Wo blieben die Vandalen?

Daher ja auch die Wortschöpfung "Traditionskern", die Althistoriker für die ethnische Situation germanischer Stämme der Völkerwanderung prägten.

Als die Langobarden unter ihrem König Alboin 568 in Italien einfielen, zählten Stammesteile der Sachsen, Gepiden, Thüringer und Sueben zum Tross (nach: Die Germanen, Band, 2, Berlin (Ost) 1983, S. 592). Und man kann vermuten, dass sich dem Langobardenzug noch eine Vielzahl anderer ethnischer Splitter angeschlossen hatten, die aufgrund ihrer geringeren Zahl gar nicht zu benennen sind.
 
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Bedeutung der Konfession für ethnische Identität

Ja die "Traditionskerne" werden meines Wissens nach heute kaum noch bezweifelt. Aber dieses Agglomerat an diversen Volksgruppen mit dem königlichen Heer als Kern bedurfte auch ideeller Stützen um als Stamm funktionieren zu können. Gerade vor dem Hintergrund der weit fortgeschrittenen Romanisierung ihrer Oberschicht bedurfte es vereinigender Bande!

Besonders bei den ostgermanischen Völkern war eines dieser Bande immer die vorherrschende, arianische Konfession und Religion. Dies musste umso besser funktionieren, als das arianische Christentum innerhalb des Gebietes des Imperium Romanum spätestens seit dem Untergang Kaiser Valens nicht länger mehrheitsfähig war und unter Verfolgungen zu leiden hatte. Eine Oase in diesem Klima bot allein das Heer und insbesondere Angehörige foederierter Völker genossen zähneknirschend dieses Privileg – nicht ohne entsprechende Konflikte. Die arianische Konfession und die von den germanischen Königen kontrollierte „Volkskirche“ war daher neben der königlichen Abkunft des Anführers eine der wichtigsten Stützen ihrer Macht und Identifikationspunkt dieser Völker. Nicht zuletzt in der „Kirchensprache“ der Arianer hielt sich am längsten die traditionelle Sprache des Volkes. Dies ist besonders gut an den italischen Ostgoten zu erkennen, von denen es noch einige Bibelfragmente in gotischer Sprache gibt!
Natürlich schließt dies nicht aus, dass es auch Vandalen/Goten/Werauchimmer gab, die heimlich oder offen einer anderen Religion anhingen, dabei war freilich eine pagane Ausrichtung noch relativ unproblematisch. Die Katholikenverfolgungen unter den vandalischen Königen beweisen in ihrem Ausmaß und ihrer Intensität m.E. aber dass gerade deren Reich besonders viel Wert auf den Arianismus als einigendes Band der Selbstbehauptung inmitten eines römischen Umfeldes legte.

Natürlich war die „gemeinsame“ Konfession nicht das einzige der Stützglieder, welche die ethnische Identität der „Wandervölker“ inmitten einer römischen Welt sicherstellen sollten. Aber es war gewiss einer ihrer bedeutendsten und wirkungsvollsten Mittel dazu! Man sehe sich nur an, wie leicht sich gerade im religiösen Kontext alte Traditionen halten können, selbst wenn die Entwicklung ansonsten längst ein anderes Umfeld geschaffen hat. Man denke einmal an die altslawische Kirchensprache in der Orthodoxie, die erst vor einer Generation abgeschaffte Verwendung des Latein als katholische Kirchensprache oder auch die Bedeutung der Korantradition für die „Arabisierung“ Nordafrikas… Und ich wähle ganz bewusst nicht den Ausdruck "... für die Islamisierung Nordafrikas". Der Gedanke daran sollte aufhorchen lassen!
 
Dies ist besonders gut an den italischen Ostgoten zu erkennen, von denen es noch einige Bibelfragmente in gotischer Sprache gibt!
Du meinst hier aber nicht die erhaltenen Abschriften der Wulfila-Bibel, die zwar aus Italien stammen (v.a. postostgotisch), die aber nicht direkt etwas mit dem Arianismus zu tun haben? Wulfila war Terwinge, die Terwingen bildeten später den Traditionskern der Westgoten. Ob er selbst Arianer war, gilt zumindest als umstritten.
 
Du meinst hier aber nicht die erhaltenen Abschriften der Wulfila-Bibel, die zwar aus Italien stammen (v.a. postostgotisch), die aber nicht direkt etwas mit dem Arianismus zu tun haben? Wulfila war Terwinge, die Terwingen bildeten später den Traditionskern der Westgoten. Ob er selbst Arianer war, gilt zumindest als umstritten.

Gerade die Wulfia-Bibel ist ein deutliches Zeichen der von mir angerissenen Prozesse. Die Übersetzung ins Gotische ist an sich natürlich kein Hinweis auf den Arianismus. Der Arianismus unterschied sich ohnehin nur sehr wenig vom Katholizismus, sieht man von der Gottessicht der Trinität ab. Ansonsten müssen die Unterschiede fast schon mit der Lupe gesucht werden – sofern man kein Theologe ist natürlich!

