Zusammenhang zw. Seekriegsleitung - Matrosenaufstand - Waffenstillstandsbedingungen?

Gandolf

Aktives Mitglied
Im Strang über den Lusitania-Zwischenfall http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=9392&page=11
entwickelte sich eine Debatte über die Rolle der Deutschen Seekriegsführung im Hinblick auf die Deutsche Revolution (Matrosenaufstand ab dem 29.10.1918) und den Waffenstillstand (4.11.1918).

Ich möchte diese Debatte aus dem Lusitania-Strang ausgliedern und diese hier fortführen sowie alle Mitdiskutanten bitten, diese Debatte hier fortzusetzen!

Und hier ein Ausschnitt aus dieser im Lusitania-Strang geführten Debatte:
repo schrieb:
Bei diesem Thema rege ich mich immer gleich auf.
Im Oktober 1918 war das deutsche Heer an der westfront im rückzug, aber die Front war nirgends durchbrochen, noch war damit zu rechnen. Den Deutschen war seit Ende August klar, dass der Krieg verloren war. Deshalb wurde seit September über einen Waffenstillstand verhandelt. Was in Deutschland allgemein bekannt war.

Die Alliierten insbesondere die militärische Führung Foch, Haig, Pershing rechneten noch mit einer Kriegsdauer von ca. 12 Monaten.

Das ist doch etwas, damit kann man doch verhandeln!
die Franzosen, Briten, Amis hätten doch zu Hause auch sofort Druck bekommen, wenn der Eindruck entstanden wäre, dass der Krieg ohne Not verlängert wird. Mütter und Frauen haben nun mal was dagegen, dass ihre Söhne und Männer totgeschossen werden.

In dieser Situation fällt den Marine-Verbrechern nichts anderes ein, als einen Großangriff zu befehlen.
Ergebnis: Revolution, Zusammenbruch, Versailler Vertrag.

Das wäre in diesem Umfang nicht eingetreten, ohne die Marine-Führungs-Meuterei.

Was wäre wenn: Bessere Bedingungen in Versailles, kein Hitler, kein WKII,
kein Auschwitz....... man denkt besser gar nicht darüber nach.
gandolf schrieb:
Die Revolution ereignete sich Ende Oktober 1918, währenddessen die deutsche Regierung am 4.10.1918 zum ersten Mal um Waffenstillstand ersuchte. Sie ersuchte wegen dem drohenden militärische Zusammenbruch um Waffenstillstand und nicht wegen der Revolution, die es Anfang Oktober ja noch gar nicht gab - vgl. http://www.dhm.de/lemo/html/wk1/krie...ung/index.html.
gandolf schrieb:
Was den Waffenstillstand engeht, fiel dieser nicht infolge der Revolution so hart aus, sondern weil die Aliierten (nicht zu Unrecht) befürchteten, dass die Deutschen, die sich in einer schlechten militärischen Situation befanden, mit ihrem auf der Grundlage von Wilsons Vierzehnpunkte-Programm abgegebenen Waffenstillstandsgesuch versuchen könnten, die Alliierten um die Früchte ihres Sieges zu betrügen. Um einer solchen Finte von vorneherein den Erfolg abzuschneiden, kamen die Waffenstillstandsbedingungen so nah wie möglich an eine bedingungslose Kapitulation heran, freilich ohne von einer solchen sprechen zu müssen, da das Waffenstillstandsgesuch aufgrund seiner Verknüpfung mit Wilsons Vierzehnpunkte nicht bedingungslos war.

repo schrieb:
Bei Beginn der Waffenstillstands-Verhandlungen war Deutschland besiegt, hatte aber durchaus noch die Möglichkeit den Krieg ein paar Monate fortzusetzen. Was in den Verhandlungen durchaus eingebracht werden konnte.
Nach Beginn der Revolution hatte es diese Möglichkeit nicht mehr und musste ALLES akzeptieren.

albatros schrieb:
In wieweit hätte man "bessere" Konditionen aushandeln können? Die Waffenstillsstandsbedingungen kamen für sich ja schon fast einer Kapitulation gleich: Räumung des besetzten Gebiets, Abgabe der schweren Waffen, Auslieferung der Flotte. Noch dazu ein unrealistischer Zeitplan ...

Die Blockade würde weiterbestehen, bis Frankreich und Belgien geräumt waren. Die Versorgungslage war katastrophal (nicht nur wegen der Blockade), die innenpolitische Lage am Rande des Bürgerkrieges und außenpolitisch hatte man sich hoffnungslos im postrevolutionären Russland verheddert, ganz zu schweigen von einem kleinen Image-Problem in der westlichen Welt.

Deutschland hatte keine Wahl - Revolution hin oder her. Es war die letzte Chance für eine Beendigung des Krieges, bevor russische Verhältnisse ausbrachen. Und dann wurde ja auch alles getan, die Bestimmungen so weit wie möglich zu umgehen (Freikorps etc.). Ich sehe da keinen Verhandlungsspielraum.

gandolf schrieb:
Denkfehler! Die deutsche Regierung war doch schon Wochen VOR der Revolution bereit alles zu akzeptieren, solange Wilsons Vierzehnpunkte-Programm zur Grundlage der Friedensverhandlungen gemacht würden. Berlin ging es Anfang 1918 um Gesichtswahrung, Kosmetik, nicht um bessere Waffenstillstandsbedingungen. Übrigens sprach sich Wilson, nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass in Deutschland tatsächlich ein Systemwandel stattgefunden hatte, gegen die im Waffenstillstandsvertrag vorgesehene Besetzung des Rheinlandes aus. Auch hier wirkte sich die Revolution eher positiv aus; währenddessen die Option, den Krieg fortzusetzen, nur eine Illussion nährte und auch nähren sollte.

repo schrieb:
Dass die deutsche Regierung bereit war alles zu akzeptieren halte ich für einen Denkfehler!

Wilson hatte angefragt, ob man mit einem Frieden auf Basis der 14 Punkte einverstanden wäre, und nur noch die Waffenstillstands-Bedingungen auszuhandeln wären.
Was die Reichsregierung bejahte.
Wilsons nächste Note war schärfer, er verlangte Demokratisierung und insbesondere die Beendigung des U-Bootkrieges.
Die Demokratisierung wurde eingeleitet (Oktober-Verfassung) der U-Bootkrieg wurde beendet.
Daraufhin leitete Wilson die deutsche Bitte um Waffenstillstand an London und Paris weiter.
Als Erzberger dann die konkreten Bedingungen vorlagen, fragte er in Berlin und bei der OHL nach, ob er auch zu diesen Bedingungen abschließen soll.
Was man ihm bestätigt. Max von Baden schreibt in seinen Erinnerungen, dass es zu diesem Zeitpunkt, nach Ausbruch der Revolution keine andere Möglichkeit mehr gab.

"schon vorher bereit alles zu akzeptieren" Darunter verstehe ich etwas anderes.
gandolf schrieb:
So war es nun wirklich nicht. Es war die Deutsche Regierung, die Wilson am 4.10.1918 bat, auf der Grundlage seiner Vierzehnpunkte, einen Waffenstillstand herbeizuführen. Mit anderen Worten: die einzige Bedingung der deutschen Seite für den Waffenstillstand war es, Wilsons Vierzehnpunkte zur Basis von Friedensverhandlungen zu machen. ALLES ANDERE war man schon Anfang Oktober 1918 bereit zu schlucken. Man stand ja auch vor dem militärischen Zusammenbruch.
repo schrieb:
Kannst Du Quellen für Deine These, dass die Reichsleitung "alles andere" akzeptieren wolle, nennen.

