William Shakespeare - hat er wirklich existiert?

Wer war William Shakespeare?

  • Sir Francis Bacon

    Stimmen: 0 0,0%
  • Edurad de Vere, 17. Lord of Oxford

    Stimmen: 7 16,7%
  • Mehrere Autoren haben unter dem Pseudonym geschrieben

    Stimmen: 3 7,1%
  • Shakespere existierte

    Stimmen: 32 76,2%

  • Umfrageteilnehmer
    42
Ich glaube nicht, dass ein Film zur "Unterstützung" irgendeiner Theorie herangezogen werden kann, wenn überhaupt baut er auf ähnlichen /denselben Argumenten lose auf aber neue Argumentationswege, oder überhaupt einen Anspruch irgendetwas zu belegen wird es dort sicherlich nicht geben.

Das Filme niemals als Quelle irgendeiner Art zur Erlangung von genauerem Faktenwissen dienen können dürfte auch nichts neues sein.
Ganz recht, sonst wäre ja auch "Shakespeare in Love" ein Beleg dafür, dass Shakespeare eben nicht dieser de Vere war.:pfeif:
 
Wer auch immer Shakespeare war, er war ein genialer Autor und Dichter. Ich persönlich bin aber von der Tatsache, dass Shakespeare selbst geschrieben hat überzeugt. Einerseits hat Shakespeare eine Ausbildung besessen, auch wenn sich die Legende, er sein ein bäuerlicher ungebildeter Schauspieler gewesen immer noch auf wundersame Weise hält. William Shakespeare war Sohn wohlhabender Eltern und hat als solcher wohl auch zumindest eine grundlegende Ausbildung erhalten.
Endgültig klären könnte man das aber wohl nur mit einer Zeitreise. So lange wird es wohl immer wieder Leute geben, die das ganze bezweifeln.

Im übrigen gibt es dank Internationalisierung auch von meinem Namen zwei Versionen und ich schreibe meinen Nachnamen für Anglophone Personen anders als für Menschen aus dem deutschen Sprachraum, einfach um Verwirrungen wegen der Aussprache des ß zu verhindern. Auch in meinen Pass stehen beide Versionen (eine in der Spalte Name, die andere in der Maschinenlesbaren Variante) drinnen.
 
Was mir daran gefällt, ist dass das Thema der Shakespeare bzw. de Vere Autorenschaft mal ins Rampenlicht gerückt wird, und damit mehr Leute als nur uns Geschichts- bzw. Literaturkenner darüber nachdenken lässt. Das finde ich einfach mal toll - die meisten Jungen interessieren sich nämlich wohl kaum für diese Themen, so aber werden sie mal darauf aufmerksam gemacht... und greifen nach dem Kinobesuch vielleicht mal zum Buch!

Auf jeden Fall sieht der Film Klasse aus. Einfach auf google nach "Anonymus" und "Film" suchen - und sich selbst ein Bild machen.
 
Ja und genau da liegt ja auch das Problem.

Es gibt nämlich bereits genügend Gerüchte und Verschwörungstheorien zum Thema "William Shakespeare hat gar nicht selbst geschrieben".

So ein Film ist in meinen Augen auch nicht glaubwürdiger als ein Buch von der Päpstin - es wird halt eine "Sensation" ausgeschlachtet, die an sich nicht zu beweisen ist.


Wie ich vor etlichen Monaten schon einmal ausführte, entstanden die Streitereien darum, ob William Shakespeare tatsächlich Urheber seiner Werke war, hauptsächlich darum, weil gerade die ganz alten Erstausgaben seiner Werke voll von Fehlern und teilweise durcheinander und unvollständig abgedruckt wurden.

Hinzu kommt die Überzeugung, dass William Shakespeare eben WEIL er ja so gebildet war, nicht solche Schnitzer in seinem Werk hinterlassen hätte.


Ersteres ist der Tatsache geschuldet, dass William Shakespeare seine Werke niemals irgendwo vollständig hinterließ, sondern das Meiste von ehemaligen Schauspielern und Theaterintendanten beigesteuert wurde (und zwar mehr oder weniger frei aus der Erinnerung, wo kein Text mehr vorlag). Somit sind die Schnitzer und Fehlpassagen leicht zu erklären.

Zweites ergibt sich zum Einen aus den oberen Ausführungen und zum Anderen aus der Tatsache, dass es zu Shakespeares Zeiten noch kein einheitliches "Hoch" Englisch gab. Es war erst in der Entwicklung, und es wurde Vieles ausprobiert und neu geschrieben und neu definiert, sowohl was Rechtschreibung als auch was Grammatik angeht.

