Wussten die Deutschen was (!) sie 1929-1933 wählten?

Schon zuvor erzielte die NSDAP enorme Gewinne und man geht nicht fehl in der Annahme, dass etwa die Hälfte der Deutschen mit der NSDAP sympathisierten. Da helfen auch keine Spitzfindigkeiten wie die Frage, inwieweit die Wahl von 1933 nun frei war. Die Wahlen von 1932 ergeben kein gravierend anderes Bild.

Sicher hast Du eine valide empirische Studie zur Hand, bei der man die (nun offenbar schon aufgerundet) 50% Sympathisanten per März 1933 nachlesen kann?

Dann wüsste ich gern, welche Literatur die Charakterisierung der März-Wahl als rechtswidrig und verfassungsbrechend als Spitzfindigkeit herausstellt?

Schließlich wäre interessant zu wissen, welche Untersuchung zum Dritten Reich keinen gravierenden Unterschied zwischen den Ergebnissen/"Bildern" der März-Wahl 1933 einerseits, und der Juli-Wahl 1932 und der November-Wahl 1932 anderseits sieht?

Kannst Du mir die drei Stellen geben? Dann verstehe ich besser die Basis Deiner hier schon mehrfach vorgetragenen "Hälfte"-Betrachtung für den belegten Zuspruch zum NS zwischen Januar und März 1933 .:winke:
 
Kannst Du mir die drei Stellen geben? Dann verstehe ich besser die Basis Deiner hier schon mehrfach vorgetragenen "Hälfte"-Betrachtung für den belegten Zuspruch zum NS zwischen Januar und März 1933 .:winke:

Dieses Ergebnis ist keine Hexerei, sondern lässt sich ganz leicht aus dem Wahlergebnis vom 5.3.1933 ablesen. Dort erreichte die NSDAP 43,9% der Stimmen und die ultrakonservative DNVP, deren Mitglieder und Wähler mit der NSDAP sympathisierten, 8%. Es wäre Haarspalterei, bei diesem Ergebnis entweder von der Hälfte deutscher NSDAP-Sympathisanten zu sprechen, oder von mir aus auch von "nahezu" der Hälfte. Das ändert am bedauerlichen Ergebnis herzlich wenig.

Im übrigen: Auch wenn man die Behinderung politischer Gegner bei der Reichstagswahl 1933 in Rechnung stellt, so wurde doch kein Wähler gezwungen, sein Kreuzchen bei der NSDAP zu machen, wie auch keiner daran gehindert wurde, in dieser durchaus noch geheimen Wahl sein Kreuz bei der SPD oder KPD zu machen. Langfristige Wählerbindungen waren maßgebend.

Der enorme Aufschwung der NSDAP seit der Reichstagswahl vom 20.5.1928, wo sie lediglich 2,6% der Stimmen erhielt, ist überhaupt nicht zu bestreiten. Die armen "verführten" Deutschen haben in Scharen kräftig faschistisch gewählt und die NSDAP ist weder vom Himmel gefallen, noch waren es fremde braune Marsmännchen, die sie wählten - und nach 1945 - ruckzuck - wieder verschwanden.
 
Zunächst möchte ich anmerken, dass die verfassungstragenden Parteien schon seit 1920 keine Mehrheit im Reichstag hatten. Die KPD hatte schon am 20.05.1928 über 10% der Stimmen erhalten. Am 14.09.1930 hatte die KPD 13,1%, die NSDAP 18,3 %, DNVP, DVP und Co. auch immerhin 18,8 % der Stimmen. Die Parteien, die sich auf dem Boden der Weimarer Verfassung bewegten hatten nur 37,9 % der Stimmen errungen.

