Wieso gab es keine frühzeitlichen nordamerikanischen "Hochkulturen"?

Was im klassischen Sinn unter "Hochkultur" zu verstehen ist, findest du in diesem Wiki-Beitrag:

http://de.wikipedia.org/wiki/Hochkultur_(Geschichtswissenschaft)

Dass es dennoch Grauzonen gibt und zuweilen fraglich ist, wie eine Kultur einzuordnen ist, wurde schon gesagt.

Nach der Wikidefinition wird der Begriff Hochkultur für die frühen Schwemmlandkulturen in Flusstälern gebraucht. Wo könnte man die außer am bereits genannten Missisippi in Nordamerika noch erwarten?

Nun, das das im gesamten Nordamerika so war ,habe ich nun nicht behauptet.

Dann wollte ich wissen, was der Threadersteller unter dem Begriff versteht.
Was bei Wikipedia und in der Geschichtswissenschaft steht, habe ich nun schon das erste mal vor 40 Jahren rund gelernt.

Und das diese Kriterien von den allermeisten Gesellschaften nicht erfüllt werden, naja, das ist wohl bekannt.
So, nun zu den NA Kulturen
Punkt 1 der Def
Es gibt keinen Grund für gemeinschaftliches Handeln, aber Handel (nicht zwingend mit Lebensmitteln)
2
Städte ja, für Handel und sonst meistens nichts weiter, da ohne Notwendigkeit
3 politisch organisiert, aber meist ohne feste Hierarchie usw,.da ohne Notwendigkeit
4 Arbeitsteilung wohl, aber ohne Klassen und Berufssoldaten,da ohne Notwendigkeit
5 anspruchsvolle künstlerische Leistungen ja, z.T. auch ohne Schrift/verloren gegangen?
6 wissenschaften unbekannt, wir wissen es nicht
7 s.6
8 dieser Punkt ist als erfüllt anzusehen
9 Kalendersystem vorhanden, wie weit ist uns unbekannt/fremd

Somit sind nahezu alle Punkte erfüllt und gleichzeitig nicht erfüllt.

Diese Kulturen passen nicht in das Schema

Muß man nicht eher fragen, ob Geographie und Klimazonen Nordamerikas zum Schema passen.
 
Was heißt denn "ohne Notwendigkeit"?

Vielleicht waren diese Kulturen autark, als sie auf ihrem Kontinent noch relativ alleine waren. Aber hätten sie die Hochkultur-Merkmale ausgebildet, hätten sie sich den europäischen Invasoren auch besser zur Wehr setzen können. Es klingt zwar makaber und soll auch nicht die Völkermorde der Europäer in Amerika herunterspielen, aber in gewissem Maße waren diese Kulturen eben mangels Handel, mangels Berufsarmee etc. auf Dauer nicht überlebensfähig. Und damit könnte man Hochkultur ebenfalls definieren: Eine Völkerschaft, deren Gesellschaft über Jahrhunderte auf einem gewissem Lebensstandard ihr Dasein zu fristen fähig ist.
 
Sicher Rena, aber ich glaube , diese Definition ist wirklich nur auf die Kulturen von Nil und Zweistromland zu geschnitten.
Nehmen wir die Nordleute:
Ersteinmal, eine authochtone Entwicklung
1 wenig aber geplante Landwirtschaft, dann Fischerei (Walfang), H, Vorratshaltung +Handel (Stockfisch)
2 eine auf einen König zugeschnittene Gesellschaft mit allen Attributen (Norwegen)
3 aber ganz sicher
4 Sicher, sogar im 11. einen höheren Alphabetisierungsgrad als die allermeisten vorher bekannten Kulturen
5 aber ganz klar, Sagas, Schiffbau und Bau ganzer Flotten
6 Wissenschaften??? eher nein
7 Götterpntheon auf jeden Fall
8 Gemeinsamkeitsgefühl auf jeden Fall
9Kalendersystem ist vorhanden

Somit wäre das Norwegen des 11. Jhdt´s eine Hochkultur. Ich weiß, das ist provokativ, was ich da geschrieben habe.
Für die allermeisten Geschichtswissenschafter hier absurd.
Nur, eine wertende Klassifizierung in einer Wissenschaft, sorry, ist absurd. Diese hier ist nicht allgemein gültig, sondern gilt , wenn überhaupt, für den nahen Osten. Dafür wurde sie eingeführt, auf andere Kontinente ist sie einfach nicht anwendbar.