Baden, Ebert, Scheidemann, Erzberger führten ausgedehnte Gespräche, wobei Erzberger die These vertrat, dass auf einen "schlimmen" Waffenstillstand durchaus ein fairer Friede folgen könne. Die anderen traten dieser These aber scharf entgegen. wobei die Bedingungen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bekannt waren. Max von Baden bemühte sich am 28.10. diese von Foch vorab zu erfahren, was aber nicht gelang. Der Gedanke von einer Fortsetzung des Krieges zieht sich durch die "Erinnerungen und dokumente" von Max von Baden wie ein roter Faden. Wobei er die Meinung vertritt, dass bei Bekanntgabe dieser Bedingungen weder Heer noch Flotte die Fortsetzung des Krieges verweigert hätten.
Was sich aber durch den Auslaufbefehl vom 28.10. alles erledigt hätte.

Man beachte: Dies sind nicht meine Thesen sondern die von Max von Baden aus "Erinnerungen und Dokumente" Berlin 1927

Ich kann keinen Beleg finden, dass die Reichsregierung ab Anfang Oktober 1918 gewillt war "alles zu akzeptieren", dagegen spricht alles dafür, dass die Regierung durchaus der Meinung war noch Verhandlungsspielraum zu haben.
Den ihr die Seekriegsleitung dann nahm.
 
Die direkten Waffenstillstands-Verhandlungen begannen am 8.11.1918.
Der Waffenstillstand wurde am 11.11.1918 geschlossen, und trat am gleichen Tag in Kraft.

Grüße Repo
 
Repo:

Zunächst einmal möchte ich meinen Standpunkt präzisieren. Meine Formulierung "schon vorher bereit alles zu akzeptieren" korrespondierte natürlich mit Deiner Formulierung, dass die Reichsleitung "nach Beginn der Revoltion (...) alles akzeptieren" musste. Ich wollte zum Ausdruck bringen, dass die militärische Niederlage Deutschlands schon im September 1918 feststand, die Alliierten nicht bereit waren einem milderen Waffenstilstand zuzustimmen, es schon vor der Revolution keinen Verhandlungsspielraum mehr gab, die Vorstellung, den Krieg noch fortsetzen zu können, um mildere Bedingungen zu erreichen, illusionär war, und dass sich die Revolution eher günstig als nachteilig auf den Waffenstillstand auswirkte.

Bei Klaus Hildebrand, Das vergangene Reich, 1995, findet man im Kapitel "Ende und Auftakt", S. 373ff., eine zusammenfassende Darstellung über den Zusammenhang zwischen dem gescheiterten Versuch der OHL, durch eine große Militäroffensive 1918 auch im Westen den Sieg zu erringen, und der unversöhnlichen Haltung der Alliierten, nach ihrem Erfolg bei der im Juli 1918 einsetzenden alliierten Gegenoffensive, KEINE Bedingungen der Deutschen Seite für einen Waffenstillstand/Frieden mehr zu akzeptieren. Vor der deutschen Großoffensive mag es noch eine Chance für Verhandlungen gegeben haben. Nach dem Scheitern dieser Offensive und dem Erfolg der Alliierten bei ihrer Gegenoffensive gab es keine solche Chancen mehr. Selbst die Amerikaner dachten in dieser Frage nicht mehr grundlegend anders als Briten und Franzosen: "Deutschland deutet uns fortwährend die Bedingungen an, die es anzunehmen bereit wäre, doch es erfährt immer wieder, daß die Welt keine Friedensbedingungen haben will. Sie will den endgültigen Triumph der Gerechtigkeit und des anständigen Handelns" (US-Präsident Wilson am 27.09.1918 zitiert nach Hildebrand, aaO, S. 375 m.w.H.).

Vor diesem Hintergrund einer für das Reich chancenlosen Lage gab die OHL am 29.09.1918 ihre militärische Bankrotterklärung ab. Paul von Hintze, Lagebesprechung des Staatssekretärs des Auswärtigen Amtes mit den Spitzen der OHL vom 29.09.1918 in Spa (zitiert nach Kaus Schwabe (Hrsg.), Quellen zum Friedensschluss von Versailles, 1997, Nr. 6, S. 52f.): "Ich schilderte die Stellung unserer Verbündeten: Bulgarien abgefallen, der Abfall Österreich-Ungarns bevorstehend, die Türkei nur mehr Last, keine Hilfe (...) Ferner die Siegeszuversicht unserer Feinde. (...) General Ludendorff legte die militärische Niederlage dar; er ließ die Darlegung in der Erklärung gipfeln: die Lage der Armee bedinge sofortigen Waffenstillstand, um einer Katastrophe vorzubeugen. - Unter Katastrophe verstand ich Durchbruch mit entscheidender Niederlage, die zu teilweiser oder gänzlicher Déroute bzw. Kapitulation geführt haben würde. Als Ausweg aus dieser Situation entwickelte ich: Zusammenfassung aller Kräfte der Nation zur Abwehr im Endkampf. Als Mittel nannte ich: 1. Diktatur; (...); 2. Revolution von oben; (...). 3. Zur Herbeiführung des sofortigen Waffenstillstandes, den die OHL forderte: eine Einladung zum Frieden, über den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, auf der Basis von dessen veröffentlichten Grundsätzen. General Ludendorff verwarf die Diktatur: Sieg wäre ausgeschlossen, die Lage der Armee verlange sofortigen Waffenstillstand. Der Generalfeldmarschall und General Ludendorff billigten die Revolution von oben; ich war damals von ihrer Bereitwilligkeit dazu überrascht, (...). Beide billigten auch das Projekt einer Einladung zu Friedensverhandlungen über den Präsidenten Wilson. Der Generalfeldmarschall [Hindenburg, Bem. v. Gandolf]machte die Annexion von Briey und Longwy zur Bedingung, doch General Ludendorff meinte: das wäre nicht mehr an der Zeit. Mir lag daran, da General Ludendorff unablässig die unabweisbare Dringlichkeit des Waffenstillstandes betonte, das gesamte einzuschlagende Verfahren festzulegen. (...)" Aus der Sicht der OHL war der Krieg verloren. Ihr war auch bewußt, dass die Allierten mit der Deutschland drohenden militärischen Katastrophe fest rechneten. Sie kannten ja auch die Umstände, auf denen sich diese Aussicht gründete. Worin soll also aus der Sicht der Alliierten der bei Fortsetzung des Krieges und Eintritt der endgültigen deutschen Niederlage drohende Nachteil gelegen haben, der sie in der Waffenstillstands- und Friedensfrage noch zu Zugeständnissen an das Deutsche Reich bewegen konnte?

Das deutsche Waffenstillstandsgesuch vom 03.10.1918 war kaum mehr als die Bitte um einen milden Frieden: "Die deutsche Regierung ersucht den Präsidenten" der USA, "die Herstellung des Friedens in die Hand zu nehmen (...). Sie nimmt das von dem Präsidenten" der USA "aufgestellte Programm als Grundlage für Friedensverhandlungen an. Um weiteres Blutvergießen zu vermeiden, ersucht die deutsche Regierung, den sofortigen Abschluß eines Waffenstillstandes zu Lande, zu Wasser und in der Luft herbeizuführen" (Prinz Max von Baden an Woodrow Wilson, Note vom 3.10.1918, zitiert nach Klaus Schwabe, aaO, Nr. 7, S. 54). An welcher Stelle enthält diese Note den Vorbehalt von Prinz Max von Baden, dass die deutsche Regierung einem Waffenstillstand nur unter bestimmten Bedingungen zustimmen wird?

Bei Klaus Schwabe, aaO, (S. 5) kann man einiges über die alliierteninterne Diskussion zum deutschen Waffenstillstandsgesuch nachlesen. Die Alliierten befürchteten völlig zu Recht, dass es sich bei dem deutschen Ersuchen, um ein Betrugsmanöver handelte: der deutsche Zusammenbruch stand bevor, die Deutschen schinden Zeit durch langatmige Verhandlungen, in der Zwischenzeit reorganisieren sie sich für den militärischen Endkampf, nach Abschluss dieser Phase lassen sie die Friedensverhandlungen scheitern und kehren sie zum Krieg - auf verbesserter Basis ! - zurück.
Um dem Deutschen Reich diese Möglichkeit von vorneherein abzuschneiden, waren die Alliierten zu einem Waffenstillstand nur dann bereit, wenn dieser der ohne ihm erreichbaren deutschen bedingungslosen Kapitulation möglichst nahe kam. Dieser Zusammenhang macht deutlich, dass es keinen Spielraum für Verhandlungen über die Bedingungen des Waffenstillstandes gegeben hat. "Er [Wilson, Bem. v. Gandolf] hält es aber für seine Pflicht, neuerdings zu erklären, daß der einzige Waffenstillstand, den ihnen [den Alliierten, Bem. v. Gandolf] vorzuschlagen er sich für berechtigt erachten würde, ein solcher wäre, der die Vereingten Staaten und die mit ihnen assoziierten Mächte in einer Lage lassen würde, in der sie jeder Abmachung, welche getroffen werden müßte, genügend Kraft beizusetzen vermögen, um eine Wiederaufnahme der Feindseligkeiten seitens Deutschlands unmöglich zu machen" (Robert Lansing an Wilhelm Solf, Dritte amerikanische Note vom 23.10.1918, in: Klaus Schwabe, aaO, Nr. 12, S. 60). Deutlicher geht es kaum noch, oder?

Dieser Aspekt ist auch im Hinblick auf den Systemwandel von der kaiserlichen Autokratie zur Demokratie von Bedeutung. Bei Fortsetzung des Kampfes und dem Eintritt der totalen deutschen Niederlage wäre es den Alliierten auch möglich gewesen, dass kaiserliche System, welches in ihren Augen den deutschen Militarismus symbolisierte, zu beseitigen. Deshalb waren sie auch nicht bereit, einem Waffenstillstand zuzustimmen, der das kaiserliche System und somit das Symbol des deutschen Militarismus retten würde. In der dritten amerikanischen Note vom 23.10.1918 wurde deshalb klipp und klar die Forderung nach einer "Systemänderung" in Deutschland erhoben: "In dem Gefühl, daß der ganze Weltfrieden jetzt davon abhängt, daß klar gesprochen und aufrichtig und klar gehandelt werde, betrachtet es der Präsident als seine Pflicht, ohne irgendeinen Versuch zu machen, Worte, die als schroff gelten könnten, zu mildern, auszusprechen, daß die Völker der Welt kein Vertrauen zu den Worten derjenigen hegen und hegen können, die bis jetzt die deutsche Politik beherrschten, und ebenfalls zu betonen, daß beim Friedensschluß und beim Versuche, die endlosen Leiden und Ungerechtigkeiten dieses Krieges ungeschehen zu machen, die Regierung der Vereinigten Staaten mit keinem anderen als mit den Vertretern des deutschen Volkes verhandeln kann, welche bessere Sicherheiten für eine wahre verfassungsmäßige Haltung bieten als die bisherigen Beherrscher Deutschlands" (Robert Lansing, aaO, S. 61). Lansing stellte auch klar, was geschehen wird, wenn es in Deutschland zu keinem Systemwechsel kommen wird: "Dann kann Deutschland über keine Friedensbedingungen verhandeln, sondern muß sich ergeben. Diese wesentlichen Dinge können nicht unausgesprochen bleiben" (Robert Lansing, aaO, S. 61).

Also: die Chancen für milde Waffenstillstands- oder Friedensbedingungen wurde nicht von der am 29.10.1918 beginnenden Revolution zerstört sondern mit dem Pokerspiel der OHL um Sieg oder Niederlage, der großen Militäroffensive im März 1918. Die Revolution machte den deutschen Systemwandel glaubwürdig und eröffnete die Chance, an einer bedingungslosen Kapitulation vorbeizukommen, die Aufteilung des Landes in Besatzungszonen zu verhindern, den deutschen Nationalstaat zu retten.

Doch leider verdrängten die Deutschen ihre Niederlage. Die verdrängte Niederlage ließ sie von Wilsons "Vierzehn Punkte" viel zu viel erwarten und die Illusion hegen, zum Krieg zurückkehren zu können, um bessere Bedingungen durchsetzen zu können. Und viele deutsche Politiker haben diese Illusionen und Fehleinschätzungen auch noch in ihren Erinnerungen gehegt und gepflegt und der Revolution die Schuld am Zerplatzen dieser Seifenblasen zugeschoben - Stichworte: Dolchstoßlegende, Novemberverbrecher.;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Es ist mal wieder eine "was wäre wenn" Diskussion.
Letztlich wird also kein Konsens erzielt werden. Zuviel Meinung, zuwenig Fakt.

Nur soviel:
die Noten Wilsons/Lansings als Beleg zu nehmen, "die Alliierten waren nicht bereit über andere Bedingungen zu verhandeln" halte ich für Falsch. Ich bin noch nie in eine Verhandlung gegangen (und ich führe viele) ohne Anfangs mein Maximal-Ziel als Minimal-Ziel zu bezeichnen. Sowas gehört zur Verhandlungs- und Gesprächs-Taktik und ist insofern wirklich kein Nachweis.

Ich kenne die Ausführungen v. Badens, Hindenburgs, Eberts und Wilhem II zu diesem Komplex. v. Baden galt ja als einer der "Haupt-November-Verbrecher" neben Ebert, Scheidemann und Erzberger. (Wilhelm präsentiert übrigens die Aussage Lansings und Wilsons, sie hätten keineswegs seine Abdankung verlangt, was nun alle anderen Beteiligten ganz anders sahen. Soviel zu Meinungen und Einschätzungen)

v. Baden schreibt, dass er "erst lange nach der Revolution" von dem Angriffsbefehl erfahren habe. Unmittelbar nach Ausbruch der Revolution hätte die Seekriegsleitung von einem "Auslaufbefehl wie viele andere" gesprochen.
So etwa, "auf der Doggerbank ein paar Fischkutter erschrecken".

Es gab wohl gegen Hipper und Scheer eine Gerichtsverhandlung in diesem Zusammenhang. Sie haben sich verteidigt, dass sie, nach Aufhebung des U-Bootkriegs, zu Max voon Baden gasagt hätten, dass die Marine damit die "Freiheit des operativen Handelns" zurückgewonnen habe. Baden hat das aber keineswegs als Ankündigung eines Großangriffs verstanden. Dass der Reichskanzler nicht über den bevorstehenden Großangriff informiert wurde, haben sie mit "Geheimhaltung" zu erklären versucht. Baden bezeichnet dies aber als wenig glaubwürdig, und der Versuch nach der von den Matrosen erzwungenen Aufgabe des Angriffs diesen weiter, vor der Regierung, geheim zu halten, als Ausdruck eines ganz schlechten Gewissens.

Für mich sind die Einschätzungen Max von Badens schlüssig.

Ich stimme mit Dir überein, dass vor der Frühjahrs-Offensive der Punkt für Friedensgespräche gewesen wäre. Hier stellt sich aber die Frage inwieweit die Alliierten gesprächsbereit gewesen wäre. Und man darf nicht vergessen, erstmals seit 1914 war das Westheer etwas stärker als die Gegner, den General möchte ich sehen, der da nicht für Angriff plädiert.

Aber Einschätzungen: Siehe Wilhelm II und Wilson/Lansing.

Grüße Repo
 
Habe ich vorher vergessen:
Die Gerichtsverhandung gegen Hipper/Scheer könnte in diesem Zusammenhang von Interesse sein. Evt. könnte ich noch etwas zu Ort und Zeit finden. Siehst Du eine Chance an die Protokolle heranzukommen?

Grüße Repo
 
Repo schrieb:
Und man darf nicht vergessen, erstmals seit 1914 war das Westheer etwas stärker als die Gegner, den General möchte ich sehen, der da nicht für Angriff plädiert.

Dafür sah es mit dem Material und der Logistik eher zum Heulen aus.
 
hyokkose schrieb:
Dafür sah es mit dem Material und der Logistik eher zum Heulen aus.

Wenn man den Zeitzeugen des Jahres 1918 glauben will eigentlich auch nicht.
Mindestens nicht schlechter als bei den Franzosen und Engländern, abgesehen von der Verpflegung.
Es war nur klar, dass das die letzte Chance war. Dass das vorhandene Material nicht mehr würde ersetzt werden können.
Auch den Soldaten hatte man wohl gesagt, dass wenn diese Angriffe nicht zum großen Durchbruch führen, der Krieg verloren ist.
In deutschen Publikationen habe ich dazu noch gar nichts gelesen, aber in einem französischen "1918 Vom Krieg zum Frieden" werden Haufenweise Gefangenaussagen mit diesem Tenor zitiert.

So groß kann das Erschrecken der politischen Führung am 29.9.18, als man ihnen dann reinen Wein einschenkte, also auch nicht gewesen sein.

Manchmal hat man den Eindruck, dass da alle mit "gezinkten Karten" spielen.

Grüße Repo
 
Repo schrieb:
Wenn man den Zeitzeugen des Jahres 1918 glauben will eigentlich auch nicht.
Mindestens nicht schlechter als bei den Franzosen und Engländern, abgesehen von der Verpflegung.

Es fehlte nicht nur an der Verpflegung, sondern es mangelte an Treibstoff, es mangelte an Pferden, und es mangelte an Lastwagen - 23.000 gegenüber 100.000 bei den Alliierten, das würde ich doch als "schlechter" bezeichnen. Auch mit Geschützen sah es schlechter aus als bei den Alliierten.

Vielleicht mangelte es auch an einem strategischen Konzept. Ludendorff: "Wir hauen ein Loch hinein. Das Weitere findet sich."

Ob die Offensive eine echte Chance hatte, darüber mag man sich endlos streiten. Aber jedenfalls hätten die Deutschen sehr, sehr viel Dusel gebraucht.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
hyokkose schrieb:
Es fehlte nicht nur an der Verpflegung, sondern es mangelte an Treibstoff, es mangelte an Pferden, und es mangelte an Lastwagen - 23.000 gegenüber 100.000 bei den Alliierten, das würde ich doch als "schlechter" bezeichnen. Auch mit Geschützen sah es schlechter aus als bei den Alliierten.
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Ich glaube das stimmt so erst im beginnenden Herbst.

Vielleicht mangelte es auch an einem strategischen Konzept. Ludendorff: "Wir hauen ein Loch hinein. Das Weitere findet sich."

Die Alliierten waren aber beim konzept auch nicht besser.

Ob die Offensive eine echte Chance hatte, darüber mag man sich endlos streiten. Aber jedenfalls hätten die Deutschen sehr, sehr viel Dusel gebraucht.

Zustimmung.
Wobei man nicht vergessen darf, bei einem Erfolg der Offensiven wäre die Lage vergleichbar mit der 1940 gewesen. Mehr nicht.
Der Krieg keineswegs gewonnen.

Grüße Repo
 
Man darf den Blick nicht zu einseitig auf die Westfront richten, der Krieg wurde ja nicht nur in Frankreich und Belgien ausgefochten.

Die Verbündeten Bulgarien und Türkei hatten kapituliert, bzw. standen kurz davor. Die k.u.k.-Monarchie war am Zusammenbrechen, die Armee löste sich auf. Die Italiener und die mit ihnen kämpfenden Westalliierten stießen in Richtung Brenner vor.

Es galt nun seitens der deutschen OHL, die Südfront zu sichern, wo man lediglich einige deutsch-österreichische (wie das damals hieß) Verbände zur Unterstützung hatte.

Nächster Brennpunkt Polen. Die Errichtung des neuen polnischen Staates erfolgte auch durch Kämpfe gegen die geschwächten Nachbarn Russland und Deutschland. Auch hier musste ab Oktober 1918 mit Kampfhandlungen gerechnet werden. Woher die Truppen nehmen?

Fazit: Aus einem Einfrontenkrieg konnte leicht ein Dreifrontenkrieg werden. Und das mit einem geschwächten und ausgepowerten deutschen Heer, bei Wegfall aller Verbündeter und der nach wie vor existierenden Hungerblockade, die für den kommenden Winter für zahlreiche Opfer sorgen sollte.

Und damit nicht genug wütete auch noch die so. "Spanische Grippe", die weltweit mehr Todesopfer hervorrief als der Weltkrieg. Aus Kriegsberichten, Tagebüchern usw. der letzten Kriegsmonate ist oft von grippekranken Soldaten die Rede, bei denen der Erreger wesentlich stärker wirkte als bei den vergleichsweise - dank Amerika - aus dem Vollen schöpfenden Engländern, Franzosen und natürlich Amerikanern.

Nein, es war zu spät, und jeder der sehen konnte, musste das akzeptieren. Der letzte Zeitpunkt für mildere Waffenstillstandsbedingungen war - da gebe ich Gandolf recht - kurz vor Beginn der Frühjahrsoffensive 1918 gewesen, als man noch ein relativ intaktes Heer hatte.

Ein sehr gutes Buch zum Thema ist von Sebastian Hafner verfasst worden: "Die sieben Todsünden des Deutschen Reiches im 1. WK".