Das dürfte ja wohl nicht zu Letzt auch an der seit 1929 andauernden Weltwirtschaftskrise gelegen haben, die zu jenem Zeitpunkt mit voller Wucht im Deutschen Reich angekommen ist. Hitler hatte den Menschen genau das versprochen, was sie hören wollten. Hitler nutze die Ängste und Sorgen der Menschen überaus geschickt aus. Die Menschen waren nicht von heute auf morgen zu überzeugten Nazis geworden. Des Weiteren verfügte die NSDAP wohl über einen überaus erfolgreich arbeitende Propaganda. Die NSDAP galt als modern, dynamisch und entschlossen. Denke nur an die genial inszenierten Flüge Hitlers mit dem Spruch „Hitler über Deutschland.“
Keine Partei hatte einen größeren Nutzen aus der Weltwirtschaftskrise gezogen wie die NSDAP.

Aber natürlich hatte auch die fortschreitende Erosion der Weimarer Demokratie und die ganzen verantwortungslosen üblen Intrigen- und Ränkespiele einem Hitler den Boden bereitet.
 

Das dürfte ja wohl nicht zu Letzt auch an der seit 1929 andauernden Weltwirtschaftskrise gelegen haben, die zu jenem Zeitpunkt mit voller Wucht im Deutschen Reich angekommen ist. Hitler hatte den Menschen genau das versprochen, was sie hören wollten. Hitler nutze die Ängste und Sorgen der Menschen überaus geschickt aus.

Dass die Weltwirtschaftskrise den Aufstieg der NSDAP begünstigte und Hitler sich als geschickt als Heilsbringer gebärdete, ist eine altbekannte Tatsache. Die Frage ist aber doch, warum nicht auch die USA, Frankreich oder Großbritannien - die gleichermaßen betroffen waren - einen "Hitler" hervrobrachten?

An diesem Punkt behauptet Daniel Goldhagen in Hitlers willige Vollstrecker, dass die Deutschen eine besondere antisemitische Disposition besäßen - seine Thesen sind zumindest bedenkenswert, auch wenn die deutsche Forschung sie unisono ablehnt.

Die "Goldhagen-Debatte" : ein Historikerstreit in der Mediengesellschaft / Michael Schneider
 
Die von dir genannten Länder haben keinen Weltkrieg verloren. Im Deutschen Reich gab es eben eine nicht zu verachtende Anzahl von Menschen, die restaurative Ansichten und sich eine Rückkehr zu alten Gesellschafts- und Sozialordnung wünschten. Hitlers Parolen fielen hier auf überaus fruchtbaren Boden.
 
Im Deutschen Reich gab es eben eine nicht zu verachtende Anzahl von Menschen, die restaurative Ansichten und sich eine Rückkehr zu alten Gesellschafts- und Sozialordnung wünschten.

Ja, alle Wähler der DNVP und DVP, die sich in ihren Parteiprogrammen zur Monarchie bekannten: "Die monarchische Staatsform entspricht der Eigenart und geschichtlichen Entwicklung Deutschlands. (Parteiprogramm der DNVP vom 9.9.1920).

Aber: Mit Weltwirtschaftskrise und verlorenem Krieg (u.ä. Versatzstücken) lässt sich das Phänomen "Hitler", dem Millionen Deutsche zujubelten, nicht erklären.
 
Die Weltwirtschaftskrise ist für den kometenhaften Aufstieg Hitlers in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzen.

Und wie ich weiter oben schon schrieb, befand sich die Weimarer Republik in einen Erosionsprozess, der Hitler begünstigte.

Dann sollte man sich beispielsweise die einzelnen gesellschaftlichen Gruppierungen ansehen. Was versprachen diese sich von Hitler? Nimm beispielsweise das Militär. Die Herren wollten die Aufhebung des Versailler Vertrages un die damit verbundenen Rüstungsbeschränkungen. Und sie wollten die verloren gegangenen Ostgebiete zurück holen. Notfalls auch mit Gewalt.

Mit der Aufhebung des Versailler Vertrages stand das Militär nicht allein, das sahen ganz sicher sehr viele Deutsche so.

Es ist ein ganzes Bündel an Faktoren, die einen Hitler möglich gemacht haben.
 
