identisch zu sein. Man kann Nation über die in einem Staatswesen lebenden Menschen oder über die Menschen einheitlicher Kultur definieren.

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Antwort von Fischhof :

Aber der Autor scheint 1734 noch zu "schwimmen". Er liefert ja eigentlich auch keine Definition, sondern eher eine Reflexion über den Unterschied Volk und Nation ohne (bis Zitatende) zu einem Ergebnis zu kommen.

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Anmerkung von Manganite :

Das ist wohl richtig, er legt sich nicht absolut fest, aber die beiden sagen wir dann mal Ansätze von Definitionen, laufen letztlich auf Deine Definitionen raus, lässt man mal sprachliche Unterschiede außen vor. Der Text stammt halt aus der Anfangszeit der Epoche, in der man ersteinmal anfing sich über diese Dinge Gedanken zu machen, nachdem ja das Land oder Staat zuvor eigentlich immer durch den MAchtbereich des jeweiligen Fürsten festgelegt war.

Und zum Patriotismus/Nationalismus: Klar sind das zwei Paar Stiefel. Das eine ist die "Liebe" zum Land, in dem man lebt, dass andere die "Liebe" zum Volk, zu dem man sich zugehörig fühlt. WObei letzteres immer die Tendenz hat, sich vorallem von anderen abzusetzen. Wie ist das, ist Nationalismus vielleicht immer da besonders ausgeprägt, wo verschiedene VOlksgruppen eng und in Konkurenz zueinander leben? Ich weiß es nicht. ISt nur so ein Gedanke.

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Anmerkung von Heinz :

Wer zu welcher Nation gehört, bestimmt jeder selbst.

Ob nun Mozart ein Österreicher oder ein Deutscher ist, ist völlig egal, Hauptsache die Musik gefällt.

So sind die Beatles keine Hamburger sondern Liverpooler.

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Frage von Manganite :

Müsste man nicht konsequenterweise sagen, dass MOzart dann ein bayrisch-salzburgischer Mischling ist? Hatten doch alle deutschen Fürstentümer damals noch den gleichen Rang (oder war Österreich damals auch schon was anderes als ein deutsches Fürstentum? Ich denke doch nicht, oder?)

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Antwort von Fischhof :

Also, wenn Morazt nicht Halbösterreicher ist, weil damals Salzburg nicht bei Österreich war, so ist er auch kein Halbbayer, weil Augsburg nicht bei Bayern war, sondern Freie Reichsstadt im Schwäbischen Kreis!

Nimmt man die Kreise, so ist er wegen Salzburg Halbbayer und wegen Augsburg Halbschwabe. Nimmt man die Länder, so ist er Halbsalzburger, Halbaugsburger - immer vorausgesetzt, seine Eltern waren "reine" Saltburger, bzw. Augsburger, respektive Bayrisch- und Schwäbischkreisige.

Scherz beiseite. Morart wird das wohl völlig wurscht gewesen sein. Salzburg mochte er nicht und ging gerne nach Wien.

Feudalismus widerspricht vollständig jeglicher Form von Gleichrangigkeit. Kein Fürst des HHR war einem anderen gleichrangig, alle hatten eine strenge Hierarchie, die ihren Platz auf dem Regensburger Reichstag definierte, deie Reheinfolge, in der sie zu gehen hatten, beim Essen sitzen durften usw. Und natürlich was Österreich als ERZherzogtum allen anderen Fürsten vorgestellt (außer dem König von Böhmen, der aber im seit 1526 - von Thronwirren abgesehen - identisch mit dem Erzherzog war). Neben den Landestiteln gab es noch Personaltitel, so die Kurfürsten. Diese standen als PERSONEN nicht als HERRSCHER selbstredend dem Erzherzog vor (wieder abgesehen davon, daß der Erzherzog von Österreich die böhmische und daher höchste weltliche Kur innehatte). Und ganz abgesehen davon war der Erzherzog (außer 1740-1780) hr. Kaiser. (1740-1745 war es der Bayrische Herzog und Kurfürst, 1745-1765 Franz Stephan, der Ehemann der Erzherzogin und nicht sie selbst und 1765-1780 Josef II., der Sohn und Mitregent, aber eben nicht Regent).

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Anmerkung von Manganite :

Ups, habe mich glaube ich wieder etwas zu ungenau ausgedrückt. Ich meinte natürlich nicht, dass Österreich in der MAcht- und Herrschaftshirachie den anderen deutschen Ländern/Fürstentümern gleich war. Das feudalistische System ist mir, nicht in jedem Detail, im Grundsatz aber schon bewußt.

Was ich meinte, war, dass es damals doch noch keinen Gegensatz Deutschland <-> Österreich im Sinne von zwei Nationen/Völkern gab. Also auf der einen Seite die deutschen Fürstentümer/Länder und auf der anderen Seite Östereich als "nicht-deutsches" Land. In der Beziehung hatte es doch die gleiche Stellung wie Bayern, Sachsen, etc. Oder sehe ich das falsch?

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Antwort von Schini :

Zur Klärung des Lexikonbeitrages hier mal die Links zu den Seiten:

http://mdz.bib-bvb.de/digbib/lexika/zedler/images/ ze23/@ebt-raster;cs=default;ts=default;pt=1976;lang=de? filename=ze230468.pdf

und

http://mdz.bib-bvb.de/digbib/lexika/zedler/images/ ze23/@ebt-raster;cs=default;ts=default;pt=1979;lang=de? filename=ze230469.pdf

Ich meine, dass der Lexikonseintrag eine interessante Bruchlinie darstellt, deswegen auch die offenbare Nichtfestlegung des Autors. Denn auch wenn sich die Diskussion mittlerweile um das Verständnis von Nation in einem heutigen Sinne dreht, so war doch die ursprüngliche Frage ja die, ab wann man von Nationalstaaten sprechen kann. Und dazu muß man Nation in einem heutigen Sinne denken können.

Zu Salzburg und Mozart (auch wenn ich derartige Diskussionen als Salzburgerin schon etwas leid bin): Salzburg wurde im 13. Jahrhundert ein von Bayern unabhängiges Fürsterzbistum im römisch-deutschen Kaiserreich und kam Anfang des 19. Jhdts. nach einigen Besitzerwechseln schließlich zur österreischisch-ungarischen Krone. (Siehe auch http://www.salzburginfo.at/sehenswertes_38.htm). Die Habsburger regierten zu Mozarts Lebzeiten sowohl Territorien des röm.-dt. Reiches, als auch außerhalb des Reiches gelegene Länder (z.B. Ungarn). Vom "Rang" Salzburgs weiß ich leider nichts, aber es ist seit Ende des 17. Jhdts. das rangshöchste Bistum in Deutschland (bis heute!).

Perönlich ist es mir egal, wohin Mozart jetzt gesteckt wird, ob nach St. Gilgen oder Augsburg... Aktuell viel wichtiger ist mir, dass eine Musik zu dem Schönsten zählt, was jemals geschrieben wurde und dass er einer der Gründe ist, warum Salzburg heute noch auf einer kulutrellen und touristischen Landkarte aufscheint. Jetzt fehlt eigentlich nur noch eine Diskussion über die echten Mozartkugeln...

Allerdings war die Frage nach "unseren Besten" ein interessantes Phänomen, wenn man es als Versuch einer nationalen Identitätsbildung versteht, als Frage nach den Personen, die den Deutschen heute wichtig sind oder zu sein scheinen. Ob jetzt Sigmund Freud oder Mozart als Deutsche erscheinen oder warum z.B. Georg Friedrich Händel gar nicht vorkommt sind "nur" nur Teilphänomene.

Man darf sich allerdings nicht wundern, wenn Personen, die für die österreichische Identitätsbildung von Bedeutung sind auch von Österreich reklamiert werden. Wozu die mangelhafte österreichische Identität in der I. Republik führen konnte, haben wir ja gesehen und einem dieser traurigen Jubiläen wird auch am 12. Februar gedacht. Deshalb ist die Etablierung einer Österreichischen Identität nach dem II. Weltkrieg so unglaublich wichtig für dieses Land.

(Beitrag nachträglich am 06., Februar. 2004 von schini editiert)

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Anmerkung von Manganite :

Um die ursprüngliche Frage zu beantworten, gibt es wohl zwei Möglichkeiten:

1. Man kann aus heutiger Sicht definieren, was ein Nationalstaat ist und dann suchen, wo man einen solchen Staat findet, der alle Kriterien erfüllt. Da wird man dann an allen möglichen Stellen und Zeiten fündig werden.

2. Man kann schauen, wann hat sich erstmals ein Staat selbst als Nationalstaat definiert.

In letzterem Fall wird die Antwort wohl Frankreich lauten, im ersten wird man sich ewig sreiten können, da man dann beliebig weit zurückgehen kann und es immer schwieriger wird die Frage genau zu beantworten.