Nun, zu Ketzer, die Nordamerikanischen Kulturen existierten wohl Jahrhunderte, und untergegangen sind die anderen Hochkulturen ja nun auch in geschichtlich gesehen, relativ kurzer Zeit.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist nicht korrekt Wilfried. Nehmen wir das klassische Beispiel für eine Hochkultur, Ägypten, und dann wirst du auch schnell sehen, warum sich die frühen Hochkulturen an den entsprechenden Orten konstituierten:
Ägypten ist ein trockenes, heißes Land mit einem sehr begrenzten Gebiet, auf welchem sich Ackerbau betreiben lässt. Vor dem Bau des Assuan-Staudamms kam es einmal jährlich zu einem großen Hochwasser, was Segen und Fluch zugleich war: Segen, weil neue fruchtbare Erde angeschwemmt wurde, Fluch, weil so jedes Jahr auf's Neue die Ackergrenzen festgelegt werden mussten. Dass das einigermaßen friedlich vonstatten ging wurde duch ein Staatswesen, dass es einigermaßen fair vonstatten ging durch die Entwicklung der Mathematik befördert. So gesehen liegt in der jährlich wiederkehrenden Nilschwemme die Grundlage dafür, dass die Ägypter recht früh eine Hochkultur entwickelten, was in anderen neolithischen Kulturen gar nicht notwendig war. Dass du jetzt noch das skandinavische Mittelalter mit dem Neolithikum/Kupferzeit/Frühe Bronzezeit vergleichst, da hast du selber bemerkt, dass der Vergleich hinkt.
 
Nach der Wikidefinition wird der Begriff Hochkultur für die frühen Schwemmlandkulturen in Flusstälern gebraucht. Wo könnte man die außer am bereits genannten Missisippi in Nordamerika noch erwarten?

Nach der Wiki-Definition wird der Begriff "Hochkultur" lediglich auf bestimmte Kulturen der menschlichen Frühgeschichte angwandt, die die genannten Merkmale - oder große Teile davon - aufweisen. Alle nachfolgenden Kulturen - Babylon, Assyrien, Inka, Minoer, Griechen, Byzanz, Rom usw. - sind nicht mehr Gegenstand der Hochkultur-Klassifizierung.

Somit auch nicht die Mississippi-Kultur.
 
Die Frage ist im Eingangspost, el Quichote
Warum gibt es keine Hochkulturen in ...
Dann kamen die Definitionen, was eine Hochkultur sei.
In dieser hier wohl allgemein anerkannten Definition steht keine räumliche oder zeitliche Begrenzung. Nur "frühe Kulturen".

Entweder, man sagt jetzt, wie Dieter, die Bezeichnung fasse nur die "Hockulturen" des nahen Osten zusammen/gelte nur da oder man verwirft/erweitert die Definition bzw verzichtet auf den Begriff.

Die allgemeine Klassifizierung von Kulturen ist somit hinfällig.

Man hätte den Begriff allerdings auch einfacher definieren können. Als Hochkulturen werden definiert:
Ägypten unter Pharao bis Pharao und Sumer
Die Antwort auf die Frage ist also:
Die Entwicklungs- und Lebensbedingungen der Hochkulturen mit Dürre und Überschwemmung waren in Nordamerika so nicht gegeben. Die Klassifizierung kann da nicht angewandt werden
 
Zuletzt bearbeitet:
Warum führen wir hier eine akademische Diskussion über eine Wikidefinition?
Dem Fragesteller ging es mE um etwas anderes, er hätte genauso fragen können, warum gab es in Afrika keine Hochkulturen außer Ägypten.
Woran sich die meisten User stören, ist der Rankingimplizierende Begriff "Hochkultur", der in der Tat wie aus dem letzten Jahrhundert klingt. Ob er nun zur Fachterminologie der Geschichtswissenschaft gehört, spielt für mich keine Rolle. Leider habe ich den Begriff sogar in letzter Zeit auch verwendet, im Zusammenhang mit den nahöstlichen Stadtstaaten. Er ist eben gut geeignet, um die Ausstrahlung nicht nur auf wirtschaftlichem Gebiet zu beschreiben.

Der Grund für diese Reichtums- und Kulturverdichtung in den Schwemmlandflußtälern ist nachvollziehbar, ja fast zwangsläufig. Denn diese Verdichtung ist scheinbar an fast allen vergleichbaren Flußläufen, oft unabhängig voneinander, aufgetreten. Nicht nur in Sumer und Ägypten, für die der Begriff lt. Dieter geprägt wurde. Wir können diese Kulturen in Schwemmlandkulturen umbenennen, allerdings geht dabei die griffige Kürze verloren, denn ohne Ideen, Regeln, Organisation, Religion, Moral und weitere soziale, technische und kulturelle Entwicklungen, wäre den Menschen das Zusammenleben auf dem auf 2 Flußufer verengten Raum friedlich nicht möglich gewesen. Von der Gesamtheit der dort und damals entwickelten Kulturtechniken profitieren 6-7 Mrd Menschen noch heute.
 
Stimmt Rena
und von den Pflanzenzuchterfolgen der "Amerikaner" ernährt sich über die Hälfte.
(Bohnen , Mais, Kartoffeln).
 
Stimmt Rena
und von den Pflanzenzuchterfolgen der "Amerikaner" ernährt sich über die Hälfte.
(Bohnen , Mais, Kartoffeln).