Zunächst möchte ich anmerken, dass die verfassungstragenden Parteien schon seit 1920 keine Mehrheit im Reichstag hatten. Die KPD hatte schon am 20.05.1928 über 10% der Stimmen erhalten. Am 14.09.1930 hatte die KPD 13,1%, die NSDAP 18,3 %, DNVP, DVP und Co. auch immerhin 18,8 % der Stimmen. Die Parteien, die sich auf dem Boden der Weimarer Verfassung bewegten hatten nur 37,9 % der Stimmen errungen.

Das würde ich aber nicht so sehen: Bei Wahl von 1920 63 % für SPD, Zentrum, DDP und DVP. Sogar 67 %, wenn man die konservativere BVP noch dazu rechnen will.
 
Das würde ich aber nicht so sehen: Bei Wahl von 1920 63 % für SPD, Zentrum, DDP und DVP. Sogar 67 %, wenn man die konservativere BVP noch dazu rechnen will.


Bei der Reichstagswahl vom 06.06. 1920 gab es das folgende Ergebnis:

Reichstagswahl ? Wikipedia


MSPD, DDP und Zentrum kamen auf 43,6 %. Die DVP würde ich zu jenem zeitpunkt nicht als verfassungstragende Partei bezeichnen. Die DVP hatte sich während des Putsches von Wolfgang sogar mit den Putschisten solidarisiert und den Putsch nicht verurteilt. Die DVP war 1920 noch nicht in der Republik angekommen.
 
Die DVP würde ich zu jenem zeitpunkt nicht als verfassungstragende Partei bezeichnen.

Selbstverständlich stand die DVP auf dem Boden der Verfassung, was eine erzkonservative monarchische Richtung nicht ausschließt. In ihrem Parteiprogramm bekannte sich die DVP 1919 eindeutig zur zur neuen Staatsform der Weimarer Republik. Dazu führte sie in ihrem Parteiprogramm aus:

"Die Deutsche Volkspartei wird den Wiederaufbau des Reiches mit allen Mitteln fördern. Daher wird sie im Rahmen ihrer politischen Grundsätze innerhalb der jetzigen Staatsform mitarbeiten ... Verantwortliche Mitarbeit der Volksvertretung an der Regierung, ohne Ausbeutung der jeweiligen Parteimacht, gilt uns als Grundlage jeder Verfassung." [1]

[1] Aus dem Parteiprogramm der DVP vom 19.10.1919, zit. nach: W. Treue, Deutsche Parteiprogramme, Göttingen 1954, S. 128
 
Zuletzt bearbeitet:
Und wie erklärst du denn ihre zumindest äußerst zweispältige Haltung zum Putsch des Jahres 1920?

Wenn die verfassungstreu, wie im Parteiprogramm zum Ausdruck gebracht, dann hätte die DVP den Putsch und die Putschisten ja wohl verurteilen müssen.
 
Bei der Reichstagswahl vom 06.06. 1920 gab es das folgende Ergebnis:

Reichstagswahl ? Wikipedia


MSPD, DDP und Zentrum kamen auf 43,6 %. Die DVP würde ich zu jenem zeitpunkt nicht als verfassungstragende Partei bezeichnen. Die DVP hatte sich während des Putsches von Wolfgang sogar mit den Putschisten solidarisiert und den Putsch nicht verurteilt. Die DVP war 1920 noch nicht in der Republik angekommen.

Hast Recht, ich hatte mich verzählt.
 
Wenn die verfassungstreu, wie im Parteiprogramm zum Ausdruck gebracht, dann hätte die DVP den Putsch und die Putschisten ja wohl verurteilen müssen.