Was du über Wulfia sagst ist völlig richtig, auch wenn er gewöhnlich als zumindest dem Arianismus nahe stehendem Missionar und Bischof bezeichnet wird. Dennoch gründete sich der Versuch der meisten germanischen Könige eine Art von eigener Volkskirche in ihren Völkern aufzubauen auf genau diese Übersetzungsleistungen. Zumindest für die gotischen Völker lässt sich eine Identitätsstützende Funktion ihrer Volkskirchen Nachverfolgen. Es ist im Übrigen recht interessant festzustellen, das sich fast keine der einst innerhalb des Römischen Reiches in der Antike verwendeten Sprachen erhalten hat, von der es nicht auch eine Bibelübersetzung gibt! Auch die „Eroberer“ und Foederatenvölker ließen ihre Gesetze und Verordnungen auf Latein aufschreiben. Einzig der kirchliche Bereich konservierte die traditionelle Sprache, wie Herwig Wolfram sinngemäß in seinen „Gotischen Studien“ einmal bemerkte.

Auch in Ägypten hielt sich bis zur erfolgreichen Islamisierung und Arabisierung die spätägyptische, demotische Volkssprache und Schrift fast nur über religiöse Inhalte, denn unter Ptolemäern und Römern war Griechisch und Latein zur offiziellen Verwaltungssprache geworden. Im Rahmen der ägyptischen Christianisierung wurde diese Schrift noch einmal grundlegend umgestalten und für Übersetzungen der Bibel verwendet. Die Sprache selbst war noch als Koptisch bis ins 17 Jht. hinein in Gebrauch ehe sie außer Gebrauch kam. Heute wird sie wohl nur noch von koptischen Christen als Sakralsprache verwendet… obwohl das führt schon ein wenig weit vom Ausgangsthema ab, auch wenn es meine Argumentation stützen soll…
 
Natürlich war die „gemeinsame“ Konfession nicht das einzige der Stützglieder, welche die ethnische Identität der „Wandervölker“ inmitten einer römischen Welt sicherstellen sollten.

Nein, der gravierendste Unterschied zur romanischen Umwelt war ganz offensichtlich: die barbarische Herkunft der Ost- und Westgoten, der Burgunder, Langobarden und Vandalen, die sie von der "Romanitas", von der zivilisierten Welt des Imperium Romanum trennte.

Der Arianismus der germanischen Völker hatte gravierende Auswirkungen: Zum einen trennte er die germanischen Stämme der Völkerwanderung nachdrücklich von der benachbarten katholisch-romanischen Bevölkerung. Zum anderen verhinderte der arianische Glaube der germanischen Eroberer ein Zusammenwachsen von Germanen und Romanen, wie es beim Ostgotenreich in Italien besonders deutlich wird.

Natürlich kann man auch anders argumentieren und sagen: der Arianismus war gerade die Möglichkeit für die Germanen, ein Aufgehen in der romanischen Umwelt zu verhindern. Doch ist dieses Argument nicht stichhaltig. Der Assimilationsprozess inmitten einer romanisierten Bevölkerung war à la longue unaufhaltsam, gleichgültig ob nun katholisch (wie die spanischen Westgoten), oder arianisch (wie die italienischen Ostgoten).

Und auch die germanischen Franken, die von vornherein die katholische Variante des christlichen Glaubens übernahmen, gingen zum Schluss in der romanischen Bevölkerung Galliens auf, schufen aber immerhin Frankreich als Fusion zwischen Gallo-Romanen und Germanen!
 
Romanisierung und Identität

Nein, der gravierendste Unterschied zur romanischen Umwelt war ganz offensichtlich: die barbarische Herkunft der Ost- und Westgoten, der Burgunder, Langobarden und Vandalen, die sie von der "Romanitas", von der zivilisierten Welt des Imperium Romanum trennte

Dabei ist zu beachten, dass Rom in Zeiten seiner Expansion sehr wohl Völker ähnlicher (Gallier) und sehr gleicher Herkunft (Bataver...) erfolgreich romanisiert hatte. Nach wenigen Generationen waren die meisten von Ihnen romanisiert. Die Wanderung der Westgoten dauerte mehr als eine Generation auf römischem Reichsgebiet und auch sie blieben von der Romanisierung nicht unberührt!

Mir scheint dass meine Argumentation zur Rolle des Arianismus hier eher ungewöhnlich ist. Aber genau sie erklärt ja auch das scheinbar so dumme, lange Ausharren der Ostgermanen am Arianismus als eine durch ihre Umgebung gebrandmarkte Häresie des christlichen Glaubens. Die Ostgermanen legten auf ihren Wanderungen mit Abstand die längsten Strecken der Völkerwanderung auf römischem Gebiet zurück. Gleichzeitig nahmen sie immer mehr "römisches" in sich auf und waren etwa zur Zeit des Frankenkönigs Chlodwig wohl mit Abstand die "romanisiertesten Foederatenvölker" auf römischem Boden.

Ihre Romanisierung war weiter fortgeschrittener als etwa bei den Franken, die sich eher von ihren alten Stammsitzen aus nach Westen ausgebreitet hatten und noch Kontakte halten konnten. Gleichzeitig waren die Ostgermanen auch besonders mobil innerhalb des Römischen Imperiums. Ein "Heimatgefühl" konnte somit kein Bestandteil ihrer Identität sein. Sie mussten etwas inmaterielles mit - und in sich tragen um diese nicht zu verlieren! Im Kontext des Römischen Reiches war bereits zum Zeitpunkt ihres frühesten Übertritts (den Westgoten/Terwingen unter Fritigern) als Foederaten neuen Stils (innerhalb des Reiches siedelnd) auf römischen Boden das Christentum eine nominelle Grundvoraussetzung für ihre Vertragspartner gewesen. Damals war im Reich selbst der Konflikt zwischen Arianismus und Katholizismus noch längst nicht entschieden, hing doch gerade der maßgebliche Kaiser Valens dem Arianismus an.

