Versuche mal zu erklären, was ich mit Matriarchat vs. Patriarchat im Sinne hatte.
Ab dem 5.Jahrtausend bildete sich in Mitteleuropa eine Kultur heraus, die man heute als Linienbandkeramik bezeichnet. Eine Zeit des Friedens und grundlegenden Veränderungen. Landwirtschaft erfreute sich großen Fortschritts. Die Megalithmenschen sind (fast) richtige Bauern geworden und deren religiöse Vorstellung Änderte sich dementsprechend. Hatte man früher den 'Herren' oder die 'Herrin' der Tiere verehrt, so zeigen sich Gottheiten nun deutlich differenziert. Sie stehen in konkreten Bezug zur Wirtschaftweise des Menschen, zu Ackerbau und Viehzucht.
Aus der Menge arhäologischer Befunde Mittel-, und Nordeuropas ist deutlich eine Verehrung der Vegetations-, und Fruchtbarkeitsgöttinnen erkennbar. Wie die bronzenen Kleinfiguren Skandinavien, so auch Kultsymbole Mitteleuropas - allesamt weiblich. Zwar sind auch phallusartigen Symbole bekannt, dürften jadoch eine untergeordnete Funktion ausgeübt haben, wie gesagt, aufgrund der Fülle an weiblichem archäologischem Material. Und wie meistens, spiegelte sich religiöse Vorstellung in der Gesellschaft wieder. Verehrung weiblicher Fruchtbarkeitsgöttinnen weist auf die bevorzugte Position der Frau und Mutter hin. Ihre siziale und biologische Funktion wurde höher eingeschätzt, als die des Mannes. SIE war Mittelpunkt der Familie. Matriarchat.
2000 v.Chr. erreichte eine neue Kultur Nord-, und Ostsee Küstengebiete.Diese Menschen sind uns bekannt als Schnurkeramiker und Streitaxtleute. Sie führten eine halbnomadenhafte Wirtschaftsweise und lebten hauptsächlich von der Viehzucht. Sie waren militärisch in Kriegsverbänden organisiert und: 1.Dies benötigte eine kriegerisch orientierte Religion, die natürlich, durch einen männlichen Gott (Götter) repräsentiert wurde. 2.Dies war eine Voraussetzung, die ermöglichte, dem stärksten Mann in der Sippe oder Familie seinen Konkurrenten zu töten oder seiner Gewalt zu unterstellen, aber auch die Frau musste sich seinem Machtanspruch beugen. ER war Mittelpunkt der Familie. Patriarchat.
Zuerst sollte es keine Konflikte zwischen den Neuankommlingen und den ansässigen bauern gegeben haben. Falls doch - Axt. Nun setzte eine Vermischung der beiden Kulturen an. Spätestens bis 1500 v.Chr. war dieser Assimilierungsprozess vollzogen, unter dessen auch Religion. Jedoch geht der Vereinigung der beiden Götterwelten ein Konflikt voraus: Wanenkrieg. Aber weswegen? Ich sage mal salopp - die alten Bauern hatten im Laufe des Prozesses den Kürzeren gezogen. Die nun entstehenden Germanen haben von den Streitaxtleuten etwas mehr abgekriegt, als von den Bauern. Zünglein an der Wage schlug allmählich auf die Seite der patriarchal strukturierten Gesellschaft. Die uralten Göttinen wurden als Häupter der Götterfamilie nicht mehr tragbar. Nicht fallsch verstehen - auch der Wanenkrieg zog sich über Jahrhunderte, bis zu der Versöhnung. Die alten Wanen bekamen Hönir und Mimir, Die Asen bekamen Njörd samt seiner Kinder Freyr und Freya. Ob während des Wanenkrieges Tacitus' Terra Mater zu Männlichem Njörd wurde ist ungewiss. Aber dass im Norden noch in das 1.Jhd n.Chr. diese Nerthus, Mutter Erde verehrt wurde, also, eine sehr alte Göttin oder deren Verjüngung, wagte ich den Satz, Wanenkrieg sei noch nicht beendet. Wie auch immer. Ende gut, alles gut.
Springen wir noch schnell in die Zeit, kurz vor Chr. Wir haben eine verdammt starke Frija, eine verdammt starke Freya, wir haben Matronen, Nornen, Disen, Walküren und weiß der Kuckkuck was alles noch. Sie alle hatten einen enormen Einfluss auf das alltägliche Leben der Germanen, Germaninnen besonders: Sie waren Heilkundige, Wahrsagerinnen, Ratgeberinnen, Zauberinnen, Kriegerinnen und auch Herrscherinnen. Matriarchale Spuren, wo man nur hin schaut.
P.S. Es fällt mir plötzlich ein, warum Nerthus in einen Kerl verwandelt wurde: Die alte Germanen taten es, aus reiner Dämlichkeit - um ihr Machogehabe zu befriedigen und nicht als Memmen zu gelten. Aber insgeheim, tief in ihren Herzen, verehrten sie die alte, guuute Mutter Erde immer noch.:yes: