Wirtschaft und Thesaurierung bei den Germanen zur Zeitenwende

C

Cherusker

Gast
[Mod]Die folgenden Beiträge bis Beitrag #20 stammen ursprünglich aus dem Thread http://www.geschichtsforum.de/f28/kalkriese-als-ort-der-varusschlacht-zweifelhaft-22738/. Sie wurden hierher kopiert/verschoben, teilweise sind noch Reste der anderen Diskussion erhalten - dadurch bitten nicht irritieren lassen. El Quijote [/Mod]


Dr. Rosenfeldt hat in seinem Text einige "Ungereimtheiten", die doch noch einer Überlegung bedürfen.

Bsp.:
Auf Seite 18 (4.3. DAS SOMMERLAGER DES VARUS) schreibt er, daß die Germanen nur eine wenig effektive Landwirtschaft besessen haben, die keine zusätzlichen Überschüsse erwirtschaften konnte.
Hier zieht er wohl einen Vergleich zur keltischen Landwirtschaft? Das Ergebnis haben auch Archäologen festgestellt. Aber auf S.20 (4.4. DIE ABSICHTEN DER RÖMER) stellt Dr.Rosenfeldt fest, daß Archäologen bei einer agrarischen Gesellschaft nur 4% der Gesamtbevölkerung für kriegerische Unternehmungen bereitstellen konnten.

Antwort:Was denn nun, Bauern oder Krieger? Die Germanen zur Zeitenwende waren keine Bauern, sondern Krieger, die eine rudimentäre Landwirtschaft unterhielten!

Auch fragt er sich, was denn die Römer überhaupt in Germanien suchten? Da es ja wohl nichts zu holen gab.

Anwort:Allerdings betrieben die Römer schon z.B. Erzabbau im Sauerland und mit Ausschaltung der germanischen Bedrohung, hätten die Römer auch eine Menge neue Krieger für ihr Heer erhalten. Später hat man sie verstärkt als Söldner angeworben. Somit haben die Römer schon ein Interesse gehabt, Germanien zu unterwerfen, um dort eine Provinz einzurichten. Es ist ihnen einfach nur nicht geglückt und so zog man sich wieder an die Rheingrenze zurück.
 
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Ave Cato und Cherusker,


Cherusker schrieb:
...Aber auf S.20 (4.4. DIE ABSICHTEN DER RÖMER) stellt Dr.Rosenfeldt fest, daß Archäologen bei einer agrarischen Gesellschaft nur 4% der Gesamtbevölkerung für kriegerische Unternehmungen bereitstellen konnten. Antwort:Was denn nun, Bauern oder Krieger? Die Germanen zur Zeitenwende waren keine Bauern, sondern Krieger, die eine rudimentäre Landwirtschaft unterhielten! ...


Naja, vom Krieg kann (fast) niemand leben. Dauerhaft schon gar nicht. Krieg schafft kein Bruttoinlandsprodukt, es vernichtet und verschiebt lediglich einiges davon hin und her. Die volkswirtschaftlichen Kosten einer Kriegerkaste sind erheblich. Die weltweit grösste Kriegsmacht USA, die seit Jahrzehnten praktisch ständig irgendwo im Konflikt steht, unterhalten rund 1,5 Mio Soldaten, also etwa eine Kriegerkaste von 0,5 %. Anderswo ist dass nicht anders, selbst in Zeiten des totalen Krieges lässt sich so eine Quote kaum über 10 % treiben, und das hält auch die stärkste Volkswirtschaft nicht lange durch. 4 % sind da schon absolute Oberkante Unterlippe, gerade auch in der relativ schwachen antiken Volkswirtschaft Germaniens.


Aber kommen wir mal zurück zum „Kamingespräch“: Ziemlich rätselhaft sind nun mal die Goldfunde in und um Kalkriese. Von rund 2000 Münzen sind nämlich rund 30 Goldmünzen, dass sind immerhin 1,5 % der Fundmünzen. In Haltern z.B. sind es viel weniger, nur so etwa 0,1 %. Wenn wir annehmen, dass das wirklich zufallsverteilt ist, so ergibt sich folgendes überschlägiges Bild zur Orientierung:

Wieviele Münzen (Au, Ag, Cu) führen ca. 30.000 Menschen, zum grössten Teil Römer und Legionäre mit? Wenn wir bedenken das der Sommerzug sagen wir drei Monate dauerte, also ca. 100 Tage, so kämen alleine als Sold der 15000 Legiönare etwa 1,5 Mio Denare zusammen, in Sesterzen also 6 Mio. Stücke. Die Zivilisten und Händler wollen auch Spass, da kommt noch mal locker das gleiche Zusammen. Alles in allem dürften mindestens rund 10 bis 20 Millionen Münzen aller Sorten unterwegs gewesen sein. Nun, 1,5 % Anteil davon sind etwa 150.000 bis 300.000 Goldmünzen. Ein Aureus wog 8,19 Gramm, ergibt also etwa 1228 bis 2457 Kg Gold.