Grüße,

Jacobum
 
Nein, es war zu spät, und jeder der sehen konnte, musste das akzeptieren. Der letzte Zeitpunkt für mildere Waffenstillstandsbedingungen war - da gebe ich Gandolf recht - kurz vor Beginn der Frühjahrsoffensive 1918 gewesen, als man noch ein relativ intaktes Heer hatte.
Dass man früher hätte aufhören müssen ist schon klar, aber das nachher zu wissen ist für uns "Spätgeborene" eigentlich auch keine Kunst. Ob man das hätte vorher wissen können, ist eine ganz andere Frage.

Aber Thema hier ist, ob die Meuterei der Seekriegsleitung zu letztlich schärferen Waffenstillstandsbedingungen geführt hat oder nicht.
(Ich habe bewußt "Meuterei der Seekriegsleitung" geschrieben. Die Marinesoldaten haben nur eine "Granaten-Dummheit" verhindert.)

Max von Baden folgend habe ich die These, dass die in der Folge ausbrechende Revolution den Handlungsspielraum der Deutschen Regierung absolut eingeengt hat, so dass die Bedingungen insgesamt akzeptiert werden mussten in diese Diskussion eingebracht.

Grüße Repo
 
So groß kann das Erschrecken der politischen Führung am 29.9.18, als man ihnen dann reinen Wein einschenkte, also auch nicht gewesen sein.

Manchmal hat man den Eindruck, dass da alle mit "gezinkten Karten" spielen.

Ich habe mir heute Nacht von Ettighoffer "Sturm 1918" geschrieben 1937 reingezogen.
Demnach war es allen, bis herunter zum einfachen Soldaten, klar, dass dies die letzte Chance war, den Krieg zu gewinnen. Daraus wurde anscheinend auch überhaupt kein Geheimnis gemacht.

Es muss auch ca. am 24.6.18 eine Reichtagssitzung gegeben haben, in denen diese Punkte ausführlich angesprochen wurden. Auch in der Richtung, dass diese "letzte Chance" ja nun wohl vertan war.

Das "Erschrecken" der Politiker am 28. September erscheint mir nun doch in einem anderen Licht. Alles mitgemacht, dann alls die Karre total verfahren war, von nix nix gewußt.
Irgendwie auch eine "umgekehrte Dolchstoßlegende".

Grüße Repo


@ Gandolf, siehst Du eine Chance an Infos über den Hipper/Scheer Prozess zu kommen? Könnte doch manches erhellen.
 
Repo schrieb:
Es ist mal wieder eine "was wäre wenn" Diskussion.
Letztlich wird also kein Konsens erzielt werden. Zuviel Meinung, zuwenig Fakt.
Ist es wirklich eine was-wäre-wenn-Diskussion? Die von mir genannten Fakten existierten ja wirklich und hätten nicht erst in einer alternativen Dimension Geltung erlangt. Dein Einwand, dass man nicht weiß, was ohne die Revolution geschehen wäre, hinkt. Um von einem durch die Revolution verloren gegangenen Verhandlungsspielraum sprechen zu können, müsste ja ersteinmal aufgezeigt werden, dass vor vor der Revolution tatsächlich ein solcher bestand. Und diesen hast Du bislang nicht - auch nicht mit Hilfe der Erinnerungen von Prinz Max von Baden - plausibel darlegen können. Deshalb frage ich nocheinmal nach: worin soll aus Sicht der Alliierten im Oktober 1918 der real existierende Vorteil/Nachteil bestanden haben, der diese hätte dazu bewegen können, auf ihren endgültigen Triumph über Deutschland zu verzichten und auf deutsche Bedingungen einzugehen?
Repo schrieb:
Nur soviel:
die Noten Wilsons/Lansings als Beleg zu nehmen, "die Alliierten waren nicht bereit über andere Bedingungen zu verhandeln" halte ich für Falsch. Ich bin noch nie in eine Verhandlung gegangen (und ich führe viele) ohne Anfangs mein Maximal-Ziel als Minimal-Ziel zu bezeichnen. Sowas gehört zur Verhandlungs- und Gesprächs-Taktik und ist insofern wirklich kein Nachweis.
Angenommen Prinz Max von Baden wäre vor der Revolution tatsächlich nur dann zu einem Waffenstillstand bereit gewesen, der Deutschland die Rückkehr zum Krieg ermöglichte. Warum nannte er dann diese Bedingungen weder in seinem Waffenstillstandsgesuch vom 3.10.1918 noch in den folgenden Noten? Erfahrungsgemäß steigt der Preis, den man im Laufe von Verhandlungen für das Erreichen des Verhandlungsziels zahlen muss im Vergleich zum ersten Angebot. Hatte Prinz Max von Baden etwa die Auffassung, dass bei dem Notenaustausch mit den Alliierten der Preis (= Waffenstillstandsbedingungen), den Deutschland für den von ihm (!) erbetenen Waffenstillstand zahlen muss, im Laufe der Zeit fallen wird und deutsche Forderungen ohne weiteres nachgeschoben werden können? Auf welche tatsächlichen Umstände stützte er diese Erwartung?

Deine Argumentation läuft im Grunde auf die These hinaus, dass die Alliierten mit dem Endkampf nur geblufft hätten. Doch worin soll dieser Bluff bestanden haben? Auch aus der Sicht der OHL drohte bei Fortsetzung des Kampfes die totale militärische "Katastrophe", der eben nur noch durch einen sofortigen Waffenstilsstand vorgebeugt werden konnte.;) Zudem übersiehst Du, dass die alliierteninternen Diskussionen über die deutschen Friedensbemühungen und Waffenstillstandsgesuche (September/Oktober 1918) inzwischen sehr gut erforscht sind. Die waren tatsächlich zum Endkampf entschlossen (vgl. Klaus Schwabe, aaO, S. 5). Auf welcher Quellenlage kommst Du eigentlich zum gegenteiligen Ergebnis?
Repo schrieb:
Ich kenne die Ausführungen v. Badens, Hindenburgs, Eberts und Wilhem II zu diesem Komplex. v. Baden galt ja als einer der "Haupt-November-Verbrecher" neben Ebert, Scheidemann und Erzberger. (Wilhelm präsentiert übrigens die Aussage Lansings und Wilsons, sie hätten keineswegs seine Abdankung verlangt, was nun alle anderen Beteiligten ganz anders sahen. Soviel zu Meinungen und Einschätzungen)

v. Baden schreibt, dass er "erst lange nach der Revolution" von dem Angriffsbefehl erfahren habe. Unmittelbar nach Ausbruch der Revolution hätte die Seekriegsleitung von einem "Auslaufbefehl wie viele andere" gesprochen.
So etwa, "auf der Doggerbank ein paar Fischkutter erschrecken".

Es gab wohl gegen Hipper und Scheer eine Gerichtsverhandlung in diesem Zusammenhang. Sie haben sich verteidigt, dass sie, nach Aufhebung des U-Bootkriegs, zu Max voon Baden gasagt hätten, dass die Marine damit die "Freiheit des operativen Handelns" zurückgewonnen habe. Baden hat das aber keineswegs als Ankündigung eines Großangriffs verstanden. Dass der Reichskanzler nicht über den bevorstehenden Großangriff informiert wurde, haben sie mit "Geheimhaltung" zu erklären versucht. Baden bezeichnet dies aber als wenig glaubwürdig, und der Versuch nach der von den Matrosen erzwungenen Aufgabe des Angriffs diesen weiter, vor der Regierung, geheim zu halten, als Ausdruck eines ganz schlechten Gewissens.

