Wodankult. Und davor?

Ich kann mir bei den Hunderten von Büchern die ich in den letzten 20 jahren las nicht permanent die Seitenzahlen und Kapitelangaben merken, lediglich die Inhalte. Bei diesem Thema bin ich mirt nicht sicher, ob es im "Ursprung der Familie" stand oder in dem Artiekl über das Materiachat
 
Es wäre sehr viel einfacher für uns, wenn du verraten würdest, wo du diese ganz andere Theorie gelesen hast oder von wem sie stammt.
Ok, Ok, also der Verdacht war schon (fast) richtig - es stammt aus meinem Buch "Die Germanen" - Band 1, herausgegeben von der Akademie der Wissenschaften der DDR (1983) :D
 
Zusatzfrage:

In diesem Zusammenhang ist mir noch eine Frage eingefallen: War Tiwaz, alias Tyr/Ziu, ursprünglich Ase oder Wane? Oder streiten sich die Gelehrten darüber noch?
Ich könnte mir vorstellen (logischerweise), daß es darüber Streit gibt, je nachdem, welche Theorie man vertritt - die "Einwanderungstheorie" oder die gesellschaftlich-soziale Theorie, wie ich sie hier vorgestellt habe.
 
In diesem Zusammenhang ist mir noch eine Frage eingefallen: War Tiwaz, alias Tyr/Ziu, ursprünglich Ase oder Wane? Oder streiten sich die Gelehrten darüber noch?

Die Gelehrten streiten sich eher darüber, ob die alten Germanen überhaupt an die Wanen geglaubt hatten. Wie ich im anderen Thread bereits geschrieben habe, ist die erste Quelle die die Wanen zur Götterfamilie erhebt von Snorri im 13. Jahrhundert.

Tyr war auf jeden Fall immer ein Ase, da angenommen wird, dass er, wie auch Zeus, Jupiter oder Dyaus Pita, der indogermanische Himmelsgott ist. (siehe http://en.wikipedia.org/wiki/Dyeus).
Außerdem galt er zur Römerzeit noch als einer der drei Hauptgötter, wohingegen er in der Skaldendichtung nur noch eine Nebengestalt war.
 
Zuletzt bearbeitet:
Witege schrieb:
Tyr war auf jeden Fall immer ein Ase, da angenommen wird, dass er, wie auch Zeus, Jupiter oder Dyaus Pita, der indogermanische Himmelsgott ist.
Na gut und schön. Bleiben immer noch die beiden von mir angesprochenen Theorien:

Die erste Theorie, die Einwanderungstheorie, meint, ein fremdes Volk sei gewaltsam in Mitteleuropa eingedrungen und hätte sich mit der einheimischen Bevölkerung vermischt und hätten dabei auch ihre Götter mitgebracht, woraufhin die germanischen Stämme entstanden seien. Auch die Götterwelten hätten sich vermischt und so hätte Wodan/Odin Tiwaz als den höchsten Gott verdrängt. Soweit, sehr grob umrissen, die Einwanderungstheorie.

Fest steht dabei jedoch, daß bei einer Vermischung der Götterwelt alle Gottheiten doppelt vorhanden sein mußten - also der Kriegsgott (hier war dies auch so), Fruchtbarkeitsgott, Gott der Liebe, Erdgott und für alle erdenklichen Naturereignisse, wie das für Naturreligionen normal ist.

Die zweite Theorie besagt, daß je nach dem Stand innerhalb des Stammes verschiedenen Götter verehrt wurden. Daß heißt, der Stammesadel, den es ohne Zweifel gab, verehrte besonders den Kriegsgott, wärend die Bauern Fruchtbarkeitsgott, Wettergötter usw. verehrten. Und darin sehen die Verfechter der zweiten Theorie bereits einen sozialen Konflicktstoff, denn wärend die Bauern mit ihrer Arbeit den gesamten Stamm ernähren, betätigt sich der Stammesadel ausschließlich bei der Verteidigung des Stammes. Aus disem Grund ist der Kriegsgott auch der höchste aller Götter, den der Adel hinter sich hat und so Macht über die Bauern ausübt. So war das z. B. auch lange bei den Franken: die Könige beriefen sich auf göttliches Recht.