Zudem war Gold als Zahlungsmittel für Vibiusnormalverbraucher ungeeignet, da der Wert ein Monatsgehalt war, also kaufkraftmässig so etwa ein 3000-Euro-Schein. Es war kaum zum Handel unter den Legionären noch zum Handel mit Germanen geeignet, wer sollte einem da rausgeben, wenn man mal gerade „ne Ansichtskarte“ kaufen wollte? Gold hat nur Sinn zum Bunkern von Werten, oder für wirklich grosse Geschäfte wie Bestechungen etc. pp. Das kam wenn überhaupt nur für hohe Offiziere in Frage, respektive Varus.

Nun, ein bis zweieinhalb Tonnen Gold, dabei wird einem geradezu übel. Nehmen wir also an, dass in obiger Rechnung statistische Auswahleffekte beinhaltet sind, und es waren vielleicht auch nur gut 500 Kg. Nach obiger Rechnung hatten die eine Kaufkraft von rund 200 Millionen Euro. Wozu brauchte die Varus? Für ab und an eine Kiste Met zu kaufen ein bisschen viel....für Bestechung oder normale Geschäfte auch, und wenn, dann wäre die Frage wieso war der Zaster ganz zum Schluss immer noch dabei und nicht verausgabt?

Es scheint mir daher so, dass er sein Vermögen mitschleppte. Warum? Vielleicht konnte er am Rhein niemanden trauen, so dass er es mitschleppen musste. Oder eben, er hatte nicht wirklich vor, so schnell wieder zurück zukommen.

Zumindest eine faszinierende Möglichkeit um das ungewöhnlich viele Gold zu erklären.

 
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Naja, vom Krieg kann (fast) niemand leben. Dauerhaft schon gar nicht. Krieg schafft kein Bruttoinlandsprodukt, es vernichtet und verschiebt lediglich einiges davon hin und her. Die volkswirtschaftlichen Kosten einer Kriegerkaste sind erheblich. Die weltweit grösste Kriegsmacht USA, die seit Jahrzehnten praktisch ständig irgendwo im Konflikt steht, unterhalten rund 1,5 Mio Soldaten, also etwa eine Kriegerkaste von 0,5 %. Anderswo ist dass nicht anders, selbst in Zeiten des totalen Krieges lässt sich so eine Quote kaum über 10 % treiben, und das hält auch die stärkste Volkswirtschaft nicht lange durch. 4 % sind da schon absolute Oberkante Unterlippe, gerade auch in der relativ schwachen antiken Volkswirtschaft Germaniens.

Jetzt vergleichst Du aber Äpfel und Birnen. Auf der einen Seite Krieg mit hoffentlich halbwegs disziplinierten Soldaten, denen Übergriffe auf die Bevölkerung verboten sind, von Plünderungen ganz zu schweigen, und auf der anderen Seite antike Völkerschaften, die z.T. gerade der Plünderung wegen überhaupt Kriege führten.
Wenn darüber eine Diskussion notwendig sein sollte: Bitte einen eigenen Thread!

Es ist inzwischen auch praktisch unzweifelhaft, dass Varus Kalkriese nicht mehr mit vollzähligen Truppen erreichte. Die 12000 erscheinen mir im übrigen ehr zu hoch gegriffen, in älteren Veröffentlichungen entsinne ich mich, dass man von wenigstens etwa 3000 bis 5000 sprach. Die Zahl von 12000 beweist jedenfalls nichts, außer dass, wenn die Schätzung verlässlich wäre, das Heer diese Mindestgröße gehabt haben muss, womit kleinere Scharmützel (insbesondere diese diffusen unbekannten) definitiv ausgeschlossen sind.