Das Thema "Great Vowel Shift" ist einfach zu groß, um es hier in Kürze niederzuschreiben.


Einen Spielfilm zum Thema würde ich allerdings nicht als glaubwürdige Quelle betrachten, da künstlerische Freiheit oft den Rahmen des Forschungsstandes prägt, um eben ein Interesse am Film wachzuhalten.
Mit Sicherheit wird es einen oder zwei Zuschauer geben, die das Thema danach tatsächlich näher interessiert, allerdings glaube ich, diese Wenigen werden spätestens beim Thema des Great Vowel Shift aussteigen, da es sich hierbei um ein recht dröges und spezifisches Phänomen handelt, das tief in den Gefilden der Sprachwissenschaft eingebettet ist.

Ob nun tatsächlich alle bekannten Stücke Shakespeares wirklich aus dessen Feder stammen, sei dahingestellt - wenn es einen sog. "Ghostwriter" gegeben hat, so ist dieser sicher nur für einen kleinen Bruchteil des Shakespearischen Werks verantwortlich.

Das ist allein schon an Stil und Schreibweise zu erkennen, denn Shakespeare hat ja Gottseidank nicht nur Dramen, sondern auch eine Fülle an Gedichten und Sonetten hinterlassen, die wiederum durchaus einwandfrei ihm zuzuordnen sind.

Aus der Diskussion um einzelne Dramen Shakespeares also eine Diskussion um dessen Existenz oder Urheberschaft anzuzetteln, ist in meinen Augen ein wenig albern. Denn niemand hat bis Dato behauptet, dass Shakespeare KEIN EINZIGES seiner Dramen verfasste. Es geht lediglich um einzelne Dramen, bzw. sogar nur Teile der Dramen, wo man sich unsicher ist.

Und selbst wenn sich eines Tages herausstellen sollte, dass tatsächlich eines oder zwei Dramen jemand anderem zuzuordnen sind... so bleibt doch noch genug Shakespeare übrig, um Generationen von Schülern damit zu traktieren =)

Meistens ist es ja eh so, dass man die Klassiker erst lange nach seiner Schulzeit zu schätzen weiß, wenn man sie einfach nur lesen darf, anstatt sie auseinanderzupflücken und theoretisch zu durchleuchten.
 
Also ich würde mal gerne das Argument für de Vere, den Earl of Oxford, als den wahren Autor näher erläutern:
1920 - J. T. Looney nennt Oxford als den Autor von Shakespeare's Werken in seinem Buch "Shakespeare Identified". Sein Gefolge modifizierte die Theorie dahingehen, dass sie Oxford als den brillianten Kopf einer Truppe von Schriftstellern sehen, die Shakespeare's Stücke als Kommittee schrieben.

1931 - Gilbert Slater argumentiert lautstark für das Oxford Kommittee in seinem Buch "Seven Shakespeares".

Looney's Argument kommt von seiner Überzeugung, dass "Der Kaufmann von Venedig" nur von einem Mann geschrieben werden konnte, der sowohl Italien als auch das italienische Leben aus erster Hand kannte, und daher niemals von einem Schauspieler aus Stratford geschrieben werden konnte.

Looney hat dann auch Elisabethanische Literatur für stilistische Vergleiche mit den Werken, die Shakespeare zugeschrieben werden, herangezogen. Er hat sich vor allem mit Venus und Adonis beschäftigt. Als er dann Oxford's Gedicht zu Beginn von Palgrave's Golden Treasury fand, war er sicher, seinen Mann gefunden zu haben.

Oxford's Biographie war für Looney auch passend. Er hatte eingehendes Wissen über die Monarchie und die Nobelhäuser, war weitgereist und wurde auch spotthalber 'Italianate Englishman' genannt. 1598 nannte Francis Meres Oxford 'The best for Comedy among us', was Looney als Beweis dafür sah, dass Oxford Stücke geschrieben hat - jedoch unter Shakespeare's Namen.

Als Gilbert Slater das Argument aufgrief und es auf das Oxford Kommittee ausweitete, nannte er Oxford als den Anführer einer Gruppe, die den Earl of Derby, Francis Bacon, Sir Walter Ralegh, den Earl of Rutland, die Gräfin von Pembroke und Christopher Marlowe beinhaltete.