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Antwort von Fischhof :

Da hast Du vollkommen recht, Manganite. Nur was bringt es zu wissen, daß sich Frankreich als erstes Land als Nationalstaat verstanden hat, wenn wir heute die Bedeutung dessen nicht verstehen - oder aber mit ihr nur mehr wenig anzufangen wissen. Kurz, was folgt daraus? Daß wir es wissen und bei der nächsten "Millionenshow" die Antwort wüßten? Ober wollen wir daraus so etwas wie historisches Verstehen ableiten? Und wenn letzteres wozu? Geschichte als Wissenschaft - und als Legitimation, daß auch Geld für die Forschung ausgegeben wird - benötigt einen wie auch immer gearteten Paxis- und Gegenwartsbezug und der kann nichts anderes sein, als "lernen aus der Geschichte". Und dazu wiederum benötigt man zum ersten natürlich ein Verständnis dafür, was war aber dann, in einem zweiten Schritt eine Überleitung in heutige Probleme. Daher: warum wurde Nation wichtig; warum ist Nation heutzutage wichtig; und was wurde damals gemacht, daß es heutzutage immer noch ein Problem zwischen "Nationen" gibt. Das ist das interessante daran.

Zu Salzburg und Bayern: Salzburg war nicht Teil Bayerns - das sagte ich nicht - aber es war Teil des Bayrischen Kreises. Das HRR zerfiel in 10 Kreise und die kreisfreien Gebiete (Böhmen und die österreichischen Niederlande). Und einer dieser Kreise war der bayrische.

Salzburg war das erste Erzbistum mit dem einzigartigen Titel "Reichserzbistum". Alle anderen waren nur Erzbistümer. Jedoch drei andere Erzbistümer wurden aufgrund der personellen Würde ihrer Träger über Salzburg gereiht: das Erzbistum Mainz, dessen Träger gleichzeitig die höchste Kur innehatte und Kanzler Deutschlands, Köln, die zweithöchste Kur und Kanzler von Italien sowie Trier, dritte Kur und Kanzler von Gallien. Nicht wegen der Erzbistümer, sondern wegen der damit verbundenen Kurwürden waren sie Salzburg vorgestellt.

Die im HHR (seit 1815 deutschen Bund) gelegenen Gebiete Österreichs waren ganz normale deutsche Teile, wie jedes andere Gebiet auch.

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Anmerkung von Heinz :

Sei es wie es sei. Die Nation wird hoffentlich in einem aufgeklärten Europa keine so große Rolle spielen und braucht deshalb nicht ständig hervorgeholt zu werden.

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Anmerkung von Manganite :

Da sind genau die richtigen Fragen, Fischhof. Denn wie soll man verstehen, was heute passiert, wenn man die Vergangenheit nicht versteht, in der doch letztlich alles seine Ursache hat?

Und im negative Sinne gehört ja der Begriff "Nation" sicherlich zu denjenigen mit denen sehr viele Dinge verbunden sind.

Etwas kreist mir in dem Zusammenhang schon eine ganze Zeit durch den Kopf: Die Entstehung des Begriffes Nation ist ja zeitlich sehr eng mit dem Entstehen der ersten Demokratioen verbunden. Da stelle ich mir die Frage, kann Nationalismus eigentlich in einem Staat ohne Demokratie existieren? Und sei es nur eine pseudo Demokratie, wie in den faschistischen Staaten des letzten Jahrhunderts.

Denn ist nicht erst die Möglichkeit des Einzelnen Machtauszuüben (oder nur das Gefühl zu haben, Macht ausüben zukönnen) in Gemeinschaft mit anderen, die dieses Zusammengehörigkeitsgefühl ermöglicht? Die feudalistischen Staaten kannten keinen Nationalismus. Das Volk war einfach Volk und spielte keien Rolle. Aber durch die Demokriatie entstand eine Gemeinschfaft aller und derjenige, der nicht dazugehörte, war der andere, der Fremde, der nicht zu Volk oder Nation gehörige.

Natürlich kann es sich auch nur um eine Koinzidenz handeln, aber es fiel mir nur mal so auf.

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Antwort von Hyokkose :

So wie es aussieht, läßt sich ein "Nationalstaat" nicht objektiv (also von außen) definieren.

Ein Nationalstaat ist ein Staat, der sich selbst über den Begriff der "Nation" (der wiederum nicht objektiv definierbar ist) definiert bzw. legitimiert.