Gehen wir von drei Legionen aus, denen die Hilfstruppen abhanden kamen - volle Mannschaftstärken sind die Ausnahme -, dann hätten wir < 18.000 Mann. Aber mit welcher Methode erhebt man, wieviele Legionäre durch die Niederwedder Senke gezogen sind? Hier wird davon ausgegangen, dass es um 12.000 waren. Mit welcher Methode? Scusi, aber mir fehlt da noch jeder Hinweis auf eine solide Datenbasis.


Aber kommen wir mal zurück zum „Kamingespräch“: Ziemlich rätselhaft sind nun mal die Goldfunde in und um Kalkriese. Von rund 2000 Münzen sind nämlich rund 30 Goldmünzen, dass sind immerhin 1,5 % der Fundmünzen. In Haltern z.B. sind es viel weniger, nur so etwa 0,1 %.

Nun gibt es zu Haltern einen gewichtigen Unterschied: Hier wurden die Münzen in einem Gefecht verloren (und möglicherweise die Horte später von Germanen als Opfer deponiert), dort hat man einen Hortfund gemacht, der laut Wikipedia dem etwa Jahressold eines Soldaten entsprach.

Weiterführende Überlegungen sollten sein: Wie hatten die Soldaten ihren Sold am liebsten. Wie hatte der Feldherr den Sold der Soldaten am liebsten?

Die Soldaten brauchten Kleingeld, zum Ausgeben. Der Feldherr dagegen musste das Geld aus den Münzstätten heranschaffen lassen. Ihm waren daher größere Einheiten wichtiger.

In Haltern als aufgelassenem Lager findet man daher nur den vergessenen Hort, nicht die Kriegskasse, in Kalkriese dagegen, wo es also offensichtlich die Kriegskasse erwischt hat, findet man dann natürlich auch mehr große Devisen.
 
Jetzt vergleichst Du aber Äpfel und Birnen. Auf der einen Seite Krieg mit hoffentlich halbwegs disziplinierten Soldaten, denen Übergriffe auf die Bevölkerung verboten sind, von Plünderungen ganz zu schweigen, und auf der anderen Seite antike Völkerschaften, die z.T. gerade der Plünderung wegen überhaupt Kriege führten.
[/font] Wenn darüber eine Diskussion notwendig sein sollte: Bitte einen eigenen Thread!

Dem stimme ich zu. Es ist völlig abwegig, antike germanische Gesellschaften mit heutigen Volkswirtschaften zu vergleichen. Die Kriegszüge der Germanen galten u.a. der Plünderung. Das was man selbst nicht hatte und durch Handel nicht erreichte, das hat man sich halt "besorgt". Ein germanischer Stamm war autark. Der Handel mit Römern war zwar von etlichen Stämmen gewollt, wurde aber auch von einigen Stämmen strikt abgelehnt, die jeden Austausch mit den Römern vermieden (lt. Timpe). Auch konnte man sich durch einen Raubzug nach Gallien mit diversen zivilisatorischen Gütern eindecken. Der großflächige Handel und die Arbeitsteilung zum Wohle einer Volkswirtschaft waren noch nicht vorgesehen. Daher bestand zu der Zeit in Germanien auch keine Geldwirtschaft, wie sie es schon in Gallien gab.

Fazit:
Ein Germane verhielt sich so wie seine späteren nördlichen "Nachkommen", die Wikinger. Allerdings hatten die noch mehr den Handel im Visier.
 
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Ave El Quijote und Cherusker,


Das man in der Antike kaum Ahnung von Volkswirtschaft hatte, berechtigt nicht zu der Annahme dass sie keine Rolle gespielt hätte. Plünderungen helfen nur dann die Kosten von Kriegsführung zu reduzieren, wenn man sie ausserhalb des eigenen Wirtschaftsraumes durchführt. Wenn die Germanen z.B. nur zwischen Ihren Stämmen Raubzüge ausführten, dann stellte das nur ein Verschieben von BIP dar, wobei aber wegen der notwendigen Schäden durch die Raubzüge das BIP in der Gesamtrechnung sogar deutlich verringert wurde.

(Wenn z.B. Stamm A von Stamm B geplündert wird und der dann wiederum von Stamm C der dann vielleicht wieder von Stamm A, dann hat unter Strich die Gesamtheit ABC nichts gewonnen sondern durch die Kriegsschäden nur jedemenge verloren. Um was zu klauen braucht es immer jemanden, der auch wieder was neues herstellt. Sonst kann man dass im nächsten Jahr schon vergessen, weil nichts mehr zum klauen da ist und alle verhungern. In antiken Gesellschaften ohne wesentliche Überschüsse und Vorratshaltung war das noch viel gravierender als heute.