Aus meiner Sicht zwar eine interessante These, jedoch hinkt sie in sofern, da bei einer kriegerischen Auseinandersetzung auch die Bauern zu den Waffen greifen und den Kriegsgott genauso verehren mußten.
 
Die Gelehrten streiten sich eher darüber, ob die alten Germanen überhaupt an die Wanen geglaubt hatten. Wie ich im anderen Thread bereits geschrieben habe, ist die erste Quelle die die Wanen zur Götterfamilie erhebt von Snorri im 13. Jahrhundert.
Das kann ich so nicht ganz stehen lassen. Zu den Wanen gibt es auch Hinweise in der älteren Edda:
Aus: "Der Seherin Weissagung"
28 "Gebrochen war der Burgwall den Asen,
Schlachtkundge Wanen stampften das Feld.
Odin schleuderte über das Volk den Spieß:
Da wurde Mord in der Welt zuerst."

Und aus: "Das Lied von Wafthrudnir"
"Gangrad :
38 Sag mir zum zehnten, wenn der Götter Zeugung
Du weißt, Wafthrudnir,
Wie kam Niörd aus Noatun
Unter die Asensöhne?
Höfen und Heiligtümern hundert gebietet er
Und ist nicht asischen Ursprungs.

Wafthrudnir:
39 In Wanaheim schufen ihn weise Mächte
Und gaben ihn Göttern zum Geisel.
Am Ende der Zeiten soll er aber kehren
Zu den weisen Wanen."
 
Angeblich soll sie sogar erst im 13. Jahrhundert (wohl 1271) geschrieben worden sein, aus welchem Grund ihre Bezeichnung als "Ältere Edda" falsch ist, da Snorri Sturluson die Prosa-Edda bereits 1220 geschrieben hat. Also wurden die Wanen wie gesagt das erste Mal von Snorri als Götterfamilie beschrieben.

Aber es stimmt natürlich, dass selbst wenn die Lieder der "Lieder-Edda" bereits in der niedergeschriebenen Form zwischen 800 und 1000 entstanden sind, kann man sie nicht mehr als Zeugnisse von heidnischen Germanen ansehen.
 
...Aber es stimmt natürlich, dass selbst wenn die Lieder der "Lieder-Edda" bereits in der niedergeschriebenen Form zwischen 800 und 1000 entstanden sind, kann man sie nicht mehr als Zeugnisse von heidnischen Germanen ansehen.
Warum nicht? Die Nordgermanen wurden allesamt erst ab ca. 1000 christianisiert:
Dänemark: seit Harald Blauzahn (940-985)
Schweden: im Laufe des 10. Jh. - 11. Jh.
Norwegen: seit Olaf Tryggvason (995-1000)
Island: 1000

Damit dürfte die ältere Edda noch weitgehend unbeeinflußt vom Christentum sein.
 
Damit dürfte die ältere Edda noch weitgehend unbeeinflußt vom Christentum sein.

Damit hast du allerdings nur Recht, wenn sie bereits vor der genannten Niederschrift in dieser Art existiert hat, was leider nicht mehr bewiesen werden kann.


Aber selbst wenn sie eine authentische Quelle für Skandinavien aus dem 10. Jahrhundert wäre, sagt das trotzdem noch nichts darüber aus ob die Wanen schon früher, also zur Zeit der Entstehung des "Wodankultes", verehrt wurden.


Die Vermutung, welche Tyr als Hauptgott der vorindogermanischen Bevölkerung, falls es diese Überhaupt gab, bezeichnet, ist durch seinen indogermanischen Namen doch nicht mehr anzunehmen. Ich verstehe zwar nichts von Etymologie, aber dies gilt doch mittlerweile als bewiesen, oder nicht?
 