Die Präsenz einer Frau in dieser Gruppe mag seltsam scheinen, wird jedoch dadurch erklärt, dass die Einsicht in die weibliche Psychologie in den Werken immer wieder sehr präsent ist. Darüber hinaus war sie in ihrer Zeit sehr verehrt und galt als brilliant, und war auch die Schwester des Dichters Sir Philip Sidney.

Shakespeare's Rolle in diesem Syndikat war die eines Brokers, der mit Theatern und Druckern um die Produktion und die Veröffentlichung der Stücke verhandelte. Sein Name bekam ein Pseudonym, das die wahren Autoren schützen sollte wenn sie politisch gefährliches Material produzierten. Shakespeare's Schauspielwissen mag jedoch den Autoren beim Schreiben der Stücke für die Bühne geholfen haben.
 
@ ThomasLooney
Vielen Dank für die Ausführungen!:yes:

Zumindest für mich konnten die Stradfordianer deutlich aufweisen, dass Shakespeare genug Fantasie und durch Bücher Wissen von Italien haben konnte, um seine Handlungen an beliebigen Orten stattfinden zu lassen.
Manchmal habe ich überhaupt den Eindruck, dass manche Leute sich vorstellen, dass die Menschen und selbst die Gebildeten, wozu eben auch unser historisch greifbarer Stradforder Shakespeare auf jeden Fall gehörte, damals wie unter einer Glasglocke keine Einflüsse von Außen bekommen haben sollen. In das andere Geschlecht konnten sie sich natürlich eh nicht hinein versetzen.
Bestimmt war de Laclos dann auch nicht allein, als er seine "Gefährlichen Liebschaften" abfasste, sondern seine Schreibunterlage mit zwei Ohren (frei nach der Verfilmung von Frears) führte ihm auch die Feder... :autsch:=)
 
Dem Dank für die Erläuterung kann ich mich nur anschließen :)

Allerdings muss ich bemerken, dass es für mich nicht unlogisch klingt, dass jemand, der "nur" in England gewesen ist, so viel über Italien gewusst haben kann.

Spätestens zu dem Zeitpunkt, als Shakespeare offiziell der Königin unterstand und das Globe übernahm, dürfte er durchaus genügend Kontakte zu Leuten gehabt haben, die von außerhalb Englands an den Hof drängten, darunter mag auch der eine oder andere Italiener gewesen sein ;)

Und was die stilistischen Ähnlichkeiten angeht - es gab zu seiner Zeit durchaus stilistische Normen. Speziell die Form von Gedichten und Sonetten war streng einzuhalten, es konnte bei weitem nicht so frei geschrieben werden wie heute, wenn man Anerkennung wollte.

Wenn man sich z.B. das Sonett 130 von Shakespeare ansieht, merkt man recht deutlich, was er von den "standard"-Metaphern und Ähnlichem hielt.

"And yet, by heaven, i think my love as rare
As any she belied with false compare."

Um nur die letzten zwei Zeilen zu zitieren.

Es ist ja durchaus möglich und wahrscheinlich, dass Shakespeare mit den großen Geistern seiner Zeit in Kontakt stand... dass er allerdings nur seinen Namen beigesteuert haben soll für die Werke Anderer, halte ich jedoch persönlich für sehr unwahrscheinlich - spätestens ab dem Moment, wo er quasi direkt der Königin unterstand, wäre es schlicht nicht mehr möglich gewesen, unbemerkt immer wieder Dramen Anderer auf die Bühne zu bringen, ohne aufzufallen...
 
Looney's Argument kommt von seiner Überzeugung, dass "Der Kaufmann von Venedig" nur von einem Mann geschrieben werden konnte, der sowohl Italien als auch das italienische Leben aus erster Hand kannte, und daher niemals von einem Schauspieler aus Stratford geschrieben werden konnte.

Zumindest für mich konnten die Stradfordianer deutlich aufweisen, dass Shakespeare genug Fantasie und durch Bücher Wissen von Italien haben konnte, um seine Handlungen an beliebigen Orten stattfinden zu lassen.

Allerdings muss ich bemerken, dass es für mich nicht unlogisch klingt, dass jemand, der "nur" in England gewesen ist, so viel über Italien gewusst haben kann.