Für mich sind die Einschätzungen Max von Badens schlüssig.
Für die damaligen deutschen Politiker und Militärs stellte das Faktum der Niederlage eine unglaubliche Demütigung dar. Bei den Politikern reichte dieses Gefühl bis in die Reihen der SPD hinein. Kein Mensch unterwirft sich gerne einem anderen Menschen, schon gar nicht auf Gedeih und Verderb. Und wenn dieser Moment vollzogen ist, reagieren leider die meisten Menschen mit dem Verdrängen der Ursachen, die zu dieser Unterwerfung geführt haben. Sie beginnen die eigene Verantwortung und die Verantwortung des eigenen Lagers zu verharmlosen ("die Front stand noch"), sich als Opfer wahrzunehmen und schieben anderen Menschen die Schuld für ihre Demütigung, für ihre Unterwerfung in die Schuhe. Diese Reaktion ist äusserst problematisch. Sie belastet und blockiert die weitere Entwicklung ungemein. Doch leider ist sie zutiefst menschlich. Wir kennen sie alle aus unserem eigenen Leben, in dem wir leider auch Fehler begehen und es uns äusserst schwer fällt, uns zu diesen ohne wenn und aber zu bekennen. Max von Baden war zwar Prinz, aber leider auch nur ein Mensch. Er haderte den Rest seines Lebens an dem Umstand, dass er in die deutschen Geschichtsbücher als jener Kanzler einging, der um einen Waffenstillstand ersuchen musste, dem sich - aus Sicht seiner Zeitgenossen - ein demütigender schmerzlicher Friede anschloss. Seine Schuldzuweisungen sollte man schon aus diesem Grund äusserst kritisch hinterfragen.


Was die Prozessakten angeht, muss ich mich mal kundig machen.:) Ich fürchte allerdings, allenfalls Literaturangaben zum Prozess machen zu können.
 
Zuletzt bearbeitet:
Deshalb frage ich nocheinmal nach: worin soll aus Sicht der Alliierten im Oktober 1918 der real existierende Vorteil/Nachteil bestanden haben, der diese hätte dazu bewegen können, auf ihren endgültigen Triumph über Deutschland zu verzichten und auf deutsche Bedingungen einzugehen?

Zuerst mal, es ist keine Rede davon, dass die Alliierten auf Deutsche Bedingungen einzugehen hätten. Es geht darum, dass die eine oder andere Bedingung der Alliierten weggefallen wäre, oder sich, für Deutschland, gemildert hätte. Beispiel die klar völkerrechtswidrige Hungerblockade, die auf Grund des Waffenstillstands auch auf die Ostsee ausgedehnt wurde. Da hätten die Alliierten doch schon aus humanitären Gründen sehr schlechte Karten gehabt.
Der real existierende Vorteil für die Alliierten? Verkürzung des Krieges!:winke:

Deine Argumentation läuft im Grunde auf die These hinaus, dass die Alliierten mit dem Endkampf nur geblufft hätten. Doch worin soll dieser Bluff bestanden haben?
Woher kommt diese Einschätzung? Natürlich waren die Alliierten zum "Endkampf" entschlossen. (Insofern bitte ich meine Beiträge genauer zu lesen. Und nix reinzuinterpretieren.:winke: ) Wenn das Ergebnis aber mit ein paar hundertausend Toten weniger zu haben ist? Warum dann "Endkampf"????
Die Alliierten hatten doch durchaus auch ihre Probleme. Siehe Munitionsarbeiter-Streik in St. Etienne Jan./Feb. 1918.

Für die damaligen deutschen Politiker und Militärs stellte das Faktum der Niederlage eine unglaubliche Demütigung dar. Bei den Politikern reichte dieses Gefühl bis in die Reihen der SPD hinein. Kein Mensch unterwirft sich gerne einem anderen Menschen, schon gar nicht auf Gedeih und Verderb. Und wenn dieser Moment vollzogen ist, reagieren leider die meisten Menschen mit dem Verdrängen der Ursachen, die zu dieser Unterwerfung geführt haben. Sie beginnen die eigene Verantwortung und die Verantwortung des eigenen Lagers zu verharmlosen ("die Front stand noch"), sich als Opfer wahrzunehmen und schieben anderen Menschen die Schuld für ihre Demütigung, für ihre Unterwerfung in die Schuhe. Diese Reaktion ist äusserst problematisch. Sie belastet und blockiert die weitere Entwicklung ungemein. Doch leider ist sie zutiefst menschlich. Wir kennen sie alle aus unserem eigenen Leben, in dem wir leider auch Fehler begehen und es uns äusserst schwer fällt, uns zu diesen ohne wenn und aber zu bekennen. Max von Baden war zwar Prinz, aber leider auch nur ein Mensch. Er haderte den Rest seines Lebens an dem Umstand, dass er in die deutschen Geschichtsbücher als jener Kanzler einging, der um einen Waffenstillstand ersuchen musste, dem sich - aus Sicht seiner Zeitgenossen - ein demütigender schmerzlicher Friede anschloss. Seine Schuldzuweisungen sollte man schon aus diesem Grund äusserst kritisch hinterfragen.

Jetzt haben wir die "was wäre wenn" Diskussion verlassen und sind bei der Psychologie angekommen. Wo ich Dich aber allein lassen werde. (Hab meinen Freud gerade verlegt:D )

Also schau mal, ob Du etwas zu dem Hipper/Scheer Prozess findest.

Grüße Repo
 
Repo schrieb:
Zuerst mal, es ist keine Rede davon, dass die Alliierten auf Deutsche Bedingungen einzugehen hätten. Es geht darum, dass die eine oder andere Bedingung der Alliierten weggefallen wäre, oder sich, für Deutschland, gemildert hätte. Beispiel die klar völkerrechtswidrige Hungerblockade, die auf Grund des Waffenstillstands auch auf die Ostsee ausgedehnt wurde. Da hätten die Alliierten doch schon aus humanitären Gründen sehr schlechte Karten gehabt.
Der real existierende Vorteil für die Alliierten? Verkürzung des Krieges!:winke:


Woher kommt diese Einschätzung? Natürlich waren die Alliierten zum "Endkampf" entschlossen. (Insofern bitte ich meine Beiträge genauer zu lesen. Und nix reinzuinterpretieren.:winke: ) Wenn das Ergebnis aber mit ein paar hundertausend Toten weniger zu haben ist? Warum dann "Endkampf"????
Die Alliierten hatten doch durchaus auch ihre Probleme. Siehe Munitionsarbeiter-Streik in St. Etienne Jan./Feb. 1918.



Jetzt haben wir die "was wäre wenn" Diskussion verlassen und sind bei der Psychologie angekommen. Wo ich Dich aber allein lassen werde. (Hab meinen Freud gerade verlegt:D )

Also schau mal, ob Du etwas zu dem Hipper/Scheer Prozess findest.