Hallo BARBAROSSA,

Ich meine irgendwann einmal etwas über den mythologischen Reflex der indogermanischen Einwanderung gelesen zu haben, konnte aber nichts finden.

@ WITEGE, der schrieb

Die Vermutung, welche Tyr als Hauptgott der vorindogermanischen Bevölkerung, falls es diese Überhaupt gab, bezeichnet, ist durch seinen indogermanischen Namen doch nicht mehr anzunehmen. Ich verstehe zwar nichts von Etymologie, aber dies gilt doch mittlerweile als bewiesen, oder nicht?


Es dürfte sich zwar um eine alte, aber nicht unbedingt obsolete Auffassung handeln. So sei zu *Tiwaz (Týr/ Zîo) erwähnt, daß Rudolf Simek (Götter und Kulte der Germanen. München: Beck, 2004), der es trotz der problematisierten Identifizierung als eines Kriegsgottes (etwa Mars) vor allem wegen der namentlichen Urverwandtschaft mit Zeus und dem lat. "deus" für möglich hält, daß dieser also erst "während der Eisen- und Völkerungszeit stetig an Bedeutung verloren hat." (S.61)

Nun aber @ BARBAROSSA:

Bei Herwig Wolfram (Die Germanen, München: Beck, 1997) habe ich die Auffassung vertreten gefunden, demnach es zumindest "die älteren, seßhaften Vanen [gab], die Fruchtbarkeit spendeten, die Geschwisterehe und deutlich mutterrechtliche Lebensformen kannten, aber auch helfende Zwillingsgötter zu den Ihren zählten, und die jüngeren, kriegerischen Asen, die vanische Gebräuche ablehnten und an deren Spitze der männerrechtlich orientierte Gefolgschaftsgott Odin-Wodan stand." (S.61) Als prominentes Beispiele für den Wechsel zum Wodanismus nennt der Autor die Langobarden, die vorher (als Vinniler) Anhänger von Freya/Frea waren.

Zum Wodanismus fand ich schließlich noch ein sehr schönes Zitat in einer Literaturgeschichte:

"[...] Das Gefolgschaftswesen schuf sich im Wodanismus einen eigenen Kult, eine neue Ideologie. Wodan, der Kriegsgott löste die alten Bauerngötter (die Wanen) ab. Als das ins Göttliche geisteigerte Ideal eines Gefolgsherrn zeichnete sich Wodan durch Kräftestärke, Klugheit, Zauberkunst, Redekunst und Großzügigkeit aus. In seinen Himmel (Walhall) gelangte nur, wer im Kampfe fiel. Wer eines natürlichen Todes starb, hatte keinen Anspruch auf die Ergötzungen Walhalls, die in gawaltigen Gelagen und ständigen Waffengängen bestanden; er mußte in der Unterwelt (Hel) Mangel leiden. [...]" (Wolgang Spiewok)
 