Spätestens zu dem Zeitpunkt, als Shakespeare offiziell der Königin unterstand und das Globe übernahm, dürfte er durchaus genügend Kontakte zu Leuten gehabt haben, die von außerhalb Englands an den Hof drängten, darunter mag auch der eine oder andere Italiener gewesen sein ;)

Shakespeare hat ja viele seiner Stücke in Italien spielen lassen (andere in Dänemark) und/oder sie als Historiendramen aufgezogen, also in die Vergangenheit zurück versetzt, nicht ohne sich auch an antiken Dichtern zu bedienen (mal ganz abgesehen von der aus der Antike überlieferten Dramen- und Komödien-Poetik). Etwa drei Jahrhunderte nach Shakespeare hat sich Brecht bzgl. seiner exotischen Handlungsorte (Chicago, Sezuan, London, Kaukasus etc.) mal sinngemäß dahingehend geäußert, dass dieselben Leute eine Erzählung dann nicht so ernst nehmen, wenn sie vor der eigenen Haustür passiert, wie wenn sie an weit entfernten Orten passiere. Erst dann, so Brecht sinngemäß, nähmen die Menschen die dahinter liegende Wahrheit wahr. Dieses Prinzip finden wir schon in der Antike, etwa bei den Atlantis-Dialogen Timaios und Kritias. Oder seit Thomas Morus, eine Generation vor Shakespeare, in der utopischen Literatur.
Weiterhin ist zu fragen, wie viel "Italienisches" außer den Namen denn überhaupt in den Stücken enthalten ist. Was macht das besonders "italienische Flair" im Kaufmann von Venedig aus?
Ein drittes: Italien hatte seit der Renaissance eine kulturelle Vorreiterrolle, die auch noch im Barockzeitalter galt, das Sonett, wofür Shakespeare ja auch bekannt ist, ist eine italienische Erfindung (ein spanischer Dichter spottet über seine Dichterkollegen Boscán und Garcilaso (die beiden ersten Sonett-Dichter in Spanien), dass sie in 'italienischen Versen' dichten, die er nicht gerade für den Höhepunkt der Verskunst hält - unausgesprochen bleibt dabei, dass er selber in seinem Spottgedicht auf das Sonett die Form des Sonetts wählt: Cristobal de Castillejo, Represión contra los poetas españoles que escriben verso en italiano). Italien war also für die Kunstschaffenden ein Fixpunkt, es war also nur logisch, sich an Italien zu orientieren.
 
In Shakespeares Stücken steht ja nun generell die Handlung an sich im Vordergrund und nicht die Gegend, in der diese Handlung sich abspielt.

Es wird zwar immer wieder darauf hingewiesen, wo denn die Handlung stattfindet, aber es werden eigentlich nur genauere Beschreibungen der unmittelbaren Umgebung geliefert.

Ein Beispiel dafür wäre Hamlet, die Handlung spielt (wie schon im Titel ersichtlich) in Dänemark - das wird allerdings nur immer wieder erwähnt und bis auf die Tatsache, dass Rosencrantz und Guildenstern mit dem Schiff reisen, könnte die Burg von Hamlets Vater beihnahe überall stehen.

Einen Fluss, einen Friedhof und eine Burg kann man wohl überall auf der Welt platzieren...


Die wiederholte Erwähnung der Örtlichkeit ist wohl auch den mäßigen Möglichkeiten zum Bühnenbild geschuldet: wer schoneinmal das Globe Theatre besichtigt hat, wird wissen, dass die Bühne nach drei Seiten hin offen ist. Da ist dann nicht viel Spielraum was das Bühnenbild angeht, wie in heutigen Produktionen, oder gar Filmen.


Wenn ich ehrlich bin, habe ich den "Kaufmann von Venedig" noch nicht gelesen, kann mir aber dennoch nicht unbedingt vorstellen, dass es dort anders gehandhabt wurde als in seinen anderen Dramen. Und rein mündliche Beschreibungen kann man eben auch durch Bücherwissen oder italienische Bekannte ansammeln, dafür braucht es keinen Besuch in jenem Land.

Wir heute wissen ja schließlich auch, wie die Freiheitsstatue aussieht, ohne je dort gewesen zu sein, und könnten sie Detailreich beschreiben. Ja, okay, wir haben heute Fotos, aber auch zu Shakespeares Zeiten gab es Maler, die ihre Heimat einfingen - solche Gemälde werden sicherlich auch in England aufzutreiben gewesen sein, wenn man sich nicht auf das Bücherwissen allein verlassen wollte.

