Woher stammen die Hohenzollern

Ich habe das Thema, da es um den Ursprung der Hohenzollern geht, in Persönlichkeiten im MA verschoben. Sollte jemand begründete Einwände dagegen vorbringen, kann es natürlich auch in ein anderes Forum (z.B. Das Deutsche Kaiserreich) verschoben werden.
 
Der Hohenzollern-Thread ist ja nun schon ein paar Jahre alt - ich will dennoch versuchen, ihm einen würdigen "Anfang" zu geben (nach dieser von "Repo" ((wo ist der denn geblieben)) nicht kam). Der Chronist Berthold von Reichenau hat zum Jahr 1061 erstmals einen Burkhard und einen Wezelin "de Zolrin" - die in einer Fehde gefallen waren - genannt. Ein (vermutl. ) Sohn eines der beiden namens Adalbert war Mitbegründer des Klosters Alpirsbach - dessen Vogt er auch anschließend wurde; in Alpirsbacher Chroniken wurde dieser Albrecht als "von Heygerloh" bezeichnet. Es wird vermutet, dass die Ahnen dieser Zollern aus der Großfamilie der Bertholde (Nachkommen des Herzogs Gotfried) waren - dafür spricht zum einen ihr Namensgut und zum anderen, dass sie wohl schon im frühen 11. JH eine erste Burg auf dem "Zollerberg" erstellt hatten, der damals zum Scherragau gehört haben dürfte, welcher sich wiederum im Besitz der Mitglieder der Berthold-Sippe befand. Der Versuch (im 19. JH.) die frühen Zollern den Hunfridingern/Burkharden zuzuweisen (wegen des Namens des zu 1061 genannten Burkard v. Zollern, wurde von den nachfolgenden Historikern abgewiesen. Wegen div. Umbebauungen - Zerstörungen - Wiedererrichtungen und schließlich Neubebauung vor 150 Jahren haben frühere Ausgrabungen kein Licht in das Dunkel gebracht - heute sind archäologische Funde nicht mehr zu erwarten. Der Name "Hohen"-Zollern kam erst Mitte des 14. JH. auf.
Die Zollern bildeten früh - neben der "Nürnberger" - noch weitere Linien: a) die von Hohenberg deren Burg auf dem Oberhohenberg (dem zweithöchsten Alb-Berg) bei Schömberg stand und die zu besonderer Bedeutung gelangten, als die Oberohenberger Erbtochter den späteren König Rudolf v. Habsburg ehelichte (sie nannte sich dann Anna); b) eine weitere Nebenlinie nannte sich "von Zollern-Schalksburg" nahe dem Höhendorf Burgfelden (mit seiner berühmten romanischen Kirche) - ca. 5 km südlich von Balingern.
Soweit also zum ältesten Teil der schwäbischen Geschichte des Hauses Hohenzollern. -
(Ps.: konnte weg. schwerer Erkrankung fast 3 Jahre nicht mehr hier teilhaben)
 
Es wird vermutet, dass die Ahnen dieser Zollern aus der Großfamilie der Bertholde (Nachkommen des Herzogs Gotfried) waren - dafür spricht zum einen ihr Namensgut und zum anderen, dass sie wohl schon im frühen 11. JH eine erste Burg auf dem "Zollerberg" erstellt hatten, der damals zum Scherragau gehört haben dürfte, welcher sich wiederum im Besitz der Mitglieder der Berthold-Sippe befand.
Kannst Du bitte diesen Herzog Gotfried näher beschreiben?

Der Begriff "Bertholde" ist meines Erachtens vage. In meiner Gegend (Oberrhein) gibt es zum Beispiel die Grafen von Hohenberg, welche auch als "Bertholde" bezeichnet werden. Um diese "Bertholde" richtig einordnen zu können, wäre auch hier eine nähere Bestimmung hilfreich.
Danke schon im voraus.
 
flavius, Du meinst die Grafen von Hohenberg im Pfinzgau, schätze ich, der Durlacher Turmberg wurde im 8. Jh. Hohenberg genannt:
https://ka.stadtwiki.net/Berthold_von_Hohenberg

WP schreibt unter dem Lemma ''Hohenberg (Adelsgeschlecht, Pfinzgau)'', die beiden Hohenberg-Geschlechter dürften nicht miteinander verwechselt werden. Der Gründer des Klosters Gottesaue (Karlsruhe), Berthold von Hohenberg, sei sehr wahrscheinlich personengleich mit dem Vogt des Klosters Lorsch, Berthold von Lindenfels.

Jedenfalls hat mich die Frage auch schon in der Vergangenheit beschäftigt. Die räumliche Distanz zwischen dem ersten Auftreten der schwäbischen Hohenberger und der Pfinzgauer sprechen gegen eine unmittelbare Verwandtschaft, meine ich, zumal die Pfinzgauer einige Jahrzehnte früher fassbar sind und Verbindungen via übergeordneten Herrschaftsstrukturen in den 'schwäbischen Raum' noch nicht bestanden.

