Zustand der Parkanlage in Versailles

Mittelwalter

Mitglied
Hallo zusammen

Ich war vor kurzem in Paris und Umgebung und habe dort natürlich auch das Schloss Versailles besucht.
Fand den Besuch auch ziemlich beeindruckend vor allem die Ausmaße des Parks.

Da wären wir dann auch bei meiner Frage: Zwar besitzen die Parkanlagen riesige Ausmaße, aber außer am Eingang bestehen sie aus keinem Blumenmee , wie von mir erhofft, sondern die einzelnen kleinen Gärten sind nur von hohem undichtem Buschwerk umgeben und man findet überall im Park auch wildgewachsene Bäume.

War dies zur Zeit Ludwig des XV. anders ?
Habe gelesen, dass die Hofhaltung der französischen Könige zur Zeit der frz. Revolution etwa 13 Prozent des Staatshaushalts verschlang.
War früher der gesamte Park mit Beeten bepflanzt oder etwa damals schon leicht verwildert ?
 
Das kann nicht so ganz stimmen. Meines Wissens gibt es ein risesiges Gebiet gesäumt von, nicht wildem Buschwerk, sondern gestutzten, wenn auch teilweise hohen Hecken, wozu auch ein Irr- und Lustgarten gehört.

Diese Hecken wurden auch in besondere Formen geschnitten, teilweise sogar in Figuren.

Gerade diese Hecken sind erstens sehr arbeitsintebnsiv und zweitens sehr teuer, weil natürlich langsam wachsende Sträucher, am liebten Buchs, verwendet wurde.

Ach ja, und die, wie du sie nennst "verwilderten Bereiche" nenent man schlicht "Landschaftsgarten", weil sie nun gerade eine romantische Vision von freier Landschaft nachahmen sollte, was auch bedeutete, dass man darinz.B. Schafe weiden liess und sogannte "Schäferspiele" veranstaltete.

Es findet sich übrigens überaus leicht Literatur zu diesen Garten- und Schloßanlagen.

*Nachtrag*
Wegen der großen Wiesen und Rasenflächen, so waren auch diese, sollte man sie betreten recht arbeitsintensiv, da regelmäßig mit der Sense geschnitten werden musste, sollten darauf nicht hüfthohe Unkräuter wachsen, und so wil, wünschte man den Wuchs dann doch nicht.

Wenn dir der Sinn nach intensiver blumenschau ist, hättest du Malmaison und dort Josephines Rosengarten anschauen sollen. Er zählte zu ihrer Zeit allein über 500 verschiedene Rosensorten ...
 
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War dies zur Zeit Ludwig des XV. anders ?
Habe gelesen, dass die Hofhaltung der französischen Könige zur Zeit der frz. Revolution etwa 13 Prozent des Staatshaushalts verschlang.
War früher der gesamte Park mit Beeten bepflanzt oder etwa damals schon leicht verwildert ?
Ich glaube schon gelesen zu haben, dass sich bereits unter Louis XV die Zeitgenossen mokierten, dass die Parks in keinem so guten Zustand wären. Es gab aber immer wieder Erhaltungsschübe.

Es gibt ein paar Gemälde von Hubert Robert, welche einen kleinen Eindruck vom verwarlosten Zustand des Parks schon im 18.Jh. liefern:
http://www.1st-art-gallery.com/thumbnail/200677/1/The-Gardens-Of-Versailles.jpg
http://haltonhelps.org/Egardening/Pruning/treefellingHubertRobert.JPG
 
Diese Bilder sind in der Tat interessant, tote Bäume hätte ich nicht gerade erwartet. Ohne die toten Bäume ließe sich das Durcheinander ja auch als Momentaufnahme nach einem heftigen Sturm erklären.
Wie sah es denn mit "Wildnis" aus, waren diese Parks nicht zum Teil auch Jagdreviere des Hochadels, weshalb verwilderte Parklandschaft zum Konzept dazu gehörte?
 