Ich schätze, diese Legitimation mußte schlicht dazu herhalten, das Vakuum auszufüllen, das durch den Wegfall der Legitimation "von Gottes Gnaden" entstand.

Nachdem die Legitimation "von Gottes Gnaden" im Gefolge der Aufklärung auch innerhalb der Monarchien sehr wackelig geworden war, machten auch die gekrönten Häupter vom Mythos "Nation" Gebrauch.



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Frage von Manganite :

Für einen "Mythos" ist der Begriff aber doch zu real, oder?

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Antwort von Mercy :

Wann war der Begriff "Deutsche Nation" vor 1945 je real?

Von der Barockliteratur über Fichte und die 1848 war der Begriff immer mythisch.

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Anmerkung von Manganite :

Abgesehen davon, dass es außer Deutschland noch andere Länder gibt, gab es auch noch eine Geschichte zwischen 1848 und 1945, oder?

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Antwort von Wthurner :

Hallo Hyokkose, Du hast geschrieben:

"W. A. Mozarts Mutter war keine Österreicherin, da Salzburg nicht zu Österreich gehörte."

Zur Zeit Mozarts, ist das richtig. In unserem Kontext, Nationalstaat aber, den es zu Mozarts Zeiten ja noch nicht gab (es existierten weder Österreich noch Deutschland) möchte ich doch auf Mozart als Halbdeutscher, bzw.Halb-Österreicher bestehen, und seine Mutter war für mich eben Österreicherin.

Übrigens, Fischhof, von den 35 Jahren seines leider zu kurzen Lebens hat er 25 Jahre in Salzburg (seiner Geburts-

stadt) und nur die letzten 10 Jahre in Wien gewohnt.

Im Zusammenhang mit dem Thema Nationalstaat kann man m.E. nicht von Bayern, Kärnten oder Vorarlberg sprechen sondern eben von Deutschland und Österreich (der Nationalität).





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Anmerkung von Wthurner :

Und seinen Lebensmittelpunkt,seine Heimat, hatte er in Österreich, trotz der vielen Konzertreisen.

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Antwort von Leopold_bloom :

Es liegt mir fern, den Österreichern Mozart abzusprechen (solang wir Bach behalten dürfen ...), aber das ist ja das Thema auch mit Kant. Der ist wie oben schon mal von Hyokkose oder Fischhof erwähnt auch nicht auf deutschem Grund und Boden geboren. Und trotzdem haben wohl die wenigsten ein Problem damit, dass der Mann Deutscher war.

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Beitrag von Heinz :

Was solls, es kommt nicht darauf an, ob und welcher Nation, die jeweilige Persönlichkeit zuzuordnen ist, sondern was der Betreffende für die Entwicklung der Menschheit geöeistet hat.

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Antwort von Leopold_bloom :

Heyhey, lieber Heinz.....du betonst doch immer, dass Hitler Österreicher war....

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Antwort von Heinz :

Ich glaube nicht, dass Hitler etwas Positives für die Menschheit geleistet hat. Menschen wie Mozart, die etwas Schönes geschaffen haben, gehören nicht einem Land sondern der ganzen Menschheit.

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Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Der Begriff "Nation" scheint mir auf Deutschland bezogen seit dem 19. Jahrhundert ,wo der Begriff eine politische Funktion bekam, für die europ. Nachbarstaaten in besonderer Weise von Belang gewesen zu sein, wegen der historischen "Vorbelastung" der deutschen Nationalstaats-Idee, die sich auch aus der mittelalterl. und früh neuzeitlichen Idee einer gewissen "Reichsromantik" entwickelt hat. Von internationaler Warte aus gesehen, mußte das Streben der Deutschen nach einem Nationalstaat von vornherein als etwas qualitativ anderes im Vergleich mit den anderen nationalen Bewegungen im 19.Jahrh. gesehen werden,
da diese Reichsidee mit einem gewissen herausgehobenen Anspruch über den national-staatlichen Rahmen hinaus daherkam.
Die kleindeutsche Selbstbeschränkung der Bismarkschen Reichsgründung begegnete auch einem im Verlauf des Jahrh. begründeten Mißtrauen der Großmächte,bzw. der Nachbarstaaten.

zur literarischen Funktion des Nationalstaatsgedankens ;