Grüße Repo
Selbstverständlich mussten die Alliierten abwägen, welche Opfer ein Endkampf kosten würde. ABER die Opfer eines solchen Endkampfes schienen den Alliierten bei einer Ablehnung des Waffenstillstandsgesuchs aufgrund des drohenden militärischen Zusammenbruchs Deutschlands ZU RECHT geringer zu sein, als wenn diese dem Deutschen Reich durch einen Waffenstillstand und langatmige Friedensverhandlungen die Möglichkeit geben würden, sich militärisch zu reorgansieren, und später auf verbesserter Basis zum Kampf zurückzukehren. Aus diesem Grund kam für sie nur ein Waffenstillstand in Frage, der einer Kapitulation so nah wie möglich kam und so ausgestaltet war, dass er dem Deutschen Reich die Rückkehr zum Krieg abschnitt. Eigentlich ganz logisch und durch die alliierteninternen Diskussionen auch hinreichend mit Quellen belegt (vgl. Kalus Schwabe, siehe oben).

Was die Probleme der Alliierten anging, muss man sehen, dass sich der Kriegseintritt der USA zunehmend bemerkbar machte: frische Regimenter wurden der Front zugeführt, die Versorgung der Front mit Kriegsmaterial verbesserte sich, etc. Im Vergleich zum Jahresanfang 1918 war eine Wende geschafft - auch an der Versorgungsfront.

Mir erscheint die Argumentation, Prinz Max von Baden geht in seinen Erinnerungen von einem Verhandlungsspielraum aus und deshalb müsse ein solcher auch bestanden haben, als viel zu platt. Man muss eine solche Annahme kritisch hinterfragen und sich z.B. die Frage stellen, warum sich von Badens Einschätzung nicht im Notenwechsel über den Waffenstillstandsgesuch widerspiegelte. Warum nannte von Baden keine Bedingungen für den Waffenstillstand, wenn er damals wirklich davon ausging, welche durchsetzen zu können???? Weil ihm damals durchaus bewusst war, keine durchsetzen zu können! Später aber verdrängte er die Gründe, die es hierfür gab (die militärische Niederlage) so wie die meisten anderen der Republik auch.
 
Gandolf schrieb:
Selbstverständlich mussten die Alliierten abwägen, welche Opfer ein Endkampf kosten würde. ABER die Opfer eines solchen Endkampfes schienen den Alliierten bei einer Ablehnung des Waffenstillstandsgesuchs aufgrund des drohenden militärischen Zusammenbruchs Deutschlands ZU RECHT geringer zu sein, als wenn diese dem Deutschen Reich durch einen Waffenstillstand und langatmige Friedensverhandlungen
Was die Probleme der Alliierten anging, muss man sehen, dass sich der Kriegseintritt der USA zunehmend bemerkbar machte: frische Regimenter wurden der Front zugeführt, die Versorgung der Front mit Kriegsmaterial verbesserte sich, etc. Im Vergleich zum Jahresanfang 1918 war eine Wende geschafft - auch an der Versorgungsfront.

Mir erscheint die Argumentation, Prinz Max von Baden geht in seinen Erinnerungen von einem Verhandlungsspielraum aus und deshalb müsse ein solcher auch bestanden haben, als viel zu platt. Man muss eine solche Annahme kritisch hinterfragen und sich z.B. die Frage stellen, warum sich von Badens Einschätzung nicht im Notenwechsel über den Waffenstillstandsgesuch widerspiegelte. Warum nannte von Baden keine Bedingungen für den Waffenstillstand, wenn er damals wirklich davon ausging, welche durchsetzen zu können???? Weil ihm damals durchaus bewusst war, keine durchsetzen zu können! Später aber verdrängte er die Gründe, die es hierfür gab (die militärische Niederlage) so wie die meisten anderen der Republik auch.

Max von Baden schreibt in seinen Erinnerungen auf Seite 398 wörtlich:
"Ohne Kiel keine Revolution, und ohne Revolution keine Kapitulation am 11. November".
Ob Max von Baden etwas verdrängte, oder nicht, spielt keine Rolle. Wie schon gesagt, bitte ich die Psychologie aus dem Spiel zu lassen. :winke: Abgesehen davon hat er die militärische Niederlage nun absolut nicht verdrängt. Mindestens 100 Seiten schreibt er darüber.

Max von Baden ist ein aktiv Handelnder der 1. Reihe! Da braucht es andere Dinge als Psychologie um ihn zu widerlegen.

Etwas anderes:
Noske wurde von einem Reichstag-Untersuchungsausschuß eingehend nach den Kieler Vorgängen befragt. Er sagte aus, dass alle in Kiel von ihm befragten Marineoffiziere den Plan zu einer "Todesfahrt" verneint hätten. Sichere Kenntnis hätte er erst durch die Aussagen der Admirale im Münchner "Dolchstoß-Prozess" bekommen. Jahre nach den Vorgängen!

Suchwort also:
"Dolchstoss-Prozess in München"

Grüße Repo
 
Repo schrieb:
Max von Baden schreibt in seinen Erinnerungen auf Seite 398 wörtlich:
"Ohne Kiel keine Revolution, und ohne Revolution keine Kapitulation am 11. November".
Ob Max von Baden etwas verdrängte, oder nicht, spielt keine Rolle. Wie schon gesagt, bitte ich die Psychologie aus dem Spiel zu lassen. :winke: Abgesehen davon hat er die militärische Niederlage nun absolut nicht verdrängt. Mindestens 100 Seiten schreibt er darüber.

Max von Baden ist ein aktiv Handelnder der 1. Reihe! Da braucht es andere Dinge als Psychologie um ihn zu widerlegen.

Etwas anderes:
Noske wurde von einem Reichstag-Untersuchungsausschuß eingehend nach den Kieler Vorgängen befragt. Er sagte aus, dass alle in Kiel von ihm befragten Marineoffiziere den Plan zu einer "Todesfahrt" verneint hätten. Sichere Kenntnis hätte er erst durch die Aussagen der Admirale im Münchner "Dolchstoß-Prozess" bekommen. Jahre nach den Vorgängen!

Suchwort also:
"Dolchstoss-Prozess in München"

Grüße Repo
Beim Lesen von Autobiographien, Erinnerungen, Memoiren, etc. sollte man immer die psychologische Situation berücksichtigen, in dem sich der Schreiber beim Schreiben seines Werkes befand. So ist bei erfolgreichen Politikern häufig die Neigung zu beobachten, ihren Erfolg als konsequente Folge ihres klugen und voraussehnden Denkens und Handelns zu beschreiben, selbst wenn dieser eher zufällig eintrat. Erfolglose Politiker hingegen neigen dazu ihr Scheitern zu rechtfertigen, z.B. in dem sie behaupten, die Dinge im wesentlichen zwar klar gesehen, aber leider von den Dummköpfen in ihrer Umgebung das Wasser abgegraben bekommen zu haben.