Hinzu kommt noch ein sekundärer Schaden: Die Kriegerkaste besteht zum grossen Teil aus jungen erwerbskräftigen Männern, die gerade dann im unbedingt notwendigen Produktionsprozess fehlen! Z.B. 4% Krieger bedeutet das im Produktionsprozess weit mehr, vielleicht 20 % der kräftigsten Erwerbspersonen, und auch die wichtigsten Erzeuger und Versorger der nächsten Generation, fehlen.)


Will man dauerhaft von Raubzügen leben, so funktioniert das nur, wenn man ständig expandiert um neue Jagdgründe zu erschliessen. Oder eben nur, wenn die Kriegerkaste so klein bleibt, dass der Schaden volkswirtschaftlich erträglich bleibt. Expandieren konnten die Germanen so gut wie nicht, und selbst das wesentlich potentere römische Reich erreichte damit sehr schnell seine Grenzen. Nur eine funktionierende Wirtschaft ermöglicht überhaupt die dauerhafte Existenz einer Kriegerkaste. Funktionieren tut sie aber nur, wenn man die Volkswirtschaft dabei einigermassen in Ruhe lässt. Daher sind nur kleine Prozentzahlen an Kriegern überhaupt möglich ohne ruinös zu sein.

Das bis heute die Germanen mehr als Kriegervolk denn als Landwirte und Handwerker gesehen werden, ist nur der grob verallgemeinernden Darstellung vorallen des Tacitus zu verdanken. Mit der wirtschaftlichen Realität hatte es wenig zu tun. Die überwiegende Mehrzahl der Bevölkerung beschäftigte sich mit Dingen des täglichen Lebens. Was Tacitus letzlich zum Ausdruck brachte war, das die Germanen vielleicht eine etwas grössere Kriegerkaste als üblich besassen, die zudem auch noch ausgesprochen kampftauglich waren.


El Quijote schrieb:
...Weiterführende Überlegungen sollten sein: Wie hatten die Soldaten ihren Sold am liebsten. Wie hatte der Feldherr den Sold der Soldaten am liebsten?...

Yep, genau. Wie sah das eigentlich aus in der römischen Armee? Wurde der Sold für eine solche Unternehmung im Voraus, während oder danach ausgezahlt? In welcher Münze vorzugsweise? Häufig wurden solche Zahlungen ja durch Gegenstempel gekennzeichnet, soviel ich weiss aber nur beim Kupfer, so dass wir hier sehr viele u.a. VAR gestempelte Asse vorfinden. Gibt es da genaueres überliefert?


Beste Grüsse, Trajan
 
Ave El Quijote und Cherusker,


Das man in der Antike kaum Ahnung von Volkswirtschaft hatte, berechtigt nicht zu der Annahme dass sie keine Rolle gespielt hätte. Plünderungen helfen nur dann die Kosten von Kriegsführung zu reduzieren, wenn man sie ausserhalb des eigenen Wirtschaftsraumes durchführt. Wenn die Germanen z.B. nur zwischen Ihren Stämmen Raubzüge ausführten, dann stellte das nur ein Verschieben von BIP dar, wobei aber wegen der notwendigen Schäden durch die Raubzüge das BIP in der Gesamtrechnung sogar deutlich verringert wurde.

Es wurde bei den Germanen kein BIP (Brutto Inlands Produkt) ermittelt und es gab somit auch keinen Wirtschaftsraum, wie er im heutigen Sinne zu verstehen ist. Das konnte man eher von den Kelten erwarten, die in ihrer Entwicklung einige Jahrhunderte voraus waren. Aber nicht bei den Germanen um die Zeitenwende.
Hungersnöte bei den Stämmen waren keine Seltenheit, sondern im Frühjahr eine Regelmäßigkeit. Phasen der Mangelernährung sind bei Jugendlichen nachgewiesen worden. Größtenteils gab es vegetarische Kost (meist ein Brei aus Gerste und Hafer; Beeren, Kräuter, Linsen, Eicheln(!),...) mit einem Unkrautsamenanteil von bis zu 40%! Die Jagd war eher selten. Es waren harte Zeiten mit viel Gewalt! (lt. Prof. Dr. Ebel-Zepezauer)
Und die Meinung, daß die Germanen ein Kriegervolk waren, stammt nicht nur von Tacitus, sondern wird von heutigen Archäologen und Historikern unterstützt.