Von Klopstock bis Büchner, etwa ein Menschenalter hin, reicht die Periode des Umbruchs, in der mit der Entstehung des modernen Nationalgedankens und dem Versuch ,die Staatsnation aus den Elementen der Kulturnation (Gemeinsprache,Religion und Literatur) zu bilden,
eine deutsche Nationalliteratur und eine dieser Literatur gemeinsame Sprache geschaffen wurde.
Herders Sehnsucht einer Nationbildung der Deutschen wurzelt in der Idee einer menschheitlichen Völkerfamilie, in der Vaterland und Vaterland im friedlichen Wettstreit lebt, in der Idee einer Familie gleichgebildeter Nationen.
Erst in der deutschen Romantik begann die nationalliterarische Verengung von Herders weltbürgerlichen-universalistischen Kulturbegriff. Man vermied zunehmend Texte zu verwenden, die aus fremden Sprachen übersetzt waren. Dies war politisch motiviert im Hinblick auf den Gedanken der deutschen Kulturnation ,die z.B ohne Gallocomanie
auszukommen hatte.
Nicht mehr lang und man grenzte plötzlich völkisch fremde Literaten aus.
Interessant hier mal zu schauen, wer da alles z.B. den lit. Salon einer Rachel Varnhagen verlassen hat, um unter sich zu sein.
Also eine schleichende Metarmorphose der Nationalstaats - Definition ins nationalistische
und chauvinistische, begleitet von entspr. Kunstrichtungen, die ebenfalls das alte deutsche Reich in den schönsten Farben beschworen.
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folgende Quellen habe ich angezapft :
"Nationalismus in vorindustrieller Zeit" .hist. Seminar der Uni Köln, Bd .14,Oldenbourg-Verlag
"Die deutsche Frage im 19.+20.Jahrh." .philosoph.Fakultät Augsburg, Ernst Vögel-Verlag
"Herder, Briefe zur Beförderung der Humanität"
......und einiges ist von mir verzapft.
 
Ich hab mal das Lexikon angezapft

Nation

Definition, Bedeutung, Erklärung im Lexikon





Der Begriff Nation bezeichnet eine große, meist geschlossen siedelnde Gemeinschaft von Personen, die über gleiche Abstammung, Geschichte, Sprache und Kultur, und ein gemeinsames Staatswesen auf einem bestimmten Territorium verfügen können (Nationalität).

Im 18. Jahrhundert entstanden, entfaltete die Vorstellung der Nation sogleich eine hohe Dynamik und Flexibilität. Mit der Idee und dem Phänomen der Nation waren stets sehr unterschiedliche Interessen und Vorstellungen verbunden. Eine Nation ist ein historisch und politisch gewachsenes Personengebilde, das durch unterschiedlichen politische, soziale und kulturelle Bedingungen geprägt ist.

Es gibt unterschiedliche Definitionen einer Nation. Häufig kommt es dabei zu Überschneidungen und Berührungspunkten.

  1. Nation(2) ist ethnische Homogenität (Nationalstaat) Nation ist die in der Geschichte gewachsene Einheit eines Volkes in einem Staat. Sie bietet Lebensraum für den Einzelnen der auf Grund seiner Volkszugehörigkeit hineingeboren wird. Dieses Verständnis bietet anderen ethnischen Gruppen (Minderheiten) wenig Chancen. Aus dem Ideal „ethnischer Reinheit“ erwächst das Risiko der Diskriminierung fremder Gruppen.
  2. Nation ist Homogenität der Sprache, Herkunft und Tradition (Volk) Nation ist die durch die Geschichte bewahrte Einheit in Sprache, Kultur und Traditionen. Sie lässt sich nicht durch territoriale Grenzen definieren. Dies galt für die Kulturnation Deutschland im 19. Jahrhundert, ebenso für die ungarischen Minderheiten aus den seit 1920 durch das Trianon-Abkommen unabhängig gewordenen Nachbarstaaten. Gegenwärtig ist z.B. ein gewisses Streben nach einer Nation z.B. unter den Kurden beobachtbar. Der Gedanke einer kurdischen Nation ist erst spät im 20. Jahrhundert entstanden. Der Prozess wird von heftigen Auseinandersetzungen von innen und außen begleitet.
  3. Nation ist ein politischer Zusammenschluss als Staat Nation ist die politisch souverän organisierte und geordnete Gemeinschaft innerhalb eines Staatsgebietes. Ethnische Gegebenheiten sind nachrangig. (Staatsnation). Beispiele bieten die Schweiz und die Vereinigten Staaten von Amerika.
http://www.lexikon-definition.de/Nation.html
 
florian17160 schrieb:
Ich hab mal das Lexikon angezapft

Nation

Definition, Bedeutung, Erklärung im Lexikon

Es gibt unterschiedliche Definitionen einer Nation. Häufig kommt es dabei zu Überschneidungen und Berührungspunkten.
Da liegtder Hund begraben.
 