Zuletzt bearbeitet:
Geoffrey de Monmouth erwähnt in der Historia regnum Britanniae (im Jahr 1136 vollendet) Mercurius als Wodan und höchsten Gott der Angelsachsen, dem der vierte Wochentag geweiht ist. Sein Name Wodan ist auch in der Runeninschrift auf der Spange von Nordendorf belegt. Jonas von Bobbio erwähnt in der Vita Columbani (nach dem Jahr 642 vollendet) ein Heiligtum, ein Biertrankopfer für Wodan mit großem Kessel, in einer Glosse dazu wird Wotant mit Mars gleichgesetzt. Procop nennt in De Bello Gothico (um das Jahr 550) Ares den größten gotischen Gott. Cornelius Tacitus erwähnt in den Germania (nach dem Jahr 98) den Gott Merkur, der von den Germanen am meisten verehrt wird. Er erwähnt die Gotonen als nördliche Nachbarn der Lugier. Velleius Paterculus schildert in der Historia Romana (um das Jahr 30) die Traumgesichter der Götter durch einen weisen Alten. Strabos Geographia (etwa um das Jahr 18) enthält u. a. einen Bericht über die Opferfrauen der Cimbern. Caius Julius Caesar erwähnt in De Bello Gallico (in den Jahren 51/52 v.d.Z.) germanische Götter, Losen und Losorakel der Frauen. Und davor? Die Germanen verherrlichen in uralten Liedern, so Tacitus in den Germania, der einzigen Art geschichtlicher Überlieferung, die sie kennen, den erdgeborenen Gott Tuisto und seinen Sohn Mannus als Stammväter und Gründer ihres Volkes. Wie jene Urgottheiten, die Mannus-Söhne, sind sie gewiß auch als Pfahlbilder verewigt worden, und jene wie diese sind es, die uns bereits auf den Felsritzungen der Bronzezeit oder in dem Steinkammergrab von Anderlingen anschaulich entgegentreten. Vieles spricht dafür, daß sich in den Felsbildern keimhaft schon jene Entwicklung abzeichnet, die zu den Sagen hinführt, die sich um die germanischen Götter ranken. Die fast vergessenenen Sagen der Germanen sind Bestandteil der Gestalt Odins bzw. Wotans, wie der Gott bei den Südgermanen gerufen wurde. Umgeben von Walküren, den schicksalkündenden Nornen, dem mächtigen, hammerschwingenden Donnergott Thor, dem listigen Gefährten Loki und der Liebesgöttin Freya, entwickelte sich Odin vom Toten- und rasenden Schlachtengott, der seine Berserker in einen Rausch versetzt und in blutige Kriege führt, über den Zauber- und Runengott zum Gott der Dichter.
 
Vieles spricht dafür, daß sich in den Felsbildern keimhaft schon jene Entwicklung abzeichnet, die zu den Sagen hinführt, die sich um die germanischen Götter ranken. Die fast vergessenenen Sagen der Germanen sind Bestandteil der Gestalt Odins bzw. Wotans, wie der Gott bei den Südgermanen gerufen wurde. Umgeben von Walküren, den schicksalkündenden Nornen, dem mächtigen, hammerschwingenden Donnergott Thor, dem listigen Gefährten Loki und der Liebesgöttin Freya, entwickelte sich Odin vom Toten- und rasenden Schlachtengott, der seine Berserker in einen Rausch versetzt und in blutige Kriege führt, über den Zauber- und Runengott zum Gott der Dichter.

Verstehe ich das jetzt richtig? Das soll deine Begründung sein, warum die alten Germanen auch schon an die Sagen der Edda geglaubt haben? Weil man Odin/Wodan als Gott der Germanen bezeichnen kann, sind also alle Geschichten in der Edda auch für die früheren Germanen aussagekräftig? Das soll wirklich ausreichend sein? Schließt das wirklich aus, dass auch von außerhalb Elemente in die Dichtungen eingedrungen sind?
 
Zuletzt bearbeitet:
Witege schrieb:
Weil man Odin/Wodan als Gott der Germanen bezeichnen kann, sind also alle Geschichten in der Edda auch für die früheren Germanen aussagekräftig?

Das glaube ich ehrlich gesagt auch nicht. Im Laufe der Zeit werden immer mehr Geschichten hinzugedichtet worden sein (die Gestalt des Loki z. B. fehlt bei den Kontinental-Germanen völlig), anderes wird in Vergessenheit geraten sein ( ich vermute, besonders über Tyr ). Denn man bedenke - bevor die Edda niedergeschrieben worden ist gab es fast ausschließlich mündliche Überlieferungen...
;)
 