Max von Baden nahm schon bei seinem Amtsantritt die Bankrotterklärung der OHL vom 29.9.1918 nicht ernst. Anstatt die Politik seines Kabinetts auf der militärischen Niederlage zu verorten und die Schlüsse aus dieser zu ziehen, verharmloste er die Erklärung vom 29.9.1918. Ludendorf seien die Nerven durchgegangen, die Front sei ja noch nicht zusammengebrochen, noch stehe alles, wie sich der Abfall ÖUs auswirke, müsse man erst noch sehen, etc. Wilson sollte als Heuchler entlarvt werden, der dem Deutschen Volk einen großzügigen Frieden versprochen habe, aber eine ehrenrührige Waffenstreckung fordere, um einen Schandfrieden durchzusetzen. Derart entlarvt, so spekulierte Max von Baden, könnte die Entrüstung des Volkes über Wilson geschürt und dessen letzten Reserven für den Endkampf mobilisert werden. Dieser Versuch wirkt besonders grotesk, da erstens es die Deutschen waren, die um einen Waffenstillstand baten, und zweitens sich die Amerikaner in ihrer dritten Note unmissverständlich äusserten: wir stimmen nur einem Waffenstillstand zu, der Euch die Rückkehr zum Krieg unmöglich macht. Wo soll denn da die Heuchelei liegen? Mir scheint, dass Max von Baden die Situation verkannte und viel Zeit vertrödelte, was er natürlich später - als sich die Folgen dieser Fehleinschätzungen und Trödeleien zeigten - nicht zugeben konnte. Hätte er gleich bei seinem Amtsantritt den Kaiser mit der Niederlage konfrontiert, dessen Thronverzicht und den des Kronprinzen gefordert und auch den demokratischen Umbau des Staates durchgesetzt, wäre dessen monarchische Spitze vielleicht noch zu retten gewesen. So aber verspielte der badische Prinz die letzten Überlebenschancen, die die deutsche Monarchie noch hatte.

Letztlich macht es keinen Sinn die These von dem durch die Revolution verlorengegangenen Verhandlungsspielraum, hinter der zwangsläufig die facettenreiche Dolchstoß-Legende aufblizt, allein aufgrund der deutschen Binnensicht (Erinnerungen von Max von Baden, Münchener Dolchstoß-Prozeß, etc.) beantworten zu wollen. Zu einer Waffenstillstandsvereinbarung gehören zwei Seiten. Und die Forschungsergebnisse zur Seite der Alliierten sind eindeutig: diese waren nur dann bereit, einem Waffenstillstand zustimmen, wenn dieser einer bedingungslosen Kapitulation gleich kam. Wahrt das Gesicht oder verliert es! Das war die Entscheidung vor der die Alliierten die deutsche Regierung stellten. Leider realisierte Reichskanzler Max von Baden dies nicht. Er glaubte bis zuletzt daran, mehr erreichen zu können,:S ... wenn ihm nur nicht die Seekriegsleitung, der Matrosenaufstand und die Revolution dazwischengekommen wäre.:autsch:
 
Fehleinschätzungen und Trödeleien zeigten - nicht zugeben konnte. Hätte er gleich bei seinem Amtsantritt den Kaiser mit der Niederlage konfrontiert, dessen Thronverzicht und den des Kronprinzen gefordert und auch den demokratischen Umbau des Staates durchgesetzt, wäre dessen monarchische Spitze vielleicht noch zu retten gewesen. So aber verspielte der badische Prinz die letzten Überlebenschancen, die die deutsche Monarchie noch hatte.
Das hat der gute Max aber sofort versucht! Allerdings über die Umgebung Wilhelms. Er hielt sich, da zum selben Club gehörend (badischer Thronfolger) für ungeeignet.
Wilhelm hat dies natürlich mitgekriegt, und ist stiften gegangen, nach Spa.
Wanderer kommst Du nach Spa....
Später (10 Jahre)hat er sich sehr enttäuscht über den Vetter Max geäußert, und die Aussagen Lansings und Wilsons präsentiert, dass sie seinen Thronverzicht gar nicht gefordert hätten.

Zu Friedensverhandlungen im Frühjahr 1918 vor der Offensive äußert er sich übrignes sehr in Deinem Sinne.
Also, lies mal was von ihm, und gib dann Dein ps. Gutachten ab.

Grüße Repo
 
Repo schrieb:
Das hat der gute Max aber sofort versucht! Allerdings über die Umgebung Wilhelms. Er hielt sich, da zum selben Club gehörend (badischer Thronfolger) für ungeeignet.
Wilhelm hat dies natürlich mitgekriegt, und ist stiften gegangen, nach Spa.
Wanderer kommst Du nach Spa....
Später (10 Jahre)hat er sich sehr enttäuscht über den Vetter Max geäußert, und die Aussagen Lansings und Wilsons präsentiert, dass sie seinen Thronverzicht gar nicht gefordert hätten.

Zu Friedensverhandlungen im Frühjahr 1918 vor der Offensive äußert er sich übrignes sehr in Deinem Sinne.
Also, lies mal was von ihm, und gib dann Dein ps. Gutachten ab.
Grüße Repo
Das habe ich doch schon getan.;) Es kann keine Rede davon sein, dass Max von Baden sofort nach seinem Amtsantritt (3.10.18) versucht haben soll, den Thronverzicht von Kaiser und Kronprinz zu erwirken. In seinen Augen hätte dies zu diesem Zeitpunkt auch keinen Sinn gemacht. Er ging ja davon aus, dass die Bankrotterklärung der OHL vom 29.9.1918 nicht ernst zu nehmen sei (vgl. Prinz Max von Baden, Erinnerungen und Dokumente, 1927, S. 339: "Unsere Lage ist nicht derart, um diesen Schritt der Verzweiflung [Waffenstillstandsgesuch, Gandolf] zu rechtfertigen.").

Am 7.10.18 warf Max von Baden im Kabinett zwar die Frage auf, wie sich das Volk verhalten werde, wenn Wilson die Abdankung des Kaisers fordern würde (vgl. Prinz Max von Baden, aaO, S. 376). Aber noch 18 Tage später (25.10.18) glaubte er die ungebrochene Autorität des Kaisers zu benötigen (vgl. Prinz Max von Baden, aaO, IX. Kapitel, S. 511). In seinen Erinnerungen räumt er zwar ein, die Frage der Abdankung zu spät angegangen zu sein. Doch als Tag, an dem er früher hätte handeln sollen, gab er erst den 24.10.18 an (Prinz Max von Baden, aaO., IX. Kapitel, S. 511: "Ich hätte am 24. abends handeln sollen.").

Max Weber, der den Rücktritt des Kaisers im Interesse des Reiches und der Dynastie schon am 11./12.10.18 forderte, hat ihm zu Recht vorgeworfen, in dynastischer Sentimentalität befangen, die Wirklichkeiten der Situation nicht gesehen und kostbare Tage und Wochen verloren zu haben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es gab wohl gegen Hipper und Scheer eine Gerichtsverhandlung in diesem Zusammenhang. Sie haben sich verteidigt, dass sie, nach Aufhebung des U-Bootkriegs, zu Max voon Baden gasagt hätten, dass die Marine damit die "Freiheit des operativen Handelns" zurückgewonnen habe. Baden hat das aber keineswegs als Ankündigung eines Großangriffs verstanden. Dass der Reichskanzler nicht über den bevorstehenden Großangriff informiert wurde, haben sie mit "Geheimhaltung" zu erklären versucht. Baden bezeichnet dies aber als wenig glaubwürdig, und der Versuch nach der von den Matrosen erzwungenen Aufgabe des Angriffs diesen weiter, vor der Regierung, geheim zu halten, als Ausdruck eines ganz schlechten Gewissens.

Für mich sind die Einschätzungen Max von Badens schlüssig.

Der Prozess gegen Hipper und Scheer interessiert mich sehr. Woraus ergibt sich, daß es diesen Prozess gab, wann und vor welchem Gericht soll er stattgefunden haben? - Ich möchte versuchen, durch Einsicht in Zeitungsberichte der damaligen Zeit und evtl. durch Nachforschungen in Archiven Näheres zu erfahren.
 
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