Auch darf man nicht vergessen, dass gerade das Elizabethanische Zeitalter kulturell sehr fortschrittlich war. Gerade gehobene Persönlichkeiten haben viel Zeit und Kosten aufgewandt, um sich weiter zu bilden, dazu gehörten neben Reisen auch das schlichte Interesse an anderen Ländern, wie ich wetten möchte. Und wer Interesse hat, holt sich Informationen, wie heute auch. Hinzu kommen dann noch bestimmte Stereotype, die sich herauskristallisieren, wie sich z.B. Leute aus fremden Ländern wohl kleiden etc.

Somit konnte auch ein Shakespeare manchmal allein durch die Kostüme der Schauspieler ausdrücken, woher diese Figuren "stammten".
 
Looney's Argument kommt von seiner Überzeugung, dass "Der Kaufmann von Venedig" nur von einem Mann geschrieben werden konnte, der sowohl Italien als auch das italienische Leben aus erster Hand kannte, und daher niemals von einem Schauspieler aus Stratford geschrieben werden konnte.
Ich wüsste auch nicht, was eigentlich so spezifisch italienisch an Shakespeares in Italien angesiedelten Dramen sein soll, dass sie nur jemand, der dort war, geschrieben haben kann. Hast Du da ein Beispiel?
Wie El Quijote und FoxP2gen schon ausgeführt haben, sind die Schauplätze in Shakespeares Dramen in der Regel doch sehr beliebig. Dass so viele Dramen in Italien spielen, würde ich schlicht damit erklären, dass es bei vielen für die Handlung sinnvoll ist, wenn sie in Kleinstaaten mit einem Fürsten, ein paar rivalisierenden Adligen und eventuell ein paar umtriebigen Händlern spielen, und die gab es zu Shakespeares Zeiten nun einmal vor allem in Italien. Vielleicht war für das englische Publikum auch die Exotik reizvoll.
 
[...]Die Präsenz einer Frau in dieser Gruppe mag seltsam scheinen, wird jedoch dadurch erklärt, dass die Einsicht in die weibliche Psychologie in den Werken immer wieder sehr präsent ist. Darüber hinaus war sie in ihrer Zeit sehr verehrt und galt als brilliant, und war auch die Schwester des Dichters Sir Philip Sidney.

[...]

Ich unterstelle hiermit, haltlos, dem Herren der die Theorie der sieben Shakespeares aufgestellt hat, daß er nicht so sehr Einsichten in die weibliche Psyche erklären wollte, sondern homoerotische Tendenzen in den Sonnetten*, die durch eine weibliche Autorin "bequemer" erklärt werden konnten. Über die sexuelle Orientierung Shakespeares wird noch immer heftig diskutiert, wobei meines Erachtens die Diskussionen eher das reflektieren was zum jeweiligen Zeitpunkt akzeptiert und verständlich ist. Da es sich bei Shakespeare um den englischen Nationalbarde handelt, finde ich es persönlich faszinierender die Diskussionen die sich darum ranken anzusehen, da diese teilweise eher einen gesellschaftlichen Wandel dokumentieren, als tatsächliche Erkenntnisse hervorbringen. Heutzutage ist es halt viel akzeptabler, daß ein nationales Symbol nicht einer rigiden Heteronormativität gefolgt ist, als es vor einigen Jahrzehnten war.



*) Z.B: Sonnett 20. Leider habe ich nur die englische Version vor mir, und Elizabethanisches Englisch richtig und in poetischer Form zu übersetzen, übersteigt meine Fähigkeiten. In der zweiten Zeile wird der/die Angesprochene als "Master-mistress of my passion" also als "Herr-Herrin (was jedoch auf Mätresse/Liebhaberin bedeuten kann) meiner Leidenschaft" bezeichnet. Diese Zeile wird nach wie vor heftig diskutiert.
 
Es gibt viele Argumente wieso de Vere der eigentliche Autor der Shakespeare Stücke war, z.B. dass er besserer Herkunft war und daher das nötige Wissen hatte um die Werke überhaupt zu verfassen. Und das ist nur eines der oberflächigen Indizien.
 