Ja, aber damit reduzieren wir "hochverdichtete" Kultur nur auf materiell greifbare Erfolge.
In http://www.geschichtsforum.de/f15/terra-preta-gartenbau-amazonien-24673/ hatten wir über eine Flusskultur am Amazonas diskutiert, die erst in den letzten Jahren wiederentdeckt wurde. Allerdings denke ich nicht, dass man diese Kultur zu den typischen Schwemmlandflusskulturen zählen kann, möglicherweise war sie die Weiterentwicklung einer solchen, da dort bereits Antworten auf das Bodenfruchtbarkeitsproblem bei Ausweitung der Agrarflächen beim weiteren Anwachsen der Bevölkerung gefunden worden waren.
Über die nichtmaterielle Organisation wie Religion, Hierarchien ist mir für Amazonien nichts bekannt, gehört geographisch sowieso nicht zum Thema.

Die Frage ist im Eingangspost, el Quichote
Warum gibt es keine Hochkulturen in ...
Dann kamen die Definitionen, was eine Hochkultur sei.
In dieser hier wohl allgemein anerkannten Definition steht keine räumliche oder zeitliche Begrenzung. Nur "frühe Kulturen".

Entweder, man sagt jetzt, wie Dieter, die Bezeichnung fasse nur die "Hockulturen" des nahen Osten zusammen/gelte nur da oder man verwirft/erweitert die Definition bzw verzichtet auf den Begriff.

Die allgemeine Klassifizierung von Kulturen ist somit hinfällig.

Man hätte den Begriff allerdings auch einfacher definieren können. Als Hochkulturen werden definiert:
Ägypten unter Pharao bis Pharao und Sumer
Die Antwort auf die Frage ist also:
Die Entwicklungs- und Lebensbedingungen der Hochkulturen mit Dürre und Überschwemmung waren in Nordamerika so nicht gegeben. Die Klassifizierung kann da nicht angewandt werden

Da bin ich nicht so sicher. Bei der Mississippi-Kultur ? Wikipedia mit ihren Mound ? Wikipedia und der Großstadt Cahokia ? Wikipedia würden einige der Hochkulturkriterien passen, wenn die Ausstrahlung des südlichen Aztekenreich sie nicht zu einer Nachfolgekultur machen würde.
Bei der für mich interessanten Frage bei der Hochkulturdiskussion könnte sich die Mississippigegend trotz aller Einwände gut eignen, denn sie zeigt trotz der anderen Nahrungspalette ähnliche Anzeichen der sozialen Reaktion auf Bevölkerungswachstum und Verdichtung.
Es scheint Hierarchien gegeben zu haben und die Notwendigkeit von Verteidigungsanlagen.
Interessant wären darüberhinaus die früheren Kulturen am Mississippi, für die zeitlich dann nicht das Nachfolgeargument gelten würde. Evtl. hätten wir dann neben Sumer ein weiteres Beispiel für einen Niedergang einer Flusshochkultur.
 
So gesehen liegt in der jährlich wiederkehrenden Nilschwemme die Grundlage dafür, dass die Ägypter recht früh eine Hochkultur entwickelten, was in anderen neolithischen Kulturen gar nicht notwendig war.
Das ist ein hochinteressanter Gedanke: ob überhaupt und wenn ja, wo, es notwendig ist, komplexe soziale/technische/kulturelle etc. "Hochkultur" zu entwickeln - gibt es dazu Literatur?
Es würde ja bedeuten, dass unbequeme Lebensumstände dazu zwingen, zumindest eine technische Kultur entwickeln zu müssen - daran schließt sich dann die Frage an, ob es irgendwo quasi "glücklichere" Lebensumstände gibt, um salopp gesagt "kulturlos" aber zufrieden über die Runden zu kommen?
 
wenn die Ausstrahlung des südlichen Aztekenreich sie nicht zu einer Nachfolgekultur machen würde.
Nun bei den Mississippikulturen liegt m.w. kein direkter mesoamerikanischer Einfluss
vor, eine direkte Verbindung haben wir wohl nur zwischen Tolteken und den den Kulturen des Südwestens.Isoweit würde ich Cahokia jedenfalls nicht als mexikanische Nachfolgekultur sehen und auch bei den anderen nordamerikanischen Kulturen wäre ich da vorsichtig,da sich die Kontakte nach Mesoamerika i.d.R. auf Handelsbeziehungen beschränkten.Und ob man da angesichts autonomer Entwicklungen von Nachfolgekulturen sprechen kann halte ich für sehr fraglich.

dass unbequeme Lebensumstände dazu zwingen, zumindest eine technische Kultur entwickeln zu müssen
Nun ja,nicht alle unbequeme Lebensumstände bedingen die Notwenigkeit einer komplexen sozialen Organisation der Gesellschaft
Viele Jäger- und Hirtenkulturen besetzen Lebensräume mit deutlich prekäreren Umweltbedingungen als sie in den Bereichen der Flußtäler herrschen ohne komplexe Kulturen zu entwickeln. Ich würde da eher die Komponenten Feldbau und Bewässerungssysteme sehen , die maßgeblich für die Herausbildung komplexerer Kulturen waren.i

.
 
Zurück
Oben