Diese Bilder sind in der Tat interessant, tote Bäume hätte ich nicht gerade erwartet. Ohne die toten Bäume ließe sich das Durcheinander ja auch als Momentaufnahme nach einem heftigen Sturm erklären.
Wie sah es denn mit "Wildnis" aus, waren diese Parks nicht zum Teil auch Jagdreviere des Hochadels, weshalb verwilderte Parklandschaft zum Konzept dazu gehörte?
Kommt drauf an. Zumindest so nahe am Residenzschloss war es nicht zu erwarten. Die Bilder zeigen ja Rodungsarbeiten. Eines heißt bezeichnenderweise "Fällen der Bäume im Park von Versailles". Beide sind 1775, also kurz nach dem Tode von Louis XV entstanden.

Ab den 1760ern entstanden langsam allerdings auch englische Parks auf dem Kontinent, als einer der ersten in Deutschland ab 1764 der von Wörlitz.
Für die verschiedenen Jagden gab es in der Regel spezielle Wildparks, auch Tiergarten, die nicht weit von den Residenzschlössern liegen mussten. Im Falle von Versailles lag damals ganz in der Nähe, keine 9 km entfernt, das Jagd- und Sommerschlösschen Marly (heute nicht mehr erhalten).
 
Da fällt mir selbst ein gutes Gegenbeispiel zur Trennung von Residenz und Jagd unmittelbar beieinander ein. In der Amalienburg, im Park der Sommerresidenz der bayerischen Wittelsbach dem Schloss Nymphenburg, waren und sind nicht nur die Gemälde thematisch an die Jagd gebunden, sondern wurden auch Jagdhunde untergebracht. Zeitgleich war der Park rundum aber noch ein akurat gehaltener französischer Park.
Hier ein Bild der Anlage vor der Amalienburg in der Blütezeit: File:Nymphenburg Fontänenallee vor der Amalienburg, nach F.X. Mayr.jpg ? Wikimedia Commons

Wie die Gegend auf der schlossabgewandten Seite des Parks aussah, weiß ich nicht genau.

Die vorrangige Bedeutung soll aber in der Fasanenjad gelegen haben.
 
Wie sieht's denn mit Karlsruhe aus?
1721, kurz nachdem es Residenz wurde, war der Park noch so geordnet:
Datei:Karlsruher Stadtansicht.jpg ? Wikipedia
Aber ich nehme an, Du spielst auf die etwas abgelegeneren Teile wie dem Fasanengarten an, der als Jagd- und Wildpark angelegt wurde. Ich denke, es verhält sich wie mit der Amalienburg. Zwar nicht direkt vor dem Schloss (Karlsruhe bzw. Nymphenburg) aber in etwas Entfernung wurden Tiere gehalten und dort auch "gejagt".

Man muss da m.E. aber zwischen einer planmäßig angelegten Anlage mit damals vorhandenen Mauern, Jagdschirmen etc. (im Falle von Schloss Moritzburg (bei Dresden) noch teilw. zwischen Schloss Moritzburg und Fasanenschlösschen erhalten) und einem verwilderten Park aus Kostengründen oder Vernachlässigung unterscheiden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Natürlich ist es immer noch eine große Fläche des Parks, die akkurat bepflanzt und geordnet wirkt (womit ich nicht sagen will, dass mir naturbelassenes schlechter gefällt) und auch die vielen kleinen Gärten oder Gallerien im Park an sich, sind noch in sehr gutem Zustand.
Bei mir wirkt zum einen der hohe und nicht sehr dichte Heckenbewuchs befremdlich, da dieser ,meiner Meinung nach, nicht zu den klassisch und sehr symmetrisch gestalteten Gallerien passt.
Die Umgebung der Privatschlösser Ludwig des XIV und XVI und der angrenzende Bauernhof Marie Antoinettes, die vom Gartenstil in einigen Zonen gewollt natürlicher sein wollten wirkt auf mich dagegen besser gepflegt, vielleicht da man für sie Eintrittsgeld bezahlen muss.