Die Meinung, daß die Germanen ein Bauernvolk waren, das gelegentlich mit anderen Völkern und Stämmen Handel trieb, um somit die Überschüsse der Landwirtschaft zu verwenden, entspricht einer Denkweise des 19./20.Jh. . Dort wird der Germane als Bauer dargestellt, der auf seiner Scholle saß und dann vom bösen Römer Varus angegriffen wurde. Seine treue und kinderliebe Ehefrau reichte ihm Schild, Frame und Schwert, damit er seine Sippe gegen die bösen Eindringlinge verteidigen konnte. Und Hermann, der Cherusker, hat dem Germanen das Kämpfen beigebracht....vorher wußte der friedlebende Bauer nicht, wie er die Frame zu halten hatte. Danach konnte er es mit Germanicus und seinen Legionen aufnehmen. Diesen Quatsch findet man in unzähligen Büchern, die selbsternannte Experten bzw. Autodidakten veröffentlichten.

So ein römischer Troß war für einen beutegierigen Germanen wie ein "Supermarkt". Daher wird häufiger berichtet, daß die Germanen lieber plünderten als die Römer endgültig zu vernichten.
 
So ein römischer Troß war für einen beutegierigen Germanen wie ein "Supermarkt". Daher wird häufiger berichtet, daß die Germanen lieber plünderten als die Römer endgültig zu vernichten.
Das ist doch nichts spezifisch Germanisches. Noch in der Neuzeit gingen nicht wenige Schlachten verloren, weil die Soldaten lieber ans Plündern statt ans Kämpfen dachten.
Was glaubt ihr wohl was passierte, als die ausgehungerten und grippekranken Landser bei der Frühjahrsoffensive 1918 in Flandern auf nicht geräumte britische Nachschublager trafen.
 
Es leuchtet mir nicht ein, warum Varus auf seinem Zug zum Aufstandsgebiet entfernter Völker so große Geldsummen mitgeführt haben sollte? Wollte er die Aufrührer mit Geldgeschenken besänftigen?

Auch zum Ausheben von (Hilfs-)Truppen braucht man Geld. Aber auch wenn das Geld für Germanen bestimmt war: Wie sehr Geldgeschenke politische Entscheidungen beeinflussen - und in Mittelalter und Antike war solches durchaus Usus und wurde so auch von politischen Akteuren erwartet - braucht man wohl nicht zu sagen.
 
Es leuchtet mir nicht ein, warum Varus auf seinem Zug zum Aufstandsgebiet entfernter Völker so große Geldsummen mitgeführt haben sollte? Wollte er die Aufrührer mit Geldgeschenken besänftigen?


Gruß Cato

Vor allem waren die Germanen zu der Zeit überhaupt nicht an Geldgeschenken interessiert. Vielmehr waren römische Gebrauchsgegenstände und Waffen wichtiger. So soll später jedes zweite Schwert aus römischer Produktion stammen.
Aber mit römischen Geld konnte ein germanischer Adeliger wenig anfangen. Er hätte auf römische Händler warten müssen....
Selbst einige Jahrhunderte später waren Germanen eher an den Bildnissen der Münzen (z.B. Pferde) interessiert als an dem eigentlichen Wert. Sie schlugen Löcher in die Münzen, damit man sie an einer Kette tragen konnte.

Nur Römer selbst waren an großen Geldsummen interessiert, um so den Sold der Legionäre auszahlen zu können. So mußte Germanicus auch aus seinem Privatvermögen Gelder bereitstellen, um die Legionäre zu entschädigen bzw. bezahlen.

Aber warum Varus einen großen Geldbetrag mit sich führen sollte, das ist schon fraglich? Für Kampfhandlungen hat er es nicht gebraucht....oder wohlten die Römer damit die Schleuderbleie ersetzen?
 
Ave Cato,

Cato schrieb:
...Es leuchtet mir nicht ein, warum Varus auf seinem Zug zum Aufstandsgebiet entfernter Völker so große Geldsummen mitgeführt haben sollte? Wollte er die Aufrührer mit Geldgeschenken besänftigen?...