Witege schrieb:
Das soll deine Begründung sein, warum die alten Germanen auch schon an die Sagen der Edda geglaubt haben?
Es ist ein Beleg dafür, daß die Skalden der Wikingerzeit nicht den Göttervater Odin erfunden haben.
Witege schrieb:
Weil man Odin/Wodan als Gott der Germanen bezeichnen kann, sind also alle Geschichten in der Edda auch für die früheren Germanen aussagekräftig? Schließt das wirklich aus, dass auch von außerhalb Elemente in die Dichtungen eingedrungen sind?
Die Sagen und Heldenlieder der Völkerwanderungszeit wurden von den Germanen nicht aufgezeichnet.
Barbarossa schrieb:
Die Gestalt des Loki z. B. fehlt bei den Kontinental-Germanen völlig.
Da im Vergleich zu Loki für Odin wenig Sagen, für Loki aber keine Kultstätten vorhanden sind, läßt sich annehmen, daß in Loki ein wichtiger Bestandteil Odins weiterlebt.
 
Da im Vergleich zu Loki für Odin wenig Sagen, für Loki aber keine Kultstätten vorhanden sind, läßt sich annehmen, daß in Loki ein wichtiger Bestandteil Odins weiterlebt.
Das verstehe ich jetzt nicht ganz. Die Edda ist voll mit Erzahlungen und Reimen über Odin, der dort oft auch als "Allvater" bezeichnet wird.
 
Hallo HORST, da hast du ja eine nette, zum Teil sogar poetischen Beitrag geliefert, den ich nach der Kritik WITEGEs und BARBAROSSAs einmal auseinander nehmen möchte. Ich ignorierte ihn zunächst, weil ich ihn beim ersten Überfliegen überhaupt gar nicht verstand, weil ich die Quellen und Funde, auf die du dich stützt, zum größten Teil überhaupt nicht kannte.

Geoffrey de Monmouth erwähnt in der Historia regnum Britanniae (im Jahr 1136 vollendet) Mercurius als Wodan und höchsten Gott der Angelsachsen, dem der vierte Wochentag geweiht ist.

Damit spielst du auf die Gleichsetzung von Merkur und Wodan/Odin an, was mithin durch die Gleichsetzung lateinischen Wochentages ("dies Mercurii") mit der "germanischen" Übersetzung zu Wôdanestag (ahd.; vgl. engl. Wednesday; skand. Onsdag) auch volkstümlich belegt ist.

Sein Name Wodan ist auch in der Runeninschrift auf der Spange von Nordendorf belegt.

Tatsächlich ist diese Runenfibel, die man auf die erste Hälfte des 7. Jh. datiert, der älteste archäologische Beleg des Namens.

Jonas von Bobbio erwähnt in der Vita Columbani (nach dem Jahr 642 vollendet) ein Heiligtum, ein Biertrankopfer für Wodan mit großem Kessel, in einer Glosse dazu wird Wotant mit Mars gleichgesetzt.

Dich scheint der Widerspruch nicht zu stören, daß hier Wodan mit Mars gleichgesetzt wird. Du nutzt es als Überleitung zu einer älteren Quelle als die zuvor genannten:

Procop nennt in De Bello Gothico (um das Jahr 550) Ares den größten gotischen Gott.

Der Leitgedanke, ist nicht die Klärung des Wodankultes, oder? Denn du willst schnurstracks in die frühe Kaiserzeit und belastst deinen Gedankengang nicht mit der Nebensächlichkeit, daß hier wieder Merkur erwähnt wird:

Cornelius Tacitus erwähnt in den Germania (nach dem Jahr 98) den Gott Merkur, der von den Germanen am meisten verehrt wird.

Dann entgeht mir zunächst der Zusammenhang, als du fortfährst:

Er erwähnt die Gotonen als nördliche Nachbarn der Lugier.