So drängt sich für mich der Eindruck auf, dass es heutzutage einfach an Geld fehlt die Anlage überall originalgetreu in Stand zu halten und deswegen nur noch Teile in altem Glanz erstrahlen.

Wobei bei mir die Frage bleibt: Konnte der Park des Schlosses Versailles früher, kurz nach der Erbaung durch Ludwig XIV, die aufwendige und extrem pompöse Gartenführung und Bepflanzung in einem größern Teil des Parks als heute durchhalten ?
 
Die Irritation mit den Jagdrevieren innerhalb der barocken Gartenanlagen könnte aus Barockgarten ? Wikipedia entstanden sein.
MW liegen die Jagdreviere nicht innerhalb des Barockgartens, wie ihr das auch schon gesagt habt.
In Hannover sind die Herrenhäuser Gärten ? Wikipedia in weitgehend originalem Zustand. In den durch hohe Buchenhecken vollständig den Blicken entzogenen Teilen entlang der Wege, wächst ganz gewöhnlicher Wald.
Für die Jagd stand, etwa 10 km entfernt, der Tiergarten Hannover ? Wikipedia zur Verfügung.
 
Wobei bei mir die Frage bleibt: Konnte der Park des Schlosses Versailles früher, kurz nach der Erbaung durch Ludwig XIV, die aufwendige und extrem pompöse Gartenführung und Bepflanzung in einem größern Teil des Parks als heute durchhalten ?
Ich denke, man sieht ja auf den Bildern schonmal, dass man immer wieder ein paar Probleme mit so einem großen Park hat. Zum einen muss man sehen, dass dieser riesige Park ja bei weitem nicht der einzige des Königs war. Im Sommer residierte der Hof von Louis XV und Louis XVI in Fontainebleau bspw..
Zum anderen bleiben die kleinen Bäumchen, die anfangs gut ins Konzept passten, eben nicht lange so kleine Bäumchen, sondern sie schießen in die Höhe. Wenn man sie zurecht trimmen will, hat man nachher zwar wieder Bäume in der Höhe wie gewünscht, aber irgendwann sind die Stämme eben auch recht unschön und zu dick. Also muss der Park immer wieder verjüngt werden, vertraute Bäume müssen fallen (da sieht man vielleicht auch für heute einen natürlichen Widerspruch zwischen Naturdenkmälern (auch ein alter Baum hat seinen Wert) und dem Aspekt, dass das architektonische Gesamtkunstwerk des Barockparks, der auch zu erhalten ist, durch zu alte und zu große Bäume gefährdet ist).

Als ich einmal vor 5-6 Jahren in Versailles war, hat mir der Park zwischen Grand Trianon und dem Hauptschloss, wo auch Eintritt verlangt wurde, offengestanden garnicht gefallen. Da gibt es besser erhaltene Parks in Dtl., wo man im übrigen nicht immer (wie in Schwetzingen) Eintritt zahlen muss. An den Anlagen rund um das Petit Trianon wurde damals gerade noch gearbeitet, aber auch so sah es schon gepflegter aus, als der barocke große Parkabschnitt direkt unterhalb des Schlosses Versailles.
 
In Hannover sind die Herrenhäuser Gärten ? Wikipedia in weitgehend originalem Zustand. In den durch hohe Buchenhecken vollständig den Blicken entzogenen Teilen entlang der Wege, wächst ganz gewöhnlicher Wald.
Heute oder damals schon?