Weiterhin hatten die Ostgermanen im Gegensatz etwa zu den Franken schon aus Rücksicht auf ihre Stellung zu den römischen Kaisern niemals die Chance selbst etwa eine „Gotisierungspolitik“ zu betreiben und die umwohnenden Romanen zu „germanisieren“. Das hätte jedes zukünftige Vertragsverhältnis zu „Rom“ per se ausgeschlossen, aber gerade diese Verträge waren Grundlage ihrer Herrschaftsbildung. Einzig die Vandalen glaubten eine Zeit lang einen anderen Weg beschreiten zu können…

Wer eine Rolle der Religion bei den Ethnogesen zu Beginn des Mittelalters ausschließt, sollte sich einmal die Rolle der Christianisierung bei der Reichsbildung in Zentral- und Osteuropa vergegenwärtigen. Eine wichtige Rolle der Christianisierung sieht übrigens auch Reinhard Wenskus in seinem Werk „Stammesbildung und Verfassung. Das Werden der frühmittelalterlichen gentes“, auf den auch der Begriff des „Traditionskerns“ zurückzuführen ist. Auch Wolfram Herwig greift das Thema in seinen „Gotischen Studien“ wieder auf, am Beispiel der Entstehung eines böhmischen - und des polnischen (Piasten) Königreiches.

Für das Thema "Vandalen" führt das Thema meiner Ansicht nach aber schon zu weit, denn was als stützendes Argument im Kontext der Romanisierung gedacht war wird leicht zum Selbstläufer.

...todmüde und weg :winke:
 
Vandals and the African Catholics

Gaiseric, and especially his son Hunneric (477-484), tried to impose Arianism on the African Catholics. This led to a relentless campaign of persecution in which priests were tortured to make them reveal church treasures and bishops were killed or exiled. Free men including wealthy landowners were enslaved or fined, and their lands were distributed amongst the Vandal warriors, while the large imperial estates were seized for the royal domain. Only Arians were appointed at court. Catholic churches were pillaged, or used as stables, and town walls were pulled down to prevent rebellion. Under Hilderic (523-531) some churches were restored to the Catholics, but Vandal pirates may still have posed a threat to Byzantine trade. The Byzantine army under General Belisarius took advantage of civil unrest to stage a rapid reconquest of North Africa in 534. King Gelimer was eventually captured while many Vandal survivors enlisted in the Byzantine cavalry to serve against the Persians and Ostrogoths, or fled to join the Moors, or were enslaved. After this, no more is heard of them, although they are still remembered for their depredations today.

Little archaeological evidence remains of Vandal presence in North Africa, except for some jewellery, and representations and personal names in a few fine mosaics, as at Annaba and Thebesa. In spite of their reputation, they seem to have largely adopted late Antique culture and an urban way of life, maintaining Roman buildings and installations and much of the old civil administration, although their kingdom was in decline by the end of the sixth century. A hoard of cut garnets found at Carthage suggests the presence of an early cloisonné workshop there.


British Museum - Vandals and the African Catholics


Hier etwas anders
 
Nein, der gravierendste Unterschied zur romanischen Umwelt war ganz offensichtlich: die barbarische Herkunft der Ost- und Westgoten, der Burgunder, Langobarden und Vandalen, die sie von der "Romanitas", von der zivilisierten Welt des Imperium Romanum trennte.

Der Arianismus der germanischen Völker hatte gravierende Auswirkungen: Zum einen trennte er die germanischen Stämme der Völkerwanderung nachdrücklich von der benachbarten katholisch-romanischen Bevölkerung. Zum anderen verhinderte der arianische Glaube der germanischen Eroberer ein Zusammenwachsen von Germanen und Romanen, wie es beim Ostgotenreich in Italien besonders deutlich wird.

Natürlich kann man auch anders argumentieren und sagen: der Arianismus war gerade die Möglichkeit für die Germanen, ein Aufgehen in der romanischen Umwelt zu verhindern. Doch ist dieses Argument nicht stichhaltig. Der Assimilationsprozess inmitten einer romanisierten Bevölkerung war à la longue unaufhaltsam, gleichgültig ob nun katholisch (wie die spanischen Westgoten), oder arianisch (wie die italienischen Ostgoten).

Und auch die germanischen Franken, die von vornherein die katholische Variante des christlichen Glaubens übernahmen, gingen zum Schluss in der romanischen Bevölkerung Galliens auf, schufen aber immerhin Frankreich als Fusion zwischen Gallo-Romanen und Germanen!

Gut argumentiert, aber ich glaube nicht an solchen Riss, weder bei Goten und Vandalen, die ich zu unterscheiden weiss. Der konfessionelle Riss ging m.E. und das wollte ich sagen auch bei den germanischen Völkern quer durch die Gesellschaft d.h. eine strikte bevölkerungstechnische Aufteilung entlang konfessioneller Gegebenheiten ist falsch, will meinen, kann sein, dass einzelne germanische Herrschaftsgeschlechter (Betonung Herrschaftssgeschlechter) am Arianismus festgehalten haben, aber das muss eben gerade nicht für die Masse eines wandernden und diffusen Volkes gelten. Das dürfte bereits zu einem erheblichen Teil katholisch-romanisiert gewesen sein.