Eben, da habe ich auch so meine Zweifel. Warum soviel und warum war es am Ende dann auch noch nicht verausgabt, für was auch immer? Schon ein Rätsel, das einer befriedigenden Lösung harrt. Vielleicht ist die Lösung aber auch ganz simpel, er wollte sein Gold vielleicht nicht zu Hause lassen, weil es dort ein paar Monate nicht sicher gewesen wäre. Dann frage ich mich allerdings, wieso war es am Rhein nicht sicher? Selbst das wäre noch eine interessante Frage.


Cato schrieb:
...Asprenas wurde zudem später vorgehalten, er hätte sich am Erbe der Gefallenen aus dem Varuskrieg bereichert. ...

Asprenas scheint jedenfalls eine im Zusammenhang mit Varus interessante Person zu sein. Was wissen wir eigentlich sonst noch über seinen Lebensweg vor und gerade auch nach der Varusschlacht?

Beste Grüsse, Trajan.
 
Vor allem waren die Germanen zu der Zeit überhaupt nicht an Geldgeschenken interessiert. Vielmehr waren römische Gebrauchsgegenstände und Waffen wichtiger. So soll später jedes zweite Schwert aus römischer Produktion stammen.
Aber mit römischen Geld konnte ein germanischer Adeliger wenig anfangen. Er hätte auf römische Händler warten müssen....
Selbst einige Jahrhunderte später waren Germanen eher an den Bildnissen der Münzen (z.B. Pferde) interessiert als an dem eigentlichen Wert. Sie schlugen Löcher in die Münzen, damit man sie an einer Kette tragen konnte.
Das Aufziehen von Münzen auf Ketten ist allerdings ein Brauch, der weit verbreitet war und nicht die Entwertung des Geldes zufolge hatte. Münzen wurden ja vielfach auch halbiert und geviertelt, wenn es dem Warenwert entsprach. Das Aufziehen auf Ketten, teilweise auch das Einschmelzen in unförmige Silberklumpen, diente vor allem dem Transport und seiner Vereinfachung.
 
Gerade barbarische Völkerschaften waren bekannt für ihre Goldgier. Ich erinnere an Brennus, auch Attila ließ sich horrende Mengen davon bezahlen. Gerade mobile Gesellschaften (Nomaden) können so ihr Vermögen permanent am Mann bzw. Pferd haben. Das entsprechende Warenäquivalent dürfte auch den Germanen bekannt gewesen sein, weshalb mich die Interpretation der Kalkrieser Funde als "Weihegeschenk" nicht überzeugt. Da der Kampf 3 Tage dauerte, wird so mancher Römer seine Klunkern vergraben haben, in der Hoffnung sie eines Tages wiederholen zu können.
 
Gerade barbarische Völkerschaften waren bekannt für ihre Goldgier. Ich erinnere an Brennus, auch Attila ließ sich horrende Mengen davon bezahlen. Gerade mobile Gesellschaften (Nomaden) können so ihr Vermögen permanent am Mann bzw. Pferd haben. Das entsprechende Warenäquivalent dürfte auch den Germanen bekannt gewesen sein, ....

In Germanien waren die Römer gerade erst dabei Märkte und Städte zu gründen. Ein gutorganisierter Handel war somit noch nicht gegeben. Vielmehr zogen bis dahin römische Händler in die Stammesgebiete, um dort ihre Waren gegen andere Waren zu tauschen. Sicher mag es auch ein paar Germanen gegeben haben, die durch engeren Kontakt mit Römern auch Geld als Zahlungsmittel akzeptierten. Aber je weiter man vom Rhein wegkam, desto geringer wurde die Chance. Das sieht man auch an römischen Gefäßen, die man in unmittelbarer Umgebung zu den Römern fand. Selbst Kopien waren diesen sehr ähnlich. Aber je weiter man sich vom römischen Einzugsgebiet entfernte, desto einfacher und minderwertiger wurden diese Kopien.

Und die Goldgier stand bei den Germanen eindeutig hinter der Gier nach Silber.
Von Kelten wird berichtet, daß sie sich mit Gold schmückten wie Königin Mutter. Aber bei Germanen hatten Münzen zur Zeitenwende i.d.R. keinen Wert. Eher konnten Römer z.B. mit Metalleimern oder silbernen Eßgeschirr Eindruck schinden.
In Germanien florierte der Tauschhandel. Eine Geldwirtschaft war damals noch nicht existent.
 