Die Haltung der DVP zur Weimarer Republik und ihren Repräsentanten lässt sich - phasenweise - am besten als zwiespältig bezeichnen. In ihrem Parteiprogramm ("Grundsätze" vom 19.10.1919) betonte die DVP in Anknüpfung an imperialistische Traditionen der Nationalliberalen den nationalen Machtstaatsgedanken, befürwortete die legale Restauration des Kaisertums, wobei sie die Beteiligung am Wiederaufbau des Reichs "innerhalb der jetzigen Staatsform" (sic!) in Aussicht stellte. Allerdings wandte sie sich gegen den "Sozialismus" und setzte sich bei Ablehnung der Mitbestimmung in Unternehmen massiv für die Interessen der Privatwirtschaft ein.

Es besteht somit ein Missverhältnis zwischen den in den Grundsätzen erklärten Zielen und dem zuweilen zwiespältigen Verhältnis zur Verfassung der Weimarer Republik. Insofern ist dein Einwand berechtigt, dass das Sympathisieren mit Kapp - von dem sie sich erst nach dem Scheitern seines Putsches distanzierte - ein gestörtes Verhältnis zur demokratioschen Verfasstheit des Staates zeigt.

Andererseits muss man einräumen, dass die DVP ab 1920 zu einer Mitarbeit an der Regierung bereit war und so zur Stabilisierung beitrug (Kabinett Wirth, Fehrenbach, Cuno, Große Koalition 1923, Rechtskoalition 1928-30).

Immerhin war Stresemann Fraktionsvorsitzender DVP im Reichstag, dem man kaum vorwerfen kann, dass er die Verfassung von Weimar hätte sabotieren wollen.
 
Dieses Ergebnis ist keine Hexerei, sondern lässt sich ganz leicht aus dem Wahlergebnis vom 5.3.1933 ablesen. Dort erreichte die NSDAP 43,9% der Stimmen und die ultrakonservative DNVP, deren Mitglieder und Wähler mit der NSDAP sympathisierten, 8%. Es wäre Haarspalterei, bei diesem Ergebnis entweder von der Hälfte deutscher NSDAP-Sympathisanten zu sprechen, oder von mir aus auch von "nahezu" der Hälfte. Das ändert am bedauerlichen Ergebnis herzlich wenig.

Im übrigen: Auch wenn man die Behinderung politischer Gegner bei der Reichstagswahl 1933 in Rechnung stellt, so wurde doch kein Wähler gezwungen, sein Kreuzchen bei der NSDAP zu machen, wie auch keiner daran gehindert wurde, in dieser durchaus noch geheimen Wahl sein Kreuz bei der SPD oder KPD zu machen. Langfristige Wählerbindungen waren maßgebend.

Der enorme Aufschwung der NSDAP seit der Reichstagswahl vom 20.5.1928, wo sie lediglich 2,6% der Stimmen erhielt, ist überhaupt nicht zu bestreiten. Die armen "verführten" Deutschen haben in Scharen kräftig faschistisch gewählt und die NSDAP ist weder vom Himmel gefallen, noch waren es fremde braune Marsmännchen, die sie wählten - und nach 1945 - ruckzuck - wieder verschwanden.

Beantwortest Du noch meine drei Fragen? Dazu steht leider nichts in dem post.

_______
Selbst wenn man die Wahl vom März 1933 unter dem Aspekt zählen würde bzw. zu den neu aufgerissenen Aspekten: Von "langfristigen" Bindungen kann keine Rede sein, hier gibt es vielmehr Brüche, wie der Vergleich mit dem Nov32 zeigt (übrigens auch die Verschiebungen nach der Strukturanalyse -> siehe Falters Studien).

Die stoische Wiederholung "der Hälfte" wird auch durch durch die passend gebogene Zählweise (Addition der Stimmen von Kampffront Schwarz-Weiß-Rot, DNVP trat übrigens nicht separat an) nicht richtiger. Siehe wiederum Falter: abgesehen von den strukturellen Unterschieden wurde eben nicht NSDAP, sondern Kampffront gewählt. Selbst wenn man die 3,136 Mio. zu den 17,277 der NSDAP hinzu zählen würde, ergeben sich rd. 20,4 Mio., im Vergleich zu den 44,7 Mio. wahlberechtigten Deutschen (auf den Unterschied weist auch Falter hin).