Wenn ich mir die Abbildungen aus Deinem Link so anschaue, wie hier: Datei:Herrenhausen Kupferstich.jpg ? Wikipedia , dann sieht mir der Bewuchs auch innerhalb der rechteckigen Flächen, die von Hecken eingerahmt sind, sehr geordnet aus. Es mag sein, dass sich das änderte, ab dem Zeitpunkt als der Lebensmittelpunkt der Hannoveraner Kurfürsten dann London wurde. Diese Ansicht spricht ein bisschen dagegen: Datei:Herrenhausen Plan 1747.jpg ? Wikipedia

Überhaupt war der zuständige Beamte Friedrich Karl von Hardenberg sehr empfänglich für die englischen Parks, da er auch England bereiste.*

* siehe:
W. von Bothmer u.a.: "Im Auftrag der Krone. Friedrich Karl von Hardenberg und das Leben in Hannover um 1750" Hinstorff-Verlag, 2010
 
Eintritt wird heutzutage eigentlich nicht für den Park Versailles verlangt.
Die im hinteren Teil des Parks liegenden Privatherrenhäuser, also das Grand und Petit Trianon kosten hingegen Eintritt.
Es wird allerdings ,glaube ich, jeden Dienstag unter dem Titel "Theater der Musik" oder ähnlich saftig Eintritt für den Hauptpark gefordert. (Die Aktion beinhaltet ein wenig Lautsprechermusik in den Gärten + ein zur Musik geschaltetes Wasserspiel ...)

Der Park ist insgesamt aber auch touristisch sehr stark ausgenutzt, sprich Restaurants und Imbisse an vielen Ecken, Tretboote im Wasserbassin, mietbare Fahrräder und mietbare !Golfkarts! für alle die, die keinerlei Muskelkraft aufwenden wollen um den Park zu erkunden.
 
Heute oder damals schon?

Heute auf jeden Fall. Bei den Kompartimenten im hinteren Bereich, das ist die Hälfte um die große Fontaine gegenüber dem Schloß, ging es gestalterisch nur um die Sichtachsen. Das sieht man auf dem zweiten Bild ganz gut. Die Hauptachse leitet den Blick vom Schloß auf die große Fontaine, die beiden hinteren Ecken werden durch Tempelchen begrenzt.

Wenn ich mir die Abbildungen aus Deinem Link so anschaue, wie hier: Datei:Herrenhausen Kupferstich.jpg ? Wikipedia , dann sieht mir der Bewuchs auch innerhalb der rechteckigen Flächen, die von Hecken eingerahmt sind, sehr geordnet aus.
Ja, das sieht geordnet aus. Nur kam es auf die innere Bepflanzung der Kompartimente nicht an, weil sie von 2 m hohen Hecken umschlossen waren, der Blick sollte gelenkt werden.
In der vorderen Hälfte am Schloß umschließen zwar auch hohe Hecken die Kompartimente, diese enthalten heute rechts und links vom Parterre das Gartentheater und ein Labyrinth. Früher evtl. auch Nutzpflanzengärten. Die Gliederung entspricht in Herrenhausen dem Original, siehe Datei:Herrenhäuser Gärten 1763.jpg ? Wikipedia



Es mag sein, dass sich das änderte, ab dem Zeitpunkt als der Lebensmittelpunkt der Hannoveraner Kurfürsten dann London wurde. Diese Ansicht spricht ein bisschen dagegen: Datei:Herrenhausen Plan 1747.jpg ? Wikipedia

Überhaupt war der zuständige Beamte Friedrich Karl von Hardenberg sehr empfänglich für die englischen Parks, da er auch England bereiste.*

* siehe:
W. von Bothmer u.a.: "Im Auftrag der Krone. Friedrich Karl von Hardenberg und das Leben in Hannover um 1750" Hinstorff-Verlag, 2010

Gepflegter mögen die hinteren Kompartimente im 18.Jhdt gewesen sein, die Anlage war ja noch jung.

Ich denke, man sieht ja auf den Bildern schonmal, dass man immer wieder ein paar Probleme mit so einem großen Park hat.

Versailles ist viel größer als das unbedeutende Herrenhausen, es ging bei den Barockgärten um Repräsentanz und schiere Größe beeindruckt.
Da wurde auch gemogelt, in dem eben nicht der ganze riesige Park getrimmt und gepflegt war, sondern nur der sichtbare Teil.
 
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