Sicherlich gab es zu dem Zeitpunkt keine Geldwirtschaft bei den Germanen und die Begeisterung für Römisches Kleingeld in Form von Kupfer/Bronze/Messing Münzen hielt sich sicher in Grenzen, jedoch konnten die Germanen mit Silber und Goldmünzen sicherlich etwas anfangen, wenn auch nicht als Zahlungsmittel sondern als Quelle dieser Edelmetalle, die dann eingeschmolzen wurden und in Form von Schmuck, Fibeln etc. Verwendung fanden.
 
Vor allem waren die Germanen zu der Zeit überhaupt nicht an Geldgeschenken interessiert. Vielmehr waren römische Gebrauchsgegenstände und Waffen wichtiger. So soll später jedes zweite Schwert aus römischer Produktion stammen.
Aber mit römischen Geld konnte ein germanischer Adeliger wenig anfangen. Er hätte auf römische Händler warten müssen....

Aber warum Varus einen großen Geldbetrag mit sich führen sollte, das ist schon fraglich? Für Kampfhandlungen hat er es nicht gebraucht....oder wohlten die Römer damit die Schleuderbleie ersetzen?

Hallo,
ich kann der These vom geldlosen Handel der Germanen auch gefühlsmäßig nicht viel abgewinnen.

Zugegebenermaßen hat im täglichen Handel Geld keine große Rolle gespielte, aber ich denke schon das die römischen Händler bzw. germanischen Händler mit römischer Ware vom Rhein nicht jede Terra Sigillata Schale (die in so ziemlich jeder eisenzeitlichen Germanensiedlung z.B. am westf. Hellweg gefunden wurden) gegen zig Paletten Hühnereier eintauschten. Oder das die Frau des Hauses sich für einen Eisenkessel immer wieder ihre blonden Haare abschneiden musste…… Und es ist sicher, dass Händler den Germanen beständig römische Waren verkauften.

Vielmehr muß der Wert des Geldes bekannt gewesen sein. Auch wenn man Geld für das normale alltägliche Leben nicht brauchte, war man sich doch bewußt dass es für einen Denar 60 km weiter westlich einiges hübsches zu kaufen gab (bzw. wenn der fahrende Händler kam). So dumm kann doch keiner gewesen sein.

Weiter beschreibt Tacitus das Varus ja Steuern eintrieb. In welcher Art hat er das gemacht? Jeder Bauernhof ein Huhn, 50 Eier sowie 5 Ellen Leinen???? Wenn es so gewesen wäre, dann hätte der Tross auf dem Rückweg eher das Aussehen eines Gemüseladens gehabt……

Varus Legionen werden sich nicht mit dem Eintreiben der Steuern auf jedem einzelnen Hof beschäftigt haben, vielmehr wird er die Stammes-Fürstsen als Ansprechpartner gehabt haben und es muß klar gewesen sein, in welcher Währung und in welcher Höhe die Steuern zu entrichten waren. Und da sind neben Naturalien sicher auch schon Geldsummen geflossen!
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielmehr muß der Wert des Geldes bekannt gewesen sein. Auch wenn man Geld für das normale alltägliche Leben nicht brauchte, war man sich doch bewußt dass es für einen Denar 60 km weiter westlich einiges hübsches zu kaufen gab (bzw. wenn der fahrende Händler kam). So dumm kann doch keiner gewesen sein.

Wieso? Der Tauschhandel hatte sich bewährt und das über einen sehr langen Zeitraum. Der römische Händler kam auch nicht wöchentlich, wie es heute den Markt gibt. Und Römer waren schon an Fellen, Bernstein, usw. interessiert. Dafür brauchten sie kein Geld. Wurden denn Indianer mit Geld bezahlt? Die wollten auch lieber Feuerwasser und Waffen.
Deine Vorstellungen treffen eher auf eine keltische Gesellschaft zu. Aber nicht auf die Germanen....


Weiter beschreibt Tacitus das Varus ja Steuern eintrieb. In welcher Art hat er das gemacht? Jeder Bauernhof ein Huhn, 50 Eier sowie 5 Ellen Leinen???? Wenn es so gewesen wäre, dann hätte der Tross auf dem Rückweg eher das Aussehen eines Gemüseladens gehabt……

Varus war nicht auf dem Rückweg !!!