Zum Thema Reiterheer bei den Vandalen (Alanen mit Dieter zuzüglich). Schwierig würde ich sagen, in einer Gegend Nordafrikas angesiedelt dürften die Vandalen vorzügliches Material vorgefunden haben. Ob, sie allerdings in der Lage waren das so zu bedienen wie die Einheimischen? Ich hätte da meine Zweifel, natürlich kann man lernen. Aber ich würde eher daran glauben, dass sich die vandalische Reiterei aus Einheimschen speiste und die gefürchtete vandalische Flotte aus Romanen. Ich vermag aus den archäologischen Funden eh kaum noch typisch vandalisches herauszulesen, außer das dort Könige mit gernamischen Namen regierten.
Damit das nicht falsch rüberkommt, das ist eine Antithese zu tejason, nicht zu Dieter.
 
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...die vandalische Reiterei aus Einheimschen speiste und die gefürchtete vandalische Flotte aus Romanen.
Der Gedanke ist erst einmal interessant. Aber wenn schon aus Einheimischen, dann aus Berbern, die schon Hannibal mit Elitekavalleristen versorgten und mit ihrem Seitenwechsel zu Scipio den 2. Punischen Krieg entschieden. Möglich, dass die Vandalen so schnell unterlagen, weil da Bestechungssummen flossen.
Das Seefahren war ehe nicht ihr Ding, nach Jahrhunderten in Zentraleuropa.
 
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Ein "Heimatgefühl" konnte somit kein Bestandteil ihrer Identität sein. Sie mussten etwas inmaterielles mit - und in sich tragen um diese nicht zu verlieren! Im Kontext des Römischen Reiches war bereits zum Zeitpunkt ihres frühesten Übertritts (den Westgoten/Terwingen unter Fritigern) als Foederaten neuen Stils (innerhalb des Reiches siedelnd) auf römischen Boden das Christentum eine nominelle Grundvoraussetzung für ihre Vertragspartner gewesen. Damals war im Reich selbst der Konflikt zwischen Arianismus und Katholizismus noch längst nicht entschieden, hing doch gerade der maßgebliche Kaiser Valens dem Arianismus an.

Ja, unter Valens, später liessen sich die Goten eine Gotengeschichte verfassen und hatten den Adler als vereinende Standarte, kein Heimatgefühl der herrschenden Dynastien, ich bezweifle das stark und die Verbindungen selbst nach Skandinavien blieben stark s. die Heruler. Ein ausgeprägter Arianismus ist außer den Führungseliten der Ostergermanen nicht greifbar, es mag ihn und wird ihn gegeben haben. Der Grundgedanke, dass ethnisch relativ einheitliche Haufen durch Europa zogen, die klar als Terwingen, Greutungen, Franken, Langobarden, Heruler, Hunnen oder Vandalen zu identifizieren sein könnten ist m.E. bedenklich, die Kontinuität beruht auf einer sehr kleinen Schicht. Auf ihrer European Tour dürften sich die wandernden Haufen mit Hunnen, Deserteuren, Raubern, Strassendieben, Prostituierten aufgefüllt und durchmischt haben und sehr religiös war das mitziehende Volk wohl nicht, m.E. eher erinnernd an Landsknechte aus dem 30-jährigen Krieg.
Die These ist gewagt, vielleicht beruht der negative Begriff Vandalismus auf dieser komplexen Zusammensetzung. Übringens, wie Dieter ausführte, hier ist sogar klipp und klar die gemeinsame Wanderung eines "germanischen" und "iranischen" Heerhaufens belegt.
 
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Der Gedanke ist erst einmal interessant. Aber wenn schon aus Einheimischen, dann aus Berbern, die schon Hannibal mit Elitekavalleristen versorgten und mit ihrem Seitenwechsel zu Scipio den 2. Punischen Krieg entschieden. Möglich, dass die Vandalen so schnell unterlagen, weil da Bestechungssummen flossen.
Das Seefahren war ehe nicht ihr Ding, nach Jahrhunderten in Zentraleuropa.

Ja, ich stelle mir ein vandalisch/alanisches Reiterheer nebst 80.000 Personen auf der Fähre nach Nordafrika vor nebst Pferdchen, natürlich. Anschließend bauen diese dort eine gewaltige Flotte, die das westliche Mittelmeer regiert, nach Italien schippert und Rom plündert. Dann verschrotten sie die Schiffe und haben wieder ein Reiterheer, dann verlieren seinen einen kurzen Krieg gegen ein kleines Heer, werden deportiert und die zurückgelassenen Mädels verheiratet. Macht Sinn oder?:ironie:

Nein, ich denke Vandale war, wer im vandalischen Reich d.h. unter der Herrschaft des Königs lebte, ja und das galt auch für die Nachfolger der Numider bzw. die Berber, die dort lebten, die wurden von den Oströmern als Vandalen gezählt unf nachdem das herrschende Geschlecht weg war, gab es eben keine Vandalen mehr.
 
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Der Grundgedanke, dass ethnisch relativ einheitliche Haufen durch Europa zogen, die klar als Terwingen, Greutungen, Franken, Langobarden, Heruler, Hunnen oder Vandalen zu identifizieren sein könnten ist m.E. bedenklich, die Kontinuität beruht auf einer sehr kleinen Schicht.

Du verwechselst hier etwas in meiner Argumentation und Intention selbst:

Die Oberschicht und erst Recht deren sichtbarsten Träger des Traditionskerns selbst - die Könige - sind selbst Integrationsfiguren für ihre Wandervölker. Es geht mir letztlich um das Volk selbst, nicht um ihre Dynastien und Oberschicht. Diese speisten ja auch ihren Anspruch aus ihrer Abkunft und hielten sie folglich in höchsten Ehren.