Somit bleibt es unter diesen zwei Aspekten - Arithmetik und irreguläre Wahlen März 1933 - gemäß Literatur Unsinn, im März 1933 vom Zuspruch der Hälfte der Deutschen/Sympathisanten (gemeint waren wohl die "wahlberechtigten" Deutschen) zu sprechen.

Es ist auch keine Spitzfindigkeit, über diese Frage den Stand der Literatur zu berücksichtigen (abgesehen davon ist es auch keine Spitzfindigkeit, sondern eine Notwendigkeit, zwischen regulären und irregulären Wahlergebnissen zu unterscheiden):
man geht nicht fehl in der Annahme, dass etwa die Hälfte der Deutschen mit der NSDAP sympathisierten. Da helfen auch keine Spitzfindigkeiten wie die Frage, inwieweit die Wahl von 1933 nun frei war.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die DVP Stresemanns hatte sich in einem Aufruf vom 13.März mit dem Zielen der sogenannten Regierung Kapp solidarisiert. Es war auch Stresemann der sich für die von Wolfgang Kapp geforderte sofortige Volkswahl des Reichspräsidenten einsetzte. Später war man bemüht, das ganze zu verniedlichen. Der Putsch von Kapp und Lüttwitz stieß gerade in der Klientel, gemeint sind die schwerindustriellen und großagraischer Kreise, der DVP auf Sympathien.
 
Die Wahl fand am 05.März 1933 statt. Am 28.Febraur wurde vom Reichspräsident von Hindenburg die sogenannte Reichstagsbrandverordnung erlassen. Diese sah erhebliche Einschränkungen der Presse- und Versammlungsfreiheit vor. Die Bestimmungen waren so wischi waschi formuliert, dass der politische Gegner problemlos zum Schweigen gebracht werden konnte und wurde. Aber schon am 04.Febraur gab es einen Erlass, der die Pressen- und Versammlungsfreiheit auch schon nicht unerheblich einschränkte.

So ging beispielsweise in Preußen Göring rigoros brutal gegen den politischen Gegner vor. Goebbels notierte in seinem Tagebuch dazu: „Göring räumt in Preußen auf mit einer herzerfrischenden Forschheit.“ Am 17.Februar 1933 hat Göring dann auch der sogenannte Schießerlaß erlassen, in dem er die Polizei zum rücksichtslosen Gebrauch von der Waffe auffordert.

Unter den geschilderten Umständen kann man nicht von einer freien und demokratischen Wahl sprechen und deshalb auch das Ergebnis nicht so bewerten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Unter den geschilderten Umständen kann man nicht von einer freien und demokratischen Wahl sprechen und deshalb auch das Ergebnis nicht so bewerten.

Ganz richtig. Insbesondere ist die Veränderung zur November-Wahl 1932, in der der Zuspruch für die NSDAP erstmals stagnierte bzw. sich sogar rückläufig entwickelte, nicht durch irgendwelche "langfristige Bindungen" erklärbar. Die Wähler der Kampffront, ebenfalls rechtsaußen, wählten auch nun einmal "Kampffront" und nicht NSDAP.

Weiterhin sind durchaus strukturelle Änderungen in der NS-Wählerschaft zu beobachten. Besonders interessant sind dabei die negativen Korrelationen arbeitsloser Arbeiterwähler, was zu dem Phänomen der Wirtschaftskrise führte, dass beschäftigte Arbeiter stärker NSDAP wählten als arbeitslose Arbeiterwähler. Das ist ein Indiz, dass die NSDAP im besonderen Maße Verlustängste im Wählerbereich ansprach, was ihr auch bei der von der Wirtschaftskrise existentiell betroffenen Mittelschicht gelungen ist. Auch hier sind es weniger die tatsächlichen Verlierer, als vielmehr die vom potenziellen Verlust Betroffenen, die NSDAP wählten.