Bei Tacitus, Annalen IV, 73 wird daraufhingewiesen, daß die Friesen als Tribut Ochsenhäute (zu Kriegszwecken) abzuliefern hatten. Da die Friesen eine unbotmäßige Erhöhung des Tributs nicht nachkommen konnten, mußten sie erst ihre Äcker abliefern und dann ihre Frauen und Kinder in die Sklaverei geben. Und als es trotz Beschwerden keine Besserung gab, kam es zum Aufstand.
Somit haben die Römer selbst von den römerfreundlichen Stämmen keine Geldzahlungen verlangt.
Und Steuereintreibung in Form von Naturalien ist doch keine Besonderheit. Das gab es noch wesentlich später (siehe u.a. Mittelalter).

Und ein römischer Troß in Germanien war ein großes Proviantlager (siehe Drusus, der einen Feldzug gegen die Cherusker wegen Nahrungsmangel abbrechen mußte). Es wurde soviel mitgeschleppt, daß man sich autark in der Zeit des Feldzugs versorgen konnte. Ansonsten mußte man Flüsse nutzen, um sicher ein Heer zu versorgen.
 
Der römische Händler kam auch nicht wöchentlich, wie es heute den Markt gibt.
Ich fahre auch nicht wöchentlich in die Schweiz, trotzdem habe ich zu Hause meistens ein paar Franken herumliegen. Die Tatsache, daß ich eine Währung nur selten - vielleicht nur einmal im Jahr - gebrauche, besagt keineswegs, daß ich sie verschmähen würde.
Behauptungen wie "Die Germanen waren überhaupt nicht an Geldgeschenken interessiert" kann man wohl kaum ernst nehmen. Wenn Du mir tausend Franken als Geschenk anbieten würdest, würde ich die selbstverständlich dankend annehmen und einstecken. Daß die Germanen nicht viel dümmer waren, darf man ihnen getrost unterstellen.

Und Steuereintreibung in Form von Naturalien ist doch keine Besonderheit. Das gab es noch wesentlich später (siehe u.a. Mittelalter).
Sogar noch in der Neuzeit, in Mitteleuropa noch mindestens bis ins 18. Jahrhundert. Was wiederum nicht bedeutet, daß es im 18. Jahrhundert keine Geldwirtschaft gegeben hätte und die Leute nicht an Gulden, Talern, Hellern und Pfennigen interessiert waren.
 
Ich fahre auch nicht wöchentlich in die Schweiz, trotzdem habe ich zu Hause meistens ein paar Franken herumliegen. Die Tatsache, daß ich eine Währung nur selten - vielleicht nur einmal im Jahr - gebrauche, besagt keineswegs, daß ich sie verschmähen würde.
Behauptungen wie "Die Germanen waren überhaupt nicht an Geldgeschenken interessiert" kann man wohl kaum ernst nehmen. Wenn Du mir tausend Franken als Geschenk anbieten würdest, würde ich die selbstverständlich dankend annehmen und einstecken. Daß die Germanen nicht viel dümmer waren, darf man ihnen getrost unterstellen.


Bedenke, wir schreiben hier über die Germanen zur Zeitenwende und nicht allgemein über irgendwelche späteren germanischen Stämme bzw. Völker.
Und Deine Ansicht über Geschenke kannst Du auch nicht als Grundlage für Verhaltensweisen auslegen. Wenn Dir einer 1.000 Murmeln schenkt....legst Du die dann auch zurück, in der Hoffnung, daß das einmal Zahlungsmittel wird?
 
Es geht nicht um Murmeln oder Münzen, sondern um den Materialwert des Metalls. Den kannten die Germanen ganz sicher, wobei es schnuppe war ob als Goldsolidus, keltischer Torques oder Zaumzeugbeschlag.
 
Ich finde der Wert des "Schenkens" selbst wird hier vollkommen missachtet. Der Austausch von Geschenken war, zumindest in der Spätantike, ein wichtiger, wenn nicht sogar der wichtigste, Handlungsrahmen für stammesübergreifende Politik. Viele Bündnisse und Verträge wurden über Geschenke und Gegengeschenke besiegelt und geregelt. Dabei spielte die Wertigkeit des Geschenks oder gar der Nutzen nur eine bedingte Rolle. Das dieser Brauch nur für die Spätantike gelten soll, jedoch für frühere Germanenstämme nicht, halte ich für eher ausgeschlossen.
 
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