Ihr Volk aber braucht einen "Korpsgeist" und Gemeinsamkeiten um in fremder Umwelt zu überleben und sich von den umgebenden "Romanen" abzuheben! Notwendig, damit der „ganze Haufen“ nicht, salopp gesprochen beim ersten Lüftchen auseinander läuft. Durch ihre mehr oder weniger starke, mulitethnische Abkunft, muss eine gemeinsame "Urheimat" als Verbindung stiftendes Element problematisch sein. Ergo ist diese Form von Heimatgefühl kein primär integrierendes Element.

Übringens, wie Dieter ausführte, hier ist sogar klipp und klar die gemeinsame Wanderung eines "germanischen" und "iranischen" Heerhaufens belegt.

Erst recht bei dieser Vorgeschichte! Darum mein Hinweis auf die Integrationskraft eines gemeinsamen, religiösen Bekenntnisses.

Dein Bild von den wandernden „Landsknechthaufen“ ist eine anschauliche Karikatur, hinkt aber doch. Was hielt denn diese „Haufen“ zusammen, das ist die Frage auf die ich mich eingelassen hatte? Es war eben nicht nur der Traditionskern und ein von mir angerissener, „gemeinsamer Glaube“.
 
Es war eben nicht nur der Traditionskern und ein von mir angerissener, „gemeinsamer Glaube“.

Richtig, wie wäre es mit Gold, Land, Essen, Reichtum, Luxus und einem besseren Leben als verbindendes Element? Nebenbei, dieses Ziel war ja in Nordafrika erreicht und sobald das erreicht war, zerbröselte die Gruppe. Arianismus/Katholizismus, aufgrund meiner Lebenserfahrung würde ich sagen, sehr viele Leute aus dem Volk dürfte das ähnlich interessiert haben wie das Wort zum Sonntag.
 
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Hier etwas anders

Verstehe ich nicht. Der Beitrag zweifelt weder an, dass die Vandalen Reiterkrieger waren (im Ggt., implizit wird das sogar bestätigt: "many Vandal survivors enlisted in the Byzantine cavalry") und bestätigt ausdrücklich, dass die Vandalen Arianer waren.

Gut argumentiert, aber ich glaube nicht an solchen Riss, weder bei Goten und Vandalen, die ich zu unterscheiden weiss.

Es kommt nicht darauf an, was Du glaubst, sondern darauf, was wir den Quellen (den schriftlichen wie den archäologischen) entnehmen können. Natürlich ist es legitim, den Quelle zu widersprechen, das sollte aber mit guten Argumenten geschehen. Die finde ich bisher noch nicht. Bisher nur Dein "Unglaube".

Der Gedanke ist erst einmal interessant. Aber wenn schon aus Einheimischen, dann aus Berbern, die schon Hannibal mit Elitekavalleristen versorgten und mit ihrem Seitenwechsel zu Scipio den 2. Punischen Krieg entschieden. Möglich, dass die Vandalen so schnell unterlagen, weil da Bestechungssummen flossen.
Dass Römer und Berber assimiliert wurden ist möglich, aber im großen Stil nicht sehr wahrscheinlich.

Das Seefahren war ehe nicht ihr Ding, nach Jahrhunderten in Zentraleuropa.

Das ist ähnlich unsinnig, wie die Frage, ob die Vandalen als germanisches Volk Wikingerschiffe hatten. Seefahrerisches Können ist schließlich nicht genetisch angelegt.

Ein ausgeprägter Arianismus ist außer den Führungseliten der Ostergermanen nicht greifbar, es mag ihn und wird ihn gegeben haben.
Das ist sachlich falsch: Als der westgotische Adel sich dazu durchgerungen hatten, zum Katholizismus zu konvertieren, blieb die arianische Kirche in Spanien erst einmal bestehen.

Ja, ich stelle mir ein vandalisch/alanisches Reiterheer nebst 80.000 Personen auf der Fähre nach Nordafrika vor nebst Pferdchen, natürlich. Anschließend bauen diese dort eine gewaltige Flotte, die das westliche Mittelmeer regiert, nach Italien schippert und Rom plündert. Dann verschrotten sie die Schiffe und haben wieder ein Reiterheer, dann verlieren seinen einen kurzen Krieg gegen ein kleines Heer, werden deportiert und die zurückgelassenen Mädels verheiratet. Macht Sinn oder?:ironie:

Deine Ironie ergibt keinen Sinn, v.a. weil Deine Darstellung sachlich falsch ist. Die Vandalen wurden mit den Kähnen nach Nordafrika transportiert, die vorher und nachher für den transmaritimen Handel im Westmittelmeer gebraucht wurden. Was mit ihren Schiffen passierte, wissenw ir nciht (siehe auch http://www.geschichtsforum.de/f35/ist-mit-der-vandalischen-flotte-passiert-9118/)

Nein, ich denke Vandale war, wer im vandalischen Reich d.h. unter der Herrschaft des Königs lebte, ja und das galt auch für die Nachfolger der Numider bzw. die Berber, die dort lebten, die wurden von den Oströmern als Vandalen gezählt unf nachdem das herrschende Geschlecht weg war, gab es eben keine Vandalen mehr.

Eben das stimmt nicht und ich will dir noch mal nachdrücklich nahe legen, dich mit den Quellen zu den germanischen Königreichen auf römischem Reichsboden auseinander zu setzen. Z.B. war den Westgoten, selbst, als sie schon zum Katholizimus konvertiert waren, verboten, Romanen zu heiraten, aus dem einfachen Grunde, weil der Herrschaftsanspruch nur aufrecht erhalten werden konnte, wenn man eine eigene Kriegerkaste bildete, welche über die bäuerliche Landbevölkerung herrschte.