All das hat wenig mit "langfristigen Bindungen" zu tun, da diese Affinitäten kurzfristig und eher situativ auftraten. Mit dieser "Arithmetik" gelang es Hitler eben, auf dem Höhepunkt der WWK 29/33 rd. 17 Mio. Wähler anzusprechen. Mit der Machtübernahme, dem dann verfügbaren Instrumentarium der Exekutive, Unterdrückung, Terror etc. einerseits, dem massenweisen (zT opportunistischen) Überlaufen bisheriger NS-Nichtwähler in Ecke der neuen Machthaber andererseits wurden diese Potenziale aufgebohrt. Nicht zuletzt zeigt der Massenansturm auf die Parteimitgliedschaft, der in einer ersten - kleineren - Welle 1932 (!) begann, dass man zu den vermeindlich neuen Herren überlief. Umgekehrt verhielt es sich mit den Parteiaustritten (Quoten vor 1930: 60% der Mitglieder von 1926, 49% der von 1927, 32% der von 1928 eingetretenen Mitglieder sind bis 1930 wieder ausgetreten. Der Austrittsqoutient von 1932 belegt noch 25% der Mitgliedseintritte von 1930/32, der nach 1933 nur 0,4%. An diesen Mitglieds- und Wahlanalysen wird der Wendepunkt "Machtübernahme" deutlich. Man geht nach den vorliegenden Analysen davon aus, dass die NS ihre krisengetriebenen Potenziale Anfang 1933 bereits ausgeschöpft hatten.

Noch zur Themenüberschrift: hier wäre weiter danach zu differenzieren, welche ppropagandistischen Schwerpunkte die NSDAP tatsächlich gesetzt hat. Hier gibt zB Analysen, die einen "Bruch 1930" behaupten, die Schwerpunkt-Verlagerung von Anti-Versailles auf Antisemitismus.

Literatur siehe Manstein: Die Mitglieder und Wähler der NSDAP 1919-1933 - Untersuchungen zu ihrer schichtmäßigen Zusammensetzung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Etwas weiter weg von Wahlergebnissen:
Das Schauspiel "Professor Mamlock" von Friedrich Wolf, 1933 geschrieben. Die Premiere fand am 19. Januar 1934 im Jüdischen Theater Warschau statt, wo es in jiddischer Sprache unter dem Titel „Der Gelbe Fleck“ aufgeführt wurde.
Friedrich Wolf war selbst Jude und als Antifaschist ein politischer Mensch.

Eine Parole der KPD zur Reichspräsidentenwahl 1932 lautete: „Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler, wer Hitler wählt, wählt den Krieg."
Das war dann ja auch so.
 
Noch zur Themenüberschrift: hier wäre weiter danach zu differenzieren, welche ppropagandistischen Schwerpunkte die NSDAP tatsächlich gesetzt hat. Hier gibt zB Analysen, die einen "Bruch 1930" behaupten, die Schwerpunkt-Verlagerung von Anti-Versailles auf Antisemitismus.

Literatur siehe Manstein: Die Mitglieder und Wähler der NSDAP 1919-1933 - Untersuchungen zu ihrer schichtmäßigen Zusammensetzung.

Ich greife das nochmal ein einem exemplarischen Beispiel auf, bezogen auf Max Liebermann. In dem Museum der Liebermann-Villa, 300 Meter von der Villa entfernt, in der die Wannsee-Konferenz 1942 stattfand, wird einiges zu dieser antisemitischen Grundströmung in der Weimarer Republik deutlich, die auch gerade von akademisch gebildeten Kreisen ausging, und die breite öffentliche Meinung auch abseits des "Stürmers" permanent befeuerte. Ein beispielhafter Hetzbrief 1924 (!) - auf dieser breiten Basis von Hass auch ohne Bezug zum Versailler Vertrag setzte die NS-Bewegung auf:
 

Anhänge

  • image.jpg
    image.jpg
    183,9 KB · Aufrufe: 666
Zurück
Oben