Was hat es damit auf sich: warum erwähnst du die Vorfahren der Goten und deren damalige Oberherren? Vielleicht ich weiter unten eine Erklärung für deine Erwähnung.
Wie dem auch sei, das folgende mag sehr interessant sein, und auch ausbaufähig:

Velleius Paterculus schildert in der Historia Romana (um das Jahr 30) die Traumgesichter der Götter durch einen weisen Alten. Strabos Geographia (etwa um das Jahr 18) enthält u. a. einen Bericht über die Opferfrauen der Cimbern. Caius Julius Caesar erwähnt in De Bello Gallico (in den Jahren 51/52 v.d.Z.) germanische Götter, Losen und Losorakel der Frauen.

Hier geht es um den Kontakt zu den Göttern, den die Germanen pflegten, und insbesondere erwähnst du hier die Funktion der Frauen. Etwas ausführlicher hätte nicht geschadet, aber du verlierst diese Thematik aus den Augen:

Und davor? Die Germanen verherrlichen in uralten Liedern, so Tacitus in den Germania, der einzigen Art geschichtlicher Überlieferung, die sie kennen, den erdgeborenen Gott Tuisto und seinen Sohn Mannus als Stammväter und Gründer ihres Volkes. Wie jene Urgottheiten, die Mannus-Söhne, sind sie gewiß auch als Pfahlbilder verewigt worden, [...]

Es tut mir leid, daß ich diese Passage deines Beitrages, die ich stilistisch genial formuliert finde, unterbrechen muß, aber hier erwähnst du die "Pfahlbilder": Dazu las ich in H. Wolframs Germanenbuch (im Beckverlag) einen Hinweis: "läßt sich mit dem Namen der gotischen Amaler vergleichen, die ihrerseits als A(n)sen gelten, was ebenfalls einen Balken oder Baum meint, aus dem man Pfahlgötzen macht. Und in der Tat sind solche hölzernen, bisweilen überlebensgroßen Götterdarstellungen erhalten geblieben." Vielleicht erwähnst du auf solch einem Hintergund die Gutonen und Lugier?

und jene wie diese sind es, die uns bereits auf den Felsritzungen der Bronzezeit oder in dem Steinkammergrab von Anderlingen anschaulich entgegentreten.

Das Steinkammergrab von Anderlingen sagte mir zunächst nichts, daher googelte ich und fand den Anderlinger Bildstein (Landkreis Rotenburg an der Wümme) aus der Bronzezeit auf dieser Seite:

http://megalithic.co.uk/article.php?sid=12866

Dazu heißt es in der „Ur- Frühgeschichte in Niedersachsen“, daß er die Stirnseite einer Steinkiste bildete, wobei die figürliche Darstellung auf der Innenseite zu finden war: „nämlöich drei im Profil wiedergegebene aufrecht stehende oder sich bewegende Personen, von denen die linke die Hände wie zum Gebet erhoben hat, die mittlere hält in den ebenfalls erhobenen Händen eine Axt, und die rechte scheint einen (nicht mehr erkennbaren) Gegenstand zu tragen. Die Autoren des Referats (A. Metzler & O. M. Wilbertz) halten es für zweifelhaft, in der Abbildung drei Götter (=> „Dreigötterstein“) zu sehen; stattdessen schlagen sie die Interpretation einer feierlichen Zeremonie – möglicherweise im Zusammenhang eines Totenrituals – vor. Im systematischen Teil (bearbeitet von Jutta Möller) wird ergänzt, daß es sich um einen Schlußstein handelt: die erste Figur mit den erhobenen Armen sei nach links gewendet und spreize die Finger ab; die zweite, ähnliche Figur halte in der einen Hand das Beil und die dritte Figur sei in ein knöchellanges Gewand gekleidet. Vergleichbare Felsbildgravuren gäbe es in Südskandinavien, aber in Niedersachsen sei der Fund singulär. Es heißt, daß der Stein, als er gefunden wurde (1907), qualitativ schlecht nachbearbeitet wurde, so daß durch Abreibungen (Frottagen) zu Tage getretene weitere Gravuren als derartige Beschädigungen zu verstehen sein könnten: „Zwischen der mittleren und der rechten Figur befindet sich eine vierte kleinere Gestalt, unterhalb dieser Darstellung die eines hundeähnlichen Tieres und über den Köpfen der Personen eine bogenförmige Girlande."
Insgesamt sei zum Fundort erwähnt, daß das Steinkammergrab, das zahlreiche Beigaben enthielt, in der Völkerwanderungszeit (durch Altsachsen?) mit Urnen nachbestattet wurde.