Arianismus/Katholizismus, aufgrund meiner Lebenserfahrung würde ich sagen, sehr viele Leute aus dem Volk dürfte das ähnlich interessiert haben wie das Wort zum Sonntag.

Deine Lebenserfahrung ist die einer technisierten und individualisierten Welt des 20. und 21. Jahrhunderts, Du solltest sie nicht mit der Völkerwanderungszeit, in der Religion die Menschen unmittelbar betraf und Gefolgschaftswesen das eigene Glück bestimmte, verwechseln.
 
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balticbirdy
Das Seefahren war ehe nicht ihr Ding, nach Jahrhunderten in Zentraleuropa.
@El: Das ist ähnlich unsinnig, wie die Frage, ob die Vandalen als germanisches Volk Wikingerschiffe hatten. Seefahrerisches Können ist schließlich nicht genetisch angelegt.

Wo habe ich behauptet, dass das genetisch angelegt ist? Aber die Vandalen hatten nunmal keine maritime Tradition. Wenn Landratten Flottenpolitik betrieben, griffen sie eigentlich immer vorhandenes Knowhow und Personal auf. Kubilai Khan schickte kein mongolisches Reiterheer, sondern vor allem unterworfene Koreaner und Chinesen nach Japan und die Araber im Frühmittelalter werden vordergründig auf die diesbezüglichen Ressourcen der gerade unterworfenen Levanteküste zurück gegriffen haben. Auch die Osmanen unter Suleiman dem Prächtigen haben ihr Wissen über Schiffbau und Seekrieg bestimmt nicht aus Inneranatolien oder Mittelasien mitgebracht. Seemacht und maritimes Können entwickelt man nicht über Nacht und auch nicht in 1-2 Generationen im Selbststudium oder nach dem trial/error-Prinzip.
 
Seemacht und maritimes Können entwickelt man nicht über Nacht und auch nicht in 1-2 Generationen im Selbststudium oder nach dem trial/error-Prinzip.

Hast ja recht, dass man maritimes Können nicht über Nacht entwickelt, aber innerhalb von Stunden kann man das Rudern erlernen, das Segeln innerhalb von Tagen und das Navigieren... nun ja, keine Ahnung. Aber auch das ist keine Magie und kann grundsätzlich auch von Menschen ohne maritime Tradition erlernt werden.
Und: irgendwann müssen Menschen - an verschiedenen Orten der Welt - Segeln und Navigieren nach dem trial&error-Prinzip gelernt haben.

:eek:fftopic:
die Araber im Frühmittelalter werden vordergründig auf die diesbezüglichen Ressourcen der gerade unterworfenen Levanteküste zurück gegriffen haben.
Die Araber kamen von einer Halbinsel. Dort lebten nicht nur Beduinen, eine Stadtkultur (z.B. im Jemen und im Oman) kann bis weit in die vorrömische Antike nachgewiesen werden, ebenso, wie maritimer Handel mit Indien.

Auch die Osmanen unter Suleiman dem Prächtigen haben ihr Wissen über Schiffbau und Seekrieg bestimmt nicht aus Inneranatolien oder Mittelasien mitgebracht.
Das hat ja auch niemand behauptet. Schiffbau und Seefahrt sind zwei verschiedene Paar Schuh. Zwar setzt Seefahrt Schiffbau voraus, aber nicht jeder Seefahrer muss wissen, wie man ein Schiff baut. Aber auch die Turkvölker sind nicht erst bei der Eroberung Konstantinoples, ja nicht einmal, als sie erstmals die Schwarzmeerküste erreichten, das erste Mal mit schiffbarem Gewässer in Berührung gekommen.:eek:fftopic:
Ich möchte einen freundlich guckenden Offtopic-Smilie!
 
Verstehe ich nicht.

Nach den Malaien werden die Küsten Nordafrikas die älteste und längste Seeräubertradition haben.
Wenn da einer, offensichtlich versehen mit gehörig "Königsheil", mit dem Plan kam, Rom zu plündern, wird er auf begeisterte Zustimmung gestoßen sein.

Auch ich halte die Schaffung einer "vandalischen" Seefahrt in der kurzen Zeit für unmöglich.
Aber demnach auch für unnötig.
 
Wir reden hier von Nordafrika nach sechshundert Jahren römischer Herrschaft und 400 Jahren kaiserlichem Gewaltmonopol.
 
Reichskirche, Volkskirche und die Stellung der Kirche in der Spätantike

Die Rolle der christlichen Kirche war in der Spätantike nahezu überall präsent und die Wechselspiele zwischen staatlichen und kirchlichen Entwicklungen nicht zu übersehen. Als Kaiser Konstantin mit seinem Übertritt zum christlichen Glauben gleichzeitig an der Errichtung einer einheitlichen, für das ganze Reich gültigen christlichen Glaubensauslegung und kirchlichen Organisation arbeitete, hatte er mit Sicherheit eine für das Reich stabilisierende Entwicklung im Sinn. Diese sollte den schwindenden Zusammenhalt im Imperium stärken. Diese Rechnung ging so ohne weiteres aber nicht auf, denn durch Verquickung von Kirche und Staat blieben gleichzeitig auch die innerchristlichen Turbulenzen nicht ohne Auswirkungen auf der politischen Ebene.
Ich zitiere im Folgenden mehrfach aus Alexander Demandt „Die Spätantike“ aus unterschiedlichen Bereichen. Die Hervorhebungen sind von mir:

@Kirche (Demandt):
„Die steigende Zahl der Gläubigen, der wachsende Besitz und der fortschreitende Ausbau der Kirche als Institution hat ihr mehr und mehr weltliche Aufgaben eingebracht. Im gleichen Maße, in dem die imperialen und munizipalen Organe versagten, gewann die Reichskirche an Verwaltungs- und Herrschaftsfunktionen. Seit 318 übten die Bischöfe eine staatlich anerkannte Zivilgerichtsbarkeit aus…
Selbst laufende Prozesse konnten auf Wunsch von staatlichen auf geistliche Gerichte übertragen werden…
Seit 321 durften Herren in der Kirche vor dem Bischof ihre Sklaven rechtsgültig freilassen und somit, wie ausdrücklich vermerkt wird, Reichsfremden das römische Bürgerrecht verleihen.
Die Bischöfe selbst waren der weltlichen Gerichtsbarkeit entzogen… Sie unterstanden nur dem Metropoliten und einem Bischofsgericht…
Das Asylrecht, wie es einzelne Tempel besaßen, ging auf die Kirchen über… Die Asylanten mussten lediglich ihre Waffen niederlegen. Daraus ergibt sich, dass wir es großenteils mit Deserteuren zu tun haben… Sklaven von Donatisten und Manichäern, [Anm: Dies sind aus kirchlicher Sicht eine schismatische Bewegung, die Andere gilt als Ketzerei] die in eine Kirche flohen, erhielten die Freiheit…
Der halbstaatliche Charakter der geistlichen Gewalt in der Spätantike zeigt sich an der wachsenden Bedeutung der Bischöfe als Stadtherren, an ihren damit gelegentlich verbundenen militärischen Aufgaben und an den vielfältigen diplomatischen Verhandlungen mit fremden Machthabern und Reichsfeinden…

Der Klerus wurde wie die spätrömische Beamtenschaft „ordiniert“ und respektierte das von den Kaisern für Rom erlassene Hosenverbot… Der Dienst an [Christus] war militia Christi, wer sich ihm weihte, der leistete den „Fahneneid“ [ursprüngliche Wortbedeutung des Wortes sacramentum]…

Die Kirchensprache war noch im 3.Jht. das Griechische, auch im Westen. Das lehren die christlichen Grabinschriften Roms. Lateinisch sprach zuerst die africanische Kirche… In Rom hat Damasus um 380 die Liturgie vollständig latinisiert

[Im Westen] hat wahrscheinlich Papst Damasus auf der römischen Synode von 382 den heutigen Bibelkanon eingeführt. Die Verbreitung des Beschlusses gelang dadurch, dass Damasus zugleich eine Übersetzung der Bibel ins Lateinische veranlasste… Jeweils steht ein gemeinschaftsbildender Zweck dahinter.“


@ Arianismus (Demandt):
„Die einzige größere Gruppe, die am [arianischen]Bekenntnis… festhielt, bildeten die Germanen; ihnen gegenüber waren die Kaiser nicht stark genug, um ihren Übertritt zum Katholizismus zu erzwingen. Während die Auseinandersetzungen zwischen Arianern und Orthodoxen im 4.Jht. quer durch die römische Bürgerschaft ging, entsprechen sie im 5.Jht. dem Gegensatz zwischen Römern und Germanen. Ein wesentliches Moment der Trennung war der nationalsprachliche Gottesdienst der Germanen… So wurde der Vorwurf der Barbarei um den Vorwurf der Ketzerei erweitert und damit ein Aufgehen der Germanen im Reich erschwert.
Latein war im Westen als Kirchensprache durchgesetzt und fortan auch ein Mittel der Romanisierung. Besonders wenn keine volkssprachliche Bibelübersetzung vorlag. Einige Pyrenäenstämme wurden etwa erst unter den Westgoten erfolgreich romanisiert, als diese den christlichen Glauben annahmen. Bestes Gegenbeispiel für erfolgreiche Selbstbehauptung gegen jahrhundertelange Romanisierung sind die Basken, die trotzdem an ihrer Sprache festhielten!

@Germanische Konsequenzen:
Betrachtet man diesen Komplex aus Perspektive der germanischen Könige, wird die Gefahr für ihre eigene Macht und den Zusammenhalt ihres Volkes bei Aufgabe des arianischen Bekenntnisses und „Rückkehr in den Schoß der Reichskirche“ offensichtlich:
Die Reichskirche bildete eine eigene Macht neben der kaiserlichen Autorität (welche den Foederaten in der Regel ihre Aufenthaltsgebiete zuwies), den regionalen römischen Magistraten (welche die Ansiedlung, Versorgung und das Zusammenleben von Römern und Foederaten dann zu organisieren hatten) und der Macht der Könige selbst, die eifersüchtig darauf achteten, ihre Völker in der Hand zu behalten. Alle Einflussmöglichkeiten der Reichskirche waren verhindert, wenn diese Völker eine eigene Volkskirche pflegen konnten, in welche die römische Kirche nicht hineinreden konnte. Am leichtesten ließ sich dies verwirklichen, indem man an dem abweichenden, arianischen Bekenntnis festhielt! So lange die Macht der Kaiser noch spürbar werden konnte, mussten die Könige auch mit seinem Einwirken rechnen und der Einfluss der Reichskirche konnte sich auf kaiserliche Regelungen berufen.

Die Könige strebten danach, die eigene Volkskirche eng an sich zu binden, ihre Bischöfe selbst einzusetzen (= Kontrolle) und damit auch Einfluss auf die Überlieferung zu behalten. Indem diese „Nationalkirchen“ auch von dem Druck die lateinische Liturgie und Bibelübersetzung verwenden zu müssen frei blieben, war es damit auch möglich die eigene Volkssprache weiter zu pflegen. Davon konnten sie sich auch eine weitere, stabilisierende Wirkung auf die eigenständige Identität ihres Volkes erhoffen, lebte es doch inmitten eines römisch geprägten Umfeldes und war ohnehin einer fortschreitenden Romanisierung ausgesetzt. Wie Alexander Demandt bereits schreibt, erschwerte die germanische Ketzerei ein „Aufgehen der Germanen im Reich“!
 
Zu Qiuchotes Quellendorderung und weiter in meinen Ausführungen,

kopieren geht leider nicht

" Wie besitzen also weder achäologische noch ikonographische Belegbarkeit für eine ethnische Identifizierbarkeit der Vandalen."

"Von einer vandalenzeitlichen Aechäologie zu sprechen impliziert wesentlich mehr Material"

"Wenn wir realistisch uund quellenkritisch denken, wird es für die weitere Forschung nur möglich sein, diese Elite in ihrem Agieren im nordafrikanischen Regnum zu greifen."

"Ob es ein vandalisches "Volk", das aus Pannonien oder gar von der Weichsel kommend über Jahrunderte seine Identität bewahrt haben müsste, in diesem Sinne überhaupt gegeben hat, wird immer zweifelhafter. Integrations- und Transformmationsprozesse, die Aufgabe alter und die Abnnahme neuer Identitäten., dürften so rasch vor sich gegangen sein, dass sie sich nicht in Quellen wiederfinden. Viele verschiedene Gruppen und Individuen sammelten sich, auf Beute und auf ein besseres Leben in den Provinzen des Imperiums hoffend."

Quelle: Roland Steinacher, Rex oder Räubergauptmann, ethische und politische Identität im 5. und 6. Jahrhundert am Beispiel von Vandalen und Herulern abrufbar unter

http://homepage.uibk.ac.at/~c61705/index.html


"Mit Überlegungen zum vandalischen Doppelkönigtum und dessen Grundlagen überspannt Helmut Castritius einen mythischen und einen historischen, mit der Abkehr vom Doppelkönigtum mittels Einführung des Senioratsprinzips durch Geiserich bis weit ins 5. Jahrhundert reichenden Zeitraum. Zugleich verklammert dieser Beitrag die Migrationsphase, die die Vandalen vom östlichen Mitteleuropa mit dem Rheinübergang am Jahreswechsel 406/07 über Gallien und Spanien nach Afrika führte; ihr gelten die nächsten vier Beiträge: Jörg Kleemann untersucht die archäologische Hinterlassenschaft auf Aussagen über die Westwanderung der Vandalen und kommt zu dem Ergebnis, dass deren Anwesenheit in Gallien nicht signifikant und auf der Iberischen Halbinsel überhaupt nicht archäologisch zu erfassen ist. Früher gern ethnisch interpretierte Grabbeigaben werden heute – viel vorsichtiger – auf „die Repräsentationsbedürfnisse der spätrömischen Militäraristokratie“ (S. 94) zurückgeführt; das Fundmaterial spricht für eine weitreichende „Anpassungsbereitschaft an die römische Kultur“"

Daran, dass die Vandalen in ihrem Reich „für die Archäologie praktisch unsichtbar“ blieben, zeige sich positiv, dass sie hinsichtlich ihrer Sachkultur „ganz offensichtlich nicht auf Abgrenzung bedacht waren“ (S. 174). Damit geht er gewissermaßen auf Distanz zu zentralen Fragestellungen der Wiener Tagung im Zusammenhang von Ethnogenese, Migration und Ansiedlung in Nordafrika (vgl. S. 152)


"Alessandra Rodolfi geht sodann anhand von Aussagen Prokops in dessen Darstellung des Vandalenkrieges der reichsrömischen Propaganda zur Rechtfertigung des Eingreifens in Nordafrika nach: Die Beziehungen zwischen dem Vandalenreich und dem Römischen Reich werden vor dem Krieg in einer Terminologie der „Freundschaft“ beschrieben, nach Eintritt in den Krieg mit dem Jahre 533 tritt an deren Stelle die Dichotomie zwischen feindlichen Vandalen und nordafrikanischen Römern, denen Byzanz nun zu Hilfe eile. Nach Beendigung des Krieges spielt auch diese Sichtweise keine Rolle mehr, an ihre Stelle tritt vielmehr der Kampf der autochthonen römischen Untertanen und der byzantinischen Neuankömmlinge gegen die oströmische Regierung. Im Wechsel der Standpunkte werden Identitäten nach dem jeweiligen tagespolitischen Bedarf konstruiert; Maßstab ist die Einschätzung der Loyalität zum römischen Kaiser."




Autor: Uwe Lambrecht, Universität Konstanz, in der Rezension zu G. M. Berndt u.a. (Hrsg.): Das Reich der Vandalen, Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2008

Unter dem Link findet sich gutes Einführungsmaterial u.a. der von mir zitierte Ausatz

http://homepage.uibk.ac.at/~c61705/index.html

Zur Frage des von Quichote für die Westgoten erwähnten Heiratsverbots, das ist ja off topic. Ob das noch so dem neuesten Stand der Forschung standhält, gern dazu weitere Literatur, in diesem Strang?
 
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