Viele Grüße,
Andreas
 
Zuletzt bearbeitet:
q - flavius - Andreas.: Gegen Ende der Merowingerzeit hatten die alemannischen Stämme (es gab damals noch mehrere alem. Kleinkönige) die Oberherrschaft der für ihr Gebiet zuständigen Merowingerkönige anerkennen müssen - sie wurden zu den ersten "Amtsherzögen", wobei ihnen jedoch weitgehend königsgleiche Autonomie über ihr Volk belassen wurde. Erst als die späteren Karolinger begannen das Reich zu usurpatieren, verlangten sie auch von den alemann. Stämmen, sich vollständig zu unterwerfen. Dagegen wehrten sich diese heftig - ihre Hauptstämme waren damals die Agylolfinger und die Alaholfinger. Einer der letzten großen alemannischen Herzöge war Gotfried + 703 - ihm folgten seine Söhne Theudbald und Lantfried. Ihr "Stammesgebiet" reichte damals von der (heutigen) Nordschweiz über den Breisgau und selbst große Teile des Elsaß bis in den Neckar-gau; ihr nördlichster Herzogsstuhl war in Cannstatt - die sog. Alteburg. - Dort fand im Jahr 746 das Ereignis statt, das in der Geschichte als das Blutgericht oder das Massacker von Cannstatt einging - unter König Karlmann und seinem Bruder Pippin (dem Vater Karls d.Gr.) wurden der alemannische Adel - nachdem er sich wiederholt weigerte, sich zu unterwerfen - hinterrücks niedergemetzelt (man geht von bis zu 2500 ermorderten Alemannen aus). Dies bedeutete zugleich das Ende des ersten "Herzogtums Schwaben", das von den Karolingern nicht mehr wieder erneuert wurde. Der riesige Besitz dieser Schwäbischen Sippe wurde konfisziert, die fränkische Grafschaftsverfassung wurde eingeführt und überwiegend fränkische Aristokraten als Grafen in der gesamten ehem. Provinz Alemannia installiert; die Organisation dieses Unterfangens wurde von den beiden fränkischen Statthaltern Ruthard und Wolfold rigoros durchgeführt.
Karl d.Gr. erkannte bald, dass er ohne "die Schwaben" keinen Frieden in dem für ihn so wichtigen Süden des Reichs schaffen könne - und so heiratete er die erst 14-jährige "Schwäbin Hildegard". - Sie war eine Ur-Ur-Enkelin des vorgenannten "Stammesherzogs Gotfried"und sie wird zur Stammesmutter fast aller großer Königshäuser jener Zeit !
Ganz offensichtlich sorgte Hildegard dafür, dass ihre entmachteten und enteigneten Vorfahren wieder (wenn auch nicht vollständig) zu Amt und Würden gelangten und große Teile ihres ehem. Familienbesitzes zurückerlangten. Vier Familienzweige aus der Nachkommenschaft Herzog Gotfrieds - über dessen 3. Sohn Huoching - werden zu neuen schwäbischen Dynastien: - die Hupaldinger ( s. Dillingen) - die udalrichinger (s. Bregenz) - die Gerolde und die Agilolfinger, bei denen der Leitnahme Berthold dazu führt, dass die Historiker sie als die "schwäbischen Bertholde" umbenannten:

Der erste dieser Bertholde wirkt als Graf schon 724 mit bei der Gründung des Reichenau-Klosters. Sein Sohn und sein Enkel sind jeweils Grafen in der Ostbaar und sein Ur-Ur-Enkel erscheint um 880 als Pfalzgraf und residiert in Marchtal mit der Burg auf dem Bussen. - Seine beiden Söhne Erchanger und Berthold die als Kammerboten / Statthalter von der Pfalz Bodman und der Burg Twiel aus versuchten, das Herzogtum Schwaben wieder aufzurichten, wurden hierbei von ihrem Schwager - dem ersten gewählten Frankenkönig Konrad I. - 919 hingerichtet! Dennoch verdanken wir ihrem Engagement - insbesondere ihrem Sieg bei Wahlwies 915 gegen König Konrad - der Wiederentstehung des Herzogtums Schwaben, denn ihr Kampfgefährte in Wahlwies - Burkhard I. - wurde von den Schwaben zum Herzog ausgerufen, was dann auch König Heinrich I. anerkannte.

Söhne und Enkel namens Berthold folgen - sie werden Grafen im Thurgau, im Breisgau und 999 erhält ein Berthold von Kaiser Otto III. das Markt- und Münzrecht für Villingen - sein Sohn Bezzelin gründet die Stadt Villingen und dessen Sohn Berthold war sogar die Nachfolge in das Herzogtum Schwaben versprochen: nun, das klappte zwar nicht, da Kaiserinmutter Agnes damit ihren Schwiegersohn Graf Rudolf von Rheinfelden (den späteren Gegenkönig) belehnte ...

