Wissenschaftliche Definition von Protest?

Scarlett

Mitglied
Wenn ich eine Arbeit über Protestphänomene verfasse, die sich gegen ein Regime richten, müßte ich doch eine Definition von Protest angeben, oder? Weiß jemand wo ich eine wissenschaftliche Definition finde? :red::red:
 
Ich würde den Begriff "Protest" folgendermaßen erläutern.

- Ein Protest ist immer eine Art Auflehnung, vielleicht sogar in ganz geringem Maße mit dem Begriff "Revolution" in Verbindung zu bringen. Darüber lässt es sich aber sicherlich endlose Diskussionen führen.
- Ein Volk etc., dass sich gegen etwas auflehnt, gegen etwas angeht sich selbst und seine eigene Meinung und seine Ansichten präsentiert.
- Die Verbesserung einer bestehenden Form, ob eines Staates, des aggieren einer Regierung etc.
- Eine Verbindung zwischen Menschen, die die gleichen Ziele verfolgen und für eine einseitige Veränderung sind,

Ich denke, dass das so einigermaßen in Ordnung ist. Du müsstest dann vielleicht mal schauen, was du davon verwendest. So würde ich den Begriff halt erläutern.
 
Ändert sich die inhaltliche Füllung des Begriffes mit dem politischen System oder bleibt er in seiner Konsistenz gleich?
 
Ich würde sagen, ja schon. Betrachtet man verschiedene politische Systeme, ist immer wieder zu erkennen, wie unterschiedlich der Protest betrieben wird.
Es gibt stillen Protest, Protest der vom Volk ausgeht, Protest der von der Regierung ausgeht und Protest der die Menschen veranlasst sich mit Gewalt zu wehren.
 
frage des politischen system und der politischen Kultur

In der modernen politischen Soziologie, die sehr stark geprägt ist durch die anglo-amerikanische Forschung, wird die Frage des Protestes als ein Teil der politischen Partizipation angesehen.

Eine der wichtigsten Grundlagenstudien ist die Arbeit von Seymor M. Lipset mit "Political Man", in dem er sich, auch teilweise in Frontstellung zu "linken" Theoretikern mit der Demokratie und der angemessen Art des politischen Konflikts beschäftigt hat.

Von Barnes/Kaase wurde diese Denkrichtung aufgegriffen und sie haben in "Political Action" die Frage der Austragung des poltischen Konflikts in einer komparativen Studie untersucht.

Inhaltlich unterscheiden sie zwischen "konventionellen" und "unkonventionellen" Politikstilen, bei der "Protest" oder "Demonstrationen" oder auch gewaltsame Formen der politischen Auseinandersetzung untersucht werden.

In Deutschland wird diese Form der Politischen Soziologie am ehesten durch "Dieter Fuchs" repräsentiert, der bereits an "Political Action" mitarbeitete.
 
in Frontstellung zu "linken" Theoretikern...
...unterscheiden ... zwischen "konventionellen" und "unkonventionellen" Politikstilen, bei der "Protest" oder "Demonstrationen" oder auch gewaltsame Formen der politischen Auseinandersetzung untersucht werden.

Interessanter Hinweis, zu dem mir bezüglich der "Linken" Ernest Mandel einfällt, dessen Thesen zur Rolle der Arbeiterklasse Lipset damals aufs Korn nahm (vgl. Horowitz, Grundlagen der politischen Soziologie, Bd. V, S. 66 ff.).

Es gibt viele Versuche, politische Beteiligung zu klassifizieren, indem man etwa von einer Vierfeldertafel mit den Gegensatzpaaren direkt/indirekt und verfasst/nicht verfasst ausgeht:

  • indirekt+verfasst --> z.B. Wahlen
  • indirekt+nicht verfasst --> z.B. Hearings
  • direkt+verfasst --> z.B. Bürgerentscheid
  • indirekt+nicht verfasst --> z.B. Protestdemonstration
Das kann man verfeinern, indem man die Aktionsebene bestimmt (Basis oder mittlere/zentrale Instanz) usw.

Die Frage, was als angemessen gelten soll, ist ungleich schwieriger zu beantworten, weil von vielen weiteren Faktoren abhängig:

Inzwischen ist das Thema wieder so aktuell geworden, dass es leicht die Grenze eines Geschichtsforums sprengen könnte...:scheinheilig:
 
Wie ist denn das Verhältnis von Protest zu Dissidenz / Widerstand und Opposition? Bedingen diese in einem kommun. System einander?

Gerade Dissidenz ist ja ein durchaus schwammiger und weitgefaßter Begriff. :pfeif::rotwerd:

Wenn Protest in einem demokrat. System ein legitimer Akt der politischen Partizipation ist, so wäre dies in einem kommun. Staat doch (gemäß dem Fall, es richtet sich gg das jeweilige Regime) eine Manifestation des Klassenfeindes oder der Konterrevolution. Mir scheint, hier ist eher die Wahrnehmung des politischen Systems eine variable Größe, die die Protestformen beeinflussen.
 
Gerade Dissidenz ist ja ein durchaus schwammiger und weitgefaßter Begriff.
Da hast Du sicher recht, zumal dann, wenn Dissidenz (Protest, Widerstand) sozusagen "privat" geleistet wird oder nicht über das Ballen der Faust in der Tasche hinausgeht.

Wir, in der BRD, haben glücklicherweise (?) ein durch das Grundgesetz verbürgtes Recht auf Widerstand "gegen jeden, der es unternimmt, diese [freiheitlich demokratische Grund-] Ordnung zu beseitigen, [...] wenn andere Abhilfe nicht möglich ist" (Art. 20 Abs. 4 GG).

... so wäre dies [Protest] in einem kommun. Staat ... eine Manifestation des Klassenfeindes oder der Konterrevolution.
Erlaube, dass ich statt vom Kommunismus allgemein hier nur von der früheren DDR ausgehe: In deren Verfassung waren auch bestimmte Freiheitsrechte verankert, insbesondere das Recht auf freie Meinungsäußerung, auf friedliche Versammlung und auf Vereinigung von Bürgern (Art. 27-29).
Diese Rechte wurden allerdings "den Grundsätzen dieser Verfassung gemäß" gewährleistet, d. h. Ausübung der Rechte war nur im Rahmen der Staatszielbestimmungen möglich, insbesondere auf der Grundlage der sozialistischen Gesellschafts- und Staatsordnung. Wurde diese Grundlage in Frage gestellt, griffen ziemlich rasch strafrechtliche Normen ein.

Mir scheint, hier ist eher die Wahrnehmung des politischen Systems eine variable Größe, die die Protestformen beeinflussen.
Zu diesem Stichwort könnte man auf die bekannte Differenz zwischen Legalität und Legtimität verweisen:

  • Legal ist eine Ordnung, die sich an Gesetzen orientiert; diese Orientierung schafft insoweit Rechtssicherheit.
  • Legitim ist eine Ordnung, wenn sie sowohl von den Regierenden als auch und insbesondere von den Regierten (den Staatbürgern) als mit ihren Wertvorstellungen übereinstimmend erkannt wird.
Je stärker die Legitimitätsmängel in der Wahrnehmung der Regierten werden, desto eher werden sie vermutlich bereit sein, sich ggf. auch über die legale Ordnung hinwegzusetzen.
 
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