Erschien dir der Stein so bedeutungsvoll, weil er "drei Göttersöhne" zeigt? Wie deutets du die gravierte Kammergrabschlußsteingravur?Nun fehlt noch der Schluß deines Beitrages:

Vieles spricht dafür, daß sich in den Felsbildern keimhaft schon jene Entwicklung abzeichnet, die zu den Sagen hinführt, die sich um die germanischen Götter ranken.

Kannst dich ausführlicher darüber auslassen? Du hast sicherlich das eine oder andere Bild auf einer Internetseite oder in einem Buch gelesen, um so etwas zu behaupten?

Die fast vergessenenen Sagen der Germanen sind Bestandteil der Gestalt Odins bzw. Wotans, wie der Gott bei den Südgermanen gerufen wurde. Umgeben von Walküren, den schicksalkündenden Nornen, dem mächtigen, hammerschwingenden Donnergott Thor, dem listigen Gefährten Loki und der Liebesgöttin Freya, entwickelte sich Odin vom Toten- und rasenden Schlachtengott, der seine Berserker in einen Rausch versetzt und in blutige Kriege führt, über den Zauber- und Runengott zum Gott der Dichter.

WITEGE fragte, ob das
deine Begründung sein [solle], warum die alten Germanen auch schon an die Sagen der Edda geglaubt haben?
Und du erwiderst, es sei
ein Beleg dafür, daß die Skalden der Wikingerzeit nicht den Göttervater Odin erfunden haben.

Mir ist nicht ganz klar: Hat das denn jemand (hier) behauptet?

Witege schrieb:
Weil man Odin/Wodan als Gott der Germanen bezeichnen kann, sind also alle Geschichten in der Edda auch für die früheren Germanen aussagekräftig? Schließt das wirklich aus, dass auch von außerhalb Elemente in die Dichtungen eingedrungen sind?
Horst schrieb:
Die Sagen und Heldenlieder der Völkerwanderungszeit wurden von den Germanen nicht aufgezeichnet.
In deiner Antwort beschränkst du deine eigenen Überlegungen aber auf eine Zeit lange nach der Bronzezeit ein!

Barbarossa schrieb:
Die Gestalt des Loki z. B. fehlt bei den Kontinental-Germanen völlig.
Horst schrieb:
Da im Vergleich zu Loki für Odin wenig Sagen, für Loki aber keine Kultstätten vorhanden sind, läßt sich annehmen, daß in Loki ein wichtiger Bestandteil Odins weiterlebt.

Das finde ich eine durchaus interessante Idee: Loki als Alter ego Odins/Wodans.
Das kennen wir aus einer ganz anderen Religion: der jüdischen des Alten Testamentes, aber auch aus der eigenen, dem Christentum mit seiner Überlieferung des neuen Testamentes. Allerdings gibt es hier nicht göttliche Freunde, sondern Gegenspieler (Jahwe-Gott vs Baal, Bal Zebub/ Satan vs Christus). Aber ursprünglich ist Jahwe-Gott aus aus Baal (El) hervorgegangen, hat sich entwickelt, und trat später zu ihm in Konkurrenz. Allerdings bleibt es dabei, die germanische Mythologie, wie wir sie durch die skandinavische Überlieferung kennen, könnte trotzdem christlich oder auch durch die griechische Mythologie beeinflußt sein - so ganz frei nach Rudolf Simek formuliert.
 
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