Endlich im Jahre 1061 wird Berthold "mit dem Barte" - der sich seither von Limburg (bei Kirchheim/Teck) benannte mit einem Herzogtum belehnt - er wird zum Herzog von Kärnten und damit in den Reichsfürstenstand erhoben. - Im Investiturstreit wird er Parteigänger der "Gregorianer" - Kaiser Heinrich IV. zerstört seine Besitzungen in Schwaben und Berthold I. soll dabei dem Wahnsinn verfallen und 1078 auf seiner Limburg gestorben sein (Ps.: Berthold I. = Bertholdus Primus = mein "Namensgeber" hier im Forum).

Sein Sohn Berthold II. wird die väterliche Residenz "Limburg" verlassen und im Breisgau die dortige Burg
Z ä h r i n g e n um neuen Familienbesitz ausbauen und die Dynastie der Zähringer begründen!
Sein Bruder - Hermann I. - der den Titel Markgraf von Verona erhalten hatte - wird zum Stammvater des Hauses B a d e n .

Soweit also zum Verständnis der Sippe der "schwäbischen Bertholde".

Und freilich kam es nun in der Zeit zwischen ca. 800 und 1100 in dieser Dynastie zu vielen interessanten ehel. Verbindungen (und auch Vermengungen mit fränkischen Adelsfamilien). So z.B. heiatete Judith von Marchtal (Tochter Adalberts) den Herzog Konrad II. v. Schwaben - daraus entsteht das Haus Herzog Hermanns II. in Marchtal dessen Tochter Gisela Kaiserin (Salier) wird. Und nahezu der gesamte schwäische Adel des Hochmittelalters lässt sich also auf die Sippe der Bertholde zurückführen. Als mit dem Zeitalter des Burgenbaues die Benennung nach der jew. Burg erfolgte entstehen freilich viele "neue namen" wie auch durch Eheschliessungen neue Leitnamen in die Familien eingebracht werden.

Die beiden o.g. Familien (Ursprung des Threads) - Zollern - Hohenberg - beziehen als ihr Namen jeweils von der Höhenburg, die sie am Nordrand der schwäbischen Alb - Steilabfall mit weitem Blick zum Neckargau, errichtet hatten. - Und so, wie die Burg "Bertholds I." - ebenfalls auf einem Berg an der Nordkante der schwäb Alb "Limburg" hieß, gibt es noch viele weitere Limburgen - und Hohenberge und sogar Staufen im Hl. Röm. Reich.
Ich hoffe nun etwas dazu beigetragen zu haben, die "schwäbischen" von den übrigen unterscheiden zu können.

es grüßt Bertiprimus
 
ich versuchs mal mit Datei hochladen - wenn's klappt, dann seht ihr Hzg. Gotfried und seine frühen Nachkommen bis zu Erchanger/Berthold +919
 

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Vielen Dank, Bertiprimus. An einiges erinnerte ich mich noch aus der Beschäftigung mit dem Nagoldgau und der Bertoldsbaar - paar Jahre schon her.


sie wurden zu den ersten "Amtsherzögen", wobei ihnen jedoch weitgehend königsgleiche Autonomie über ihr Volk belassen wurde
Das sicherlich weniger anfangs, vielmehr nach der politischen Schwächung in der 2. Hälfte des 7. Jh. der Merowinger entfalteten die alam. Amtsherzöge vermehrt Eigenständigkeit (Chr. Morrissey, Alamannen zwischen Bodensee und Main, 2013, S. 61.).

Dort fand im Jahr 746 das Ereignis statt, das in der Geschichte als das Blutgericht oder das Massacker von Cannstatt einging - unter König Karlmann und seinem Bruder Pippin (dem Vater Karls d.Gr.) wurden der alemannische Adel - nachdem er sich wiederholt weigerte, sich zu unterwerfen - hinterrücks niedergemetzelt (man geht von bis zu 2500 ermorderten Alemannen aus). Dies bedeutete zugleich das Ende des ersten "Herzogtums Schwaben", das von den Karolingern nicht mehr wieder erneuert wurde.

Der alam. Amtsherzog Theudebald wurde von Karl Martell 732 vertrieben, nachdem Theudebald von den Karolingern zuvor nicht anerkannt worden war; damit war die alam. Eigenständigkeit faktisch beendet (Morrissey, Alamannen, S. 63).
Das so genannte Blutgericht von Cannstatt war vermutlich eher ein Ergebnis der Auseinandersetzungen zwischen den Karolingern Pippin und Karlmann. Pippin hatte 745 Alamannien nach einem Einfall anscheinend unter seine Kontrolle gebracht, Karlmann in Cannstatt 746 wohl die alamannischen Huldiger Pippins bestraft (Morrissey, Alamannen, S. 64).

Viele Grüße,
Andreas
 
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