Wenn ich der Lakota-Nation (Eigenbezeichung der Sioux) angehöre und gleichzeitig einen US-Pass habe. Welche Nation gehöre ich an?
 
askan schrieb:
Wenn ich der Lakota-Nation (Eigenbezeichung der Sioux) angehöre und gleichzeitig einen US-Pass habe. Welche Nation gehöre ich an?
Lieber Askan,
dann gehörst Du der Lakota-Nation an, mit amerikanischer Staatsbürgerschaft.
Es ist dasselbe wenn Du als Sorbe aus der Lausitz oder als Däne aus Schleswig-Holstein kommst. Dann gehörst Du der der sorbischen oder dänischen Nation an und hast die deutsche Staatsbürgerschaft. :thx:
 
heinz schrieb:
Lieber Askan,
dann gehörst Du der Lakota-Nation an, mit amerikanischer Staatsbürgerschaft.
Heißt das dann, daß es gar keine US-amerikanische Nation gibt, sondern nur eine US-amerikanische Staatsbürgerschaft?
 
hyokkose schrieb:
Heißt das dann, daß es gar keine US-amerikanische Nation gibt, sondern nur eine US-amerikanische Staatsbürgerschaft?

Nach der staatsrechtlichen Definition gibt es eine US-amerikanische Nation und eine Lakota-Nation (auch ohne Staatsbürgerschaft), allerdings kann es der Definition zufolge keinen US-amerikanischen Nationalstaat geben.
Hier der Auszug:

www.staatsrecht4u.de schrieb:
Das Staatsvolk umfasst alle Menschen mit derselben Staatsangehörigkeit. Die Staatsangehörigkeit wird entweder durch Verwaltungshandeln, also zum Beispiel durch eine Einbürgerung (Naturalisation) oder durch Geburt erworben.

Beim Erwerb durch Geburt können zwei Prinzipien unterschieden werden. Zum einen das Abstammungsprinzip (ius sanguinis), danach richtet sich die Staatsangehörigkeit eines Kindes nach der Staatsangehörigkeit der Eltern, zum anderen das Territorialprinzip (ius soli), danach erhält ein Kind die Staatsangehörigkeit des Staates, in dessen Gebiet es geboren ist. In Deutschland gilt das Abstammungsprinzip ergänzt um Elemente des Territorialprinzips.

Geregelt wird die Staatsangehörigkeit in den Artikel 16 und 116 GG (Grundgesetz) sowie im Staatsangehörigkeitsgesetz.

Die Staatsangehörigkeit unterscheidet sich vom umfassenderen Begriff der Nation. Dieser beschreibt eine Gruppe mit gemeinsamer Abstammung, Kultur, Sprache, Geschichte, usw. Bei Staaten deren Staatsangehörige weitgehend der gleichen Nation angehören liegt ein Nationalstaat vor, leben mehrere verschiedene Nationalitäten in einem Staat, liegt ein Nationalitätenstaat vor.

An die Staatsangehörigkeit sind verschiedene Rechte (z.B. die als Bürgerrechte gestalteten Grundrechte) aber auch Pflichten (z.B. Treuepflicht gegenüber dem Staat, Steuerpflicht) gekoppelt.
 
www.staatsrecht4u.de schrieb:
Die Staatsangehörigkeit unterscheidet sich vom umfassenderen Begriff der Nation. Dieser beschreibt eine Gruppe mit gemeinsamer Abstammung, Kultur, Sprache, Geschichte, usw.


Kann man so eine Gruppe definieren - unabhängig von der Staatsbürgerschaft?

Wie kann man feststellen, ob Lili (München, Mannheim und Wien) und Askan (sturmgewohnte nördliche Einöde) zur gleichen Gruppe gehören?

1. Abstammung: Wie weit darf der letzte gemeinsame Urahn zurückliegen - und wie will man das feststellen?

2. Kultur: Was müssen Askan und Lili kulturell gemeinsam haben? Gleiche Religionszugehörigkeit? Wohl kaum. Gleiche Vorliebe für eine Musikrichtung? Wohl auch nicht. Was dann?