Die Frage mit dem Wissen ist kein Argument, sondern eine Behauptung, die auch nicht nachgewiesen werden kann. Wer weiß denn schon genau, was der andere weiß. Mit denselben Argumenten könnte man, wenn man müßte, auch Schiller die Urheberschaft seiner Werke absprechen.
Ich glaube, das Problem hat eine methodische Wurzel. Es wird ganz oft davon ausgegangen, daß es möglich wäre, daß ein anderer (oder mehrere) die Stücke unter dem Namen Shakespeare herausbrachten. Möglich ist immer vieles. Es müßte aber von allen Gegnern der zunächst mal einfachen Ausgangslage, daß es einen Menschen namens Shakespeare gab und daß es Theaterstücke unter diesem Namen gibt, eindeutig nachgewiesen werden, daß es absolut unmöglich ist, daß dieser Mensch die Stücke geschrieben haben kann. Argumente, die mit dem Wortschatz, mit Bildung, mit Reisemöglichkeiten hantieren, bleiben im Bereich von Wahrscheinlichkeiten, sind aber nicht beweiskräftig.
Nach diesem Muster hätte ich, als Kind einer bildungsfernen Arbeiterfamilie aus dem Osten Deutschlands, niemals eine Geisteswissenschaft studieren dürfen, und mein Wortschatz übertrifft den meines Vaters auch erheblich.
 
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Was mir gerade durch den Kopf geschossen ist...


Woran machte denn Looney eigentlich das Argument fest, dass Shakespeare zu viel über das Leben in Italien wusste??

Die Beschreibungen des Bühnenbilds sind bei Shakespeare ja meistens eigentlich eher knapp - wie ich bereits anmerkte, wohl auch aufgrund der eher beschränkten Möglichkeiten ein Solches aufzubauen auf o.g. Bühne.

Macht er das nur am Verhalten und den Dialogen der Charaktere fest? Diese sind wie ich weiter oben schon anmerkte kein "reiner Shakespeare" mehr, selbst wenn Looney die älteste, bekannte Shakespeare-Sammlung zur Hand hätte, wären darin ja nur Nacherzählte und abgeschriebene Texte zu finden, da ja, wie auch oben ausgeführt, keine vollständigen Stücke vorhanden sind/waren, als die Gesamtausgabe veröffentlicht wurde...

Und angesichts der Tatsache, dass auch ein Theaterintendant damals wirklich gut verdient hat, oder ggf. auch Personen befragt wurden, die nur bei einem Stück anwesend waren - können die doch durchaus ebenfalls in Italien gewesen sein oder gar AUS Italien stammen - sodass die Beschreibungen, auf die Looney seine Aussage stützt unter Umständen nicht einmal von Shakespeare selbst so verfasst wurden ...?

Gerade Schauspieler waren ja oft weit gereist und an mehreren Theatern beschäftigt innerhalb ihres Lebens...

Das war nur so ein Gedanke, korrigiert mich bitte, wenn ich falsch liege.

:winke:
 
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Es gibt viele Argumente wieso de Vere der eigentliche Autor der Shakespeare Stücke war, z.B. dass er besserer Herkunft war und daher das nötige Wissen hatte um die Werke überhaupt zu verfassen. Und das ist nur eines der oberflächigen Indizien.

William Shakespeare kam aus einem recht wohlhabenden Eltenrhaus und hat durchaus auch eine Lateinschule besucht und beherrschte wohl 2 klassische Sprachen (Altgriechisch, Latein), konnte deshalb wohl die Dramen der Antike verstehen und nachvollziehen. Dazu wurde er wahrscheinlich in Dichtkunst unterrichtet. Die Legende des armen, ungebildeten Schriftstellers ist historisch einfach falsch, leisder immer noch weit verbreitet.
Außerdem hätte de Vere dann nach seinem Tod noch ein Haufen Stücke wie The winter's Tale oder Pericles, Prince of Tyre oder the Tempest schreiben müssen.

edit: Satzbau etwas verfeinert...
 
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Ein Konstrukt hat nunmal den Vorteil, dass es nicht an Fakten gebunden ist, sondern nur auf Indizien zeigen muss. Ich habe mir eben kurz überlegt, wie ich es logisch darstellen konnte, dass der große Dichter ein Außerirdischer war. Auch dafür hätte ich eine stringente Argumentationslinie gehabt, nur hätte sie bei dieser Arbeitshypothese keiner für voll genommen. All diese Theorien basieren lediglich auf der falschen Vorstellung, dass ein "einfacher" Mensch in der frühen Neuzeit keine Bildung erhalten konnte, dass man für den Schulbesuch ein "von" benötigte. Dass sich da findige Autoren mit "Verschwörungsromanen" ihr Geld verdienen ist dann eine Frage des finanziellen Aspekts. Immerhin verkauft sich so ein Werk besser als die 20. "historische" Biographie.
 
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