3. Sprache: Wenn Askan und Lili hier in einem deutschsprachigen Forum miteinander auf deutsch kommunizieren, gehören sie dann zur deutschen Nation? Und was, wenn sie in einem englischsprachigen Forum auf englisch miteinander kommunizieren?

4. Geschichte: Welche gemeinsame Geschichte müssen Askan und Lili haben, um zur gleichen Gruppe zu gehören?


www.staatsrecht4u.de schrieb:
www.staatsrecht4u.de schrieb:
eben mehrere verschiedene Nationalitäten in einem Staat, liegt ein Nationalitätenstaat vor.
Genau genommen sind dann alle Staaten Nationalitätenstaaten. Eine Abgrenzung zum Nationalstaat ist somit schlichtweg nicht möglich.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Das ist doch alles kleinkarriert. jeder sucht sich seine definition aus, so wie er sie braucht. Einigen wir uns, wir sind alles menschen eines kleinen, sehr sensiblen Planeten. Und gerade solchen Diskusionen, haben wir kleinen Menschen viele Kriege zu verdanken
 
hyokkose schrieb:
Genau genommen sind dann alle Staaten Nationalitätenstaaten. Eine Abgrenzung zum Nationalstaat ist somit schlichtweg nicht möglich.

Ja genau, deshalb ist auch nationalstaatliches Denken heutzutage Idiotie.
 
florian17160 schrieb:
jeder sucht sich seine definition aus, so wie er sie braucht.
Darauf wollte ich hinaus. Eine objektive Definition gibt es nicht.

florian17160 schrieb:
Und gerade solchen Diskusionen, haben wir kleinen Menschen viele Kriege zu verdanken
Vom Nachdenken und Diskutieren entstehen keine Kriege.
 
Zitat:"Wie kann man feststellen, ob Lili (München, Mannheim und Wien) und Askan (sturmgewohnte nördliche Einöde) zur gleichen Gruppe gehören?"

Hmm, also wenn ich 3 und 4 Generationen zurückgehe, dann habe ich Urgrosseltern deren Geburtsort in Wien und und Prag war.


Zitat:"Die Staatsangehörigkeit unterscheidet sich vom umfassenderen Begriff der Nation. Dieser beschreibt eine Gruppe mit gemeinsamer Abstammung, Kultur, Sprache, Geschichte, usw"
Ich besitze ein Buch dessen Inhalt sich ausschließlich auf 140 Seiten mit dem Thema in genau derselben Art und Weise auseinander setzt.

Titel: Marxismus und nationale Frage
aus der Reihe: Über dialektischen und historischen Materalismus
Autor: Josef W. Stalin
Verlag: Reclam Leipzig
Erscheinungsjahr 1949
 
hyokkose schrieb:
Darauf wollte ich hinaus. Eine objektive Definition gibt es nicht.

Das ist ja das Spannende ,sich anzuschauen,wie der Nationenbegriff sich z.B. in deutschen Landen entwickelt .
Eine Definition ergibt sich wohl nur für die Zeitgenossen einer bestimmten Epoche.
So hat sich die nationale Identifikation in Deutschland z.B. auch an der mittelalterl. Architektur hochgezogen. Die Begeisterung der Romantik an den gotischen Kirchenbauten,
bildete die religiös-nationale Klammer innerhalb der einzelnen deutschen Staaten.

Das Bild vom Mittelalter wurde in einer Zeit des Umbruchs,wie sie die Jahre nach der franz.Revolution darstellten, als politisch stabil, künstlerisch fruchtbar ,von nationaler Einigkeit bestimmt gezeichnet. Das expandierende Frankreich,schließlich die Besetzung unter Napoleon förderte die Suche nach einem nationalen Konsens ,nicht nur hierzulande.
In Deutschland fand man in der idealisierten ,romantisch verlärten Geschichtsauffassung des Mittelalters den nationalen Kristallisationskern der deutschen Staaten zu einer "Nation".
Hierbei spielt Frankreich 1870 für Deutschland nocheinmal die Hauptrolle in einer durch
"Bedrohung" entstehenden Nationalisierungs-Bewegung.
 
Im Artikel 3 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte verabschiedete die französische Verfassungsversammlung am 26. August 1789 diesen Text:

„Le principe de toute souverainité reside essentiellement dans la nation“ (Der Ursprung der Souveränität ruht wesentlich in der Nation).

Die Basis des Staates ist nicht das Volk als blosse Menschenmasse, sondern das sich als politische Gemeinschaft verstehende Volk.

Der Begriff Nation hat eine längere und wechselvolle Geschichte. Er verdient sich in der Neuzeit zu einer Idee, welche auf die soziokulturell oder politisch begründete Gemeinschaft eines Volkes verwies.

Ernest Renan definiert Nation so: „eine grosse Solidargemeinschaft, getragen von dem Gefühl der Opfer, die man gebracht hat, und der Opfer, die man noch zu bringen gewillt ist. Sie setzt eine Vergangenheit voraus, aber trotzdem fasst sie die Gegenwart in einem greifbaren Faktum zusammen: der Übereinkunft, dem deutlich ausgesprochenen Wunsch, das gemeinsame Leben fortzusetzen.“ Nach dieser Definition ist Nation ein geistiges Konstrukt, eine Selbstbeschreibung eines Volkes, das sich als Erfahrungs-, Erinnerungs- und Lebensgemeinschaft versteht, sie beinhaltet Überzeugungen, Loyalitäten und Solidaritätsbeziehungen, die in einer gemeinsamen Geschichte, einer gemeinsamen Kultur oder einer gemeinsamen Herkunft gründen.

Die Bedeutung der Idee der Nation und ihre Verbringung mit dem Staat entwickelten sich im 18. und 19. Jahrhundert. Der Nationalstaat war ein Produkt des Modernisierungsprozesses. Die Folgen waren in den einzelnen Staaten unterschiedlich. Im Nationalstaat sind nicht nur die politischen Eliten, sondern alle Bevölkerungsgruppen in das politische System integriert.

Quelle:

Arthur Benz, Der moderne Staat, Grundlagen der politilogischen Analyse

Weitere Literatur:

Wolfgang Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfängen bis zur Gegenwart

Hagen Schulze, Staat und Nation in der europäischen Geschichte
 
@arcimboldo.
Eine Definition ergibt sich wohl nur für die Zeitgenossen einer bestimmten Epoche.
So hat sich die nationale Identifikation in Deutschland z.B. auch an der mittelalterl. Architektur hochgezogen. Die Begeisterung der Romantik an den gotischen Kirchenbauten,
bildete die religiös-nationale Klammer innerhalb der einzelnen deutschen Staaten.



du solltest etwas mehr nachdenken, bevor du so etwas schreibst. Romantik hat mit dem Romanischen Baustiel überhaupt nichts zu tun. da katedrahlen über einen längeren zeitraum gebaut wurden, meist viele generationen lang,vermischte sich der gotische mit dem romanischen baustiel. der gotische war zuerst da. das kann man an spitzbögen in den unteren gewölben erkennen. der romanische baustiel zeichnet sich durch rundbögen und harmonisch gestaltete gewölbe aus. gut zu sehen im magdeburger dom. da haben sie mehr als 300 jahre dran gearbeitet
und was soll religös- nationale klammer im bezug auf der deutschen baukunst bedeuten?
 
Zuletzt bearbeitet:
florian schrieb:
Romantik hat mit dem Romanischen Baustiel überhaupt nichts zu tun.

Wo bitte steht in dem Beitrag von Acrimboldo irgendetwas über den romanischen Baustil?

florian schrieb:
da katedrahlen über einen längeren zeitraum gebaut wurden, meist viele generationen lang,vermischte sich der gotische mit dem romanischen baustiel. der gotische war zuerst da.

Seit wann kommt die Gotik vor der Romanik? :kratz:


Und dass die Romantik das Mittelalter, was auch den gotischem Baustil miteinschließt, als eine Idealform verehrte, dürfte wohl auch bekannt sein. Und hier

http://www.onlinekunst.de/mai/02_05_blaue_blume.html

findest du die blaue Blume der Romantik eingebettet in einen gotischen Bau.
 
Lukrezia Borgia schrieb:
Wo bitte steht in dem Beitrag von Acrimboldo irgendetwas über den romanischen Baustil?



Seit wann kommt die Gotik vor der Romanik? :kratz:


Und dass die Romantik das Mittelalter, was auch den gotischem Baustil miteinschließt, als eine Idealform verehrte, dürfte wohl auch bekannt sein. Und hier

http://www.onlinekunst.de/mai/02_05_blaue_blume.html
ok. da kam wieder mein hobby für mittelalterliche baukunst hoch. ich dachte, er hat romantik mit romanik verwechselt. tut mir leid.
 
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